Neuigkeiten zur globalen Situation
22.03.2005 um 20:42Verbot des "dreckigen Dutzend"
DDT, PCB & Co
Dem "Dreckigen Dutzend" soll der Garaus gemacht werden. Dies beschlossen im Mai vergangenen Jahres 100 Staaten im Rahmen der Stockholmer "POP-Konvention". "POP" heißt soviel wie Persistant Organic Pollutants, also in der Umwelt besonders hartnäckig verbleibende Schadstoffe, die sich in der Nahrungskette anreichern und extrem gesundheitsschädlich sind. Herstellung, Anwendung und Verkauf von zwölf dieser überaus giftigen Stoffe - wie das Pflanzenschutzmittel DDT, Polychlorierte Biphenyle PCB, Dioxinen und Furane - sollen weltweit verboten werden.
Innerhalb der EU sind die Pflanzenschutzmittel unter den POP schon lange nicht mehr erlaubt. Andere Stoffe wie PCB und Dioxine werden noch verwandt, es gelten jedoch vergleichsweise scharfe Bestimmungen. In den Entwicklungsländern dagegen sieht die Lage ganz anders aus. Die giftigen Pflanzenschutzmittel werden noch reichlich versprüht, zudem lagern dort nach Schätzungen noch etwa eine halbe Millionen Tonnen der bald verbotenen Chemikalien. Ein nicht unbeträchtlicher Teil stammt dabei aus Industrieländern, die sich auf diese Weise ihrer giftigen Altlasten entledigen.
Giftmüllexporte der besonderen Art stellen die Verschrottung von Hochseeschiffen dar. Indien dient als größter Schiffsfriedhof der Welt, 70 Prozent aller Schiffe werden hier ausgeschlachtet. Neben den giftigen TBT-haltigen Schiffsanstrichen - allein in der EU werden jährlich 1300 Tonnen der zinnorganischen Verbindung verwendet - enthalten die Einbauten der in die Jahre gekommenen Ozeandampfer zudem Tonnen von Schwermetallen, PCP und Asbest.
Fünf Jahre wird es wohl noch dauern, bis der in Stockholm unterzeichnete Vertrag in Kraft tritt. Deutschland ratifizierte als eines der ersten Ländern Anfang Mai diesen Jahres die Konvention. Bundesumweltminister Trittin wertet dies als bedeutsamen Schritt beim Aufbau eines umfassenden internationalen Chemikalienmanagements.
Versagen der EU-Chemikalienpolitik
Tausende gefährliche Chemikalien im Umlauf
Angesichts von Tausenden, nicht unbedenklichen Chemikalien, die weltweit in Umlauf sind, erscheint das Verbot des "Dreckigen Dutzend", der zwölf besonders giftigen Substanzen - als ein Tropfen auf den heißen Stein. Denn die Chemische Industrie bringt noch immer gefährliche Umweltgifte auf den Markt: Krebserregende Flammschutzmittel, die aus Computern ausgasen, giftige Weichmacher in Kinderspielzeug, Kunststoffzusätze, die hormonelle Veränderungen bewirken.
So kommt der Mensch im Alltag mit Zehntausenden Chemikalien in Kontakt, von denen niemand weiß, wie gefährlich sie tatsächlich sind. Innerhalb der letzten sechs Jahre sind nach Greenpeace-Umweltexperte Manfred Kautter nur etwa 19 der rund 50.000 Chemikalien - die allein auf dem europäischen Markt existieren - auf ihre Auswirkungen für Mensch und Umwelt untersucht worden. Obwohl bei 14 dieser 19 Chemikalien schwerwiegende Risiken bekannt sind, habe die EU bis heute in keinem einzigen Fall Gegenmaßnahmen erarbeitet. So würden selbst anerkanntermaßen gefährliche Stoffe nicht verboten.
Der Chemie-Experte wirft der EU-Chemikalienpolitik eklatantes Versagen vor. Die 1993 in Kraft getretene EU-Chemikalienverordnung sieht Bewertung und Kontrolle der auf dem Markt befindlichen Chemikalien vor. Das dies nur allzu schleppend umgesetzt wird, läge in den umfangreichen und komplizierten Prüfungsverfahren der Industrie. "Bei dem gegenwärtigen Schneckentempo dauert die Chemikalienbewertung noch bis zu 25.000 Jahre."
Die Wahrheit ist seltsamer als die Fiktion, weil die Fiktion Sinn machen muss.