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Ist die Realität wirklich real?

1.714 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Traum, Philosophie, Realität ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Ist die Realität wirklich real?

31.07.2009 um 09:35
@coelus
Zitat von coeluscoelus schrieb:Interessant ist auch, dass das kleine bewusste Ich rund 80 Prozent der Energie im Hirn verbraucht –das Unbewusste nur 20%...
da frage ich mich wieso die Natur so viel Energie für das bewusste Ich ?verschwendet? ?

Ich meine 4/5 sind kein Pappenstiel, und "müssen" erstmal aufgewendet werden.
Sicherlich nicht grundlos.
Wie erklärst Du Dir diese Verschwendung, die man von der Natur normalerweise nicht kennt, weil sie fürgewöhnlich sehr ökonomisch mit ihren Kräften/Energiehaushalt umgeht.


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Ist die Realität wirklich real?

31.07.2009 um 11:38
@coelus
Das sagt aber trotzdem nicht aus, wie du auf die 0.00085% kommst.
@rockandroll
Ich denke das kommt von der Sprache. Als wir noch keine Sprache entwickelt hatten, konnten wir nicht mit unserer inneren Stimme denken, also haben wir nicht so viel Energie dafür benötigt. Heute sind wir so fixiert auf unsere Sprache, dass das Gehirn bestimmt ziemlich anders arbeitet als früher, wo wir noch steinzeit Menschen waren.
Da das, natürlich, zu einer besseren Kommunikation führt, die Sprache, ist es Evolutionär gesehen ein Vorteil, dass auch zu fördern oder zu mindest nicht daran zu verschlechtern, irgendwie.
Die Sprache führt ja auch zu einer höheren Intelligenz. Wir wären nicht so weit gekommen, wenn nur AAhlaute und geuhge in unserer Kommunikation vorkämen. Mit der Sprache ergaben sich einfach mehr Probleme die man lösen musste. Ob diese nun Zwischenmenschlich waren oder mit anderen Sprachen zu tun hatten.

MfG


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Ist die Realität wirklich real?

31.07.2009 um 14:11
@coelus
Vieles von dem was du geschrieben hast, wusst ich noch nicht und ist sehr interessant. Vor allem in Bezug auf psychedelische Drogen, von denen auch gesagt wird, sie bringen Teile des Unterbewusstseins hervor.
Und auch nach meinen eigenen Erfahrungen...
du schreibst dass das bewusste Ich nur eine kleine Menge an Informationen gleichzeitig aufnehmen kann. Als ich auf einer geringen Dosis Psilocybin war, änderte sich genau das; ich hatte das Gefühl das ganze Blickfeld und jedes sich darin befindliche Detail gleichzeitig zu fokusieren. Die Anzahl an aufgenommenen Informationen steigerte sich spürbar.
Das wäre nur ein Beispiel, dass dafür sprechen würde, dass psychedelische Drogen das kleine Ich-Bewusstsein um einen Teil des Unbewussten erweitert, bzw dass es uns in das Unbewusste eintauchen lässt.
Ein weiteres Indiz wäre zum Beispiel, dass sich das Ego bei höheren Dosen vollständig auflöst, man aber nicht bewusstlos ist, sondern geistig in abstrakten Welte eintaucht. Auch das würde dafür sprechen, dass die Droge einen bei so einer Dosis komplett in das Unterbewusstsein eintauchen lässt.
Ein weiteres Indiz ist die Ähnlichkeit zwischen Träumen, den wie du sagst "bizarren Halluzinationen schizophrener Menschen" und einem psychedelischen Trip.


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31.07.2009 um 15:32
@geobacter
Zitat von geobactergeobacter schrieb:Bewusstseinsverändernde Drogen wirken als sogenannte "Hemmer"
das scheint ein irrtum zu sein und stimmt so keinesfalls.

siehe (Partial)agonist (imitiert bzw. ersetzt)
im gegensatz zu einem inversen agonisten (betablocker als bsp.)


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31.07.2009 um 16:27
@rockandroll

“ da frage ich mich wieso die Natur so viel Energie für das bewusste Ich ?verschwendet?

