@drachenanbeter drachenanbeter schrieb:Daß heute so viele Leute "Probleme mit Mathe" haben, zeigt doch auch ganz eindeutig, daß Mathematik heute vieeel zu abstrakt und unnatürlich definiert ist.
Für mich zeigt das lediglich die fortschreitende Verblödung der Generation youtube. Um sich von kurzen werbeclipartigen Filmchen beeindrucken zu lassen reicht's gerade noch, zum selber Denken schon nicht mehr. Die Mathematik kann doch nichts für die grottige Bildungspolitik, mit der die PISA-Krüppel geradezu gezüchtet werden!
„Wie konnte es zum Niedergang unseres Bildungssystems kommen? Ist es nur ein gewaltiges Versagen der politischen Klasse? Selbst wenn man die Personen kennt, die hierzulande die politische Klasse darstellen, mag ich es nicht glauben. Vielleicht hat es System.
Blicken wir zurück. Ein gut funktionierender Staat hat sich immer das erzogen, was er brauchte. Wissen Sie , warum der preußische König die Schulpflicht einführte? Diese Reform war damals ihrer Zeit weit voraus, aber sie war kein emanzipatorischer Akt, sondern nüchterne Notwendigkeit und Staatsräson. Ursache war eine Forderung des preußischen Generalstabs. Das Soldatenmaterial war bei Anlieferung minderwertig. Nach zehn Jahren Kinderarbeit blieben für die preußische Armee nur schwindsüchtige Krüppel übrig, die zu blöd waren, die Bedienungsanleitung eines modernen Zündnadelgewehrs zu lesen. Außerdem gab es massenhaft Kriegsveteranen, die auf der Straße rumlungerten.
Also brauchte der Staat eine Schulreform. Ergebnis: Mehr Schule als Kinderarbeit, weniger Krüppel und Analphabeten, und die Veteranen hatten als Dorflehrer wieder was zu kommandieren. Der Intelligenztest wurde später auch nicht zur Begabtenförderung erfunden, sondern um Idioten von den komplizierten Waffen fern zu halten.
Oder nehmen Sie unsere Bildungsreform vor über 30 Jahren: Arbeiterkinder ins Gymnasium! Ein sozialdemokratischer Sieg? Pustekuchen. Ein wirtschaftlicher Sachzwang. Das brachliegende Humankapital musste ausgeschöpft werden. Die Wirtschaft brauchte hochqualifizierte Leute. Der liberale Bildungsbürger war immer nur Dekoration. Und heute ist er tot – und Westerwelle lebt.
Pädagogische Konzepte sind etwas für Festreden. Da wird vollmundig vom Volk der Dichter und Denker gefaselt, vom rohstoffarmen Deutschland, dessen größter Schatz die Bildung seiner Kinder ist. Und währenddessen fällt der Putz von den Wänden der Klassenzimmer.
Wo bleibt die einflussreiche Lobby der Lehrer, die sich zu Hunderten in den Parlamenten tummelt, während ihr eigentlicher Arbeitsplatz jämmerlich vor die Hunde geht? Kann das wirklich nur eine ungeheuere Ansammlung von Fehlentscheidungen sein, oder steckt mehr dahinter? Dass unser hoch gelobtes Bildungssystem Heerscharen von PISA-Krüppeln produziert – bedauern das wirklich alle Verantwortlichen, oder sind Heuchler unter ihnen?
Sind die PISA-Krüppel zu irgendetwas gut?Es gibt massenhaft ausgebildete Leute, die niemand braucht. Die Arbeitsagenturen stehen mit leeren Händen da. Jeder größere Konzern beweist uns, dass er mit Entlassungen mehr Wachstum produziert, jede Entlassungsankündigung wird mit einem Kurssprung belohnt. Was uns fehlt, sind Konsumenten. Und
bei denen kann doch ein gerüttelt Maß an Dummheit nur hilfreich sein.Stellen Sie sich einen Augenblick vor, wir züchten Idioten. Dann lösen sich eine Menge Widersprüche auf. In keinem Land Europas entscheidet die soziale Herkunft eines Kindes derart über sein späteres Bildungsniveau wie in Deutschland. Allein das ist schon ein Skandal. Aber was bedeutet diese Tatsache in einem Land, in dem die Armut explodiert?
Das Land züchtet einen soliden Stamm von schlichten Gemütern. Und den Verbraucherzentralen wird das Geld seit Jahren gekürzt. Auch das keine Fehlentwicklung. Der Pöbel soll gar nicht vergleichen, zögern, nachdenken. Er soll einfach den erstbesten Dreck kaufen, der angeboten wird. Das hat doch eine innere Logik. Mir hat das geholfen. Die Wut wird zwar noch größer, aber die intellektuelle Verwirrung lässt nach.
