@Tripane: Schätzungen der Geschwindigkeit technischer Entwicklungen sind sehr schwierig, weil Menschen intuitiv linear schätzen. Das ist aber bei technischen Entwicklungen fast immer falsch, weil diese i.d.R. S-Kurven-förmig verlaufen. Ein ganz hervorragendes, wenn auch schon etwas älteres Buch zu diesem Thema ist "Innovation: Die technologische Offensive" von Richard N. Foster.
In der Anfangsphase ist sehr viel Aufwand für geringe Fortschritte erforderlich. Das ist die Phase, in der sich Pessimisten und Naysayer immer wieder bestätigt sehen. Irgendwann sind aber die grundsätzlichen Probleme gelöst, und dann kommt die Phase der ganz grossen, oft exponentiell verlaufenden Fortschritte. Das ist die Phase, in der Pessimisten und Naysayer die Welt nicht mehr verstehen. Nach einiger Zeit ist aber natürlich auch diese Phase vorbei, und es folgt die Endphase, wo sich auch mit sehr viel Aufwand nur noch wenig Fortschritt erreichen lässt. Die meisten Menschen liegen in allen drei Phasen falsch. Der Bias, linear zu schätzen, ist ausserordentlich stark, selbst dann, wenn man sich des Problems bewusst ist.
Ein krasses Beispiel -- ich habe gerade keinen Link zur Hand, kann ich bei Bedarf aber raussuchen -- ist eine Studie, die die Unternehmensberatung McKinsey 1985 für AT&T zur Mobiltelefon-Nutzung im Jahr 2000 (also 15 Jahre in der Zukunft) angefertigt hat. McKinsey schätzte aufgrund umfangreicher Untersuchungen 900.000 Mobiltelefon-Nutzer im Jahr 2000. Das war zum damaligen Zeitpunkt eine "seriöse" Schätzung. Tatsächlich gab es im Jahr 2000 ca. 109 Millionen Mobiltelefon-Nutzer. Die McKiney-Schätzung lag also ungefähr um den Faktor 120 daneben. Hätten sie den richtigen Wert geschätzt, wären sie 1985 vermutlich ausgelacht worden.
Meinem Eindruck nach nähert sich bei autonomem Fahren die Entwicklung dem Ende der langwierigen ersten Phase, und die Phase der grossen Fortschritte steht kurz bevor. Deshalb bin ich da ziemlich optimistisch.
Regulatorisch besteht bei Tesla unabhängig vom technischen Aspekt das Problem, dass Tesla bei Teilen des Establishments in den USA ziemlich unbeliebt ist. Das zeigt sich z.B. daran, dass Tesla -- mit einem Elektrofahrzeug-Marktanteil von ca.
79% (!) in den USA 2020 -- groteskerweise zu einer grossen Elektrofahrzeug-Veranstaltung des Weissen Hauses Anfang August
nicht eingeladen wurde. Verzögerungen regulatorischer Art können also durchaus auch andere als technische Gründe haben.