Wie so häufig in diesen Fällen, werden hier im Moment juristische und psychiatrische Dinge durcheinander geworfen.
Nicht jeder Straftäter ist automatisch krank zu nennen, was in diesem Fall ein psychiatrischer Begriff wäre. Das wird zwar sehr oft von Laien angenommen: jemand, der ein Verbrechen begeht, besonders ein schweres und/oder abscheuliches, der muss doch "irgendwie krank" sein. Was man damit aber meint ist nur, dass diese Person "anders" sein muss als die Mehrheit der Menschen, die eben keine Verbrechen begehen.
"Krank" im psychiatrischen Sinne ist man aber nicht schon deshalb, weil man eben ein Verbrechen begangen hat. Um "krank" zu sein, muss man eine definierbare Krankheit nachweisen, müssen in der Regel physiologische Gründe aufzeigbar sein... usw.
Und selbst das ist noch nicht mit einer juristischen Schuldunfähigkeit oder verminderten Schuldfähigkeit gleichzusetzen: mit anderen Worten: nicht jeder, der psychisch krank ist, und ein Verbrechen begangen hat, ist deshalb auch gleich schuldunfähig oder vermindert schuldfähig.
Nach § 20 StGB handelt ohne Schuld, „wer bei Begehung der Tat wegen einer krankhaften seelischen Störung, wegen einer tiefgreifenden Bewußtseinsstörung oder wegen Schwachsinns oder einer schweren anderen seelischen Abartigkeit unfähig ist, das Unrecht der Tat einzusehen oder nach dieser Einsicht zu handeln.“ Schuldunfähig kann also sein, wer im Moment der Tat nicht das Schuldhafte seines Handelns erkennt oder nicht in der Lage ist, sich zu steuern
Wikipedia: SchuldunfähigkeitNur wer wegen einer psychischen Störung nicht erkennen kann, dass er ein Unrecht begeht, oder sich nicht steuern kann, ist schuldunfähig:
Wer zum Beispiel auf grund einer schweren psychischen Störung fest daran glaubt, dass kleine Jungen in Wirklichkeit vom Mars gesteurte Roboter sind, auf die Erde gesandt, um die Menschen auszurotten, und deshalb kleine Jungen umbringt, der erkennt nicht das Unrecht, sondern glaubt gar, etwas Gutes zu tun, nämlich die Welt zu retten. Diese Person wäre schuldunfähig. Genauso ist es, wenn die Person zwar weiss, dass er Menschen umbringt und dass das nicht erlaubt ist, aber überzeugt ist, dass aliens vom Mars in seinem Körper wohnen und ihn als Werkzeug benutzen, diese Kinder umzubringen... Wenn er sich also selbst nicht steuern kann, ist er ebenfalls schuldunfähig.
In Deutschland trifft das auf weniger als 1/2 % der Täter zu und wenn es zutrifft, ist die Einweisung in die geschlossene Psychiatrie normalerweise die Folge.
Schwieriger ist die "verminderte Schuldfähigkeit," die auf bis zu 3% der Täter zutrifft. Hier verlassen sich Juristen fast immer auf die Psychiater, obwohl deren Begründung manchem Laien nicht sehr einsichtig scheint. Wichtig ist aber auch hier, dass die Gründe wieder in einem der in § 20 beschriebenen Fälle liegen müssen, also muss auch hier erst einmal eine qualifizierende psychische Störung diagnostiziert werden.
Besteht diese Grundlage nicht, ist der Täter juristisch schuldfähig, auch wenn er psychiatrisch vielleicht als "krank" diagnostiziert werden kann und auch wenn die Gesellschaft als Ganze sein Verhalten als "abartig" empfindet.
Da dies in der Regel eine sehr komplizierte Angelegenheit ist, über die sich Fachleute trefflich streiten können, denke ich nicht, dass unsere user hier sich so giftig gegenseitig angehen sollten! Keiner hier hat Silvio S. psychiatrisch begutachtet.