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Die Erisische Unschärferelation

47 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Physik ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
felidas Diskussionsleiter
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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 00:28
Die Erisische Unschärferelation:

Meine Standardregel zur Behandlung von Informationen aller Art
beinhaltet, alles als Spekulation anzusehen.
Jede Information sollte mit einem Äquivalent der Heisenbergschen
Unschärferelation behandelt werden.
Ich nenne das: "Die Erisische Unschärferelation".
Sie sagt aus, dass jede Information irgendwo zwischen den Zuständen
"vollkommen falsch" und "vollkommen wahr"
beziehungsweise direkt auf einem der beiden Zustände liegt.
Klasse, gell? *lol*
Weiterhin ist es meist sehr schwer, eindeutig fest zu legen,
welchen Wahrheitsgehalt eine Information hat.
Es ist zwar nicht wirklich nötig, hier allzu ins Detail zu gehen,
aber ich möchte einmal ausführen, welche Mechanismen falsche
Informationen erzeugen können.

Informationen werden von Individuen oder Gruppen erzeugt und verbreitet.
1) Quellenunschärfe.
Wenn eine Information zu Beginn von einem Individuum oder einer Gruppe erzeugt wird, kann sie von Anfang an einige Fehler enthalten, zum Beispiel weil jemand eine bestimmte Art von Wahrnehmung hat und dann irgendwas rein interpretiert, oder weil Quellen mit niedrigem Wahrheitsgehalt benutzt wurden, oder weil jemand ein Arschloch ist und in voller Absicht falsche Informationen erzeugt, zum Zwecke der böswilligen Verbreitung.
Vielleicht möchte man für einzelne Informationsquellen gerne Wahrheitsbereiche angeben,
"Glaub dem nicht, der erzählt nur Quatsch"
"Der Wahrheitsgehalt der Tagesschau liegt zwischen 85 und 95%"
aber die angenommene Standardunschärfe einer Quelle muss natürlich nicht konstant sein.
2) Knotenpunktsunschärfe.
Wenn eine Information von einem Individuum zum Nächsten weiter gereicht wird, kann die Information weiter an Wahrheitsgehalt verlieren, zum Beispiel
durch Ausdrucksschwierigkeiten, Verständnisprobleme, unterschiedliche
Bewußtseinszustände von Sprecher und Zuhörer, maßlose Übertreibung,
oder wiederum mutwillige Veränderung der Information.
Mit jedem Knoten den eine Information passiert,
könnte sie an Wahrheitsgehalt verlieren.
Auf diese Weise entstehen manchmal die seltsamsten Gerüchte...
"Hense scho kert? S'bäsle vondr Lina isch gschiede!"
3) Zeitunschärfe.
Wenn eine Information über längere Zeit im Umlauf ist,
ist anzunehmen dass ihr Wahrheitsgehalt im Laufe der Zeit abgenommen hat.
Die Information könnte durch mehrere unscharfe Knoten gekommen sein,
die durch die Information ursprünglich beschriebenen Umstände könnten
sich geändert haben ("S'bäsle vondr Lina hat wiedo keiert!"),
oder einige Knoten die die Information für längere Zeit für sich behalten
haben erinnern sich nicht mehr so richtig,
oder Bücher könnten verbrannt worden sein (ja, Menschen machen sowas),
Bücher könnten teilweise von kleinen Tierchen gefressen/zerissen werden,
sodass einzelne Seiten fehlen die für das Verständnis der Information
ungeheuer wichtig sind.

Im Allgemeinen kann eine Information selten als vollkommen wahr oder
vollkommen falsch identifiziert werden.

Beispiel:
Ein guter Freund (der Euch noch nie (erwiesenermaßen) angelogen hat)
macht ein sehr ernstes Gesicht und behauptet feierlich:
"In China haben 1.82739% aller Schweine von Geburt an die Fähigkeit
zu fliegen, aber sie benutzen diese Fähigkeit nur äußerst selten,
in der Regel deshalb weil sie nicht WISSEN dass sie fliegen könnten."
Ihr wollt diese Information vielleicht gerne als falsch deklarieren,
vielleicht weil ihr immer noch eine ordentliche Portion
"Standard-mein-Lehrer-hat-mir-gesagt-Vernunft" habt,
vielleicht auch weil diese Information keinen erkennbaren Nutzen hat,
vielleicht aber auch nur weil die 1.82739% eine unerhört große
Anzahl von Superschweinen implizieren.
Wie auch immer, Ihr könntet diese Information als falsch deklarieren,
aber Ihr könnt es nicht WISSEN.
Es ist, wie die meisten Informationen,
eine Information mit unbekanntem Status.

Ich empfehle, keine Information von unbekanntem Status von vornherein
und ohne besonderes Nachdenken als falsch zu deklarieren, selbst
wenn der geschätzte Wahrheitsgehalt sehr niedrig ist.
Ich empfehle weiterhin, sich nicht allzu sicher zu sein wenn es
um Informationen geht die wahr zu sein scheinen.

Es gibt weder reine Wahrheit noch reine Lüge.
Oh, natürlich, es KÖNNTE sie geben,
aber man kann selten SICHER sein.
Das ist die erisische Unschärferelation (EUR).

Ich behaupte hiermit:
Die Abkürzung EUR ist in dem Wort Europa enthalten.
*lol*

Ich bin.


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g4p ehemaliges Mitglied

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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 00:46
lol woher hast du det?

p.s. guck auf meine sig ^^

Ich bin nicht, was ich bin.


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felidas Diskussionsleiter
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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 02:12
@g4p
Meine Erfindung! *angeb*
Uuups!? Du bist NICHT was du bist?
Das verknotet mir das Hirn! *g*

Ich bin.


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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 02:48
@felidas

Also,zu der Sache mit den fliegenden Ferkeln und so.

Wenn ich eine Information bekomme, deren Wahrheitsgehalt ich nicht direkt prüfen kann, überlege ich mir verschiedene Theorien. Je mehr Annahmen für eine Theorie nötig sind, desto unwahrscheinlicher wird sie (für mich), was nicht heßt, das sie unwahr ist.

Zitat:"Ich behaupte hiermit: Die Abkürzung EUR ist in dem Wort Europa enthalten."

Ich behaupte, das ist unwahr.

Denn dazu müßte ich annehmen, das du EUR nicht als einzelne Buchstaben aussprichst, wie bei BRD.
Und ich müßte annehmen, daß das Wort Europa Abkürzungen enzhält, anstatt Buchstaben, oder beides.
Ich müßte annehmen, das Worter sich aus Buchstaben und /oder Abkürzungen zusammensetzen.

u.s.w.

Ich behaupte, die Buchstaben E, U und R kommen in dem Wort Europa vor.

Dafür muß ich nicht's annehmen, alles ist wie gehabt.

Gruss Felippo


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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 03:19
@felippo!!

Wie kannst Du mir das einzige kleine Argumentchen vorwegnehmen??

Das einzige, das ich gegen diesen Beitrag einzwenden gehabt hätte!!

@felidas

Willkommen!! Daumen hoch dafür. Ich freue mich schon auf weitere Beiträge von Dir.