Ich meine 4/5 sind kein Pappenstiel, und "müssen" erstmal aufgewendet werden.
Sicherlich nicht grundlos.

Wie erklärst Du Dir diese Verschwendung, die man von der Natur normalerweise nicht kennt, weil sie fürgewöhnlich sehr ökonomisch mit ihren Kräften/Energiehaushalt umgeht.“


Eine sehr, sehr gute Frage mein Freund.

4/5 sind in der Tat überhaupt kein Pappenstiel, wenn man bedenkt, dass hier die 80% Energieaufwand für gerade mal für einen winzigen Bruchteil von 0,00036% bewussten Sinneswahrnehmungen herhalten…

Ich selbst bin auch noch an dieser Frage beschäftigt und bin noch nicht zu einem wirklichen Ergebnis gekommen, Ansätze schon, aber schauen wir mal eine Möglichkeit an. Erst in letzter Zeit bestätigte sich, dass auch sehr viele Tierarten ein Ich-Bewusstsein aufweisen und dies regte natürlich zu weiteren intensiven Beobachtungen diesbezüglich an.

Welchen Überlebensvorteil die Ausbildung des Bewusstseins mit sich gebracht haben könnte, versuchte z.B. der Soziobiologe Eckhart Voland von der Universität Giessen herauszufinden. Für Voland ist Evolution ein durch und durch ökonomischer Prozess –Du hast es auch bereits erwähnt navi-, in dem es darum geht, mit möglichst geringen Aufwand maximalen Vorteil zu erziehlen.

Volands Hypothese: Tiere, die in einer Gruppe leben, müssen wissen, wie sich die anderen Mitglieder dieser Gruppe verhalten werden. Die Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen („Mind reading“), macht deren Verhalten berechenbar und ist somit nützlich für ein einzelnes Tier.

Denn wenn ein Lebewesen eine Vorstellung davon macht, dass seine Artgenossen Individuen mit eigenen Plänen und Wünschen sind, kann es sich in deren Lage versetzen und überlegen, was es in ihrer Situation wohl tun würde. Es kann abschätzen, wer ihm schaden könnte.

Das geht aber nur, wenn ein Tier die Vorstellung eines „Ich“ besitzt.

So also könnte das Selbst- Bewusstsein entstanden sein: als Fähigkeit, sich in die Artgenossen hineinzudenken –und damit als Überlebungsvorteil.

Wenn zum Beispiel das Alphatier in einer Schimpansengruppe ahnt, dass ein Konkurent sich mit einem schwächeren Gruppenmitglied verbünden will, um den Chef zu entmachten, kann es selbst die Initiative ergreifen und den Konkurrenten vertreiben. Das hilft, die eigene Vormachtstellung zu festigen, erfolgreichen Nachwuchs zu zeugen und so die eigene Gene zu verbreiten.

„Erkenne Deinen Artgenossen!“ wäre demnach der Grund dafür, dass sich dieses Bewusstsein für andere entwickelt hatte, so nimmt Voland an, begann es sich auch auf das Individuum selbst zu richten.

„Erkenne Dich selbst“ – quasi ein Abfallprodukt der Evolution…

Weil sich das Selbst-Bewusstsein auf ganz unterschiedliche Bewusstseinszustände beziehen kann – etwa das Körperbewusstsein, das sprachliche, das handelnde oder das erlebende Bewusstsein –„Ich spüre mich, rede, handle oder erlebe etwas“-, nimmt Gerhard Roth an, dass das „Ich“ gar keine einheitliche Instanz ist.

Vielmehr hefte sich das „Ich“- Gefühl (anm. auf der Bühne des Geistes, der Denkerfahrung) an verschiedene Bewusstseinsformen an, nach dem Motto: „Ich bin es, der dies oder jenes gerade denkt, fühlt, ausführt“, und werde vor allem durch das autobiografische Gedächtnis erzeugt.

Wichtig sei dabei auch der Umgang mit unseren Eltern, Familienangehörigen, Freunden, Bekannten und Kollegen, die uns als ungeteilte Einheit, als Individuum behandeln und anreden.

Daher, so Roth, sei die Einheit „Ich“ auch etwas Erlerntes.


