Mal was vom lieben Henri Poincaré (ab 3. sehr interessant)
http://ia310819.us.archive.org/2/items/DieTheorieVonLorentzUndDasPrinzipDerReaktion/Reaktion.pdfUnd noch was zum Hintergrund:
Die lorentzsche Äthertheorie, die hauptsächlich zwischen 1892 und 1906 von Lorentz und Poincaré entwickelt wurde, beruhte auf der Weiterentwicklung von Augustin Jean Fresnels Äthertheorie, den Maxwell-Gleichungen und der Elektronentheorie von Rudolf Clausius.
Lorentz führte eine strikte Trennung zwischen Materie (Elektronen) und Äther ein, wobei in seinem Modell der Äther völlig unbewegt ist und von bewegten Körpern nicht mitgeführt wird. Max Born identifizierte den Lorentz-Äther dann überhaupt mit dem absoluten Raum Isaac Newtons.
Der Zustand dieses Äthers kann im Sinne der Maxwell-Lorentz’schen Elektrodynamik durch das elektrische Feld E und das magnetische Feld H beschrieben werden, wobei diese Felder als von den Ladungen der Elektronen verursachte Anregungszustände bzw. Vibrationen im Äther aufgefasst wurden.
Hier tritt also ein abstrakter elektromagnetischer Äther an die Stelle der älteren mechanischen Äthermodelle.
Im Gegensatz zu Clausius, der annahm, dass die Elektronen durch Fernwirkung aufeinander wirken, nahm Lorentz als Vermittler zwischen den Elektronen eben dieses elektromagnetische Feld des Äthers an, in dem sich Wirkungen maximal mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten können.
Lorentz konnte aus seiner Theorie beispielsweise den Zeeman-Effekt theoretisch erklären, wofür er 1902 den Nobelpreis erhielt. Joseph Larmor entwarf ungefähr gleichzeitig mit Lorentz (1897, 1900) eine ähnliche Elektronen- oder Äthertheorie, welche jedoch auf einem mechanischen Äther beruhte.
Korrespondierende ZuständeEin fundamentales Konzept der Theorie war das 1895 von Lorentz eingeführte „Theorem der korrespondierenden Zustände“ für Größen zu v/c (d. h. für Geschwindigkeiten, die gering sind im Vergleich zur Lichtgeschwindigkeit), aus dem folgt, dass ein im Äther bewegter Beobachter annähernd dieselben Beobachtungen in seinem „fiktiven“ Feld macht wie ein im Äther ruhender Beobachter in seinem „realen“ Feld.
Dieses Theorem wurde von Lorentz (1904) für alle Größenordnungen erweitert und in Übereinstimmung mit dem Relativitätsprinzip von Poincaré (1905, 1906) und Lorentz (1906, 1916) komplettiert.
LängenkontraktionEin große Herausforderung für diese Theorie war das 1887 durchgeführte Michelson-Morley-Experiment. Nach den Theorien von Fresnel und Lorentz hätte mit diesem Experiment eine Relativbewegung zum Äther festgestellt werden müssen, die Ergebnisse waren jedoch negativ.
Albert Abraham Michelson selbst vermutete, dass das Ergebnis für eine vollständige Mitführung des Äthers spreche, doch andere Versuche, die Aberration und die Maxwell-Lorentz’sche Elektrodynamik waren mit einer vollständigen Mitführung kaum vereinbar.
Eine Lösung deutet sich an, als Oliver Heaviside 1889 die maxwellsche Elektrodynamik weiterentwickelte und bemerkte, dass das elektrostatische Feld um einen bewegten kugelförmigen Körper in Bewegungsrichtung um den Faktor
verkürzt sei (der sogenannte Heaviside-Ellipsoid).
Dem folgend schlugen George Francis FitzGerald (1889) (allerdings nur qualitativ) und unabhängig von ihm Lorentz 1892 (bereits quantitativ ausgearbeitet) vor, dass nicht nur die elektrostatischen, sondern auch die molekularen Kräfte während der Bewegung durch den Äther auf allerdings unbekannte Weise derart beeinflusst werden, dass die in Bewegungsrichtung liegende Interferometeranordnung um den angenäherten Faktor v
2 / (2c
2) kürzer ist als der senkrecht dazu stehende Teil.