Das kybernetische Äquivalent von Logik ist Oszillation.
Ganz unten auf dem Grunde des Lebendigseins treffen wir auf die Metapher. (Gregory Bateson)



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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 07:26
Joa, was du da sagst stimmt nicht ganz: Wissen, eindeutiges, richtiges Wissen, wie am 9.11.01 wurde Das WTZ zerstört ist eindeutiges Fakt und unterliegt keiner Unschärfe.

N/A


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felidas Diskussionsleiter
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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 14:25
@felippo
Das mit der Anzahl der Annahmen ist interessant...

"Denn dazu müßte ich annehmen, das du EUR nicht als einzelne Buchstaben aussprichst, wie bei BRD.
Und ich müßte annehmen, daß das Wort Europa Abkürzungen enzhält,
anstatt Buchstaben, oder beides.
Ich müßte annehmen, das Worter sich aus Buchstaben und /oder Abkürzungen zusammensetzen."

Eigentlich ist nur die zweite oder die dritte Annahme zwingend notwendig, oder?

Die drei Annahmen sind nicht zwingend notwendig,
es geht auch ganz anders...
Nehmen wir einfach mal an :-), äh, die große böse
Weltverschwörung *mit-dem-Finger-drauf-zeig*
habe überall ihre Finger mit drin,
und mache sich einen Spaß daraus, entsprechende Worte
zu bilden und sich saumäßig darüber zu freuen dass
es keiner weiß. (Wobei dahin gestellt sei, ob dazu
die Annahme notwendig ist, dass die Verschwörer
Spaß verstehen müssen)
Um diese These zu untermauern, könnte ich Beispiele
bringen:
Unterhaltung <=> UnteNhaltung
Con-Fusion, Ver-WIR-rung
Krieg-ERIS-ch
Spiel-ERIS-ch
"Oh hütet euch vor dem schrecklichen VER"

Jetzt kann man sich noch drüber streiten ob das jetzt zwei Annahmen waren,
"Es gibt eine Weltverschwörung" und "Die Leutz spielen mit Worten herum"

Es ist offensichtlich, dass die Anzahl der Annahmen nicht wirklich weiterbringt,
zum einen ist die Anzahl der notwendigen Annahmen schwer zu bestimmen,
und außerdem ist ja eigentlich weniger die absolute Anzahl der Annahmen
als vielmehr der "subjektive Wahrscheinlichkeitsgrad" der Annahmen entscheidend.

Man müsste also tatsächlich hingehen und einer Theorie zwingend notwendige
Annahmen zuweisen, und die einzelnen Annahmen dann bewerten.

Sehr schön das bringt uns weiter bei der Entwicklung der erisischen Unschärferelation. :-)

@jafrael
Wer zu spät kommt, kommt nicht zu früh... ;-)
Dankeschön! :-)

@oberheimer
"Joa, was du da sagst stimmt nicht ganz: Wissen, eindeutiges,
richtiges Wissen, wie am 9.11.01 wurde Das WTZ zerstört ist
eindeutiges Fakt und unterliegt keiner Unschärfe."

So, bist du dir sicher? Warst du dort und hast es gesehen? Nein?
Wie kannst du dir dann sicher sein? Nur weil du SUBJEKTIV für dich
entschieden hast dass du gerne glauben willst dass die vielen Quellen
aus denen du diese Information gewonnen hast, in diesem Fall einen
Wahrheitsgehalt von 100% aufweisen.
Aber wenn du nicht wirklich dort warst kannst du dir imho
auch nicht 100%ig sicher sein.
Wie wäre es denn mit 99.9876%? Reicht das nicht?
Es geht hier darum, keiner Information völlig zu vertrauen,
und keine absurde Information "es gibt Geister" zu ignorieren.
Es geht auch darum, für sich selber die Wahrheit zu finden,
es bringt ja nichts wenn man alles frisst was einem von den
Medien vorgeworfen wird und alles ignoriert was nicht
von der Tagesschau als wahr eingestuft wird.
Es ist also eine rein persönliche Angelenheit, welchen
Wahrheitsgehalt man Informationen zumisst.
Imho kann man nur selten einigermaßen sicher sein, z.B.
"Ich bediene gerade meine Tastatur."
Kannst du dir sicher sein dass es Madagaskar gibt? 100%?



Ich bin.


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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 18:16
@felidas

Ich gebe zu, daß , ach sagen wir einfach, auf dein Beispiel bezogen, hinkt die Methode mit den Annahmem.

Aber bei Verschwörungstheorien funktioniert diese Methode erstaunlich gut.

Occams Rasiermesser

Gemeint ist ein Verfahren eines Gelehrten namens Occam, das es erlaubt, Sinnvolles von Sinnlosem zu unterscheiden, sozusagen haarscharf wie mit einem Rasiermesser zu trennen. William Ockham (lateinisch Occam), 1285-1347, war ein englischer Franziskaner, der sich als scholastischer Naturphilosoph betätigte. Ihm schreibt man die Worte zu: ?Eine Vielheit darf nicht gesetzt werden, ohne dass es notwendig ist? ("Pluralitas non est ponenda sine necessitate.") und: "Dinge sollten nicht vervielfacht werden, ohne dass es notwendig ist." ("Entia non sunt multiplicanda sine necessitate."). Tatsächlich hat er diese Worte so nie gesagt, sondern nur etwas ähnliches. Aber darum geht es hier nicht. Das, was diese Worte ausdrücken sollen, hat der Philosoph Wittgenstein einmal so ausgedrückt: ?Suche das einfachste Gesetz, das mit den Fakten harmoniert.? Oder Einstein mit seinem unnachahmlichen Sprachwitz: "Eine Theorie sollte so einfach wie möglich sein, jedoch nicht einfacher." Was ist damit gemeint? Nun, es ist diejenige, selbstkonsistente Theorie über Verhältnisse in der Vergangenheit zu favorisieren, die die Fakten der Gegenwart am einfachsten erklärt. Dabei ist "einfach" nicht so zu verstehen, dass die Theorie einfach erscheint, sondern, dass sie keine zusätzlichen Annahmen macht.

Für dein Beispiel(Weltverschwörung) müßten aber noch mehr Annahmen gemacht werden: z. B.

Sie legen und /oder hinterlassen absichtlich, und /oder unabsichtlich, Spuren in Form von Zahlen, Buchstaben und Symbolen.

Es wird noch viel einfacher, mit dieser Methode zu arbeiten, je mehr Informationen die Gegenseite preisgibt. Zum beispiel:

Lacerta und der drohende Krieg.

Diese Theorie läßt sich mit der Rasiermessermethode förmlich in kleine Fetzen zerschneiden, da für diese Theorie sehr viele unsinnige unlogische Annahmen notwendig sind. Zum Beispiel

Alle Naturwissenschaftler irren sich.
Physikalische Gesetze können gebrochen werden.
u.s.w.

Gruss Felippo


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felidas Diskussionsleiter
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Die Erisische Unschärferelation

12.04.2005 um 20:29
Occams Rasiermesser. (OcKhams?)
Sehr schön, schon wieder was gelernt, dankeschön! :-)

Ich bin.


