Bei der näheren Analyse der Oszilloskopmessung des QEG-Primärkreises in Marokko sind mir eine Reihe von Merkwürdigkeiten aufgefallen. Zunächst musste ich mich allerdings mit dem banalen Problem beschäftigen, dass das Foto der Messung merklich verzerrt ist:
In diesem Punkt ist den QEG-Leuten natürlich kein Vorwurf zu machen, da die Fotos nicht für Detailanalysen vorgesehen waren. Nachdem ich an GIMP fast verzweifelt bin (die entsprechende Funktion ist zwar vorhanden, aber ohne Hilfslinien -- auf die Idee kam ich erst später -- sind präzise Entzerrungen sehr schwierig), ist es mir dann aber doch gelungen, das Foto brauchbar zu entzerren.
Ein weiteres Problem bestand darin, dass ich in der ersten Version dieses Beitrags leichtfertig angenommen hatte, dass die Nulllinien der Messungen mit der Nulllinie des Oszilloskop-Rasters übereinstimmen. Freundlicherweise hat mich Mopedfahrer darauf hingewiesen, dass das nicht der Fall ist. Zum einen ist bei beiden Kurven die Vertikalposition leicht verstellt (was man an den Baseline-Icons auf der linken Seite sehen kann), und es gibt Hinweise darauf, dass auch darüber hinaus noch Offsets zu den tatsächlichen Nulllinien bestehen.
Es ist nicht ganz einfach, auf Basis eines derartigen Fotos die korrekten Nulllinien nachträglich zu bestimmen. Ich habe zu diesem Zweck die Flächen unter den jeweiligen Halbschwingungen ermittelt, und versucht auf deren Basis Nulllinien zu ermitteln, die zu einer gleichmässigen Flächenverteilung auf positive und negative Halbschwingungen führen. Das ergibt für die Spannungskurve (gelb) eine Nulllinie bei ca. -1/2 kleinem Teilstrich (ca. 200 V Differenz), und damit etwa in Übereinstimmung mit der eingestellten Vertikalposition, und für die Stromkurve (türkis) bei ca. -1/3 kleinem Teilstrich (ca. 0,013 A Differenz), und damit etwas abweichend von der eingestellten Vertikalposition. Ein weiterer Flächenvergleich bei einem Foto der Oszilloskopmessung des Sekundärkreises (wo mehr Halbschwingungen sichtbar sind) ergab ähnliche Unterschiede zwischen eingestellten Vertikalpositionen und Nulllinien. Dieses Verfahren ist nicht übermässig genau, aber ich denke, viel besser geht es auf Basis der vorhandenen Informationen nicht. Ich habe die mittels der Flächenberechnungen ermittelten Nulllinien in dem folgenden Screenshot eingezeichnet (sehr fein, da sie sonst nicht unterscheidbar sind), und die Spannungswerte entsprechend angepasst (mit einem Sternchen markiert). Bei den Stromwerten habe ich auf eine Anpassung verzichtet, da die noch geringeren Abweichungen hier m.E. im Rahmen der Gesamt-Ungenauigkeit liegen.
Zur Analyse der Messung selbst:
Original anzeigen (0,3 MB)Zunächst fällt auf, dass der Betrag der Spannung an den Kondensatoren im negativen Bereich merklich höher ist als im positiven Bereich (-7200 V gegenüber 6800 V, d.h. ca. 6% höher). Dafür sind eine Reihe von Erklärungen denkbar, es liegt allerdings aufgrund einer ähnlichen Asymmetrie beim Stromfluss nahe, dass die unterschiedlichen Spannungen das direkte Resultat unterschiedlicher Stromflüsse sind.
Eine der Asymmetrien beim Stromfluss ist "normal", zeigt sich jedoch im konkreten Fall unerwarteterweise nur im negativen Messbereich: Der Peak-Betrag des Stromflusses bei der Ladung der Kondensatoren ist etwas höher als bei der Entladung (Peak bei -0,8 A gegenüber -0,6 A). Das entspricht der Energieübertragung vom Rotor bzw. vom Antriebsmotor auf den QEG. Insgesamt (d.h. das Integral über den jeweiligen Kurvenabschnitt) muss der Stromfluss beim Laden und Entladen natürlich ausgeglichen sein, da die Spannung am Kondensator sonst laufend steigen oder fallen würde. Während die Verluste (u.a. der ohmsche Widerstand der Spulen) jedoch weitgehend gleichmässig auftreten, steht für deren Ausgleich nur ein relativ kurzer Zeitabschnitt während des Ladevorgangs zur Verfügung. Deshalb hat der Betrag des Stromflusses an dieser Stelle einen relativ hohen Peak.
