Nashima schrieb:Nicht wirklich. Es ist technisch gar nicht möglich den kompletten Primärsektor kurzfristig regenerativ zu machen ohne gleichzeitig die Wirtschaft massiv drosseln zu müssen.
Kommt drauf an was du unter kurzfristig verstehst.
Der Klimawandel verlangt uns eine wirtschaftliche Mobilisierung ab, die der während eines Krieges gleich kommt.
Trotzdem wird es natürlich Jahrzehnte dauern.
Die Sache ist das wir ja nichtmal damit anfangen.
Statt über ein Datum für den Kohleausstieg zu diskutieren sollten wir Milliarden locker machen für regenerative Energien und eine flexible Netzinfrastrukur und dann so schnell es irgend möglich ist unsere fossilen Kapazitäten zurückfahren.
Der Grund warum wir das nicht tun ist, weil wir unsere Politik an den wirtschaftlichen Partikularinteressen etablierter fossiler Konzerne ausrichten und ihre Framings der Debatte übernehmen, die von ihren Profitinteressen und nicht von gesellschaftlichen Interessen ausgehen.
Die Politik hat sich seit jahrzehnten darauf verlassen das was gut für "die Wirtschaft" ist schon gut für die Gesellschaft sein wird. Es hat ja auch eine Zeit lang ganz gut funktioniert, aber jetzt eben nicht mehr, weil wir ein neues Problem haben, dass neue Umstände schafft in denen alte Lösungen("lass den Markt machen") nicht mehr funktionieren.
Ein Transformationsprozess bedeutet für die Gesellschaft keinen wirtschaftlichen Zusammenbruch. Einige Konzerne werden auf der Strecke bleiben, aber durch andere ersetzt. Und selbst in den Fällen wo das nicht der Fall ist bedeutet das nicht, dass dadurch der Gesellschaft ein Schaden entsteht. Im Gegenteil, der Schaden entsteht gerade durch die Geschäftsmodelle der Konzerne.
Grundsätzlich bin ich auch davon überzeugt, dass die Lebensqualität in einem nachhaltigen, nicht im Kern auf die Ausbeutung von Mensch und Natur ausgerichtetem Wirtschaftssystem besser sein wird als im aktuellen fossilen, neoliberalen Kapitalismus.
Die Versprechung, die hinter der Politik von Union und FDP steht ist, dass die Wirtschaft es schafft eine rechtzeitige technologische Transformation(hin zur Nachhaltigkeit), ohne drastische Eingriffe des Staates zu erwirken.
Dieses Angebot macht uns, als Wähler, der Status Quo.
Genauso sieht es in vielen anderen Ländern aus. Die USA fahren seit jeher diese Taktik beim Klimaschutz.
Dazu ein Kommentar den ich kürzlich gelesen hab, von einem Professor der UC Berkeley:
"The holy grail of climate neoliberalism is to use market mechanisms to nudge the private sector to self-finance an extremely rapid energy transition (pricing, markets for carbon or clean energy credits). It won’t work. Upfront costs are too high, coordination needs too intense."
"Der heilige Gral des Klima-Neoliberalismus ist es Marktmechanismen(Preise, Emissionsmärkte oder Grüne Energie Zertifikate) zu nutzen um die Privatwirtschaft dazu zu bringen selbst eine rapide Energie-Transformation zu finanzieren. Es wird nicht funktionieren. Die Vorlaufkosten sind zu hoch, Notwendigkeit der Koordination zu groß."
Wir brauchen hier den Staat. Er muss investieren in regenerative Produktion und flexible, dezentrale Netzinfrasturktur, aber auch rechtlichen Rahmenbedingungen schaffen, die diesem Transformationsprozess und der Nachhaltigkeit an sich, Priorität verleihen.
Es kann nicht sein, dass sich fossile Konzerne Milliarden "Entschädigungssummen" vom Steuerzahler auszahlen lassen können, nur dafür, dass die ihre ökosystem-zerstörenden Kraftwerke 2038(!!!) abschalten. In was für einem Rechtssystem funktioniert sowas? Wie kann privatwirtschaftliches Vertragsrecht über dem gesellschaftlichen Interesse an einem stabilen Ökosystem stehen?
Und wenn wir schon dabei sind, die Threadfrage: "wie läßt sich der Klimawandel eindämmen?"
Wir Haben das jetzt technisch und wirtschaftlich lange diskutiert, aber letztendlich ist es das Recht, das entscheiden wird.
Wir leben in einem Rechtsstaat und der Kapitalismus ist angewiesen auf einen Rechtsstaat, der bleibt uns also erstmal erhalten. Der Klimawandel lässt sich also letztendlich mit Gesetzen eindämmen. Sie regeln das Verhältnis zwischen Menschen, Konzernen und der Natur.
So wie man brandschatzen, stehlen und mordern rechtlich unterbindet, kann man auch das Zerstören der Umwelt durch industrielle fossile Geschäftsmodelle rechtlich unterbinden.
Es gibt aber noch einen viel besseren und jüngeren Vergleich: Die Sklaverei.
Die war das Fundament vieler Wirtschaftssystem vor nicht allzu langer Zeit(so wie fossile Brennstoffe jetzt
;) , die USA z.B kämpften einen Bürgerkrieg um die Sklaverei. Im Kern ging es darin um Gesetze die das besitzen von Menschen verbieten sollten.
Auch hier wurde argumentiert, dass das der wirtschaft schadet, oder dass es zu radikal sei und man doch erstmal abwarten soll oder noch nihilistischere und moralisch bankrottere Beschwichtigungen, auf jeden Fall keine staatlichen Vorgaben machen.
Aber Normen und Gesetze mussten sich ändern, weil sie falsch waren und großen Schaden angerichtet haben und nur Wenigen Vorteile gebracht haben. Aber sehr lange waren eben die Entscheidungträger und die Profiteuere der Sklaverei die selben Leute. 8 der ersten 12 US-Präsidenten besaßen selbst Sklaven.
Und so wie sklavenbasierte Wirtschaft damals an den Machthebeln saß, sitzt die fossile Wirtschaft heute an den Machthebeln.
Es müssen sich Normen und Gesetze ändern wenn wir den Klimawandel eindämmen wollen. Man muss erkennen das es falsch ist, weil es unendlich viel größeren Schaden anrichtet als es Nutzen bringt.