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Die Erisische Unschärferelation

16.04.2005 um 12:28
@felidas

Hast du das Rasiermesser inzwischen benutzt ?

Gruss Felippo


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Die Erisische Unschärferelation

18.07.2005 um 21:45
SOLI INVICTO

@ Felidas

Die Erisische Unschärferelation ( Diskordier) bestreiten subjektive Wahrheiten, sie (zumindest die meisten) sind der Ansicht, dass alles objektiv auslegbar sei. (Je länger dieser Artikel wächst, desto mehr Diskordier gibt es, die ganz oder teilweise nicht mit ihm einverstanden sind). Sie lieben die Widersprüche, denn diese zeigen Grenzen der Logik auf. Um mit Widersprüchen umzugehen, muss man das übliche logische Denken überwinden und dem Geist neue Freiheiten geben. Die Überzeugung, dass der Mensch ein Sklave von Wort und Logik ist, schlägt sich auch im Zen-Buddhismus nieder.
Ein weiterer Punkt ist die Unterteilung von Unordnung und Ordnung in seinen jeweiligen kreativen und destruktiven Part. Jemand, der gegen die Unordnung wettert und dabei unterschlägt, dass in der Unordnung auch Kreativität steckt, wird gern als Graugesicht oder als aneristisch bezeichnet. Graugesicht ist der Name eines humorlosen Menschen, der laut der Principia Discordia 1166 v. einen Trip einleitete, der zur einer Unausgeglichenheit der Welt führte.
Die Aneristische Illusion ist die Bevorzugung von Ordnung und Ablehnung von Chaos, wobei keine Rücksicht auf positive (kreative) und negative (destruktive) Eigenschaften genommen wird. Die Eristische Illusion ist die Bevorzugung von Chaos und die Ablehnung von Ordnung.
Laut dem Cabal POEE, ist Ordnung und Chaos destruktiv wie kreativ, aber ein kreativer Trip ist rein kreativ und somit zu bevorzugen. Durch verrückte, witzige und Bewusstsein verändernde Taten versuchen Diskordier die Unausgeglichenheit aufzulösen.


Wikipedia: Diskordianismus

SOLI INVICTO


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Die Erisische Unschärferelation

18.07.2005 um 22:31
SOLI INVICTO

Noch mehr über die Erisische Unschärferelation
Konzept
Die Idee der Kommunikationsguerilla geht unter anderem auf Umberto Eco ("semiotische Guerilla-Kriegsführung") und Noam Chomsky ("consensus without consensus") zurück. Robert Anton Wilson spricht in diesem Zusammenhang von Guerilla-Ontologie ("Operation Mindfuck"). Die Ideen der Kommunikationsguerilla sind eng verflochen mit dem Anarchismus, der Hackerkultur und dem Diskordianismus, auch die Spontis und Chaoten der 70er Jahre waren eine Kommunikationsguerilla (siehe auch Happening). Das Credo dieser Bewegung fasst das folgende Zitat:
"Ist die beste Subversion nicht die, Codes zu entstellen, statt sie zu zerstören?" (Roland Barthes)
Traditionell wird mit Hilfe der Kommunikationsguerilla-Methode versucht, etablierte Kommunikations- und Sozialstrukturen zu durchbrechen und Personen der Zielgruppe dazu zu bringen, zu überdenken, wem sie was glauben, und warum. Eine andere Form (auch Informationsguerilla genannt) ist das Bestreben, (Selbst-)Zensur und Gleichschaltung zu untergraben, indem ein für alle zugängliches Medium geboten wird, wie es zum Beispiel Indymedia und die Wikipedia tun (siehe Gegenöffentlichkeit). Zum Teil wird die Methode der Kommunikationsguerilla aber auch als Mittel der Agitprop verwendet um politische bzw. ideologische Inhalte zu verbreiten.
Ein typisches Beispiel einer Kommunikationsguerilla ist die Barbie Liberation Organization, die 1993 sprechende Barbie-Puppen so umprogrammierte, dass sie die militärischen Ausrufe der Kriegsspielzeug-Puppe GI Joe von sich gaben. Auch die Gruppe Adbusters ist hier erwähnenswert, die sich ebenfalls dem Kampf gegen die Konsumkultur widmet, jedoch auf konventionelleren, legalen Wegen.

Agitation
Die Methoden der Kommunikationsguerilla werden häufig von Gruppen aus dem anarchistischen und autonomen Bereich genutzt. Dabei macht man sich unter anderem den Umstand zu nutze, dass Informationen vollkommen anders gewertet werden, sobald sie in einen anderen Kontext gestellt werden. In diesem Sinne wird versucht, herrschende Codes 'nicht zu zerstören', sondern den eigenen Zielen gemäß zu benutzen:
Ob ein Artikel, Flugblatt oder Brief von einer Privatperson oder einem bedeutenden Politiker, einer Partei oder Organisation gesendet wird, ändert oftmals die gesamte Wirkung eines Schriftstückes. So ist eine Taktik der Kommunikationsguerilla die illegitime Einnahme von wirksamen Sprecherpositionen. Es werden gezielt Fehlinformationen unter falschem Namen in Umlauf gebracht. So kann die Glaubwürdigkeit oder Anerkanntheit einer Instanz oder Person benutzt werden, um die unter ihrem Namen veröffentlichten eigenen Informationen Gehör zu verschaffen, und oder man unternimmt zugleich den Versuch, diese Sprecher-Person zu diskreditieren und deren Stand zu schwächen, sie in die Defensive zu treiben.
Ein weiterer Aspekt ist die Herstellung von Irritation und Verwirrung. So wird sich beispielsweise mit politischen Zielen der Gegenseite überidentifiziert, und ihre Ziele werden unter ihrem Namen satirisch in übertriebener Version dargestellt. Dem Empfänger wird bewußt ein verzerrtes Bild der Ziele dargestellt.
Viele solcher Aktivitäten der Kommunikationsguerilla sind als illegal einzustufen, da oft der Tatbestand der Urkundenfälschung anzunehmen ist. Zumeist können die Verbreiter belangt werden, weil sie falsche Briefköpfe oder gefälschte Unterschriften genutzt haben, um die Authentizität des Dokumentes vorzutäuschen, so man sie erwischt und personell zuordnen kann.
Andere Beispiele sind direkte Aktionen mit dem Ziel, die eingespielte Verfahrensweisen beim politischen Gegner - sei es ein Politiker bei einer Veranstaltung, eine Institution wie die Justiz oder ein Unternehmen - in Frage zu stellen. So kann zum Beispiel durch permanentes lautes Klatschen oder Jubeln während einer Rede der Ablauf nachhaltiger gestört werden als durch offensichtliche Störrufe, deren Urheber vom Saalschutz meist schnell entfernt werden. So wurden zum Beispiel während der Studentenproteste im Winter 2003/2004 in Berlin zum Teil Einsatzkräfte der Polizei von einer in Anzügen gekleideten Gruppe begleitet, die die Polizisten anfeuerte, zum "Durchgreifen" aufforderte und Slogans wie "Nuklearer Erstschlag" skandierten.

