Jinana schrieb:Darf ich fragen wie alt du bist?
Darfst du. Ich werde in absehbarer Zeit 22.
Beim Schubladendenken ist gar nichts unnatürlich nur weil ich es nicht so tue wie die meist anderen.
Meine Lieblingsfarbe ist Violett. Bin ich deshalb in der Schublade der Violett-Liebhaber?
(...)
Sicher hat es Vorteile Leute in Lädchen zu werfen, aber auch das Gegenteil bewirkt das man viele nicht gleich vorurteilt.
Mit der Information, dass du violett magst, kann ich persönlich nichts assoziieren und dich allein daran auch erst einmal nirgendo einordnen.
Dass du das Wort "Vorurteile" noch einmal benutzt hilft mir eine Überleitung zu finden.
Bevor ich vorhin diesen Link zu dem Buch schrieb, habe ich einen ewig langen Post geschrieben und dann wieder gelöscht und stattdessen aus dem Buch zitiert.
In dem Beitrag versuchte ich zu erklären, dass ich zwischen Schubladendenken und Vorurteilen/Feindbildern stark differenziere. Dazu schrieb ich von dem Beispiel, dass es meine Großeltern nicht gestört hat als meine Haare, als sie noch lang waren, eine Zeit lang jeden Monat anders bunt gefärbt waren. Sie kommentierten das nur, dass irgendeine Enkelin von Bekannten auch erst letztens irgendwelche Farbe im Haar hatte. Dagegen bin ich eben wegen diesen bunten Haaren in der Straßenbahn, am hellichten Tag, fast verprügelt worden, weil das zwei Kerle, die Landser-T-Shirts trugen, scheinbar unheimlich störte und sie mich ihre Abneigung sehr deutlich spüren ließen. Zwischenzeitlich nannten sie mich noch "Patriot der Schlümpfe".
An diesem Beispiel meinte ich eben ganz klar belegen zu können, dass Feindbilder und Schubladendenken zwei Dinge sind, die nicht grundlegend miteinander zu tun haben müssen.
Ich recherchierte nun etwas, was andere dazu in Büchern schrieben und stieß auf das oben zitierte Buch.
Nachdem ich das gelesen hatte, kam ich schlagartig ins Grübeln, weil dieses Buch das genaue Gegenteil von dem aussagte, was ich gerade gerade damit belegen wollte. Die meinen auf einmal, dass Schubladendenken direkt mit Vorurteilen gleichzusetzen sei.
Wie du siehst, selbst wenn ich wöllte, so würde es keinen Sinn für mich haben dich von irgendetwas überzeugen zu wollen, weil ich mir selbst meine Ansichten regelmäßig ins Wanken bringe und manchmal sogar ganz zerschieße.
Also ich bin mir jetzt sehr unsicher, ob man zwischen "Schubladendenken" und "Vorverurteilen" überhaupt unterscheiden kann.
Dadurch, dass ich mich die letzten 1,5-2 Jahre recht intensiv mit transsexuellen Menschen aber auch Crossdressern auseinandergesetzt habe, laß ich viele Texte und neurobiologische Theorien darüber, was denn ein Mensch wenigstens an sich verändern müsste, damit er rein optisch als das andere Geschlecht wahrgenommen wird.
Je mehr man davon liest umso mehr erkennt man eine klare Linie in der Psyche, warum wir manche Menschen auf der Straße auf den ersten Blick als androgyn oder geschlechtlich uneindeutig einschätzen bzw. warum wir eben Frauen als Frauen und Männer als Männer erkennen. Es gibt eben eine Hand voll optischer Merkmale die unser Gehirn dahingehend kategorisieren lassen.
Dass die Auseinandersetzung mit dieser speziellen Problematik nun nicht alltäglich ist, ist mir vollkommen klar. Jedoch bin ich durch diese Recherchen, das lesen der unterschiedlichsten Theorien und stundenlangen Gespräche mit Transsexuellen und Crossdressern an einem Punkt angelangt, wo ich eben meine einigermaßen sicher behaupten zu können, dass auch so etwas scheinbar Belangloses wie das Geschlecht auch eine Kategoriesierung ist.
Wie oft passiert es auch hier im Forum, dass bei geschlechterspezifischen Diskussionen jemand gefragt wird, welchem Geschlecht er/sie denn angehöre. Solche Fragen stellt man eben erst, wenn man Argumente liest, von denen man meint sie müssten von einer Frau kommen und will sich dann vergewissern, dass man damit richtig liegt, damit man in seinem Weltbild bestätigt wird.
Wer weis schon wie oft in solchen Diskussionen Leute auftauchen, hinter deren Nickname man einen Mann vermutet, in Wahrheit aber eine Frau sitzen hat - und umgekehrt?
Eben, weil ich solche Dinge sehe und gewisse Zusammenhänge vermute liegt es mir persönlich halt näher davon auszugehen, dass ausnahmlos jeder seinen Schrank mit seinen unterschiedlichen Schubladen hat.
Allerdings hat auch jeder individuell andere Vorurteile, die er einigen seiner Schubladen zuordnet.
Dementsprechend wollte ich eben schon ganz am Anfang weg von dem Wort "Schubladendenken" und direkt hin zu "Vorurteile und Feindbilder".