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31.07.2009 um 16:32
ah, natürlich das Abfallprodukt, wäre der Grund für die immense Verschwendung, als der Glaube ans "Ich", als etwas eigenständiges... :D ;)


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31.07.2009 um 16:44
@FreakySmiley

"Das sagt aber trotzdem nicht aus, wie du auf die 0.00085% kommst."

Ist eigentlich eine ganz simple Rechnung:

100 / 11'000'000 * 40 = 0,0003636% oder 3.6363636363636363636363636363636e-4

Du hast mich nach der Quelle gefragt und habe sie Dir bereits aufgelistet, wo Du diese Sachverhalte detailliert finden kannst, also hier noch mal:

Quellen und Literatur:

Gerhard Roth, „Fühlen, Denken, Handeln. Wie das Gehirn unser Verhalten steuert“, Suhrkamp.

Ran R. Hassin, Hans S. Uleman, John A. Bargh, “The New Unconscious”, Oxford University Press. Francois Ansermet.

Pierre Magistretti, “ Die Individualität des Gehirns. Neurobiologie und Psychoanalyse“, Suhrkamp.


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Ist die Realität wirklich real?

31.07.2009 um 17:01
@geistwerk

“Vieles von dem was du geschrieben hast, wusst ich noch nicht und ist sehr interessant.“

Ja, für mich ebenso äusserst faszinierend und sehr interessant. :)

Werter geistwerk! Du hast den Braten gerochen und bist auf der korrekten Fährte und bitte komm ja schnell wieder in unsere anständige Diskussionsrunde, Du fehlst sonst hier. ~^

Also ich habe mal folgende Überlegung angestellt:

Wenn wir also am Faden dran bleiben und in unsere Betrachtung mit einschliessen, dass also eine ungeheure Datenmenge unserer Realität durch unsere Wahrnehmungssinne permanent 24h am Tag ohne jeglichen Unterbruch direkt in die Ebenen des Unbewussten direkt gelangen, also mehr als 11 Mio. Sinneswahrnehmungen von unserer Umwelt und uns selbst (Körper/Geist) aufnimmt.

Tja, weißt Du nun, was das bedeutet, werter geistwerk?

Genau, wir haben schon längsten das ganze Universum gescannt, dies online, permanent auf dem neusten Stand, angepasst an alle Änderungen die es in unserem ganzen Umfeld stetig gibt. Doch der Hacken an der Sache ist, unseres kleines „Ich“ kommt von dem allem nicht das Geringste mit, da es ja lieber sein „Ich“ selbst ständig beweihräuchert und meistens mit seiner Aufmerksamkeit in SOLL- Blasen verweilt!

Dies erzeugt natürlich unweigerlich eine Diskrepanz, eine Spannung zwischen dem was IST und dem was sein SOLL, nicht aber IST und dies erfordert einen ungeheuren Energieaufwand. Vielleicht mit Grund, der navigato’s Frage beantworten können.

Also, wenn nun also die ganze Welt schon in uns selbst vorhanden IST, in den unbewussten Ebenen, so wäre die nächste Frage, wie können wir nun dieses immense brodelnde Universum in uns selbst, also mit der unbewussten Ebene, andocken… ;)

p.s. bitte komm schnell wieder zurück, geistwerk, ich weiss, ist zwar Ferienzeit, aber Dein Faden ist eben auch sehr interessant. :)


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Ist die Realität wirklich real?

31.07.2009 um 17:18
Kann man den den Energiebedarf runterfahren, wenn man etwa meditiert?
Das wäre sehr intressant.

>>4/5 sind in der Tat überhaupt kein Pappenstiel, wenn man bedenkt, dass hier die 80% Energieaufwand für gerade mal für einen winzigen Bruchteil von 0,00036% bewussten Sinneswahrnehmungen herhalten…<<

Ich denke das die 80% nicht >nur< für diese 0,00036% herhalten, oder? Ich lese das Thema gleich mal rückwärts um zu sehen ob ich nicht zu Oberflächlich bin. ;) ;) ^^

Denkt ES nicht viel mehr und ein Bruchteil davon landet lediglich im ich, obwohl wir ES sind und dafür die 80% aufgewendet werden?