Sehr schön kann man dies an der folgenden Oszilloskopmessung von
Asterix's Resonanz-Generator sehen (der auf dem gleichen Prinzip wie der QEG beruht, jedoch völlig unabhängig davon bereits vor einigen Jahren von Asterix konstruiert wurde):
Der Peak-Betrag des Stromflusses (gelbe Kurve) ist während des Ladens der Kondensatoren (von Null in Richtung eines Peaks verlaufender Abschnitt der roten Kurve) sowohl im positiven als auch im negativen Bereich etwas höher als während des Entladens (von einem Peak in Richtung Null verlaufender Abschnitt der roten Kurve). Dieser Generator ist allerdings prinzipiell symmetrischer als der QEG, da es nur ein Statorpolpaar gibt. Trotzdem wäre auch beim QEG ein vergleichbares Verhalten zu erwarten. Aus unklaren Gründen scheint der QEG zumindest bei dieser Messung in einer der beiden nach den Statorpolen ausgerichteten Rotorpositionen (entsprechend den Kurvenverläufen im mittleren oberen Bereich auf dem Foto der QEG-Oszilloskopmessung) Energie zu verlieren statt hinzuzugewinnen.
Eine weitere Merkwürdigkeit betrifft die Frequenz des QEG-Primärkreises, die bei ca. 74 Hz liegt. Auf Basis der angegebenen Parameter (11 H und 26 H für die Unter- und Obergrenze der Induktivität und 167 nF für die Kapazität der Kondensatoren) ergibt sich nämlich sowohl bei meiner als auch bei Asterix's Simulation (die, wie ich schon mal erwähnt hatte, unabhängig voneinander entstanden sind) eine Frequenz von ca. 84 Hz. Das könnte man nun zunächst irgendwelchen unberücksichtigten "Real World"-Effekten beim realen QEG gegenüber den Simulationen zuschreiben, wenn nicht folgendes dazukäme: In der umfangreichen
Tabelle mit Messwerten aus Marokko vom 10. Mai stimmen die Frequenzen ziemlich gut mit den Simulationen überein. Z.B. ergibt sich dort für eine Kapazität von ca. 167 nF eine Frequenz von 165 Hz auf der Sekundärseite, was einer Frequenz von ca. 83 Hz auf der Primärseite entspricht, was gut zu den ca. 84 Hz der Simulationen passt. Es fällt auf, dass bei diesen Messungen die Effizienzen -- sofern die Angaben korrekt sind -- mit durchschnittlich ca. 33% (ca. 230 W Ausgangsleistung bei ca. 700 W Eingangsleistung) deutlich höher sind als bei der hier betrachteten Messung (ca. 93 W Ausgangsleistung bei ca. 600 W Eingangsleistung, d.h. ca. 16%).
Es stellt sich die Frage, ob zwischen diesen Merkwürdigkeiten möglicherweise ein Zusammenhang besteht. Ein erster Hinweis könnte sein, dass einerseits bei dieser Messung anscheinend nur jede zweite Ausrichtung des Rotors zu den Statorpolen Energie zum Primärschwingkreis überträgt, und andererseits die Effizienz etwa halb so hoch ist, wie bei Messungen, bei denen der QEG mit der Standardresonanz läuft. Es wäre denkbar, dass der QEG bei dieser Messung mit irgendeiner ineffizienten "Nebenresonanz" läuft, die diese Effekte bewirkt.
Ein möglicher Grund, warum der QEG mit einer solchen "Nebenresonanz" statt der Standardresonanz läuft, könnte eine Überlastung des Ausgangs sein. Die realistische Effizienz des QEG (zumindest in der gegenwärtigen Form) scheint günstigstenfalls im Bereich von 30..40% zu liegen. Der Ausgang der Sekundärspulen ist bei dieser Messung mit 6 x 240 V / 100 W Glühbirnen in Reihenschaltung belastet. Das entspricht einer Betriebsspannung bei Volllast von 1440 V (RMS). Bereits bei Erreichen der halben Volllast-Betriebsspannung, d.h. 720 V (ungefähr entsprechend 300 W, und damit 50% Effizienz) wäre der QEG sehr wahrscheinlich bereits überlastet. Da sich bei der hier betrachteten Messung 405 V RMS im Sekundärkreis ergeben, ist durchaus naheliegend, dass bei der etwa doppelt so effizienten Standardresonanz deutlich höhere Spannungen auftreten, die zu einer Überlastung am Ausgang führen, was wiederum zum Zusammenbruch der Resonanz führt. Möglicherweise schwingt sich der QEG deshalb auf einer ineffizienteren "Nebenresonanz" ein, die nur eine niedrigere Ausgangspannung erreicht, und deshalb nicht zu einer Überlastung führt.
Das ist natürlich erst mal nur eine Hypothese, scheint jedoch recht gut mit den bekannten Informationen zusammenzupassen.