Medienguerilla
Der Begriff Medienguerilla wird oft synonym mit Kommunikationsguerilla verwendet, wobei sich Medienguerilla eher auf eine Form dieser Taktik bezieht, die sich moderner (Massen-)Medien bedient. Die "klassische" Kommunikationsguerilla hingegen setzt vor allem auf den unmittelbaren persönlichen Kontakt. Im Internet verschwimmt diese Grenze jedoch wieder, weil hier der Unterschied zwischen öffentlicher und privater Kommunikation nicht mehr klar ist.
Der Ansatz der Medienguerilla ist es, Medien und Begriffe zu kapern, um subversive Gedanken zu verbreiten oder Verwirrung zu stiften. Meist ist damit nicht eine buchstäbliche Übernahme eines Mediums gemeint, wie etwa Webpage-Defacement oder Piratensender, sondern vielmehr der kreative Missbrauch etablierter Kommunikationsstrukturen aller Art.
Ein recht bekanntes Beispiel für die Medienguerilla-Taktik ist eine Aktion der Fantastischen Vier, die als Autonome Medienguerilla unter dem Slogan Kein Applaus für Scheisse Talkshows und Hörsäale stürmten. Bands wie Chumbawamba und Rage Against The Machine benutzen erklärtermaßen die Musikindustrie, um politische Misstände zu beklagen und anarchistisches Gedankengut zu verbreiten.
Auch in internet-basierten Medien (Newsgroups, Mailinglisten, Gemeinschaftsprojekte wie Wikipedia) gibt es Kommunikations-Guerilla, hier oft mit dem Begriff Troll besetzt, jedoch so nicht direkt deckungsgleich zu setzen. Ein Troll trägt kommunikativ etwas bei, nicht jedoch, um in der Sache beizutragen, sondern um zu provozieren, sich heimlich an den dann folgenden Reaktionen zu erfreuen, oder agiert in einem höheren Sinne, um z.B. eine Intoleranz von vorgeblich Toleranten zu entlarven.


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Die Erisische Unschärferelation

19.07.2005 um 22:22
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Alternativ soll an dieser Stelle versucht werden, die Verabsolutierung des Determinismus, die die Freiheit negiert, durch Argumente zu relativieren, die der Naturwissenschaft selbst entstammen. Wie alles Denken beruht auch die Argumentation der Hirnforscher auf Prämissen, und es ist immer möglich, diese Prämissen zu bestreiten. Die wesentliche und unhinterfragte Prämisse ist, dass die volle Wirklichkeit im Determinismus des mechanistischen Weltbildes aufgehen müsse. Das wissen wir jedoch nicht aus Erfahrung. Die Verabsolutierung des Determinismus stellt daher eine metaphysische Annahme dar. Niemand wird allerdings widersprechen, wenn ich sage, dass die Wissenschaft die Wirklichkeit in ihrer tatsächlichen Erscheinungsweise zu erklären hat. Im Falle einer Inkongruenz von Wirklichkeit und der an diese Wirklichkeit herangetragenen Theorie ist die Theorie zu ändern und nicht etwa die Wirklichkeit.

Im Zuge der Erforschung der Erscheinungen auf subatomarer Ebene sind die Quantentheoretiker um Werner Heisenberg auf die Unmöglichkeit gestoßen, Ort und Geschwindigkeit eines Teilchens gleichzeitig und mit voller Genauigkeit zu bestimmen.
Um den naturwissenschaftlichen Erkenntnisanspruch nicht aufgeben zu müssen, aber die wirkliche Erscheinung in ihrem Recht auch nicht zu leugnen, behalf man sich mit Wahrscheinlichkeitsfunktionen, um die Erscheinungen dennoch angemessen beschreiben zu können. Dabei handelt es sich um die so genannte Unschärferelation. Heisenberg erklärte explizit, dass sich die neu entdeckten Erscheinungen dem mechanistischen Weltbild entziehen. Die umfassende Geltung des Determinismus im Sinne von mit voller Genauigkeit eindeutig bestimmbaren Kausalzusammenhängen wird somit relativiert. Die Wahrscheinlichkeitsaussagen, die über den Aufenthaltsort eines Teilchens getroffen werden, können nach Heisenberg aber nach wie vor als objektiv, das heißt, nicht in einem relativistischen Sinne subjektiv gelten. Aber als Wahrscheinlichkeitsaussagen sprechen sie Phänomene an, die sich dem Determinismus mechanistischen Denkens entziehen. Heisenberg schrieb: Das Kausalgesetz wird in der Quantentheorie nicht, oder jedenfalls nicht in der gleichen Weise wie in der klassischen Physik angewandt. An anderer Stelle heißt es: In der Quantentheorie muss offenbar das Gesetz ‚tertium non datur’ abgeändert werden. Das kann nur heißen: Tertium datur. Im Zusammenhang mit einer hieran anschließenden neuen Ontologie äußerte Heisenberg: Man kann sogar einfach das Wort Zustand durch Möglichkeit ersetzen. Zum Ausdruck käme darin ''die Offenheit der modernen Physik''.


Quellen :
Gerhard Roth: Willensfreiheit und Schuldfähigkeit aus Sicht der Hirnforschung.

Gerhard Roth: „Wir sind determiniert“, in: Hirnforschung und Willensfreiheit

Wolf Singer: „Verschaltungen legen uns fest“, in: Hirnforschung und Willensfreiheit.

Werner Heisenberg: Physik und Philosophie

Jürgen Habermas ( Deutsche Zeitschrift für Philosophie )

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Die Erisische Unschärferelation

20.07.2005 um 21:55
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Sichtweisen der Naturwissenschaften und die Erisische Unschärferelation!

Die Newtonsche Mechanik (Klassische Mechanik) zeigte eine streng deterministische Tendenz, wie am Beispiel des Laplace'schen Dämons deutlich wird. Da jedoch religiöse Dogmen bezüglich der Willensfreiheit oder göttlichen Vorbestimmtheit des Menschen zur damaligen Zeit eine noch dominierendere Stellung als heute besaßen, spielte eine streng naturwissenschaftliche Betrachtung im Sinne Newtons in der breiten Öffentlichkeit zunächst eine untergeordnete Rolle. Zwar existiert auch bei Newton ein Schöpfer, jedoch ist dieser nur der Initiator der Welt und als solches kein rezent agierender Gott nach mehrheitlich christlichem und vor allem islamischem Verständnis. Man bezeichnet dies als Deismus. Durch die Entwicklungen der relativistischen Physik war der Determinismus in der Folge besonders in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, insbesondere vor der weitgehenden Bestätigung der Quantenmechanik, in den Naturwissenschaften dominant und strahlte von hier auch weit in die Gesellschaft aus. Hierbei spielt in zunehmenden Maße jedoch der Pantheismus eine Rolle, aber auch der Atheismus bzw. Agnostizismus nehmen an Bedeutung zu. Heute kann man jedoch keine allgemein anerkannte physikalische Theorie zum Determinismus bzw. dessen Existenz oder Nichtexistenz aufstellen.