Betrachtet mein Posting als memo, den als echten Beitrag. :D


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31.07.2009 um 17:23
@Jimmybondy

“Ich denke das die 80% nicht >nur< für diese 0,00036% herhalten, oder?“

Nein, da hast Du vollkommen Recht, sorry war mein Fehler, aber super Deine Aufmerksamkeit für das was IST, mein Freund! ;)

Die SOLL- Bläserei und die äussere Bestätigung –auch wenn es nicht so IST- des eigenen „Ich“, weil man so angeredet wird und auch so erzogen, verbrauchen zusätzlich eine enorme Energie. :)

Das "Es" denkt nicht, es analysiert... :D ;)


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31.07.2009 um 17:25
...und IST eine ganz gewaltiger Speicher des was IST. :)


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31.07.2009 um 17:57
eine frage:geht jedem tun und handeln das denken voraus?


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31.07.2009 um 18:08
@hanspeter68

Nein Hanspeter68, viele vorliegende Indizien weisen eben auf die immense Macht des Unbewussten hin, welche eigentlich uns mehrheitlich lenkt, schon mal abgesehen von allen komplexen körperlichen Prozessen.
Sosehr wir auch versuchen, unser Handeln zu kontrollieren, vieles entzieht sich unserem Einfluss. Denn tief in uns –im Unbewussten- wirken Sinneseindrücke und Erfahrungen unablässig auf uns ein und bestimmen heimlich unser Handeln.


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31.07.2009 um 18:20
@coelus
Zitat von coeluscoelus schrieb:Das "Es" denkt nicht, es analysiert...
hah! sehr lustig, dass Du das auch so siehst.
Dieser Gedanke schwirrt mir schon sehr lange im Kopf herum. Wobei ich anstatt analysieren immer an differenzieren, oder allgemein abzählen/abrechnen gedacht hatte.
Auf der anderen Seite steht das Synthetisieren/Zusammenfügen/Vereinheitlichen, und dieser Part ist wohl dem bewussten Teil vorbehalten. Ist das Bewusstsein doch als eine unteilbare Einheit zu sehen.


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31.07.2009 um 18:23
@coelus
aha,das heisst also dass wir in wirklichkeit nicht herr über uns selbst sind,das alle entscheidungen die wir treffen,immer genauso sind,so wie es dies höhere macht es vorsieht?! das leuchtet ein meiner meinung nach.danke für deine aussage


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31.07.2009 um 19:01
@rockandroll

“ Auf der anderen Seite steht das Synthetisieren/Zusammenfügen/Vereinheitlichen, und dieser Part ist wohl dem bewussten Teil vorbehalten.“

Nicht unbedingt, was eben das immense Unbewusste ständig auch macht.

Dieser unbekannte Kontinent erzeugt beispielsweise die scheinbar automatischen Körperfunktionen: den Tanz tausender Botenstoffe und Hormone etwa das Koordinationsspiel der Organe, Gliedmassen und Münder.

Das Telefon läutet. Wie Automaten heben wir die Hand und führen den Hörer zum Ohr. „Hallo?“ Der Mund bewegt sich wie durch Zauberei; durch Lippen- und Zungenakrobatik stossen wir Laute hervor, die andere verstehen können. Tausende Informationssplitter und Regeln kommen dabei unbewusst zum Einsatz, wie Grammatik, Syntax, Semantik, idiomatische Konventionen, linguistische Traditionen, spezifisch für unsere Region, unser Land, unsere Stadt, unsere Familie.

Wären wir uns all dieser Muster bewusst, die für gesprochene Sprache notwendig sind, würde es Stunden kosten, auch nur einen einfachen Satz zusammenzustottern. :D ;)

Jeder Geistesblitz, jede Idee, die in uns aufleuchtet, entsteht tief im Innern unseres Gehirns – in den schöpferischen Schichten des Unterbewusstseins.


