Thour1959 schrieb am 05.04.2014:Selbst, wenn eines Tages Fusionsreaktoren in Betrieb gehen sollten, werden das die
gleichen Atomteekessel sein, wie man sie mit der bisherigen Spaltungstechnik nutzt.
Da wäre einfach wenig gewonnen. Am ewigen, feudalen, bürgerfeindlichen Machtklüngel
würde sich ebenfalls nichts ändern.
Das soll nicht von oben herab sein, aber ein Grossteil der Bevölkerung hat sehr wenig Ahnung von Kernfusion und du bist da auch dabei bzw. nur die paar Sätze welche in den Nachrichten verbreitet werden reichen nicht um das Grobe zu verstehen.
@Thour1959 Ich war genau so einer und bin auch heute kein Spezialist, aber weis viel mehr als früher, weil mich das Thema interessiert und ich mich informiert habe. Man muss kein Physiker sein um die Grundbegriffe zu verstehen. Man kann hier einfach nicht mitreden ohne wenigsten Grundkenntnisse zu haben. Es würde den Rahmen sprengen das hier ausführlich diskutieren zu wollen, ich schreibe trotzdem hier was dazu.
Kernfusion ist ganz anders. Was gleich ist: Es geht um frei werdende Bindungsenergie bzw. Masseverlust was die nutzbare Energie ist und es entstehen dabei neue Elemente.
Jedoch gibt es fundamentale Unterschiede zur Kernspaltung. Als "Treibstoff" werden leichte Elemente (Gase) verwendet, wie das Wasserstoffisotop Deuterium, das NICHT radioaktiv ist! Bei ITER wird auch Tritium, was leicht radioaktiv ist, verwendet, wäre jedoch nicht unbedingt zwingend, man kann theoretisch mit jedem Element oberhalb Eisen im Periodensystem Kernfusion betreiben, jedoch umso leichter das Element, desto einfacher ist es und höher ist tendenziell die Ausbeute (Netto Energie)
Der Abfall am Ende ist leicht bis mittel Radioaktiv, bei ITER strahlt der Abfall für "nur" rund 100 Jahre und muss in kein Endlager tief in den Boden oder in den Berg.
Damit eine Kernfusion am Laufen gehalten werden kann, muss von extern immer eine menge Energie zugeführt werden. Wird diese Energie abgeschaltet, hört die Fusion augenblicklich auf, berührt das heisse Plasmagas die Reaktorwand, stoppt die Fusion ebenfalls sofort. Fusionskraftwerke können rein physikalisch NICHT durchbrennen und gelten deswegen als sehr sicher.
Einige Forscher arbeiten an der Aneutronischen Fusion. Beliebt hier ist hier die Verschmelzung von einem Proton mit einem Borium Atom (Borium ist nicht radioaktiv) --> p+B11 oder auch als pb11 bezeichnet. Daraus wird pb12, was instabil ist und deswegen in drei Helium-4 Atome zerfällt. Diese drei He-4 Atome haben kinetische Energie.
Bedeutet die Energie liegt in Form von "moving charged particles" vor und es gibt keine (oder fast keine) Neutronen und damit Neutronenstrahlung. (Neutronen tragen weniger als 1% der Energie)
Da fliegende positiv geladene Teilchen (in diesem Fall drei HE-4) bereits Elektrizität ist, muss man diese nur noch "Einfangen" bzw. diese Atome verlangsamen. Das geschieht indem man sie durch eine Spule, eine art High-Tech Transformator, fliegen lässt.
Aneutronische Fusion ist quasi der Heilige Gral der Fusion: Keine Neutronenstrahlung, kein radioaktiver Abfall, Heisswasser->Dampf->Turbine->Generator entfällt komplett und damit hohe Kosteneinsparungen und viel kleinere Bauweise möglich.
Das Problem dabei ist, dass es viel sczhwieriger ist die Fusionsbedingungen zu erreichen, bei einer pb11 Fusion beträgt die benötigte Temperatur ca. das 10x einer DT-Fusion. Bei Iter sind es min. 100 Millionen Grad, bei pb11 mindestens 1 Milliarde Grad.
Es gibt mindestens vier verschiedene Forschergruppen die mit Unterschiedlichen Konzepten Anutronische Fusion betreiben bzw. daran arbeiten. Leider steht hier sehr wenig Geld zur Verfügung, weil alles entweder in Tokamak wie ITER oder in Laserfusion wie dem NIF fliesst.
Aus meiner Sicht zwei der vielversprechenden Konzepte sind "2-Laser pb11 Fusion" eines franz. Teams hier:
http://www.nature.com/news/two-laser-boron-fusion-lights-the-way-to-radiation-free-energy-1.13914 und Focus Fusion. Hier ist die Anlage der Lawrenceville Plasma Physics LPP am weitesten gediehen. LPP hat bereist zwei von drei Konditionen (für Netto Energie Lieferung) erreicht (Die erreichte Temperatur liegt bei 1.8 Milliarden Grad) das Problem liegt derzeit bei der deutlich zu geringen Plasmadichte.
simplere Erklärung zu Focus Fusion, aus dem Jahr 2007, seitdem wurde das neue Fusionsgerät gebaut und erhebliche Fortschritte wurden erreicht.
Focus Fusion: The Fastest Route to Cheap, Clean Energy
Externer Inhalt
Durch das Abspielen werden Daten an Youtube übermittelt und ggf. Cookies gesetzt.
komplexere Zusammenhänge Focus Fusion. Vortrag mit Fusionsexperten im Publikum (u.a. MIT dabei)
Solve For x, 30 min scientific presentation at Fusion Brainstorming Conference
Externer Inhalt
Durch das Abspielen werden Daten an Youtube übermittelt und ggf. Cookies gesetzt.