Balthasar7 schrieb:Im Kern geht es um den Fakt, das die Gesamtsumme an Technologie jeweils neue Erkenntnisse hervorbringt
Binsenweisheit.
Balthasar7 schrieb:und gleichzeitig disruptive Neuerungen wie Mikrochips und insbesondere KI immer schnellere Fortschritte über ein breites Feld der Wissenschaft ermöglichen.
Auch nix Neues, gilt letztlich für praktisch jede Innovation. Und in der Tat, manche Innovation hilft nur in wenigen Anwendungsbereichen weiter, manche in mehr, andere wiederum in sehr vielen. Der Grad, wie sowas die künftigen Innovationen anschiebt, ist entsprechend unterschiedlich, aber letztlich schiebt jede einzelne Innovation das Ganze an. Und da es praktisch immer mal zu vielen "kleineren" Innovationen und mehreren bedeutenderen, jedoch nur wenigen Schlüsseltechnologien neu kommt, dies aber regelmäßig, wieder und wieder (wobei es auch zuweilen lange braucht, bis eine Schlüsseltechnologie in allen Anwendungsbereichen ankommt und Wirkung zeigt), gibt es insgesamt einen eher kontinuierlichen exponentiellen Innovationsanschub. Du aber sprachst von einer
Balthasar7 schrieb am 17.06.2023:sprunghaften Entwicklung
und da hätt ich noch immer was Fundiertes dazul. Nicht irgendwelche Seitchen, in denen ich mich über sattsam bekannte Details zu der stinknormalen exponentiellen, aber kontinuierlichen Entwicklung der Innovationen (mit kleineren Wellen von relativem Tröpfeln und dann etwas stärkerem Sprudeln) "informieren" kann. Nee Du, zeig mal, "wo gestern noch Steinzeit war und heute alles mit Pyramiden zugepflastert wird, wie aus dem technologischen Nichts". Sprunghaft eben, nicht organisch aus dem bisher Erreichten heraus sich entwickelnd.
Balthasar7 schrieb:Es ist bekannt, das aus den gezeigten vorgeblichen Beweisen und den Merkmalen von Erectus und Sapiens die bekannte Entwicklungstheorie gesponnen wurde.
Wer etwas mit "es ist bekannt, daß" anfängt, der versteckt sich nur hinter so einer generalisierten Behauptung. Nee Du, das ist Deine Sicht, und mir ist das überhaupt nicht bekannt, daß das so wäre. Ich kenne nur die echten Fakten, also die Skelett- und Artefaktfunde (wenn auch nicht direkt "persönlich", wohl aber aus Darstellungen und Präsentationen (zumindest in Kopie). Es ist echt Ausgegrabenes. Und deren Merkmale sind nun mal auch zu sehen. Und mit ein bisserl Übung kann an die Merkmale auch wirklich gut unterscheiden.
So hab ich im Jahr 2015, als der Fund des Homo naledi öffentlich präsentiert wurde, hier im Forum bereits geschrieben, daß der Schädel zu menschenähnlich rekonstruiert wurde, Gesichtsfeld zu kurz gemacht, Schnauze nicht vorstehend genug. Hatte damals auch geschrieben, woran ich das festmache, mit Beispielen von anderen Schädeln anderer Vor- und Frühmenschenformen. Drei Jahre später, als man noch mehr und besser erhaltene Schädel gefunden hatte, hatte man die ursprüngliche Schädelrekonstruktion tatsächlich korrigiert (freilich nicht darüber geredet, zuvor nach Phantasie "rekonstruiert" zu haben). Genau so, wie ich es schon 2015 gesagt habe.
Und ich bin nur Laie, wiewohl interessierter, und das seit Jahrzehnten, der sich regelmäßig damit beschäftigt. Auch als Laie kann man da durch vieles durchsteigen und es eigenständig bewerten, wie fundiert die wissenschaftliche Interpretation der Faktenlage ist.
Wenn Du das nicht kannst, dann kannst Du das eben nicht (sowas nicht zu können ist nicht schlimm, is ja kein Allgemeinwissen oder so). Dann spar Dir aber jegliche Bewertung darüber, wie fundiert der Stand der wissenchaftlichen Erkenntnisse ist ("vorgebliche Beweise"). Auf sowas reagier ich grantig.
Balthasar7 schrieb:Es ging um eine bewiesene Evolution dazwischen und um mögliche Fremdgenetik in einen Zeitraum von ca. 500 k bis 300 k.
Allein, wenn ich schon "bewiesen" höre / lese! Da zitier ich immer wieder gerne Indiana Jones:
Archäologie ist die Suche nach Fakten. Nicht nach der Wahrheit. Wenn Sie an der Wahrheit interessiert sind, Dr. Tyries Philosophiekurs ist am Ende des Ganges.