“Ist das Bewusstsein doch als eine unteilbare Einheit zu sehen.“

Das Bild des winzigen Schneebälchens („Ich“/Bewusstsein) auf einem immensen Eisberg („Es“ der immense unbewusste Bereich) passt für mich hier sehr gut. Also keine Abtrennung und nicht für sich allein eine unteilbare Einheit, da es selbst ein kleines Teilchen eines viel grösseren IST. ;)


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Ist die Realität wirklich real?

31.07.2009 um 19:09
Die Welt, in der wir leben, ist eine Welt, die wir im Prozess des Erkennens gemeinsam erschaffen. Es liegt an uns, ob wir die in unserem biologischen Erbe angelegten Gesetze des Lebens erkennen und danach handeln oder ob wir sie verkennen und die Grundlagen unseres Lebens und unserer Menschlickeit damit zerstören. Wie zu Anfang unseres Jahrhunderts in der Physik vollzieht sich heute in der Biologie eine wissenschaftliche Revolution. Maßgeblichen Anteil daran haben die beiden Neurobiologen Humberto Maturana und Francisco Varela. Sie stellen in diesem Buch erstmals in allgemeinverständlicher Form ihr Systembild der elementaren Lebensvorgänge und der Prozesse dar, durch die wir zu Wissen bzw. Erkenntnis gelangen. Durch dieses Systembild wird nich allein das Weltbild der Biologie, sondern auch unser tradiertes Weltverständnis umgewälzt. Nach Auffassung der alten, darwinistisch geprägten Biologie überlebt ein Lebewesen nur dann, wenn es sich möglichst vollkommen seiner Umwelt anpaßt. Es wäre damit sklavisch abhängig von einer objektiven Außenwelt. Für die von Maturana und Varela vertretene Systembiologie gibt es jedoch keine "objektive" Wirklichkeit: Wenn Grunderfordernisse des Lebens erfüllt sind, haben lebende Systeme - also auch der Mensch - alle Freiheit, sich ihre Welt selbst zu schaffen, anstatt nur auf Vorgegebenes zu reagieren. Das Subjekt ist somit entscheidend an der Schöpfung seiner nur scheinbar objektiven Wirklichkeit beteiligt. "Dieses Werk wird einmal zu den Klassikern der sich anbahnenden Konvergenz der modernen Natur- und Geisteswissenschaften zählen." Prof. Paul Watzlawick / Mental Research Institute, Paolo Alto Diesen Prozeß durchsichtig zu machen, betrachten die Autoren als Aufgabe ihrer Forschungsarbeit. Die in der Menschheitsgeschichte vor allem von Weisen, Mystikern und Philosophen behauptete Einheit von Subjekt und Objekt, die untrennbare Ganzheitlichkeit des Seins, wird hier nun auch mit naturwissenschaftlichen Forschungsergebnissen belegt.

Der Baum der Erkenntnis; Humberto R. Maturana ; Francisco J. Varela.
Humberto R. Maturanas Einsichten in die Funktionsweise des Gehirns haben den Anstoß gegeben zu einem Novum in der neuzeitlichen Philosophie, nämlich zur Etablierung einer empirisch fundierten Erkenntnistheorie, die ohne Ontologie auskomt: zu einer konstruktivistischen Kognitionstheorie. Aufgrund seiner Struktur und Arbeitsweise ist das menschliche Gehirn nicht darauf gerichtet, eine objektive Realität als solche abzubilden. Unsere Erlebnis-Wirklichkeit (phänomenale Welt) beruht allein auf kognitiven, erfahrungs- und lernabhängigen Selbstdifferenzierungsprozessen des Gehirns. Unser reales Gehirn konstruiert also eine kognitive Welt, die aus Körper, Subjekt und Umwelt besteht. Diese kognitive Welt ist in sich abgeschlossen, nur in ihr gibt es Raum und Zeit, Außen und Innen, Ursache und Wirkung. Die reale Welt ist zwar eine kognitiv notwendige regulative Idee, aber keine erfahrbare Wirklichkeit. Mit anderen Worten: die "Realität" kommt in unserer phänomenalen Wirklichkeit nicht vor.

