Hier gab es sowohl von mir als auch anderen „Reflexionen“ über privates Engagement, wie es in der Beteiligung an einem Thread wie hier aber auch durch Recherchen vor Ort zum Ausdruck kommen kann. Diese Überlegungen wurden aber bisher nicht in einer Form formuliert, dass es stehenbleiben konnte, daher versuche ich mal in einem hoffentlich zulässigen Rahmen nochmal sinnvolle Überlegungen dazu.
Schaut man sich z.B. den Fall Jens Söring an, so wurde dieser auch nach Angabe von damaligen Geschworenen letztlich vor allem wegen einem Sockenabdruck verurteilt. Alle EIGENTLICHEN Experten jedoch, die eigentlich bei der Beurteilung dieses „Beweises“ hätten gehört werden müssen, sagen heute, dass diese Beweisführung schlichtweg BLÖDSINN und ohne jede echte Aussagekraft war.
Dennoch hatte man es in diesem riesigen und aufsehenerregenden Prozeß ja mit jeder Menge „Experten“ zu tun, mit einem ganzen Justizsystem das natürlich als hochgradig seriös und kompetent auftrat und daherkam.
Unter dem Strich jedoch, was es einfach reines GAUKLERTUM. Und der gesunde Menschenverstand hätte ausgereicht um das zu erkennen.
Und genau solche Umstände, kann es potentiell überall und in jedem Kriminalfall geben. Nicht dass man Experten pauschal verwerfen und lieber auf Klopapier-Traumdeutungen von Usern hören sollte, aber dass ein gesamtes System von zeitweise involvierten Experten auf dem Schlauch stehen und in die Irre gehen kann, ist möglich. Geschichten wie „Des Kaisers neue Kleider“ oder ganz real „Der Hauptmann von Köpenick“ haben auch heute noch ihre Bedeutung und REALE Entsprechung.
Deshalb ist es zuerst mal hochgradig berechtigt, wenn auch völlige Laien immer versuchen „mitzudenken“. Dabei kann es natürlich auch wirkliche Irrwege und Blödsinn auf Seiten der Laien geben, aber wenn man das dann zurecht kritisiert, muss man sehr aufpassen, nicht im anderen Extrem einer blinden Expertengläubigkeit das Wort zu reden.
Hier im konkreten Fall nun, hat die Polizei weil alles so frisch ist noch ein hohes Mass an „Narrenfreiheit“, sie können aus kriminaltaktischen Gründen oder was auch immer zuerst mit den Medien von einem „Edeka-Markt“ berichten, zu dem Nadine um 20,30 Uhr noch wollte, obwohl der schon um 19 Uhr schliesst. Man kann auch von Kameraaufnahmen einer Eglosheimer Volksbank nahe Favoritepark (Geisinger Str.) berichten, obwohl die Aufnahmen weder zu dieser noch der zweiten Eglosheimer Volkbank passen. Wenn etwas so frisch ist, kann die Polizei sich einfach sehr viel erlauben. Und wenn Bürger oder Bekannte des Opfers dann zu zweifeln beginnen und lieber ihr Insiderwissen in Foren äussern so muss man warnen: Vorsicht damit, in dieser frühen Phase.
Die Polizei hat heute den Vortritt, es kommt die Zeit, wo die Polizei sich verantworten muss und das wissen die auch, aber heute noch gilt es Geduld zu haben, der Polizei einen gewissen Vorschuß zu geben und „kriminaltaktische“ Überlegungen als Erklärung für Unverständliches noch einzuplanen, sofern es nicht maßlos unsinnig wird.
Was nun mich selbst angeht, so zähle ich mich hierzu
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.mordfall-in-ludwigsburg-der-entscheidende-hinweis-fehlt.c15971d5-8e8f-45b0-b79d-2c47e9f33aca.html Auch einige „Hobby-Ermittler“, die auf eigene Faust nach Spuren suchen würden, hätten sich gemeldet, sagt Widenhorn. Diese dürften auch künftig weiter anrufen, meint der Sprecher, schließlich könne darunter der eine, entscheidende Hinweis sein. „Lieber ein Anruf zu viel als einer zu wenig“.
Ich selbst habe aber nun gemerkt, dass ich mich in der ganz aktuellen Phase heute dann hier in diesem Forum zurückhaltender verhalten muss, um nicht ein Klima zu erzeugen, bei dem dann nicht nur harmlos über Klopapier spekuliert wird, sondern Insider vor Ort sich ermuntert sehen könnten ÖFFENTLICH und in Echtzeit hier Infos zu posten, die letztlich dann leider die Arbeit der Polizei erschweren. Natürlich kann man auch Harmloses beitragen aber wenn Insider das Gefühl bekommen die Polizei ist zu langsam und dann hier ihr Wissen posten, kann es auch gefährlich werden, wenn das ÖFFENTLICH wird.
