Laut dem ersten WHO-Bericht zu Covid19 wurde nicht nur der Virusstamm RaTG13 aus Yunnan in dem Labor in Wuhan aufbewahrt, sondern Mitarbeiter wurden Anfang Dezember 2019, als die Pandemie bereits ausgebrochen war, in die Nähe des Fischmarktes versetzt:
The closest known CoV RaTG13 strain (96.2%) to SARS-CoV-2 detected in bat anal swabs have been sequenced at the Wuhan Institute of Virology. The Wuhan CDC laboratory moved on 2nd December 2019 to a new location near the Huanan market.
Quelle:
https://www.who.int/publications/i/item/who-convened-global-study-of-origins-of-sars-cov-2-china-part - S.119
Es ist also alles andere als überraschend, dass man nach der Schließung des Marktes im Januar 2020 in den Abwasserproben SarsCoV2-DNA gefunden hat. Abwasserproben gelten heute als Frühindikator für einen Ausbruch.
Auf dem Fischmmarkt selbst hat sich das Vrius dann wahrscheinlich in Innenräumen (Kantinen, Mahjongräume und Toiletten) von Mensch zu Mensch übertragen:
Based on available evidence, we suggest that several early infections at the Huanan market may have occurred via human-to-human transmission in closed spaces such as canteens, Mahjong rooms or toilets.
Quelle:
https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0013935122010295Wichtig finde ich daher die Interpretation der folgenden Graphik:
entnommen aus Wiesendanger, S. 24 [25]:
https://www.uni-hamburg.de/newsroom/presse/2021/pm8.html(es ist mir bekannt, dass Studierende Wiesendanger vorgeworfen haben, dass er journalistische Quellen für eine "Studie" benutzt)
Der im Bild angegebene Link ist mittlerweile gelöscht. Wiesendanger übersetzt die drei Punkte dort als die Diagnosekriterien für frühe Covid19-Fälle in Wuhan 1) Kontakt mit dem Fischmarkt 2) Fiebersymptome 3) positiver Coronatest
Ich kann kein Chinesisch (kann jemand was dazu sagen?), aber wenn dies zutrifft, wäre die Aussage, dass im Dezember 2019 sich Fälle in der Nähe des Fischmarkts häuften, tautologisch und ohne irgendeine Aussagekraft.
Die hier und im Hauptcoronathread genannte Studie von Worobey et al. (der wie wir gesehen, von Beginn an energisch die Markttheorie vertritt), behauptet dagegen, dass
Although some of the early case finding could have preferentially identified market-linked cases, a geospatial analysis of residences of the early cases with no identified link to the Huanan market showed that they lived unexpectedly close to and centered around the market,3,5 even though geographic proximity was not used as a case criterion.4,6,7,8
Quelle:
https://www.cell.com/cell/fulltext/S0092-8674(24)00901-23 und 5 sind dabei die eigenen früheren Publikationen. 4 der WHO Bericht, und in 6,7 und 8 finde ich die Aussage dass geographische Nähe zum Markt kein Fallkriterium war, nicht belegt. In keiner dieser Referenzen steht überhaupt irgendetwas zu zu den frühen Auswahlkriterien (auch in Deutschland hat das RKI zunächst nur Fälle getestet, die aus den Skifahrerregionen in Italien kamen).
Diese Aussage widerspricht nicht dem Dokument oben, denn da steht dann ja nur, dass die ersten identifzierten Fälle im Dezember, die an die WHO gemeldet wurden, KONTAKT mit dem Fischmarkt gehabt haben mussten, nicht, dass sie zwingend auch in der Nähe lebten. Sie können von etwas weiter her zu dem Markt gereist sein.
"preferentially identified market-linked cases" muss man doch sogar als Bestätigung sehen, dass China vorrangig und bewusst nur Fälle aufgenommen hat, die nach Selbstangaben mit dem Fischmarkt zu tun hatten!
Der WHO-Bericht ist auch ganz klar darin, dass zwar Proben von Tieren auf dem Markt entnommen wurden, aber keine einzige positive war: 327 von dem Markt, insges. 457 mit Bezug zu dem Markt, 616 von Zulieferern und 1287 aus Yunnan (wo der SarsCoV2 Stamm ursprünglich herkam), 577 aus angrenzenden Provinzen (a.a.O., S. 99f.).
Es gibt ebenfalls keinen einzigen Hinweis darauf, dass eine Abwasserprobe o.Ä. (der Markt war ja vor der Entnahme der Proben erstmal desinfiziert worden) aus irgendeinem anderen Teil der Stadt entnommen wurde.
Es spricht somit alles dafür, dass China zu Beginn den Verdacht auf den Markt lenken wollte und nicht ergebnisoffen mit Blick auf eine Nachforschung über den Ursprung der Pandemie vorgegangen ist. Und als Gipfel wurden sogar Labormitarbeiter in die Nähe des Marktes versetzt, nachdem der Ausbruch allem Anschein nach bereits der Staatsregierung bekannt war!
Bewertungen (wie z.B. die von Drosten), die allein von den offiziellen Zahlen ausgehen, hätten demnach eine von China vorsorglich gelenkte confirmation bias, darüber hinaus keinerlei Wert für die Suche nach dem Ursprung. Aber was will er sonst machen, als von den "offiziellen" Zahlen auszugehen, wenn er sich in der Öffentlichkeit und auf Anfrage dazu äußern soll...