TangensAlpha schrieb:Kanitscheider
Meine Güte, Kanitscheider... Dunkel sagt mir der Name noch was. Oberhummer und Ditfurth fallen mir im gleichen Atemzug noch ein.
TangensAlpha schrieb:Was verstehen die beiden jeweils unter einer Natur-Theorie, wofür ist sie gut?
Wie entsteht eine Theorie und wann ist sie richtig?
Wie sind die mathematischen Ausdrücke zu deuten und welchen Bezug zur Realität haben sie?
Huh, das sind ja schon ein paar "ganz große" Fragen, die natürlich kaum mal eben in ein paar wenigen Sätzen zu beantworten sein dürften...
Ich denke, um zu verstehen, worum es bei der Naturphilosophie genau geht, wäre es wohl am ratsamsten, die Gedankengänge jener Philosophen zu studieren, von denen man sagt, dass sie sich mit Naturphilosophie beschäftig(t)en.
Einen weiteren Beitrag zum Verständnis bietet eine simple Begriffsanalyse bzw. Gegenüberstellung von Natur
philosophie und Natur
wissenschaft. Letzteres dürfte bekannt sein, wird bereits in der Schule gelehrt: Biologie, Chemie, Physik... Und schnell wird auch klar, Gegenstand der Untersuchung ist im Falle der Naturwissenschaften: die Natur.
:)SophiaPetrillo schrieb:Was ist Naturphilosophie und wofür ist sie gut?
Die Frage ist so ziemlich gleichbedeutend mit der Frage: Was sind (offene) Fragen über die Natur und wofür sind sie gut?
;)Und was dein "Fässchen" angeht...
TangensAlpha schrieb:Physik misst & rechnet– Naturphilosophie deutet & fügt zusammen! So heißt es.
Hier scheinst du Äpfel mit Gemüse vergleichen zu wollen... Eine sinnvollere Gegenüberstellung wäre die von
Naturwissenschaft und Naturphilosophie, wie sich vielleicht schon aufgrund der Determinativkomposita aus
Natur und Philosophie, einerseits, und
Natur und Wissenschaft, andererseits, erahnen lässt. Und so geht es im ersten Fall natürlich um eine
philosophische Betrachtung der Natur, im zweiten Fall um eine
wissenschaftliche Betrachtung der Natur. Also reden wir letztendlich über den berühmten Unterschied zwischen
Philosophie und Wissenschaft. Um beide Gebiete zu verstehen, sollte man sie möglichst und wenigstens in ihren Grundzügen
studieren. Zwei, drei Wiki-Artikel lesen und fünf Youtube-Videos schauen, reicht (leider) nicht.
An und für sich kann und sollte man das Verhältnis zwischen (Natur-)Philosophie und (Natur-)Wissenschaften an halbwegs greifbaren Beispielen abarbeiten. Ein schönes Beispiel wäre etwa die Geschichte von den ersten Ideen über eine Art "Urstoff" in der Antike bzw. Vorsokratik (Thales, Anaximander, Demokrit...) bis hin zur modernen "Elementarteilchenphysik", letztendlich also implizit auch die Geschichte des Materialismus von A-Z...
"Die Ursprünge des Materialismus liegen in der griechischen Naturphilosophie."Wikipedia: Materialismus#GeschichteSag' ich ja.
TangensAlpha schrieb:Nach allem, was ich über Naturphilosophie erfahren habe, geht es nur um die Naturwissenschaften und wie deren Resultate im Sinne eines konsistenten Weltbildes interpretiert werden können.
Naturwissenschaften und deren Resultate gab es in der Antike sogesehen noch gar nicht. Naturphilosophische Betrachtungen gab es aber dennoch. Daher greift dieses Verständnis von Naturphilosophie definitiv zu kurz.
TangensAlpha schrieb:Ist die Natur selbst gesetzmäßig-mathematisch oder ist das Gesetzmäßig-mathematische eine menschliche Erfindung?
Hier bist du auf dem Holzweg. Genauso könntest du fragen:
Ist die Natur selbst gesetzmäßig-physikalisch?
Ist die Natur selbst gesetzmäßig-chemisch?
Ist die Natur selbst gesetzmäßig-biologisch?
Ist die Natur selbst gesetzmäßig-geologisch?
Denn offensichtlich kommen ja auch die Naturwissenschaften nicht um (erfundene!) Modelle herum. Und die Frage etwa, ob das
Bohr-sommerfeldsches Atommodell tatsächlich real ist, oder nur eine Erfindung des menschlichen Geistes, wäre gröbster Unfug. Natürlich sind es nicht unsere Modelle oder Konzepte, die real sind, sondern das, worauf sich unsere Modelle und Konzepte
beziehen, sprich:
Fakten. Fakten bezeichnen schlichtweg das, was Sache ist - Realität. Modelle und Konzepte wiederum sind natürlich "nur" Erfindungen des menschlichen Geistes. Wir
konzeptionalisieren Realität, um sie uns begreifbar zu machen. Und
ausdrücken tun wir unsere Konzepte usw. natürlich mit Hilfe von Sprache. Daher, alter Sprachphilosophen-Witz:
Woraus bestehen Atome?
SpoilerAus vier Buchstaben. ;)
Wikipedia: Semiotisches DreieckDie Realität selbst kennt all unsere Konzepte nicht. Es ist bspw. recht sinnlos, zu fragen: Sind
Atome oder
Planeten tatsächlich real? Die Frage ist vielmehr: Sind "Atom" und "Planet" viable Konzepte, um Realität - bzw. diverse Fakten - begreifbar zu machen. Das zeigt sich eindrucksvoll am Beispiel
Pluto, der ja nun seit einigen Jahren gar kein Planet mehr ist. Doch wie kann das sein? Warum ist Pluto plötzlich kein Planet mehr? Was ist passiert? Ist er geschrumpft? Ist er auseinander gefallen? Nein, natürlich nicht. Geändert hat sich hier nur eines: unser
Konzept "Planet".