Ich bin z.B. heute davon überzeugt, dass die Polizei im Fall der Hanauer Studentin
Hanau: Studentin mit einer Hantelstange brutal niedergeschlagen (Seite 6) (Beitrag von impulz) , die mit einer Hantelstange fast erschlagen wurde, in die falsche Richtung schaut und der Fall durch reine Denkfehler heute total in einer Sackgasse festgefahren ist.
Dieser Fall ist nicht mehr brandaktuell und heiß und dort gibt es keine „Narrenfreiheit“ mehr, könnte ich in dem Fall Öffentlichkeit mobilisieren damit meine Überlegungen mehr Gehör erhalten, sähe ich das sehr wohl im Sinne des Wohls der Gesellschaft.
Im Fall Ertugrul jedoch ist es heute noch im Interesse der Gesellschaft, wenn die Polizei noch etwas „Freiheit auch zu Unverständlichem“ hat und die Bevölkerung in einem gewissen Rahmen auch fragwürdige Schritte noch akzeptiert.
Und dann noch folgende Überlegung zu einem individuellen Verständnis von Kriminalistik:
Man stelle sich einen leichten Badeball vor, den man in die Mitte eines Raumes legt. Und nun stellt man davor einen Ventilator und es geht um die Frage, was wird der Ball machen, wenn man den Ventilator anstellt?
Hier kann sich nun jeder leicht vorstellen, wie sich der Ball durch den Luftzug in eine Richtung vom Ventilator weg bewegen wird. Das ist vergleichbar damit, dass man einen Täter auf frischer Tat noch mit der Tatwaffe in der Hand ertappt und fotografiert, es gibt keine Spuren einer anderen Person, bzw. es kann ausgeschlossen werden, dass eine andere Person den Raum betreten und sich dort aufgehalten hat. Dann kann aufgrund dieses Fotos die Tat so rekonstruiert werden, dass entsprechend dem übertragenen Beispiel, wenn man weiß wo der Ventilator steht und welchen Luftstrom er erzeugt, man von der Anfangs- und Endposition des Balles aus auch in Grundzügen rekonstruieren kann, was geschah, als er sich bewegt hatte.
Nun gibt es jedoch in den meisten Kriminalfällen nicht nur einen „Ventilator“, sondern jedes Indiz, jede Information muss hier wie ein Ventilator betrachtet und ins Kalkül einbezogen werden. Und plötzlich hat man einen Raum mit einem Ball, und darum herum vielleicht 20 Ventilatoren. Aber die Realität ist ja noch viel komplexer, denn die Einflussfaktoren müssen ja noch gewichtet werden, d.h. man hat 20 Ventilatoren von unterschiedlicher Größe, die sich unterschiedlich schnell drehen und unterschiedlich starken Luftstrom erzeugen. Und jetzt bitteschön, wer kann gedanklich rekonstruieren, welchen Weg der Ball nehmen würde? Dabei kommt es ganz entscheidend darauf an, richtig zu gewichten, entscheidende Leitinformationen zu erkennen und Unwichtiges nicht überzubewerten und dann bleibt vielleicht noch ein einziger Ventilator übrig, von dem ein alles andere überragender Einfluss auf das Ganze ausgeht.
Die richtige GEWICHTUNG, diesen Aspekt kriminalistischer Tätigkeit kann man nur zum Teil erlernen, ein großer Teil ist Erfahrung aber ein anderer Teil ist auch reine Begabung. Man geht nun davon aus, dass durch Auswahlverfahren die begabtesten Leute in die richtigen Positionen kommen und dort zusätzlich durch gesammelte Erfahrung eine allen Laien überlegene Kompetenz besitzen. Das ist die Theorie, aber die Praxis sieht einfach so aus, wie ich es eingangs geschrieben habe, dass auch Experten Fehler machen und Laien nicht nur als blindes Huhn, manchmal ein echtes Korn finden können.
Wenn die Stärke des Apparats bzw. Systems ausgespielt ist, wenn Hubschrauber geflogen sind, wenn Hundertschaften gesucht haben, wenn hochgerüstete Kriminallabore ausgewertet haben und Zeugenaufrufe in allen Medien ohne Erfolg blieben, dann kann der Punkt kommen, wo eine Spur abbricht und deren Fortsetzung von der Polizei nicht mehr aufgefunden werden kann. Das kann es geben.
Und dann kann es passieren, dass Laien und sei es in einem Forum, eine Idee haben können, wo gesucht werden kann, um die Fortsetzung der Spur wieder aufzufinden. Sowas gab es in der Vergangenheit
http://www.wolfgang-kaes.de/journalist-klaert-16-jahre-alten-mordfall-auf-2/ (Archiv-Version vom 12.12.2015) und sowas ist auch in der Zukunft möglich.