Kleiner Exkurs in die Thermodynamik.
Ein System ist eigentlch nur irgendein räumlicher Bereich, der durch verschiedene Phasengrenzen von der Umgebung abgetrennt ist. So kann man z.B. eine Menge Wasser als System betrachten das hauptsächlich von der Phasengrenze Wasser-Topf begrenzt ist und in eine Richtung durch die Grenze Wasser-Luft. Das ist ein relativ einfacher Fall, da das System nur eine Phase enthält, man kann das aber je nach Betrachtung auch beliebig kompliziert wählen. Zum Beispiel kann man bei schwer mischbaren Flüssigkeiten beide Phasen als System betrachten und alles außerhalb des Gefäßes als Umgebung, oder man fügt eine der beiden Phasen der Umgebung hinzu und betrachtet nur ein der Phasen als System.
Ein System kann offen, geschlossen oder abgeschlossen sein.
Offen bedeutet, dass das System Materie und Energie mit der Umgebung austauschen kann.
Das geschlossene System kann nur noch Energie austauschen.
Und das abgeschlossene System kann weder Materie noch Energie mit der Umgebung austauschen.
Abgeschlossene Systeme gibt es so in der Natur nicht, man kann sie nur annähern. Eine Thermoskanne ist da ein Beispiel, der Wärmeaustausch mit der Umgebung findet nur langsam statt aber er findet statt, es gibt kein Gefäß das einem Wärmegradienten unendlich lange standhalten kann.
Was für ein System ist nun die Erde?
Die Erde wird ständig von der Sonne bestrahlt, zudem gibt sie auch wieder Strahlung ab, sonst könnte man sie vom Weltall aus schlecht sehen
;), Da ein reger Energieaustausch stattfindet kann sie schonmal kein abgeschlossenes System sein, nichtmal annähernd. Zudem trifft uns ständig kosmische Strahlung die zum Großteil aus Protonen und schwereren Teilchen besteht. Außerdem verliert die Erde immer etwas an Materie, aber diese Mengen sind marginal. Es findet dennoch ein Stoffaustausch statt, also ist die Erde auch kein geschlossenes sondern ein offenes System.
Nun zur Entropie:
Nur für ein abgeschlossenes System gilt, dass die Entropie zunimmt bzw gleich bleibt (bei reversiblen Prozessen). Da wir aber nicht in einem abgeschlossenen System sind ist das entsprechende Argument nicht anwendbar.
Außerdem ist es immer schwieirg die Begriffe Ordnung und Entropie zu verbinden, da zumeist die Definition für Ordnung nicht ganz klar ist. Wenn man als Maß für die Ordnung die Größe von Molekülen, bzw die Abnahme der Teilchenzahl bei einer Reaktion nimmt, dann ist Ordnung und Entropie eben nicht mehr gleichzusetzen.
Man kann sich das z.B. an der Knallgasreaktion veranschaulichen. Also:
2 H2 + O2 -> 2 H2O
Die Teilchenzahl nimmt ab/Molekülgröße nimmt zu. Allerdings läuft die Reaktion trotzdem spontan ab (abgesehen von der Aktivierungsenergie, die ich mal kurz vernachlässige). Hierfür muss man sich die Freie Enthalpie/Gibbs Energie anschauen, denn bei der Reaktion wird soviel Energie frei, dass das der Entropieabnahme entgegenwirkt und die freie Enthalpie negativ wird -> spontane Reaktion.
Hier scheint es einen Widerspruch zu geben, der sich allerdings auflöst wenn man die Entropie richtig betrachtet.
Die Abnahme der Teilchenzahl ist nämlich nur ein Einfluß auf die Entropie. Denn die freiwerdende Energie aus der Bindungsbildung erhöht die Temperatur des Systems oder der Umgebung je nachdem ob offen geschlossen oder abgeschlossen. Dadurch wird die Entropie wieder erhöht. Und am Ende ist sie eben wieder größer oder gleich dem Anfangswert. (Wer die genaue mikroskopische Argumentation will, soll einfach nochmal nachfragen. Man könnte noch nen Thread zur Entropie aufmachen oder nen alten ausgraben)
Ordnungsbildung auf einer gewissen Ebene und Entropie widersprechen sich also nichtmal in abgeschlossenen Systemen.
Noch ein anderes Beispiel, das
@Makrophage schon angesprochen hat: Fette in Wasser.
Wir nehmen mal an dass diese als einzelne Moleküle in Wasser gelöst sind. Dann gibt es eine koordinierende Hydrathülle um jedes Fettsäuremolekül.
Das hat 2 Effekte:
1. polar und unpolar verträgt sich schlecht, Koordinierung von unpolaren Fettsäuren mit polarem Wasser ist energetisch ungünstig.
2. Die Koordinierung schränkt das Wasser in seiner Wahl möglicher Zustände ein, die Entropie ist niedrig.
Wenn sich aus den Fettsäuremolekülen nun Mizellen oder Doppelschichtige Membranen bilden so führt dies einerseits dazu, dass unpolare Reste mit unpolaren Resten Koordinieren, bzw polare Reste der Fettsäuren mit Wasser, das ist schonmal energetisch günstiger. Da ein Fettsäuremolekül von mehreren Wassermolekülen koordiniert ist, erhöht sich die Gesamtteilchenzahl des Systems mit jedem Fettsäuremolekül, welches mit anderen geordnetere Strukturen bildet.
Dies Beispiel stellt nicht nur keinen Widerspruch zwischen Ordnung und Entropie dar sondern zeigt auch, dass die Erhöhung der Entropie sogar die Bildung einer gewissen Form von Ordnung geradezu erzwingen kann.