Zur Biologie der Kognition; Hrsg. v. Volker Riegas u. Christian Vetter



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31.07.2009 um 19:20
@coelus
Zitat von coeluscoelus schrieb:Das Bild des winzigen Schneebälchens („Ich“/Bewusstsein) auf einem immensen Eisberg („Es“ der immense unbewusste Bereich) passt für mich hier sehr gut. Also keine Abtrennung und nicht für sich allein eine unteilbare Einheit, da es selbst ein kleines Teilchen eines viel grösseren IST.
Verwerfen wir mal für einen Moment die Allegorie vom Eisberg und Schneeball, denn die hinkt an verschiedenen Stellen.

Nehmen wir einen Computer.
Dieser rechnet. Alle Rechenoperationen laufen im Hintergrund, vergleichbar mit dem Unbewussten Teil der Psyche. Und das Rechenergebnis, das was man letzlich als Ergebnis des langen und breiten "unbewussten"/unbekannten/uniteressanten Rechenvorgans sieht, wird dann in den Vordergrund gerückt. Auf den Bildschirm. Das Bild, das auf dem Bildschirm erscheint IST eine einzige unteilbare Einheit, die mit dem "unbewussten" Hintergrundanteil in Verbindung steht, und ist auch genauso wichtig wie der Rechenvorgang im Hintergrund.
So ergibt das für mich irgendwie mehr Sinn.


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31.07.2009 um 19:25
@neoschamane

Du machst natürlich jetzt einen Sprung von vorliegenden Sachlagen; Hypothese was navi’s Frage betrifft, zu Naturwissenschaftler welche philosophieren, also philosophierende Naturwissenschaftler.

Zu diesen beiden Artgenossen ist zu sagen, dass sie eigentlich nur alte Theorien und Argumente wiederholen, die in der Kulturwissenschaft längst weiter getrieben worden sind.

Im Laufe der Jahrhunderte haben sie (Philosophen) ein überwältigend komplexes Denksystem errichtet, welches auf einigen Grundsätzen Aristoteles und anderer antiker Philosophen sich berufen und sie postulierten ebenso, dass nach ihrer Vorstellung, sich die tiefsten Seinsgründe nicht durch Beobachtungen, nicht durch die Sinne erschliessen lassen, sondern nur durch die Vernunft, durch eine rein geistige Wesensschau…

Dann war da Kant und Descartes und die heutigen Konstruktivisten reformulieren im Wesentlichen lediglich die Theorie Kants, selber bilden sie sich aber ein, dass sie eine neue Erkenntnis gefunden hätten…

Nicht ausser Acht zu lassen ist der Umstand, dass gerade die vormals in gleichsam symbiotischer Weise theorieproduzierenden Autoren Humberto R. Maturana und Franzisco J. Varela nun getrennte Denkwege gehen, weshalb sie ebenso gezwungen sind, wahrhaft autopoietische – etwas, das sich „selbst herstellt“, ähnlich der Autogenese- Konstruktionen der Welt zu entwickeln… ;)


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31.07.2009 um 19:38
@rockandroll

“ denn die hinkt an verschiedenen Stellen.“

Nur dort wo man das ausblendet was IST. Dann zeig mal exkat und deutlich wo es hinken SOLLe. ;)


“ So ergibt das für mich irgendwie mehr Sinn.“

Ja, für (D)eine SOLL- Blase mag dies vielleicht so genehm erscheinen, aber SO, IST es ja nun nicht wirklich. Drehe es einfach mal schlicht um 180° um, dann passt’s schon eher…:D ;)

Ich denke Du hast die vorgehenden Beiträge nicht in Deine Betrachtung miteinbezogen, ansonsten wäre es schon gut, wenn Du wenigstens Deine Postulate in klare Verbindung mit dem vorliegenden bringst, ansonsten Du nur Nebenschauplätze eröffnest, wo noch der Bezug zum bisherigen aussteht.


“ Das Bild, das auf dem Bildschirm erscheint IST eine einzige unteilbare Einheit, die mit dem "unbewussten" Hintergrundanteil in Verbindung steht, und ist auch genauso wichtig wie der Rechenvorgang im Hintergrund.“

Unteilbar bedeutet, wenn es sich für sich alleine stehen kann und das kann es offensichtlich mitnichten. ;)


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