Wissenschaft liefert Theorien, keine Beweise. Theorien allerdings sind im Wissenschaftsbereich schon was sehr viel anders als im umgangssprachlichen "is ja nur ne Theorie". Mit ner Theorie kannste verläßlich arbeiten, etwa zum Aufbau eines GPS. Ohne die Relativitäts-isnurne-Theorie würden wir uns mit GPS verlaufen! Theorien sind verläßlich. Auch die Evolutionstheorie. Denn sie arbeitet mit echten Fakten und wird durch neue Fakten stets bestätigt, verifiziert. Wie die RT auch durchs funzende GPS (und andere funzende Sachen). Eine wissenschaftliche Theorie, was fundierteres gibts im Wissenschaftsbereich nicht. Nur "wahr" ist keine davon, keine vollständige 1:1-Beschreibung der Realität, nicht mal spiegelverkehrt... Sowas gibts nicht. Aber es gibt Theorien, und das ist das, was im Wissenschaftsbereich der umgangssprachlichen "Wahrheit" noch am nächsten kommt.
Na und die Fremdgenetik, die steckt da eben nicht drin. Weder zwischen 500 und 300 ky noch zu einer anderen Zeit wurde da was reingesteckt. Sonst würde die genetische Uhr, also die genetische Distanz des menschlichen Genoms zu den Genomen anderer heute lebender Verwandter, eine andere evolutionäre Auftrennung der Linien ergeben als der Fossilbefund. Funde von Homininen, also Menschenvorfahren nach der Abspaltung von der zu den Schimpansen führenden Linie, reichen bis ca. 7 Millionen Jahre zurück. Und ungefähr dieses Alter gibt auch die genetische Distanz her. Ebenso sagt die genetische Uhr, daß Mensch und Neandertaler sich grob vor 500.000 Jahren auseinander entwickelt haben müssen, und in der Tat sehen die europäischen und die afrikanischen Heidelbergensis-Funde seit mehr als 400.000 Jahren immer verschiedener aus, in Europa immer neandertaliger, in Afrika sapiensnäher. Weswegen einige Forscher zum 450.000 Jahre alten "Tautavel-Menschen" aus Frankreich oder zum 430.000 Jahre alten "Miguelon" aus der spanischen Sima de los Huesos gelegentlich schon "Neandertaler" sagen und zu ähnlich alten marokkanischen und tansanischen Schädeln (Salé 1 und Ndutu 1) "Sapiens", gerne auch mal nur mit nem "Prä-" davor. Die Übergänge sind eh fließend, und wo man nun von der früheren und der späteren Art spricht, wo man also die Grenze zieht, ist eh nur menschliche Festlegung. Aber die fließenden Übergänge der Merkmale, die stecken in den Funden selbst. Und die zeigen eben auch die Aufspaltung der zum Sapiens und zum Neandertalensis führenden Linien. Der Fossilbefund tut es, die Fakten also. Nix mit "vorgeblich".
Und damit bestätigt der Fosilbefund die genetische Uhr, die genetische Uhr den Fossilbefund, und beides zusammen zeigt, daß es Null genetisches Dreinpfuschen von außen gegeben hat. Würde heute jemand sich nen Schimpansen schnappen und gut 1% des Erbguts verändern, so würde dieses Neuwesen sich tatsächlich fast so stark von den Schimpansen unterscheiden wie der Mensch, und wir würden bei natürlicher Entstehung erwarten, daß die Vorfahren dieser Neuentdeckung sich vor vielleicht 5 Millionen Jahren sich von den Schimpansenvorfahren abgespalten haben müssen. Diese separate Vorfahrenlinie gibt es aber nicht; der wurde ja gengebastelt! Zu deutsch: Jede Bastelei an den Genen würde die genetische Uhr verstellen und ein höheres Alter der Abtrennung von der Ausgangsgruppe anzeigen, als der Fossilbefund es hergibt. Stimmen Fossilbefund und genetische Distanz hingegen überein, dann gibt es auch keinen gentechnischen Eingriff.