Obwohl dieser Zusammenhang zwischen elektrostatischen und intermolekularen Kräften keineswegs notwendig war und die Theorie ziemlich bald als "ad hoc" und von Lorentz selbst als "seltsam" bezeichnet wurde, konnte Lorentz zumindest den Zusammenhang mit der Verkürzung elektrostatischer Felder als Plausibilitätsargument zugunsten der Hypothese anführen.
Lorentz selbst schlug 1895 verschiedene Möglichkeiten vor um die relative Verkürzung herbeizuführen:
1. Das Interferometer kontrahiert in Bewegungsrichtung und verändert seine Länge senkrecht dazu nicht.
2. Die Länge des Interferometers bleibt in Bewegungsrichtung gleich, dilatiert jedoch senkrecht dazu.
3. Das Interferometer kontrahiert in Bewegungsrichtung und dilatiert gleichzeitig in etwas größerem Ausmaß senkrecht dazu.
Die Lorentzkontraktion der im Äther gemessenen Länge l0 in Bewegungsrichtung (ohne Expansion senkrecht dazu) mit dem präzisen Faktor gemäß
wurde von Larmor (1897) und Lorentz (1904) angegeben: Ein mit der Erde mitbewegter Beobachter würde von dieser Kontraktion, welche im Falle der Bewegung der Erde um die Sonne nur 1/200.000.000 beträgt, nichts bemerken, da alle Maßstäbe ebenso von diesem Effekt betroffen sind.
OrtszeitEin wichtiger Teil des Theorems der korrespondierenden Zustände war die von Lorentz 1892 und 1895 eingeführte Ortszeit t' = t − vx / c
2, wo t die Zeitkoordinate ist, welche ein im Äther ruhender Beobachter benutzt und t' der Wert ist, den ein zum Äther bewegter Beobachter benutzt. (Wobei Woldemar Voigt bereits 1887 im Zusammenhang mit dem Dopplereffekt und einem inkompressiblen Medium ebenfalls dieselbe Ortszeit verwendete).
Aber während für Lorentz die Längenkontraktion ein realer, physikalischer Effekt war, bedeutete für ihn die Ortszeit vorerst nur eine Vereinbarung oder nützliche Berechnungsmethode.
Mit Hilfe der Ortszeit und dem mathematischen Formalismus seiner korrespondierenden Zustände konnte Lorentz die Aberration des Lichts, den Dopplereffekt und die von Armand Hippolyte Louis Fizeau durch das Fizeau-Experiment gemessene Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit in bewegten Flüssigkeiten erklären, ohne eine „teilweise Mitführung“ des Äthers (im Sinne der Äthertheorie Fresnels) annehmen zu müssen.
Deutlich weiter ging Poincaré, der in der lorentzsche Ortszeit mehr als einen mathematischen Kunstgriff sah.
So schrieb er 1898 in einem philosophischen Aufsatz:
„Wir haben keine unmittelbare Anschauung für die Gleichzeitigkeit, ebenso wenig wie für die Gleichheit zweier Zeiträume. Wenn wir diese Anschauung zu haben glauben, so ist das eine Täuschung. Wir halten uns an bestimmte Regeln, die wir meist anwenden, ohne uns Rechenschaft darüber zu geben […] Wir wählen also diese Regeln, nicht, weil sie wahr sind, sondern weil sie die bequemsten sind, und wir können sie zusammenfassen und sagen: Die Gleichzeitigkeit zweier Ereignisse oder ihre Aufeinanderfolge und die Gleichheit zweier Zeiträume müssen derart definiert werden, dass der Wortlaut der Naturgesetze so einfach wie möglich wird.“
1900 interpretierte er dann die Ortszeit als Ergebnis einer mit Lichtsignalen durchgeführten Synchronisation. Er nahm an, dass zwei im Äther bewegte Beobachter A und B ihre Uhren mit optischen Signalen synchronisieren. Da sie glauben, sich in Ruhe zu befinden, müssen sie jetzt nur noch die Lichtlaufzeiten berücksichtigen und ihre Signale kreuzen um zu überprüfen, ob ihre Uhren synchron sind. Hingegen aus Sicht eines im Äther ruhenden Beobachters läuft eine Uhr dem Signal entgegen, und die andere läuft ihm davon.
