@Miles1701:
Miles1701 schrieb:Wird aber bestimmt Spaßig wenn einer wirklich mal so zu Hause ne größere Fusion ans laufen kriegt.
Der Vorteil bei Kernfusion (sowohl in kleinem als auch in grossem Maßstab) ist, dass sie nicht selbstverstärkend ist. D.h. falls es z.B. tatsächlich jemandem gelingen sollte, mit einem
Fusor eine positive Energiebilanz zu erreichen (was bei diesem spezifischen Konzept äusserst unwahrscheinlich, aber -- in Anbetracht vereinzelt beobachteter Anomalien -- m.E. nicht völlig ausgeschlossen ist), würde die Reaktion sehr schnell zum Stillstand kommen, sobald wesentlich mehr Energie erzeugt würde, als vorgesehen ist. Es bestehen zwar immer noch Gefahren (insbesondere durch Neutronenstrahlung) für den Experimentator und die nahe Umgebung (im Bereich von Metern), es ist aber unwahrscheinlich, dass nennenswerter Schaden darüber hinaus entstehen würde.
Miles1701 schrieb:Wird eigentlich bei Kernfusion mehr Energie frei als bei Spaltung so aufs Gramm gerechnet?
Betrachten wir zwei einfache Beispiele (die frei werdende Energie ist jeweils anhand des
Massendefekts auf Basis der offiziellen
Atomic-Mass-Evaluation-Tabelle berechnet, und in der in der Kernphysik üblichen Einheit
Elektronenvolt angegeben):
1. Die Fusion eines Deuterium- und eines Tritium-Kerns zu Helium-4 unter Freisetzung eines Neutrons (das ist die vermutlich aussichtsreichste Reaktion für Fusionsreaktoren):
\mathrm{_{1}^{2}H\,+\,_{1}^{3}H\,\rightarrow\,_{2}^{4}He\,+\,_{0}^{1}n\,+\,17{,}6\,MeV}
2. Die Spaltung eines Uran-235-Kerns nach Zugang eines Neutrons in einen Barium- und einen Krypton-Kern unter Freisetzung von zwei Neutronen (das ist eine von über 100 Zerfallsvarianten für Uran-235, und zwar eine derjenigen, die bei der
Entdeckung der Kernspaltung durch Hahn und Straßmann Ende 1938 auftraten):
\mathrm{_{\phantom{0}92}^{235}U\,+\,_{0}^{1}n\,\rightarrow\,_{\phantom{0}56}^{139}Ba\,+\,_{36}^{95}Kr\,+\,2\,_{0}^{1}n\,+\,173{,}9\,MeV}
Der Wert für die frei werdende Energie unterscheidet sich je nach Zerfallsvariante, und beträgt durchschnittlich ca. 203 MeV. Zur besseren Vergleichbarkeit rechne ich im folgenden mit diesem Durchschnittswert.
Die
molare Masse der Kombination aus Deuterium und Tritium beträgt ca. 5 g/mol, die der Kombination aus Uran-235 und einem Neutron ca. 236 g/mol. Ein
Mol entspricht ca. 6,022E23 Teilchen. Daraus lässt sich die freigesetzte Energie pro Gramm Reaktionsmasse berechnen (1 eV ≈ 1,6022E-19 J):
\begin{aligned}
\text{Kernfusion: } & \mathrm{17{,}6\,MeV*6{,}022\times 10^{23}\,\frac{1}{mol}*\frac{1}{5}\,\frac{mol}{g}≈2{,}12\times 10^{30}\,\frac{eV}{g}≈3{,}4\times 10^{11}\,\frac{J}{g}≈94\,\frac{MWh}{g}} \\
\text{Kernspaltung: } & \mathrm{203\,MeV*6{,}022\times 10^{23}\,\frac{1}{mol}*\frac{1}{236}\,\frac{mol}{g}≈5{,}18\times 10^{29}\,\frac{eV}{g}≈8{,}3\times 10^{10}\,\frac{J}{g}≈23\,\frac{MWh}{g}}
\end{aligned}
Bei dem betrachteten (natürlich in vieler Hinsicht vereinfachten) Vergleich wird also bei der Kernfusion ca. viermal soviel Energie pro Gramm Reaktionsmasse freigesetzt als bei der Kernspaltung.