monstra schrieb:Tut ein Jugendamt nichts, obwohl das Kindeswohl in Gefahr ist, dann wird auf die vermeintlich unfähigen Mitarbeiter dort eingedroschen, falls etwas passiert. Tut das Jugendamt etwas, um eine Gefahr abzuwehren, traumatisiert es Eltern und Kind - und es wird auch auf die Mitarbeiter eingedroschen.
Vom heimischen Sofa aus ist das besonders leicht möglich.
Richtig ist, dass die Leute vom JA in der Schusslinie stehen. Das trifft auch auf andere Berufe zu, aber hier eben auch. Tatsache ist allerdings auch, dass es sich um einen extrem sensiblen Bereich handelt, in dem Entscheidungen oft von großer Tragweite sind. Und meine Erfahrung, die ich zum Glück nicht als Betroffener machen musste, ist die, dass viele Mitarbeiter dieser wichtigen und tatsächlich nicht einfachen Aufgabe nicht gewachsen sind.
Und ja, "vom heimischen Sofa aus" ist leicht reden, und das wiederum kann man dann als Totschlagargument verwenden. (Mit dieser Art Argumentation könnte man allerdings die meisten Diskussionen hier sein lassen.)
monstra schrieb:Und weil die Mitarbeiter im Amt durchaus ein Bewusstsein dafür haben, welche schwerwiegenden Entscheidungen sie für eine zumeist lausige Bezahlung treffen müssen, machen sie sich das nicht leicht. Würden sie noch für jede Entscheidung haften müssen, dann fände man schlicht kein qualifiziertes Personal mehr, das Entscheidungen fällen würde.
Wie gesagt, meine Erfahrung ist eine andere. Ich habe Entscheidungsträger erlebt, bei denen ich sicher bin, dass ihnen die Auswirkungen ihres Tuns vollkommen egal sind. Ich behaupte nicht, dass das alle sind oder auch nur die meisten. Aber es sind auch keine Einzelfälle.
monstra schrieb:Hier wissen wir ja noch nicht mal den Grund, warum das Kindeswohl in Gefahr war.
Das Kindeswohl war überhaupt nicht in Gefahr, sonst hätte das Gericht keine gegenteilige Entscheidung getroffen.
monstra schrieb:Nur mal angenommen, die Mutter war schwer suizidal oder drogenabhängig, nicht in der Lage, sich alleine zu Hause um das Kind zu kümmern. Wie hätte das "Volk" reagiert, wenn das Jugendamt unter Verweis auf die Nichterreichbarkeit des Familiengerichts über die Feiertage dicht gemacht hätte - und das Kind zu Hause zu Tode gekommen wäre?
Bei dieser Konstellation hätte "das Volk" wahrscheinlich getobt. Hättest du den Artikel gelesen, dann wüsstest du aber, dass dein "nur mal angenommen" rein fiktiv ist: Die Mutter lebt nämlich mit dem Kindesvater zusammen bei dessen Eltern.
monstra schrieb:Vom heimischen Sofa aus redet es sich da leicht.
Ja, das hatten wir schon.
monstra schrieb:Gefährdung des Kindeswohls und Zulässigkeit einer kindesentziehenden Maßnahme sind zwei unterschiedliche Dinge. Die Unzulässigkeit der Maßnahme lässt nicht die Gründe entfallen, aus denen sich die Gefährdung ergab.
Das ist nicht korrekt. Besteht eine Kindeswohlgefährdung, dann ist das JA, so es davon Kenntnis erlangt, verpflichtet, Maßnahmen zur Abhilfe zu ergreifen. Das bedeutet in der Realität: Einigung mit den Eltern bzw. dem fraglichen Elternteil über eine freiwillige Maßnahme oder (wenn das scheitert) Herausnahme des Kindes. Eben dies hat das JA hier getan und ist damit vor zwei Gerichten gescheitert. Und zwar nicht aus formalen Gründen, denn dem Artikel zufolge konnte ein richterlicher Beschluss zu dem fraglichen Zeitpunkt nicht erlangt werden. Im Falle einer tatsächlichen Kindeswohlgefährdung hätte also eine Dringlichkeit vorgelegen, durch die die Herausnahme zulässig gewesen wäre. Da sie es laut Beschluss nicht war, kann man daraus nur schließen, dass eine Gefährdung des Kindes eben nicht vorlag – es sei denn natürlich, die Gerichte irren sich.