Da die Heisenbergsche Unschärferelation eine vollständige Kenntnis des Zustands eines Systems unmöglich macht und die Quantenmechanik Gleichungen nutzt, die einen Zufall verwenden, ist der Indeterminismus heute in den Naturwissenschaften dominierend, auch wenn die Quantenmechanik keinesfalls die Existenz eines absoluten Zufalls beweist bzw. diesen in letzter Konsequenz voraussetzt. In diesem Zusammenhang spielen die sogenannten Deutungen oder Interpretationen der Quantenmechanik wie die Kopenhagener Interpretation und die Viele-Welten-Interpretation ( Dekohärenz, Paralleluniversum, Multiversum, Quantenschaum) eine große Rolle. Die Kopenhagener Interpretation stellt hierbei den Charakter einer Standardinterpration der Quantenmechanik dar und benötigt einen echten Zufall, ist also Indeterministisch. Die Viele-Welten-Interpretation stellt hingegen eine deterministische Minderheitenposition dar und benötigt keinen echten Zufall. Von Bedeutung hierfür ist insbesondere die Frage nach dem Kollaps der Wellenfunktion (Schrödingergleichung, Wellengleichung). Für alle Interpretationen gilt jedoch, dass sie keine falsizierbaren Theorien darstellen und als solche auch keine naturwissenschaftlichen Fragestellungen im engeren Sinne sind. Hierbei kommt insbesondere Ockhams Rasiermesser eine große Bedeutung zu, dieses kann jedoch durch die vielfältigen Schwächen jeder der Interpretationen unterschiedlich gewichtet bzw. angewendet werden.


Rolle in der Religion und Philosophie

In der religiösen und philosophischen Diskussion hängt der Determinismus und seine Ablehnung/Akzeptanz eng mit der Frage nach einem Freien Willen des Menschen zusammen, wie er von einigen Religionen bzw. den ihn innewohnenden Strömungen angenommen oder abgelehnt wird. Für eine Religion ist diese Frage zentral, da ein allmächtiger Gott nur in einer indeterministischen Welt in der Lage ist auch nach einer Schöpfung weiterhin aktiv einzugreifen, nach den vielfälltigen Prädestinationslehren (Calvinismus) jedoch zumindest für die Hauptströmungen des Christentums und besonders des Islams liegt eine solche jedoch nicht vor. Ein solch deterministisches (prädestiniertes) Weltbild steht jedoch auch im Konflikt mit dem freien Willen und ist deswegen gerade für das Christentum, wo der freie Wille des Menschen ein zentrales Dogma darstellt, im Zusammenhang mit verschiedenen Heilsversprechen und dem Theodizeeproblem durchaus nicht widerspruchsfrei.
Hiervon wird nicht zuletzt auch der Gottesbgriff selbst stark berührt.

Eine wichtige Einteilung des Determinismus ist folgende Unterscheidung
allgemeiner Determinismus: Das ganze Weltgeschehen läuft deterministisch ab. Es gibt keinen echten Zufall.
persönlicher Determinismus: Der Mensch ist in seinem Willen durch äußere oder innere Ursachen vorherbestimmt und nicht frei. Es gibt keinen freien Willen.

Quellen :

Honderich, Ted: Wie frei sind wir? Das Determinismus-Problem 1995

Pothast, Ulrich: Seminar: Freies Handeln und Determinismus. Frankfurt/M.: Suhrkamp, 1978.

Steinvorth, Ulrich: Freiheitstheorien in der Philosophie der Neuzeit. 2., Darmstadt: WBG, 1994.

Walter, Henrik: Neurophilosophie der Willensfreiheit. Von libertarischen Illusionen zum Konzept natürlicher Autonomie.


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Die Erisische Unschärferelation

22.07.2005 um 00:31
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Aber was ist Ockams Rassiermesser?


Ockhams Rasiermesser ist in der Wissenschaft das Sparsamkeitsprinzip.
Es besagt, dass von mehreren äquivalenten Theorien die einfachste die beste ist. Die englische Bezeichnung lautet Occam's Razor (oder auch parsimony), die lateinische novacula Occami.

Diese Regel wurde zwar nach Wilhelm von Ockham (1280?1349) benannt, die Idee selbst ist jedoch sehr viel älter. Ockham selbst hat nie ausdrücklich ein solches Prinzip aufgestellt und benannt, sondern es eher implizit in seinen Schriften gebraucht.



Einfach ist am besten! ---> gefällt mir!
Die bekannteste Formulierung besagt, dass ?Entitäten nicht über das Notwendige hinaus vermehrt werden dürfen? (lat. Entia non sunt multiplicanda praeter necessitatem oder sine necessitate). Dieser Satz stammt nicht von Ockham selbst, sondern wurde 1654 von dem Philosophen Johannes Clauberg (1622?1665) geprägt. Heute würde man es etwa so ausdrücken:

:Von mehreren äquivalenten Theorien ist die einfachste allen anderen vorzuziehen.

Das Ockhamsche Sparsamkeitsprinzip fordert, dass man in Hypothesen nicht mehr Annahmen einführt, als tatsächlich benötigt werden, um einen bestimmten Sachverhalt zu beschreiben und empirisch nachprüfbare Voraussagen zu treffen.

Ockhams Rasiermesser ist heute ein Grundprinzip der wissenschaftlichen Methodik.
Nicht ganz klar ist bei Ockhams Rasiermesser, was einfach bzw. kompliziert bedeutet. Es geht weniger um die einfache Nachvollziehbarkeit des Erklärungsmodells, als um die Art und Qualität der erforderlichen unüberprüfbaren Annahmen.

Zum Beispiel sieht man nach einem Sturm einen umgefallenen Baum. Aus den Beobachtungen Sturm und umgefallener Baum? lässt sich die einfache Hypothese ableiten, dass der Baum vom starken Wind umgeweht wurde. Diese Hypothese erfordert nur eine Annahme, nämlich dass der Wind den Baum gefällt hat, nicht ein Meteor oder ein Elefant. Die alternative Hypothese ?der Baum wurde von wilden, 200 Meter hohen Außerirdischen umgeknickt? ist laut Ockhams Rasiermesser weniger hilfreich, da sie im Vergleich zur ersten Hypothese mehrere zusätzliche Annahmen erfordert. Zum Beispiel die Existenz von Außerirdischen, ihre Fähigkeit und ihr Wille intergalaktische Entfernungen zu bereisen, die Überlebensfähigkeit von 200m hohen Wesen bei irdischer Schwerkraft, usw.

Ähnliches gilt für die Kreationismus-Debatte. Die Evolutionstheorie ist sehr kompliziert. Tatsächlich erscheint die Minimal-Erklärung Gott war's? auf den ersten Blick viel einfacher. Aber damit wird einerseits die Komplexität nur verlagert, von komplizierten, aber wohldefinierten, nachvollziehbaren und falsifizierbaren Modellen auf einen uneinheitlichen, undefinierten und umstrittenen Gottesbegriff. Andererseits bietet die triviale Variante Gott war's? keinen Erkenntnisgewinn, zeigt keine kausalen Wirkketten auf und erlaubt keine falsifizierbaren Aussagen. Deswegen beziehen neuere kreationistische Modelle wie Intelligent Design durchaus Elemente aus der Evolutionstheorie ein. Also bietet gerade die Kreationismus-Debatte ein gutes Beispiel für von Ockhams Rasiermesser in der Variante, dass die beste Erklärung die ist, die für die Gesamtheit aller betrachteten Daten die einfachste zusammenhängende Erklärung bietet. Dabei ist zu beachten, dass dieses Sparsamkeitsprinzip keine Aussage über die Gültigkeit von Erklärungsmodellen macht, sondern nur eine Heuristik bietet, wie wirksame Erklärungen gefunden werden können.


