äxdra schrieb:Nach was es aussieht, weiß ich nicht so recht, vielleicht unter anderem nach Angst.
Angst seh ich da so jetzt nicht. Crnko ist schon kein Weichei.
Er geht eher mit irgendwas KFS-artigem auf Krapf los und versucht ihn nach hintern zu drängen und zu überfordern. Das klappt einen Moment, bis Krapf die richtige Distanz findet und Crnko eine scheppert.
Ab da ist Crnko völlig konzept- und hilflos. Warum? M.E greift da, was Tyson mal gesagt hat - Everybody has a plan, till he gets hit"
Du siehst bei Leuten, die nie richtig gekämpft haben immer dasselbe, dass Du bei Crnko siehst: Die rennen nach vorne und beim ersten richtigen Treffer ist die Luft raus. Wettkämpfer können damit umgehen, sie lernen es, die Situation ist für sie nichts Neues.
Crnko und Krapf stolpern dann zu Boden, wo sich rächt, dass man nie mal in Sofia bei den Ringern gefragt hat, was man da macht, weil man glaubte da nie hinzukommen (selben Fehler haben die Thai/Kick/Boxer am Anfang im MMA gemacht). Crnko dreht sich mit dem Rücken zu Krapf, so dass der gar nicht anders kann als einen Rear Naked Choke anzusetzen. Crnko hätte sich auch selbst ausknocken können.
Man muss ihm aber zu Gute halten, dass er sich mehreren Reality-Checks gestellt hat und dabei auch sicher eine Menge gelernt hat.
äxdra schrieb:Mit der "miesen Nummer" (ich wollts hier nicht direkter beschreiben) meinte ich, dass in solch bedrohlichen Momenten eben jedes Mittel recht ist.
Hab ich schon verstanden. Meinst Du einem Kampfsportler nicht?
äxdra schrieb: Was ich aber auch noch sehe, wäre die völlige Unberechenbarkeit eines Gegeners, der dich damit trotz aller Übung doch etwas aus der Fassung bringen könnte.
Absolut unbestreitbar!
Aber den reinen Selbstverteidigungsmenschen betrifft das ebenso.
äxdra schrieb:Mal so nebenher: Ich habe mir eben mal so angeschaut, wie man den Takedown im Wing Chun bewertet. Man fühlt sich natürlich überlegen. Allerdings sind die angreifenden Ringer eben keine, also kann mans auch nicht ernst neben.
100% Zustimmung. Die Erkenntnis hat nicht jeder. Respekt!
äxdra schrieb:Ansonsten gehe ich davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, im realen Leben von Profiringern angegriffen zu werden, eher gering ist.
Klar ist die gering. Wobei Du vermutlich davon ausgehen kannst, dass WENN einer n Takedown versucht, er auch weiß, was er da tut. Der muss nicht unbedingt Profi-Ringer sein, da reicht n BJJ-Blaugurt dicke aus.
Das Problem was ich damit hab ist vielmehr, dass man sich da im WT irgendwas zurecht gewurschtelt hat -trotz nachweislich guter Kontakt zu den Ringern in Bulgarien- anstatt einfach mal bei den Leuten zu gucken, die die beste "Anti-Takedown-Defense" haben - die Grappler. Und was machen die? Sprawlen. Einfach effektiv, tausendfach bewährt und in 5 Minuten jedem motorisch halbwegs begabten Menschen beizubringen.
äxdra schrieb:Selbstverteidigung ist eigentlich weder Sport noch Wettkampf
Richtig. Aber - Selbstverteidigung ist Kampf. Und der dauert manchmal eben länger und ist schwieriger als viele glauben machen wollen. Klar, wenn mich Malte, der betrunkene Informatikstudent, anpöbelt werd ich den relativ schnell weggebügelt haben. Allerdings - bei dem kann ich auch einfach weggehen. Was juckt´s mich was der sagt.
Wenn mir irgendwer n Messer vor die Nase hält und schreit Geld her...so what? Der kriegt die Kohle. Was schleppt man schon mit sich rum? 200 Euro? Dafür Leben riskieren? Hier Junge, viel Spaß und verprass net alles auf einmal. Pin-Nummer für die EC-Karte? 1234....den Burschen hat die Polizei schnell. Da lass ich mich auf nix ein.
Also mit wem ist man denn mal gezwungen sich zu prügeln? Mit Assis. Und die haben leider sehr oft sehr viel mehr drauf, als manche glauben. Das sind Fights, da ist nix mit, Abwehr, gleichzeitiger Angriff und mit KFS überfordern bis der am Boden liegt. Oder Aktivblock, Schock und Wurf. So einfach gestaltet sich das gegen Dauer-Assis fast nie. Und der vielfach favorisierte Soccerkick in die Familienjuwelen hat schon manchen in seiner Wirkung verblüfft. Leider nicht im positiven Sinne.