Wie ich schon mal schrieb, wir können mittlerweile sogar das Alter einer genetischen Veränderung (egal, ob natürlich oder "gemacht") bestimmen. Eben weil auch bei einer neuen genetischen Passage ab ihrem Auftreten die genetische Uhr zu ticken anfängt. So kann man bei zahlreichen heutigen Individuen mit diesem Genmerkmal nachsehen, wie viele kleinere Varianten in dieser Passage heute zu finden sind. Und schon sagt uns die Menge der darin gefundenen individuellen Unterschiede, wie viele natürliche Mutationen seither aufgetreten sind, wie alt die da noch variantenlose Neuentstehung sein muß, wann sie also entstanden ist. Und deswegen wissen wir eben auch: all die vielen kleinen Unterschiede unseres Erbguts zu dem der Schimpansen (oder zum Neandertaler) sind zu den unterschiedlichsten Zeiten allmählich aufgetreten; es gab keinen Zeitpunkt in den letzten 300...500.000 Jahren oder in den letzten 6...8 Millionen, an dem binnen kürzerer Zeit mal zahlreiche Veränderungen "auf einmal" entstanden wären. Klar, wir können beileibe noch nicht alles datiert haben. Aber doch schon einiges, und da hätte sich bereits irgendne Häufung zeigen müssen. Also auch dies zeigt: es gab keinen Zeitpunkt eines genetischen Eingriffs
Balthasar7 schrieb:Wann und in welcher Region fand der evolutionäre genetischer Übergangszeitraum anhand der Merkmals Hirnvolumen statt?
In Südafrika, in Ostafrika, in Nordwestafrika, im Nahen Osten, in Westeuropa, in Zentraleuropa, in Südeuropa, in Mittelasien, in Fernost... Überall traten Menschen mit größerem Hirnvolumen auf, auch unter definitiv nicht während dieser Zeit verschwägerten: der ostafrikanische Erectus, der europäische (Prä)Neandertalensis, der afrikanische (Prä)Sapiens. Nur beim asiatischen Erectus fiel die Hirnvergrößerung wie's scheint nicht so stark aus. Es gab zwar Vermischungen zwischen Neandertaler, Denisovaner und Sapiens, doch die allermeisten erst später, und die wenigen, die schon früh passierten, betreffen meines Wissens gerade nicht das Hirnwachstum. Da kannst Du Dich aber gerne schlau zu machen, wenn Du meinst, die Hirnvergrößerung bei mehreren Spezies müsse auf nur eine (genmanipulierte) zurückgehen und könne bei der anderen dann nur über Vermischung gelandet sein. Mir reicht zu wissen, daß der nachgewiesene sehr frühe genetische Sapiens-Einfluß auf den Neandertaler nur sehr punktuell, geringfügig stattfand und keine generelle Entwicklung beim Neandertaler auslösen konnte neben der eigenen rein natürlichen.
Balthasar7 schrieb:Wo gab es die Population Erectus mit Merkmalen und Hirnvolumen X zu den ~ 300 Tsd Jahre alten Homo Sapiens, welche erwiesenermaßen mehrheitlich 1500 cm2 hatten? (und ein paar Ausnahmen mit um die 1300 cm2).
Die Funde des Homo heidelbergensis vom spanischen Atapuerca, eben jener Höhle Sima de los Huesos von vor 430.000 Jahren, gehören zu 28 Individuen. Von den zehn für eine Hirnvolumenbestimmung geeigneten Schädelfunden schreibt die Wikipedia dies:
Das mittlere Gehirnvolumen von zehn in Spanien entdeckten Schädeln „beträgt 1274 cm³ bei einer Schwankungsbreite von 1116 bis 1450 cm³.
Wikipedia: Homo heidelbergensis#SkelettDu erinnerst Dich vielleicht, ich schrieb, der Erectustyp hätte bis über 1250 cm³ Hirnvolumen. Da bezog ich mich just auf dieses Atapuerca-Mittel als größte "Erectus"-Angabe. Aber wie Du sehen kannst, ist das so ne Sache mit dem "Mittelmaß". Es gab eben auch unter dem späten Erectus, dem Heidelbergensis, schon Individuen mit der Eigenschaft "sapiensgroßes Gehirn". Unter
Wikipedia: Zerebralisation wird als Hirnmaß für den Homo sapiens 1478 (1440-1512) ccm angegeben. Wo ist denn jetzt noch irgendeine auffällige, erklärungsbedürftige Lücke?
Balthasar7 schrieb:(und ein paar Ausnahmen mit um die 1300 cm2)
Selbst heute gibt es weit größere Schwankungen. So sind die 1450+ cm³ Hirnvolumen ein arg numerischer Mittelwert. Der je nach Region, Geschlecht und Körpergröße / -masse anders ausfallen kann. Die extremsten Schwankungen liegen so ungefähr bei 900...2050 cm³. Für Europa wird gelegentlich ein Mittelwert von 1450 angegeben. Im Spektrum.de-Lexikon hingegen heißt es unter
https://www.spektrum.de/lexikon/neurowissenschaft/geschlechtsunterschiede-aus-neurowissenschaftlicher-sicht/4636Rein statistisch beträgt die durchschnittliche Hirnmasse (Gehirngewicht) bei der Frau 1245 g und beim Mann 1375 g.
