Übrigens,
@smokingun,
nochmal zu jener Aussage aus dem Wiki-Artikel zur Offenbarung Gabirels:
Er [i.e. Knohl] behauptet, in dem zuvor als unentzifferbar eingeschätzten Wort eine besondere Schreibweise von «Lebe» zu erkennen, die auf eine altertümliche grammatikalische Form zurückgehe und verweist auf den Propheten Ezechiel, der das Wort in derselben Form und in einem auffallenden Inhaltsbezug verwendet: «In deinem Blut lebe.»
Ich bin das ganze Hesekielbuch durchgegangen, durch sämtliche Stellen, in denen das Verb chaja vorkommt. An keiner einzigen Stelle fand sich eine Form dieses Verbes, in der ein Alef auf das Chet foplgen würde. Da ich die Biblia Hebraica Stuttgartensia habe, heißt dies, im Codex petropolitanus (ehemals Codex leningradensis) von 1009 gibt es diese Schreibform nicht. Auch im textkritischen Apparat (so heißt ein Bereich am unteren Seitenrand, in dem abweichende Textversionen aus anderen Handschriften angegeben sind) fand sich kein Hinweis auf eine solche Verbform in einer anderen Handschrift. Allerdings bin ich mir nicht sicher, ob der textkritische Apparat auch alle rein grammatikalische Abweichungen aufführen würde; gemeinhin stehen dort Lesarten anderer Handschriften, wenn sie einen alternativen Text zum CodLen bieten, also ein anderes Verb odgl. Immerhin aber gibt es gelegentlich auch Verweise auf grammatikalische Abweichungen, sogar Vorschläge von den Herausgebern, wie ein Wort wohl besser grammatikalisch auszusehen hätte.
Wenn nun aber doch eine andere Handschrift hier eine grammatikalisch abweichende Form von chaja lesen würde, eine mit Alef als zweiten Buchstaben, dann hieße das nur, daß es im Mittelalter wenigstens eine fehlerhafte Wiedergabe von chaja gegeben hat, vielleicht sogar eine echte grammatikalische Nebenform. Aber keineswegs hieße das, daß es eine solche bereits ein Jahrtausend zuvor gegeben haben müsse. Die Regel wäre dann trotzdem eine alef-freie Schreibweise.
Dann habe ich auch die Stelle gefunden, in der "in deinem Blut lebe" vorkommt. Ich setz mal den Text hierzu rein; Hesekiel16,4-6:
Und [was] deine Geburt [betrifft]: an dem Tag, als du geboren wurdest, wurde deine Nabelschnur nicht abgeschnitten, und du wurdest nicht mit Wasser abgewaschen zur Reinigung und nicht mit Salz abgerieben und nicht in Windeln gewickelt. Niemand blickte mitleidig auf dich, um dir eines dieser Dinge aus Mitleid mit dir zu tun, sondern du wurdest auf die Fläche des Feldes geworfen, aus Abscheu vor deinem Leben, an dem Tag, als du geboren wurdest. - Da ging ich an dir vorüber und sah dich in deinem Blut zappeln; und zu dir in deinem Blut sprach ich: Bleibe leben! Ja, zu dir in deinem Blut sprach ich: Bleibe lebenIn dem Kapitel beschreibt Hesekiel in einer Gottesrede, wie Gott Jerusalem (und damit Israel) als unbedeutendes "Volk" vorfand und es erwählte, es groß zog und schließlich "heiratete" (einen Ehe"
Bund" schloß). Dann aber sündigte die "Eherfrau" und hurte mit anderen Männern herum (diente anderen Göttern), weswegen es zum Gericht kommen wird. Das nur zur Info.
Das "in Deinem Blut lebe" meint eine Zusage, nicht sterben zu müssen, aber nicht, aus dem Tod ins Leben zu gelangen.
Dazu paßt auch noch diese Information zur Präposition le- bei den "drei Tagen". Die mit le- versehene Zeitangabe beschreibt dabei den Zeitpunkt, während dem die mit dem Verb des Satzes beschriebene Aktion sich ereignet. Zwei Mal handelt es sich dabei auch um einen Zeitraum:
5.Mose16,4: "Und sieben Tage [lang] soll kein Sauerteig bei dir gesehen werden"
1.Samuel13,8: "Und er wartete sieben Tage bis zu der von Samuel bestimmten Zeit"
Deutlich zu sehen ist, daß
nicht gemeint ist, die Aktion des Hauptverbs ereigne sich
nach der genannten Zeit. Sondern es passiert während der Zeit.
Immerhin gibt es im AT zwei Stellen, in denen es anders zu sein
scheint:
1.Mose7,4: "Denn noch sieben Tage, dann lasse ich auf die Erde regnen"
2.Samuel13,23: "Und es geschah nach einer Zeit von zwei Jahren, da hatte Absalom Schafscherer in Baal-Hazor"
Aber! im Hebräischen sind das jeweils zwei Sätze. Im ersten Satz von 1.Mose7,4 fehlt das Verb, was im Hebräischen üblich ist; wir müssen ein Hilfsverb hinzudenken (wie auch in diversen anderen Sprachen) "Denn noch geschehen / kommen sieben Tage". Selbst im Deutschen haben wir noch das Gespür dafür, daß ein "noch sieben Tage, dann" eigentlich ein "es kommen noch sieben Tage, dann" bedeutet. Und auch bei 2.Samuel13,23 muß der erste Satz so gelesen werden "Und es geschah eine Zeit von zwei Jahren" - das "nach" steht nämlich gar nicht da! Beide Sätze mit der Zeitangabe plus "le-" meinen eben das Geschehen eines Zeitraumes. Das Verb dieses Satzes, selbst wenn es ergänzt werden muß, beschreibt eine Aktion während des genannten Zeitraumes, nicht nach dieser Zeit.
Im "
le-drei Tage lebe" hingegen stehen keine zwei Sätze, sondern einer. Der Imperativ könnte zwar als eigenständiger Satz aufgefaßt werden, aber die Zeitbestimmung nicht. Beim "noch sieben Tage" war ja wenigstens das "noch", quasi als Prädikativum zur Zeitbestimmung als Subjekt. Aber ein Satz, der syntaktisch nur aus nem "Subjekt" besteht? Nein!
Sobald aber "für drei Tage lebe" ein Satz ist, meint die Zeitangabe eben jene Zeit, binnen derer das Verb gilt.
Pertti
Pertti