Infoblatt Die Kontinentalverschiebungstheorie von Alfred WegenerKarte: Tektonik der Erde (KLETT-PERTHES)
EinleitungSchon lange versuchen Wissenschaftler die Oberflächenverteilung der Erde und ihre tektonischen Strukturen zu erklären. Die früheren Ansätze wiesen meist große Erklärungslücken auf. Dem jeweiligen technischen Stand entsprechend, konnte man jedoch im letzten Jahrhundert die Erkenntnisse über die Erdoberfläche erweitern. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen den fixistischen und den mobilistischen Erklärungsansätzen.
Die fixistischen (lat. fixus = feststehend) Theorien gehen davon aus, dass sich die relative Lage der Kontinente zueinander nie ändert. Zu den fixistischen Denkansätzen gehört die Kontraktions- und die Expansionstheorie. Bei der Kontraktionstheorie deutet man die Ozeane als wassergefüllte Schwundrisse einer geschrumpften Erdoberfläche. Die Ursache für die Kontraktion vermutet man in einer nachlassenden Wärmeentwicklung im Erdinneren und des daraus resultierenden Volumenverlustes der Erde. Die veränderte Oberflächenkrümmung und die Aufstauchung der überschüssigen Gesteinskruste führen zur Bildung von Gebirgen. Entgegen der Kontraktionstheorie geht die Expansionstheorie von einer Erdvolumenvergrößerung aus, hervorgerufen durch die abnehmende Gravitationskraft der Erde. Dabei kommt es zum Aufreissen der festen Kruste und zur Bildung von Ozeanen.
Beide Theorien beherrschten lange die Wissenschaft und wurden erst spät von neuen Theorien verdrängt.
So wurde auch die Kontinentalverschiebungstheorie von A. Wegener, ein mobilisticher Denkansatz, der von der individuellen Wanderung der Kontinente ausgeht, lang Zeit verworfen.
Die Kontinentalverschiebungstheorie1912 veröffentlichte der deutsche Wissenschaftler A. Wegener (1880-1930) seine Theorie der Kontinentalverschiebung. Demnach verbleiben die Kontinente nicht an der gleichen Stelle, sondern bewegen sich über die Erdoberfläche. Vor rund 250 Mio. Jahren, im Zeitalter Perm, gab es nach Wegener nur einen großen Kontinent auf der Erde, Pangäa. Dieser zerbrach in mehreren Schritten in Einzelkontinente (siehe Infoblatt Kontinentalentwicklung). Dabei entstanden die heutigen Ozeane und Kontinente. Die derzeitige Verteilung der Landmasse ist kein Endzustand, die Kontinente verschieben sich weiter.
Beweise für die TheorieWegener fand zahlreiche Belege, die bewiesen, dass die Kontinente nicht seit jeher in ihrer heutigen Position verliegen:
# Die westafrikanische und brasilianische Küste ähneln sich sehr in ihrer äußeren Form - der Küstenlinienverlauf ist nahezu identisch. Auf beiden Kontinenten findet man die gleichen Versteinerungen von Pflanzen und Tieren, das gleiche Mineralvorkommen und ähnliche eiszeitliche Reliefformungen. Beide Kontinente hingen also einmal zusammen.
# Einige geologische Strukturen Europas setzen sich jenseits des Atlantiks nahezu unverändert fort (Bsp. Schottisches Gebirge - Appalachen).
# Fossilien von wärmeliebenden Farnen wurden auf allen Südkontinenten, sogar in der Antarktis, entdeckt. Diese Gebiete müssen einst in wärmeren Regionen, näher am Äquator, gelegen haben.
# Lemuren, primitive Affenarten, leben heute auf Madagaskar, Indien und Ceylon. Diese Verbreitung ist nur unter der Voraussetzung einer ehemals zusammenhängenden Landmasse erklärbar.
Für seine Indizien und Beweise benutzte Wegener das ganze ihm zur Verfügung stehende Spektrum der Wissenschaft aus Geologie, Meteorologie, Ozeanographie, Seismologie, Paläontologie und Botanik. Die Beweise belegen die Driftrichtung der Kontinente und den ehemaligen Zusammenhang der Landmassen.
ErklärungslückenWegener konnte zwar die Kontinentalbewegung beweisen und beschreiben, aber ihm fehlte die Erklärung für den Bewegungsmechanismus. Er vermutete die Ursache für die Kontinentalbewegung in äußeren Kräften: angetrieben z. B. durch die Anziehungskraft des Mondes "schwimmen" die Kontinente auf den Ozeanen. Heute weiß man, dass sich Wegener in diesem Punkt irrte.
Viele Jahrzehnte nach Wegener, 1970, entwickelten Forscher mittels neuer Erkenntnisse die Theorie der Plattentektonik (siehe Infoblatt Plattentektonik). Diese konnte viele widersprüchliche Annahmen von damals in Einklang bringen. Mithilfe der Theorie der Plattentektonik ist man heute in der Lage, die Erdgeschichte seit dem Perm genau zu rekonstruieren und die Ursache der Kontinentalverschiebung zu erklären.
Quelle: TERRA-ALEXANDER-Datenbank
Autor: Sabine Seidel
Verlag: KLETT-PERTHES
Ort: Gotha
Jahr: 2004
Seite: www.klett-verlag.de/geographie/terra-extra
Die Staaten blühen nur, wenn entweder Philosophen herrschen oder die Herrscher philosophieren.
Die schlimmste Art der Ungerechtigkeit ist die vorgespielte Gerechtigkeit.
- Platon -