Prinzip der Vielfalt
Walter Chatton war ein Zeitgenosse von Wilhelm von Ockham, der eine Gegenposition zu Ockhams Sparsamkeitsprinzip einnahm. Als Antwort formulierte er sein Gegenprinzip: Wenn drei Dinge nicht genug sind, um eine klare Aussage über etwas zu treffen, muss ein viertes hinzugefügt werden, und so weiter. Obwohl verschiedene andere Philosophen seit Ockhams Zeiten ähnliche Gegenprinzipien zum Rasiermesser vorgeschlagen haben, gewannen sie nie eine solche Bedeutung. Gottfried Wilhelm Leibniz formulierte ein Prinzip der Vielfalt (so benannt von Arthur O. Lovejoy). Die Idee dahinter ist, dass Gott die Welt mit der größtmöglichen Vielfalt von Lebewesen geschaffen habe. Immanuel Kant (1724?1804) formulierte in seinem Gegenprinzip, dass die Vielfalt der Dinge nicht voreilig vermindert werden solle. Karl Menger findet Mathematiker zu geizig im Umgang mit Variablen und formulierte sein Gesetz gegen die Armseligkeit, das eine der beiden Formen annimmt: Entitäten dürfen nicht bis zur Unangemessenheit reduziert werden und es ist sinnlos mit weniger zu tun, was mehr erfordert.



Quellen :

Armand A. Maurer: Ockham's razor and Chatton's anti-razor. 1984

Armand A. Maurer: Ockham's razor and dialectical reasoning. In: Medieval studies. 58/1996. S. 49-56

Phil Mole: Ockham's Razor cuts both ways: The Uses and Abuses of Simplicity in Scientific Theories. In: Skeptic. 1/10. S. 40-47


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Die Erisische Unschärferelation

24.07.2005 um 13:51
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Klassische Physik + Relativitätstheorie VS. Quantentheorie --> Unschärferelation

Beobachtung des Beobachters (Relativitätstheorie)

Die wenigsten haben die Relativitätstheorie vollständig begriffen. Aber der Name der Theorie enthält schon die entscheidende Pointe: Alles ist irgendwie relativ. Das genügt, um das Zeitklima einzufärben. Man weiss dann immerhin soviel, dass die Relativitätstheorie alle alten Sicherheiten über den Haufen geworfen und ein neues Weltbild begründet hat. Und eben das hat ihren Erfinder Albert Einstein zur wissenschaftlichen Vaterfigur und zu einer Art Stellvertreter des lieben Gottes gemacht. Dazu hat sicher beigetragen, dass Einsteins Wissenschaftlerhaupt mit den wirren weissen Haaren und dem gütigen, durchgeistigen Antlitz wie eine Ikone göttlicher Allwissenheit wirkt.

Also eine physikalische Theorie (Relativitätstheorie) die ihre Wirkung auch ausserhalb der Physik entfaltet, in Bereichen, in denen die genaue Beweisführung wenig relevant ist.
Die Kernaussagen der speziellen Relativitätstheorie :Gleichzeitigkeit ist nicht beobachtbar.Der Zustand eines Gegenstandes ist relativ,welche der Beobachter beobachtet.
Einsteins Relativitätstheorie ist ein erster entscheidender Schritt in der Wissenschaftsgeschichte die Naturwissenschaften des 20 Jahrh.:bis dahin das Subjekt aus ihren Beobachtungen ausgeschlossen hatten, um unverfälschte und objektive Daten zu gewinnen, holt Einstein den Beobachter nun zurück und beobachtet, wie der Beobachter beobachtet.


Die klassische Physik bezeichnet als Theorie der Objekte, die Quantentheorie jedoch als Theorie der Beziehungen.In der klassischen Physik wenn ein Zustand zu einem einzigen Zeitpunkt genau bekannt ist,der Zustand enthält alle die Informationen, die im Rahmen einer Theorie zu einem Zeitpunkt über das betreffende Objekt im Prinzip erhalten werden können.
Anders verhält es sich in der Quantentheorie: ein Zustand unter Berücksichtigung all seiner Beziehungen zur Umgebung betrachtet das heisst, jeweils einem klassischen Zustandswert entsprechen unendlich viele für die Quantenzustände.
Diese unendliche Zahl von Quantenzuständen hat eine Mehrdeutigkeit der quantentheoretischen Beziehungen zur Folge.

Im Kontrast zur klassischen Sichtweise wird die Quantensichtweise deutlich:

klassische Sichtweise: Wenn ein bestimmter klassischer Zustand vorliegt, dann liegt keiner der anderen Zustände vor, die dem Objekt im Prinzip auch möglich wären, und kann somit bei einer Nachprüfung auch nicht gefunden werden.
Sichweise der Quantentheorie: Beim sicheren Vorliegen eines Quantenzustandes q1 können trotzdem viele andere Zustände qm, die von q1 verschieden sind, bei einer Nachprüfung mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit ebenfalls gefunden werden.



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Die Erisische Unschärferelation

24.07.2005 um 14:00
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Diese Mehrdeutigkeit, die in der Quantentheorie Platz findet und gegen das Prinzip der Logik vom tertium non datur richtet, kann mit dem Begriff der Kontingenz umschrieben werden. Heisenberg prägte den Begriff der Unschärferelation oder Unbestimmtheitsrelation: Diese Relation besagt, dass in der Quantentheorie von einem Teilchen nie gleichzeitig die exakten Zustände zweier Grössen - z.B. Ort und Impuls - bestimmt werden können. Es kann nur der eine oder der andere exakt gemessen werden. Zu einem Zustand, in dem ein scharfer Ort gemessen werden kann, kann ein jeder beliebige Impuls gefunden werden - und umgekehrt .

Die Bestimmung von Grössen an einem Quantenzustand, der ja als Feststellung von Eigenschaften von Beziehungen verstanden werden darf, ist in der Regel ebenso als eine Handlung aufzufassen wie andere Handlungen des Alltags auch. Dieser Vorgang ist fundamental verschieden von der Feststellung von Objekteigenschaften, wie es in der klassischen Physik geschieht. Letztere hängen nicht von der Reihenfolge ihrer Überprüfung ab, daher darf man sie zu Recht so behandeln, als ob sie unabhängig von ihrer jeweiligen Feststellung objektiv existieren. Im Quantenfall ist dies - wie im richtigen Leben - nicht immer so. Die Prüfung einer Beziehung auf ihre Eigenschaften beeinflusst diese, sie muss danach nicht mehr die gleiche sein wie zuvor. Ein Quantenzustand wird daher oft durch den Messprozess verändert.

Die Quantentheorie lässt deutlich zwei Prinzipien erkennen: die Kontingenz (oder Unschärfe, Mehrdeutigkeit) und das Problem der beeinflussenden Messung.