Wir brauchen Idioten, sonst frisst keiner Gammelfleisch. Halbwegs vernunftbegabte Schüler würden mit dem Handy nur telefonieren. Das wäre nicht gut für eine Wachstumsbranche.Wenn junge Eltern ihren Kindern normale Nahrung zubereiten würden, wäre das eine Wachstumsbremse. Aber wenn Eltern ihren Blagen fünf BIG-Mac-Döner-Cola in den Fettwanst drücken, dann ist das gut fürs Bruttosozialprodukt. Jeder BIG-MaC-Döner-Cola ist gut für die Nahrungsindustrie, und wenn sie den kleinen Fettwanst kurz vorm Platzen zum Arzt und in die Klinik bringen, ist das gut für die Gesundheitsindustrie. Und wenn es lang genug so läuft, dann wird das Wachstum so groß, dass wieder alle Arbeit finden. Um das ungestraft sagen zu dürfen, braucht das Land ziemlich viele Idioten.
Fazit: Geistige Beschränktheit kann gesellschaftlich sinnvoll sein und für den Einzelnen eine Gnade – mit dem Satz könnte ich sogar Katholik werden. Das war eine Polemik. Aber auch wenn man ernsthaft nachdenkt, kommt man nicht weiter. Was für Menschen braucht der Staat heute? Die Brauchbarkeit ist immer oberstes Gebot, der Rest eine Phrase.
Was gelehrt und was gelernt wird, sind ohnehin zwei Paar Schuhe. Kinder lernen nicht das, was wir sagen, sondern das, was sie sehen und erleben. Und was sehen und erleben sie? Das Recht des Stärkeren gewinnt, nicht die Stärke des Rechts. Das sehen und erleben sie. Auf dem Schulweg, in der Klasse, an der Playstation, am Videospiel, in der Nachmittags-Talkshow. Sich dünn hungern bei Heidi Klum und Dreck fressen bei Dirk Bach, dem Gegenteil von Heidi Klum. Dafür gibt es Belohnung und Beachtung. Versuchen Sie mal, ihrem Kind zu erklären, wozu es gut ist, eine Haltung zu haben. Das versteht Sie nicht und denkt, es soll zum Orthopäden.
Die Deutsche Bank legt ihre Kleinanleger aufs Kreuz und wird dafür Europas „Bank des Jahres“. Solide, erfolgreiche Firmen werden zerschlagen und den Aktionären zum Fraß vorgeworfen. Und der Staat wird zum Hampelmann, dem die multinationalen Fondsverwalter das Steuerrecht diktieren. Kräftig die Ärmel aufkrempeln und anpacken wird der Staat erst, wenn innere Unruhen das Land erschüttern. Aus Frankreich sieht man schon ein Wetterleuchten aufziehen. Dann wird der Staat Stärke zeigen. Die Union sammelt schon die Truppen und Mehrheiten für den Bundeswehreinsatz im eigenen Land. Wer dann Terrorist ist, regelt eine Verordnung.
Wie reagiert jemand, der merkt, dass er mit 16 Jahren schon überflüssig ist und für nichts gebraucht wird? Wenn ganze Klassen keine Lehrstelle finden und Akademiker ihr 20. Praktikum für ein Mittagessen ableisten? Gewaltverzicht predigen ist billig, eine real existierende Alternative bieten ist teuer. Kein Geld.
Brauchen wir sie wirklich nicht, die jungen Leute? Unsere Generation – die alten – werden bald ihre Hilfe brauchen, könnte man denken, Altenbetreuung ein Beruf mit Zukunft – falsch gedacht. Kein Geld für Pflegepersonal. Aber das Rettende für uns ist nah. In Japan ist ein Pflegeroboter in Erprobung, der schon zehn Grundbedürfnisse von Bettlägerigen unterscheiden und befriedigen kann. Wenn Sie Glück haben, hat er die Stimme von Senta Berger auf dem Antwortband. Wenn Sie Pech haben oder eine AOK-Chipkarte, dann werden Sie von einer Verona-Feldbusch-Sprechpuppe mit Spinat gefüttert. Und die ist von der Echten kaum zu unterscheiden.”
http://www.zeitzone-ddr.de/blog/2010/02/lassen-sie-es-mich-so-sagen-dombrowski-deutet-die-zeichen-der-zeit/ (Archiv-Version vom 25.06.2012)