Und um gegen die Jungs wirkungsvoll auf der Straße bestehen zu KÖNNEN, musst Du meines Erachtens im Ring/Octagon gegen Jungs bestehen können, die größer und gefährlicher sind als die. Das lernt man, in dem man sowas ganz oft, so realistisch wie möglich macht. Und das ist Sparring und auch Wettkampf. Natürlich mit Regeln, um schlimmste Verletzungen zu vermeiden.
Das alleine deckt nicht alle Situationen ab. Es gibt Dinge, die muss man dann simulieren. Aber soweit es geht, sollte man so nah wie möglich am Geschehen bleiben. Und da fällt mir nichts näheres ein, das praktisch dauerhaft durchführbar ist, als der Wettkampf.
Wenn man das nicht mag, ist das ok. Man sollte sich nur bewusst sein, dass man damit die effektivste Methode sich auf derartige Situationen vorzubereiten, verzichtet.
Die Situation hinterher auf der Straße KANN eine ganz andere sein. Die Erfahrung zeigt aber, dass die Selbstverteidigungssituation relativ oft dem Wettkampfgeschehen mehr ähnelt, als das gemeinhin suggeriert wird.
äxdra schrieb:Wing Chu ist ja ein innerer Stil und funktioniert nach dem Wu-Wei-Prinzip. Bei mir persönlich ist das Wu-Wei-Prinzip in meinen Alltag eingeflossen. Ich erkläre mal Wu Wei anhand eines kleinen Baumstamms, der im Wasser treibt. Drückt man sein eines Ende unter Wasser, nimmt er die Kraft auf und schießt mit dem anderen Ende aus dem Wasser. Ich habe es gelernt, nachzugeben, wo es keinen Sinn macht, würde aber durchaus Möglichkeiten nutzen, die sinnvoll sind. Vielleicht belächelst du solche Dinge, das ändert aber nichts.
Warum sollte ich das belächeln? Kung Fu bedeutet nun mal harte Arbeit und alles was ich mit harter Arbeit betreibe formt auch meinen Charakter und meinen Lebensstil. Das ist nichts, das sich ausschließlich auf (asiatische) Kampfkünste beschränkt.
Auch ist das Nachgeben nichts WT-spezifisches. Am Boden arbeiten nur Anfänger und Dummköpfe mit Kraft gegen Kraft. Gerade im BJJ ist kraftökonomisches Arbeiten überlebenswichtig. Grade wenn Du in der Open Class kämpfst. Da hast Du auch mal nen 130kg-Mann auf Dir sitzen. Mit Kraft allein bringst Du den nie darunter. Und kräftemäßig Gegenhalten wird zu keinem Erfolg führen.
Also dass andere Kampfsportler oder Kampfkünstler kraftunökonomischer arbeiten würden ist eine Legende, die gerne von der PR-Maschine mancher Kampfkünste (nicht nur WT) verbreitet wird. Allerdings ist die Physis eine Komponente. Und wenn Du einen Athleten auf vergleichbarem technischen Niveau hast, wird Physis wieder zum entscheidenden Faktor.
Somit haben beide Faktoren gleichermaßen Kampfrelevanz. Je kompletter man da ist, desto kampfstärker. Wer nur an einem arbeitet, nimmt immer ganz bewusst ein extremes Defizit in Kauf.
Es gibt keine Selbstverteidigung für Nicht-Jedermann. Es gibt nur bewährte und nicht bewährte Techniken und effizientere und weniger effiziente. Und nein, da hat das WT nicht den Exklusivvertrag mit.
Ich will auch betonen, dass nicht jede Technik des WT schlecht ist. Da gibts, je nach Schule, auch viel Gutes und Sinnvolles. Allerdings haperts oft mit der Vermittlung und mit effizientem Training. Liegt aber an der Marketing-Zielgruppe.
äxdra schrieb:Ich kann mir nicht vorstellen, dass erfolgreiche waffenlose Kampftechniken irgendeine Bedeutung für die menschliche Evolution haben. Eher, wenn ein Stil mit einer Philosophie einhergeht, die sich auf das Leben des Akteurs auswirkt, ihn positiv verändert.
Ähm...ich meinte die Evolution des MMA.
Der Mensch ist nicht das einzige, dass sich weiterentwickelt.
äxdra schrieb:Ähm, hust und räusper, da sag ich jetzt mal gar nichts zu.
Is aber so....