Kontingenz bezeichnet die Negation von Notwendigkeit und Unmöglichkeit . Während in der traditionellen Philosophie seit Kant Kontingenz mit Zufälligkeit in Verbindung gebracht wird, differenziert die Systemtheorie genauer.
Nach Luhmann ,die Einheit der Differenz von Möglichkeit und Unmöglichkeit des Wirklichen. [Kontingenz] generalisiert auf sinnhafte Möglichkeiten des Erlebens und Handelns hin und distanziert dabei von Wirklichem als nur bestimmt Möglichem. Daraus folgt nicht Beliebigkeit , denn es gibt zufällige und nicht-zufällige Konditionierungen des Möglichen.

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24.07.2005 um 14:08
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Radikaler Konstruktivismus; Viabilität. Der konstruktivistischen Erkenntnistheorie gründet auf der Ablehnung einer isomorphen Verbindung zwischen ontologischer Wirklichkeit und der Wahrnehmung. Er bezeichnet Kognition als kreativen Akt, welcher in der Konstruktion einer eigenen Wirklichkeit mündet. Mit Maturana, Varela, von Foerster und von Glasersfeld entwickelte sich der radikale Konstruktivismus in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts aus systemtheoretischer, neurophysiologischer und kybernetischer Forschung heraus. So zielen einige Ideen auf naturwissenschaftliche Problemstellungen ab, z.B. auf das Modell der trivialen (TM) und nicht-trivialen Maschinen (NTM). Die NTM unterscheiden sich von den TM dadurch, dass sie ihren Eigenzustand in operational geschlossener Weise verändern können . Dadurch erreichen sie eine weit grössere Komplexität als TM, die auf einem einfachen, kausalen Input-Output-Modell beruhen. Die Beobachtung einer NTM ist so ungemein schwieriger und die Analyse ihrer Funktionsweise wird immer unmöglicher. So, wie die traditionelle Naturwissenschaft beobachte, setze sie TM voraus, wo sie es doch eigentlich mit NTM zu tun hätte. Das ist der Vorwurf der radikalen Konstruktivisten.


Der radikale Konstruktivismus lehnt eine isomorphe Beziehung zwischen ontologischer Wirklichkeit und wahrnehmbarer Wirklichkeit ab. Statt dessen setzt er das Konzept der viablen Beziehung ein: Viabilität wurde in der Entwicklungsgeschichte zur Bezeichnung der Überlebensfähigkeit von Arten, Individuen und Mutationen verwendet. Im konstruktivistischen Sinn meint Viabilität das Passen im Sinne des Funktionierens. Das heisst, etwas wird als viabel bezeichnet, solange es nicht mit etwaigen Beschränkungen oder Hindernissen in Konflikt gerät.

Um in der Welt bestehen zu können, erfolgreich zu agieren, baut das Subjekt sich eine Vorstellung der Welt, die funktioniert, also viabel ist. Das Erkenntnisinteresse liegt nicht im Erkennen der ontologischen Wirklichkeit, sondern in der Kreation einer viablen Wirklichkeit.


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24.07.2005 um 14:21
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Komplexitätssteigerung und reduktion:Luhmanns Systemtheorie zeigt starke Parallelen zu konstruktivistischen Theorien. Sie legt sich das Konzept der Autopoiesis zu Grunde:
....es gibt weder Input von Einheiten in das System, noch Output von Einheiten aus dem System. Das heisst nicht, dass keine Beziehungen zur Umwelt bestehen, aber diese Beziehungen liegen auf anderen Realitätsebenen als die Autopoiesis selbst.Als autopoietische Systeme man bezeichnet, die die Elemente, aus denen sie bestehen, durch die Elemente, aus denen sie bestehen, selbst produzieren und reproduzieren. Alles, was solche Systeme als Einheit verwenden, ihre Elemente, ihre Prozesse, ihre Strukturen und sich selbst, wird durch eben solche Einheiten im System erst bestimmt. ( Ein bisschen Matrix, Matrizentheorie).

Versucht ein solches System nun Sinn zu erfassen, also ontologische Wirklichkeit zu erkennen, wird dieser Versuch zum scheitern verurteilt sein. Denn Sinn ist ein Produkt der Operationen, die Sinn benutzen, und nicht etwa eine Weltqualität, die sich einer Schöpfung, einer Stiftung, einem Ursprung verdankt. Ausserhalb von Systemen, welche Sinn als Medium benutzen und reproduzieren, existiert kein Sinn. Dieser konstruktive Akt von Sinnkonstitution ist eine beobachtende Operation, die dem System die Möglichkeit gibt, sich von seiner Umwelt zu unterscheiden.
Sinn reduziert und ermöglicht gleichzeitig Komplexität. Denn Sinn ist der fortlaufende Prozess der Unterscheidung von Aktualität und Möglichkeit. Ein psychisches System produziert laufend Gedanken, ein soziales System laufend Kommunikation. Jeder Gedanke und jede Kommunikation verweist auf Nachfolgemöglichkeiten: Etwa ein weiterer anschlussfähiger Gedanke oder weitere anschlussfähige Kommunikation, deren Aktualitätskern ebenfalls wieder zerfällt und andere Möglichkeiten zur Auswahl stellt. Sinn ist somit ein Instrument der Selektion. Da jedoch Nicht-Aktualisiertes virtuell erhalten bleibt und später ( sofern es noch immer anschlussfähig ist) aktualisiert werden kann, ist Sinn eine Art und Weise, Komplexität zu verarbeiten: Einerseits wird durch die Selektion Komplexität reduziert, andererseits durch die Erhaltung noch nicht aktualisierter Möglichkeiten, Komplexität erhalten.

Da Systeme operativ geschlossen sind, müssen sie, um sich von ihren Umwelten zu unterscheiden, Eigenkomplexität entwickeln . Diese Steigerung der Komplexität geht mit einer Reduktion der Komplexität einher: Wird ein System gebildet, erzeugt es geringere systemeigene Komplexität und grössere Umweltkomplexität. So enthält aus Sicht des Systems seine Umwelt immer mehr Ereignismöglichkeiten, als jemals im System aktualisiert werden könnten.

Temporal gesprochen, befindet sich die Gesellschaft und somit alle ihre Systeme in einer laufenden Ausdifferenzierung. Systeme bilden Teilsysteme, die versuchen, Komplexität zu reduzieren und somit ihre Eigenkomplexität erhöhen. Luhmann unterscheidet verschiedene Stufen der Differenzierung der Gesellschaft. Die heutige funktionale Differenzierung überlagert die früheren stratifikatorischen und segmentären Differenzierungen der Gesellschaft. Im Gegensatz zu früher kennzeichnet sich die funktional differenzierte Gesellschaft dadurch, dass die einzelnen Teilsysteme gleichwertig, aber gemäss ihren Funktionen differenziert sind. Die Teilsystemgrenzen dieser Form der gesellschaftlichen Differenzierung verlaufen nun nicht mehr an Lokalitäten und Kopräsenzen wie in der segmentär differenzierten Gesellschaft, auch nicht mehr an den relativ undurchlässigen Schichten wie in der stratifizierten Gesellschaft.

