Doppelmord Babenhausen
02.04.2014 um 19:23
Hallo allerseits,
auch ich möchte hier mal meinen Senf dazu geben, da man - wenn man mitliest - aufgrund einiger Aussagen hier irgendwann nur noch die Hände vor dem Kopf zusammenschlägt:
Es muss erst zuerst einmal klargestellt werden, wie dieses Urteil rechtlich überprüft wurde: Der Bundesgerichtshof (BGH) überprüft das Urteil nicht - wie es aber im Fernsehbericht unzutreffend heisst - nach "Formfehlern", sondern tatsächlich nach Rechtsfehlern. Das bedeutet, dass hier insbesondere überprüft wurde, ob das Urteil in sich schlüssig, widerspruchsfrei und ohne Fehler bei der Beweiswürdigung zustande gekommen ist. Insbesondere wird das Urteil auch auf den Grundsatz in dubio pro reo bzw. dessen fehlerhafte Anwendung überprüft. Das Ergebnis: Der BGH sagte - bezeichnenderweise in einem klaren Satz - , dass das Urteil keine Rechtsfehler aufweist, also insbesondere auch nicht gegen den genannten Grundsatz verstößt.
Nun kann man natürlich einfach so (wie hier über die erstinstanzlichen Richter) pauschal sagen, dass da auch Stümper am Werk waren bzw. einfach irgendein Täter gesucht und gefunden wurde. So einfach ist es aber nicht: Es entscheidet immer ein Senat, der aus mehreren Bundesrichtern besteht nach eingängiger Beratung: Und jeder weiss, dass der BGH immer einen Grund findet, wenn er das Urteil für falsch hält, insbesondere in einem solchen Fall. Also kann man mit Fug und Recht behaupten, dass nicht nur die Richter des Gerichts, sondern auch des BGH und damit die höchsten Strafrechtsrichter den Angeklagten als schuldig ansehen.
Zum Motiv: Der Angeklagte hat laut Urteilsbegründung selbst vor der Polizei "zugegeben", dass der Lärm über die ganzen Jahre andauerte. Dies haben auch diverse Nachbarn bestätigt - und zwar Lärm bis kurz vor die Tat. Es wurde laut dem Urteil sogar von einer weiteren Steigerung des Lärms gegenüber früher gesprochen. Selbst bei seinen Kollegen, die von ihm sonst nicht viel wussten, da er wohl sehr zurückhaltend war, wusste jeder, dass es jahrelang erhebliche Lärmbelästigungen gab. Und dass bis Wochen vor der Tat, so haben das jedenfalls verschiedene Kollegen laut Urteil ausgesagt. Dass Zeugen ihre damals gemachten Aussagen später relativieren, weil sie so besser damit leben können und nicht für die Verurteilung mitverantwortlich sein sollen, ist wohl völlig lebensnah und für mich ein Stück weit sogar nachvollziehbar. Und das Frau Darsow das anders darstellt, als es selbst ihr Mann laut Urteil bei der Polizei angab, kann ich menschlich auch verstehen, weil sie nämlich die Tat ihres Mannes nicht wahrhaben will.
Zur Bauanleitung: Es wurde im Urteil nachgewiesen, dass der Angeklagte wenige Minuten vor dem Aufruf mit seiner Nummer von zu Hause telefonierte und ca. 10-15 Minute, nach dem der Aufruf des Dokuments durchgeführt wurde, ausgedruckt hat. Das bedeutet, dass wenn man den nach den Verschwörungstheoretikern geht, der Admin oder jemand anders also sich heimlich an den Rechner setzt und dann in einem Zeitraum von mindestens 10 bis 15 Minuten nach Aufruf des Dokuments in Ruhe die Anleitung liest und dann nach der Lektüre in aller Seelen Ruhe ausdruckt - immer in der Gefahr, dass AD reinkommt und ihn dabei "erwischt". Sorry, dass ist absurd!
Der Bauschaum ist zudem nach dem Urteil fast identisch mit dem, den es bei der Firma von AD gab. Der Gutachter erklärte nach der Urteilsbegründung, dass diese gewisse Veränderung der chemischen Zusammensetzung durch die chemische Reaktion bei der Schussabgabe klar plausibel sei.
Zum Schmauch: Es ist nach dem Urteil bzw. den Angaben von verschiedenen Sachverständigen im Verfahren eindeutig die gleiche chemische Zusammensetzung von Tatort und den drei Sachen gegeben, die bei AD an drei völlig verschiedenen Stellen im Haus gefunden wurden. Soweit die Partikelanzahl nicht dafür ausreicht, um nachzuweisen, dass die Sachen bei der Schussabgabe unmittelbar angezogen worden waren, konnte dies nach den Gutachtern durch nicht vollständiges Abwaschen oder durch eine Abstreifung geschehen, z. B. wenn man die bei der Tat benutzten Sachen entsorgt und die gefundene Sachen dabei trägt. Soweit hier die Verschwörungstheoretiker behaupten, dass die Polizei das selbst - unbewusst - abgestriffen haben könnte, da sie sowohl am Tatort und im Hause von AD waren, gaben die Polizeibeamten laut Urteil an, dass sie den Tatort zu einem ganz anderen Zeitpunkt waren, als es die Durchsuchung bei AD gab und am Tatort in Ganzkörperschutzkleidung (oder wie man das auch nennt) die Spuren gesichert haben. Im Hause Darsow wurden alle Gegenstände bei der viel späteren Durchsuchung sofort und getrennt voneinander eingetütet. Hiernach ist nach menschlichem Ermessen eine zufällige Übertragung Monate später ausgeschlossen!
Die weiteren belastenden Indizien, die im Urteil zu finden sind, würden den Rahmen nur sprengen..
Natürlich kann man einfach alles als Zufall und eine Verkettung von unglücklichen Umständen abtun - aber das Wesen eines Indizienprozesses ist gerade, dass das Gesamtbild für eine Täterschaft spricht, ohne dass vernünftige Zweifel (und keine rein theoretischen) bleiben - und die habe ich definitiv nicht!