@sarasvati23 schreibt:
"Alle Arten der "Kommunikation" kann man als Sprache bezeichnen, inklusive Telepathie."
Ich wusste, dass Du das mit der Telepathie jetzt schreiben würdest,^^
aber schränkt die Sprache das Denken ein ? Ich versuche mal ein paar Sätze zur gesprochenen und geschriebenen Sprache.
Wir lernen die Worte in bestimmten sozialen Situationen und verinnerlichen sie eben nicht als bloße Worte, sondern gleichzeitig mit den sozialen Situationen und allen damit verbundenen Emotionen. Wir werden in eine bestimmte historisch-ökonomische Gesellschaftsformation, einen bestimmten kulturellen Umkreis in eine bestimmte Familie mit konkreter ökonomischer Grundlage hineingeboren.
Die Worte, Begriffe, sprachlichen Sequenzen, die wir verinnerlichen, sind sozusagen ökonomisch, kulturell und klassenspezifisch aufgeladen. Beispiele:
1a)So könnte das Wort "Arbeit" für den geringsten Teil unserer Gesellschaftsformation bedeuten: Ich lasse Leute für mich arbeiten. Die bekommen dann einen Lohn dafür. Der Lohn muss geringer sein, als der Wert den die Leute durch ihre Arbeit schaffen. Diesen "Mehrwert" stecke ich in meine Tasche, häufe ihn an und investiere ihn, zur Vergrößerung meines Kapitals.
1b)Für die gewaltige Mehrheit unserer Gesellschaftsformation bedeutet Arbeit, dass sie ihre Arbeitskraft entsprechend verkaufen (s.1a) und dafür annähernd so viel bekommen, dass sie ihre Arbeitskraft wieder regenerieren können und darüberhinaus noch für die Nachkommenschaft neuer Arbeiter sorgt.
2."Gott" bedeutet für Muslime, Christen, Buddhisten etwas unterschiedliches, entsprechend unterschiedlich sind auch die religiös geprägten kulturellen Verhaltensformen und auch die mit den oft gleichklingenden, gleichgeschriebenen Worten verbundenen Assoziationen.
Der italienische Soziolinguist Rossi-Landi gab mal ein prägnantes Beispiel für "Denkblockaden" in der Sprache:
So wurde ein farbiger US-Soldat niederen Ranges gefragt : "You're exploited " (Du wirst ausgebeutet ?) Seine Antwort war: "You're communist?" ( Du bist Kommunist?)
Das bedeutet: Die mediale- und ausbildende Macht des bestehenden Wirtschaftssystems hat dafür gesorgt, dass bestimmte Begriffe sofort auf der Sprachoberfläche abgeschossen werden, bevor sie in der Tiefe überdacht werden können. Statt darüber nachzudenken, ob er denn nun ausgebeutet wird oder nicht,
reagiert der Soldat im Beispiel reflexartig auf das gehörte Wort Ausbeutung mit dem stigmatisierten Begriff des Kommunismus, worüber in stillschweigender Vereinbarung nicht nachgedacht wird...etc...
Man kann also durchaus von s p ra c h l i c h e n S y s t e m ba r r i e r en sprechen, die das D e n k e n e i n s c h r ä n k e n, bzw. sogar verhindern. Falsch oder gut programmiert, je nach Perspektive.
Sprache gaukelt die sichere Erkenntnis der Objektwelt vor, doch nur weil wir dazu in der Lage zu sein scheinen, den Dingen einen Namen zu geben, haben wir diese noch längst nicht erkannt. Wir haben in einem längeren Prozess der Menschheitsgeschichte die existierenden Dinge der Außenwelt innerhalb unseres kommunikativen Symbolsystems, innerhalb unserer kollektiven Innenwelt neu erdacht und bezeichnet.
So existiert das z.B., was wir als Baum bezeichnen, scheinbar in der Außenwelt in unterschiedlichen Ausprägungen und nicht immer eindeutig zu benennen. (Grenze zum Strauch ? Stuhl...Grenze zum Sessel...etc.) Selbstverständlich gibt es keine Identität zwischen Wort und Objekt. Das beantwortet allerdings nicht die Frage, ob Sprache das Denken einschränkt.
Wenn man Denken z.B. innerhalb unseres kollektiven Symbolsystems als freie bewusste Tätigkeit fassen würde, die zu neuen Erkenntnissen führt, so müsste man die "alte" Symbolhaftigkeit des sprachlich vermittelten "angeblichen" Denkens verlassen.
Wie das, etwa mit Händen und Füssen denken ? Für viele vielleicht besser, als das, was sie ihrer sozialen Umwelt als Denken in die Hirne müllen. Ich meine:
Man muss sich erst einmal der Sprache bewußt werden -und dazu kann die Sprache durchaus ausreichen. In diesem Sinne halte ich Denken für sprachlich vermittelt. Das kann durchaus im Rahmen der Frage: "Schränkt Sprache das Denken ein ?" geschehen. Mit sprachlichen Mitteln an den Tellerrand der Sprache vordringen, die Begrenztheit der Sprache und des Seins erkennen, ein möglicher Zustand, der weiterleiten könnte. Weiterleiten wohin ?
Wenn wir meinen, die Begrenztheit der Sprache und des Seins erkannt und uns selbst vielleicht als programmierbaren Biocomputer enttarnt haben, dann eröffnen sich neue Fragestellungen zur menschlichen Existenz schlechthin:
Was soll das eigentlich, wir sind mit einem unbändigen Überlebenswillen ausgestattet und haben doch nur eine begrenzte Haltbarkeit ? Eine Konstruktion aus der Sado-Maso-Zentrale des Universums ? Wenn die Männchen unserer Gattungen bestimmte Körperformen in bestimmter Bewegung sehen, bekommen sie eine Hormonausschüttung und spüren den Drang zur Vereinigung, Arterhaltung. Teleologisches Prinzip der Arterhaltung. Aha ! Genial konstruiert, aber hat sich der Konstrukteur überhaupt Gedanken über die seelische Verfassung seiner Kreaturen gemacht, kann er die Pein nachvollziehen, die aus der unerträglichen Spannung zwischen Überleben wollen und sterben müssen entsteht oder sitzt er da irgendwo auf seinem Thron und singt händereibend: "Eins, zwei, drei / morgen ists vorbei " ?
Ich meine Sprache muss das Denken nicht einschränken (obwohl das oft geschieht), Sprache bietet jedenfalls die Möglichkeit der Erkenntnis und der Befreiung von universellen Zwängen. In diesem Sinne wünsche ich der Menschheit und mir eine volle Entfaltung des sprachlichen Denkens, die alle Energien bündelt, um ewiges Leben zu erreichen.