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24.07.2005 um 14:33
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Besonders wichtig im Hinblick auf die Beobachtung scheinen die folgenden Aspekte: Die Relativierung der Objektivität durch die Beobachtung des Beobachters, die Relativierung des Prinzips des tertium non datur durch den Begriff der Kontingenz, die Relativierung der Kognition, insbesondere durch das Konzept der Viabilität und die systemische Selbstreflexion, welche die Prinzipien der Autopoiesis sowie der Komplexitätssteigerung und reduktion erzeugt.

Luhmann bezeichnet die Auswirkungen einer Reihe von neueren Theorien als radikal:
Wir orientieren uns dabei [für die Entwicklung der Luhmann'schen Systemtheorie, NB] an neueren Entwicklungen in der Systemtheorie, aber auch an Entwicklungen, die unter anderen Theorienamen laufen – etwa Kybernetik, cognitive sciences, Kommunikationstheorie, Evolutionstheorie. In jedem Falle handelt es sich um interdisziplinäre Diskussionszusammenhänge, die in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten einen Prozeß radikaler Veränderung durchlaufen haben und mit der Systembegrifflichkeit der 50er und frühen 60er Jahre kaum noch etwas gemein haben. Es sind ganz neue, faszinierende intellektuelle Entwicklungen, die es erstmals ermöglichen, die alte Gegenüberstellung von Natur- und Geisteswissenschaften oder hard sciences und humanities oder gesetzesförmig bzw. textförmig (hermeneutisch) gegebene Gegenstandsbereichen zu unterlaufen.

Foucault: Wille zur Wahrheit
Ich setze voraus, dass in jeder Gesellschaft die Produktion des Diskurses zugleich kontrolliert, selektiert, organisiert und kanalisiert wird - und zwar durch gewisse Prozeduren, deren Aufgabe es ist, die Kräfte und die Gefahren des Diskurses zu bändigen, sein unberechenbar Ereignishaftes zu bannen, seine schwere und bedrohliche Materialität zu umgehen.

Foucaults These lädt zur Beobachtung von Diskursen ein - mehr noch: Sie lädt ein, unseren Willen zur Wahrheit in Frage zu stellen. Denn Prozeduren der Ausschliessung (Verbot, Grenzziehung zwischen Vernunft und Wahnsinn, Wahrem und Falschem), interne Prozeduren (welche klassifizieren, anordnen und verteilen) sowie Prozeduren der Verknappung der sprechenden Subjekte (durch Rituale, Diskursgesellschaften und Doktriken) kontrollieren und steuern die Diskurse der Gesellschaft.

Die Diskurse unterwerfen sich der Ordnung des Signifikanten [Foucault ] und ihre Begehren werden so unweigerlich an ihre Formen gebunden. Der wahre Diskurs aber, den die Notwendigkeit seiner Form vom Begehren ablöst und von der Macht befreit, kann den Willen zur Wahrheit, der ihn durchdringt, nicht anerkennen; und der Wille zur Wahrheit, der sich uns seit langem aufzwingt, ist so beschaffen, dass die Wahrheit, die er will, gar nicht anders kann, als ihn zu verschleiern.
Foucault begibt sich in die Position eines Beobachters zweiter Ordnung, denn ansonsten könnte er der Ausschliessungsmaschinerie Wille zur Wahrheit nicht entkommen. Und er schlägt sogar eine Methode vor, um den Ordnungen der Diskurse zu entkommen: Die Souveränität des Signifikanten muss aufgehoben werden; dazu müssen die Prinzipien der Umkehrung, Diskontinuität, Spezifizität und der Äusserlichkeit angewandt werden,Umkehrung: Die Prozeduren der Ausschliessung müssen als solche demaskiert werden. Diskontinuität: Diskurse dürfen nicht als kontinuierlich, sondern müssen als diskontinuierlich, sich überschneidend, berührend, ausschliessend oder ignorierend angesehen werden. Spezifizität: Diskurse müssen als Gewalt angesehen werden, die wir den Dingen antun, d]ie Welt ist kein Komplize unserer Erkenntnis. Äusserlichkeit: Kein innerer, verborgener Kern des Diskurses muss gefunden werden, sondern seine äussere Erscheinung, welche die Grenzen fixiertAnstelle der regulativen Prinzipien der Schöpfung, Einheit, Ursprünglichkeit und Bedeutung treten Ereignis, Serie, Regelhaftigkeit und Möglichkeitsbedingung.

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24.07.2005 um 14:43
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Derrida: Dekonstruktion
Derrida beschreibt und inszeniert in seinen Texten den fundamentalen Bruch mit dem metaphysischen Denken.

Dekonstruktion versucht, das sinnhafte Zentrum, auf das alle sinnkonstituierenden Strukturen zulaufen, zu dekonstruieren - dekonstruieren deswegen, weil sie sich dazu konstruktiv derselben kritisierten Strukturen bedient; destruieren deswegen, weil darin der Konstruktcharakter der Konstruktion (ihre Kontingenz) offenbar wird und so jeder mögliche Anspruch auf Naturnotwendigkeit oder Gottgegebenheit zerstört wird.

Die dekonstruktivistische Lektüre eines Textes soll der Interpretation zuvor kommen und ihre Konstruktion aufdecken. Sie denkt gegen die Metaphysik des Sinnes an, kann dessen Ende aber prinzipiell nicht erreichen, da sie sonst selber metaphysisch würde. Dekonstruktion muss also selber dekonstruierbar sein, was sie auch ist. Dekonstruktion ist als ein Denken im Ende bzw. am Rande› der Metaphysik [verstehbar], [ist] aber nicht genuin nach-metaphysisch.

Der Grund für den Zerfall des Sinnzentrums liegt im laufend sich aktualisierenden Verweisungszusammenhang zwischen signifiant und signifié der Zeichen: Jedes Zeichen verweist unablässig auf andere, vorausgegangene oder nachfolgende Zeichen und bewirkt dadurch den Zerfall der eigenen Identität und der Sinnpräsenz. Dieser Bedeutungswandel des Zeichens nennt Derrida différance: Ein Signifikant kann immer nur als différance eines anderen erscheinen. Es gibt keinen URSPRUNGSPUNKT, welcher nicht selbst von différance abhängt.

Die Gegenüberstellung von Systemtheorie und Dekonstruktion zeigt deutliche Parallelen der beiden Supertheorien. Beiden gemeinsam ist die konstituierende Differenz von Bewusstsein und Kommunikation . Die Unterschiede sind aber im Bereich von Stil und Gestus sichtbar:

Dekonstruktion inszeniert, wovon sie spricht, indem sie davon spricht, wohingegen die Systemtheorie davon spricht, was sie inszeniert: nämlich die Entfaltung von Paradoxien. Dekonstruktion lässt paradoxerweise das eigene Schweigen reden. Dagegen steht die Tautologie der Systemtheorie, die redet, wo sie redet, und schweigt, wo sie schweigt.

Dekonstruktion zeigt den Spielern, dass sie dem Spiel nicht entkommen können, weil es kein Ausserhalb gibt; die Systemtheorie aber zeigt, wie sich die Regeln während des Spiels umschreiben können.



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