Balthasar7 schrieb:Da es Sapiens und Erectus nunmal lange nebeneinander gab
Nicht wirklich. Wo findest Du denn in Afrika Sapiens und Erectus / Heidelbergensis nebeneinander oder in Europa Heidelbergensis / Erectus und Neandertalensis? Es sieht doch verdammt danach aus, daß auf beiden Kontinenten die je ältere Spezies Erectus/Heidelbergensis sich mosaikförmig = regional verschieden immer weiter in Richtung "Merkmalsanreicherung der Folgespezies" veränderte, dann immer wieder die Regionaltypen sich miteinander vermischten (oder auch mal eine ausstarb), und dann insgesamt zur Nachfolgespezies Neandertaler (Europa) bzw. Sapiens (Afrika) wurden. Nur im fernen Asien blieb der dortige Erectus ein Erectus, machte zwar ebenfalls evolutive Veränderungen (verschiedene in verschiedenen Regionen) durch, scheint sich aber dann nicht mit dem später einwandernden Sapiens vermischt zu haben wie Neandertaler und Denisovaner, sondern starb einfach nachkommenlos aus. Nebeneinander lebten doch nur der Homo naledi mit unseren afrikanischen Vorfahren (egal, ob sie grad Erectus/Heidelbergensis heißen oder Sapiens) und in Asien der Floresiensis mit dem asiatischen Erectus. Wobei "nebeneinander" durchaus relativ sein kann, mit 1000 und Mehr Kilometern Distanz womöglich.
Aber großkopferter Sapiens und Kleinhirni Erectus für ne nennenswert lange Zeit nebeneinander aufm gleichen Kontinent / Großregion? Nicht wirklich. Du kannst ja gerne dem einen Fund einer Region den Titel "Erectus" anpappen und nem anderen daneben "Sapiens" auf die Kalotte schmieren, dann gabs die auch nebeneinander. Doch worin unterschieden die sich dann nennenswert außer in der Bezeichnung, die Du ihnen angeklebt hast?
So hat der "archaische Homo sapiens" vom marokkanischen Jebel Irhoud noch zahlreiche erectus-typische Merkmale wie das gekielte, längliche Schädeldach mit der Einschnürung vor (von vorne betrachtet: hinter) den erectustypischen Überaugenwülsten, eine vorragende Schnauzenregion und ein fliehendes Kinn. Rein evolutionstechnisch hat er den für seine Datierung perfekten, geradezu voraussagbaren Merkmalsmix von "viel Sapiens und wenig Erectus", wie es bei der allmählichen Entwicklung vom "klassischen afrikanischen Erectus" vor 700.000 Jahren und dem "anatomisch modernen Menschen" seit 200.000 Jahren zu erwarten ist. Gemeinhin nennt man die allmählich sich ändernden Übergangsformen zwischen beiden "Endpunkten" den "afrikanischen Homo heidelbergensis", und also wäre der Homo vom Jebel Irhoud streng genommen ein Heidelbergensis, nur eben ein schon sehr sapiensmäßiger, eine Spätform eben. Aber gut, viele Paläanthropologen wollen den eben Sapiens nennen und das Alter unserer Spezies unbedingt von nur 200.000 auf über 300.000 Jahre hochschrauben. Auch wenn sie dafür auf die artdefinierende Eigenschaft "anatomisch modern" scheißen, also auf die Bestimmung unserer Spezies ohne definierbares Typusexemplar, die bisher lautete "muß alle typischen Sapiensmerkmale besitzen, und zwar innerhalb des heute bei den verschiedensten Individuen begegnenden Spektrums" (also z.B. Überaugenwülste bis zu Aboriginee-Ausmaßen). Doch egal, wie man den Typen vom Jebel Irhoud nun nennt, sein Merkmalsmix paßt wie Ar*** auf Eimer zu dem für seine Zeit zu erwartenden Umbildungs-Zwischenstand vom Erectus zum Sapiens.
Balthasar7 schrieb:perttivalkonen schrieb:
Die Liste da mit ihren "von bis" ist Mumpitz.
Auch wenn Einiges vorgelegt wurde, die Beweise des verlinkten englischen Leitwerkes zu diesem Thema haben meines Erachtens mehr Gewicht als eine solche, mit statistischen Ausreißern, dürftig zusammengeschusterte Meinung.
Mittlerweile solltest Du es ja erkannt haben: Die Hirngrößenangaben "von ... bis" auf jener Liste sind einfach nur Scheiße. Ich sag nur: Atapuerca 1450 cm³ -
das ist ein "bis"-Wert!