Die Uhren sind also nicht synchron, sondern zeigen nur die Ortszeit t' = t − vx / c
2 an. Da die Beobachter aber kein Mittel haben zu entscheiden, ob sie in Bewegung sind oder nicht, werden sie von dem Fehler nichts bemerken. 1904 illustrierte er dieselbe Methode auf folgende Weise: A sendet zum Zeitpunkt 0 ein Signal nach B, welche bei der Ankunft t anzeigt. Und B sendet zum Zeitpunkt 0 ein Signal nach A, welche bei der Ankunft t anzeigt.
Wenn in beiden Fällen t denselben Wert ergibt sind die Uhren synchron. Wie Darrigol und ausführt, verstand Poincaré daher im Gegensatz zu Lorentz die Ortszeit genauso wie die Längenkontraktion als realen physikalischen Effekt. Im Gegensatz zu Einstein, der 1905 eine ähnliche Prozedur benutzte, welche heute als Einstein-Synchronisation bekannt ist, blieb Poincaré aber bei der seiner Ansicht nach „bequemeren“ Vorstellung, dass die „wahre“ Zeit trotzdem nur von im Äther ruhenden Uhren angezeigt werde.
Jedoch wurde vorerst nicht erkannt, dass aus der Ortszeit die Existenz der Zeitdilatation folgt. Die verlangsamte Gang von Uhren wurde von Larmor 1897 definiert, als er durch Kombination der Ortszeit mit dem Faktor [/b]
feststellte, dass periodische Vorgänge von bewegten Objekten im Äther langsamer als bei ruhenden Objekten abliefen. Das ergab sich dann auch aus der Arbeit von Lorentz 1899, der erkannte, dass die Vibrationen eines oszillierenden Elektrons, welches sich relativ zum Äther bewegt, langsamer verlaufen.
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Wie Poincaré jedoch am 5. Juni 1905 zeigte, war es Lorentz nicht gelungen, die vollständige Lorentz-Kovarianz der elektromagnetischen Gleichungen zu zeigen. Er korrigierte den Makel in Lorentz’ Anwendung der Gleichungen (z. B. im Zusammenhang mit der Ladungsdichte und Geschwindigkeit), und zeigte die Gruppeneigenschaft dieser Transformation auf, sprach vom „Postulat der vollständigen Unmöglichkeit der Bestimmung einer absoluten Bewegung“ und sprach die Möglichkeit einer Gravitationstheorie (inkl. Gravitationswellen) an, welche diesen Transformationen entsprach.
Wobei wesentliche Teile dieser Arbeit bereits in zwei Briefen enthalten waren, welcher von Poincaré ca. Mai 1905 an Lorentz geschrieben wurden. Im ersten Brief korrigierten Poincaré die elektrodynamischen Gleichungen von Lorentz, und im zweiten begründete er die Gruppeneigenschaft der Lorentz-Transformation und formulierte das
relativistische Additionstheorem für Geschwindigkeiten.
wo
Im Zusammenhang mit seiner Gravitationsauffassung zeigte Poincaré, dass die Kombination x2 + y2 + z2 − c2t2 invariant ist und führte dabei den Ausdruck
als vierte Koordinate eines vierdimensionalen Raums ein – er benutzte dabei Vierervektoren bereits vor Minkowski.
Er sprach von dem „Postulat der Relativität“; er zeigte dass die Transformationen eine Konsequenz des Prinzip der kleinsten Wirkung sind und er demonstrierte ausführlicher als vorher deren Gruppeneigenschaft, wobei er den Namen Lorentz-Gruppe („Le groupe de Lorentz“) prägte.
Allerdings merkte Poincaré später an, dass eine Neuformulierung der Physik in eine vierdimensionale Sprache zwar möglich, aber zu umständlich sei und deshalb geringen Nutzen habe, weshalb er seine diesbezüglichen Ansätze nicht weiterverfolgte. Dies wurde später erst durch Minkowski getan.
Quelle:
Wikipedia: Lorentzsche Äthertheorie@HartwigAber Du weißt ja bescheid was?
:) Seltsam das alle die Du anführst, die die SRT widerlegt hätten, eben genau das nicht getan haben.