Lokterus schrieb:Hier kommt also mein Glaube:
Die Größe des Universums macht außerirdisches Leben (Achtung!) sehr wahrscheinlich.
Das ist kein "ich glaube", das ist ein "es ist so". Und nein, die Größe des Universums mac ht das nicht "sehr wahrscheinlich". Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit nur gegenüber der Wahrscheinlichkeit in einem kleineren Universum. Aber wenn Du aus 1:10
100 ein 1:10
50 machst, ist die Wahrscheinlichkeit zwar unaussprechlich immens erhöht worden, aber noch immer unaussprechlich immens mies.
Frei nach dem Motto "wenn etwas 'besser' ist, dann ist es noch lange nicht gut". Höhere Wahrscheinlichkeit heißt noch lange nicht hohe Wahrscheinlichkeit.
Lokterus schrieb:Eine Kiste Krombacher macht es ja auch viel wahrscheinlicher, dass ich am Ende des Abends betrunken bin als eine Flasche Krombacher.
Das Beispiel greift ja mal ordentlich daneben. Eher findest Du ne Flasche Krombacher am Wegesrand, an nem anderen Wegesrand nen Kasten Krombacher. Die Wahrscheinlichkeit, daß Du dabei ne volle Flasche Krombacher findest statt ner leeren, die ist bei der Kiste größer.
Noch besser: Vorm Getränkemarkt stehen Leute, die ihre leeren Flaschen abgeben wollen. Einige haben nur einzelne Flaschen, einige haben ne Kiste voller Flaschen, und einer hat ne Palette voller Kisten voller Flaschen. Wenn Du nach ner vollen Flasche unter den Leeren suchst - könnt ja mal passieren - dann such bei dem mit der Palette! Aber ist die Wahrscheinlichkeit hoch, unter tausend abzugebenden Krombacherflaschen eine versehentlich noch volle zu finden? Oder unter zehntausend? Höher garantiert, aber hoch eher nicht.
Lokterus schrieb:Wir wissen, dass andere Sterne Planetensysteme bilden können. Und wir gehen davon aus, dass die uns bekannten Elemente aus denen alles (auch wir) besteht, überall im Universum vorkommen.
Nimmt man all das zusammen, dann steigert die Größe des Universums die Wahrscheinlichkeit, dass sich irgendwo dieselben Umstände ergeben, wie eben jene, die auf dem Planeten Erde zur Entstehung des Lebens geführt haben.
Das ist grob falsch. Die Größe des Universums verschafft der Wahrscheinlichkeit stets die Bewertung "höher" (gegenüber einem kleineren Universum), aber völlig unabhängig davon, was wir sonst noch über "Umstände" wissen.
Auf der anderen Seite wird eine Gesamtwahrscheinlichkeint eines Ereignisses mit der Zunahme der Bedingungen, die dafür erfüllt sein müssen, stets kleiner, nicht größer. Wenn wir denken, "Planet reicht, daß Leben vorkommt", und wir wissen, daß jeder zweite Stern Planeten hat, dann gehen wir von einer 50-prozentigen Wahrscheinlichkeit aus. Wenn wir nun wissen, es braucht auch noch den Aufenthalt des Planeten in der Habitablen Zone, und es sollte schon ein erdähnlicher, terrestrischer Planet sein, kein Gasriese, aber auch kein Merkur-Winzling ohne Atmosphäre", und das kommt nur unter jedem zweiten Stern mit Planeten vor, dann haben wir schon nur noch eine 25-prozentige Wahrscheinlichkeit. Und so minimiert sich die Gesamtwahrscheinlichkeit mit jeder zu erfüllenden Einzelbedingung.
Erst wenn die Bedingungen nicht "in Reihe geschaltet" sind, sondern "parallel", gibt es ne Wahrscheinlichkeitserhöhung. Wenn zum Beispiel Leben auch auf Monden möglich ist, dann kann es unter einem Stern auch dann Leben geben, wenn kein terrestrischer Planet sich in der Habitablen Zone befindet. Sondern ein Gasriese mit großem Mond á la Pandorra.
Bedingungen, die "in Reihe geschaltet" sind, kennen wir durchaus schon einige.
Lebensdauer eines SternsJe massereicher ein Stern ist, desto schneller brennt er aus, desto kürzer ist seine Lebenszeit. Ich glaub, das Verhältnis ist reziprok quadratisch. Ein Stern mit zehnfacher Sonnenmasse brennt nach einem Hundertstel der Lebensdauer unserer Sonne (grob 10 Milliarden Jahre) aus. Nach hundert Millionen Jahren aber kann sich noch kein Leben gebildet haben, da sind die Planeten gerade mal erkaltet. (Und wenns uns um intelligente Aliens geht, dann reicht auch eine Sternenlebensdauer von 1...4 Milliarden Jahren nicht.)
Metallizität eines SternsDamit Planeten entstehen können, braucht es in der Gaswolke, aus der der Stern und seine Planeten entstehen, genügend Elemente oberhalb H und He (diese Elemente werden auch "Metalle" genannt, daher "Metallizität"). Gerade in den Außenbereichen von Galaxien ist die Metallizität der Sterne im Schnitt zu gering.
Habitable Zone in größerem AbstandKlar, ne Habitable Zone bildet letztlich jeder Stern aus. Aber das allein macht einen hier befindlichen Planeten noch nicht lebensfreundlich. Gerade bei kleinen Sternen liegt die Habitable Zone sehr nahe an dem Stern. Nun sind kleine Sterne zugleich auch "unruhiger", d.h. die Aktivität an deren Oberfläche unterliegt größeren Schwankungen als bei größeren Sternen. Das bedeutet für einen nahegelegenen Planeten: er kann von heftigen Sonnenwinden, massiver UV-Aktivität, gar Protuberanzen sterilisiert werden; die Atmosphäre incl. des Wassers kann fortgeweht werden - wir kennen in der Tat Planeten in so großer Sonnennähe, die mit deutlich mehr als 10 Erdmassen eigentlich Gasriesen sein müßten, aber dennoch keine solche extrem große Gashülle besitzen. (Hinzu kommt, daß Planeten in Habitabler Zone bei kleinen Sternen sich sehr schnell in gebundener Rotation befinden, also ihrer Sonne stets die selbe Seite zuwenden; für höheres Leben ein echter Killer.)
Planetare AchsstabilisierungWürde die Achse der Erde gegenüber der Achse unserer Umlaufbahn um die Sonne um 90 Grad geneigt sein, würde mal der Nordpol direkt zur Sonne zeigen, mal der Südpol. Im Sommer würde die Nordhalbkugel gegrillt werden und die Südhalbkugel zum Tiefkühlschrank werden, und im Winter wäre es genau anders rum. Ist also dasselbe Problem wie bei gebundener Rotation, nur alle halbe Jahre versetzt.
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Im Jahre 1993 zeigten Jacques Laskar und Philippe Robutel vom Bureau des Longitudes in Paris sowie Jihad Touma und Jack L. Wisdom vom Massachusetts Institute of Technology in Cambridge, daß sich die Neigung der Mars-Achse sogar abrupt ändern kann – und zwar um bis zu 60 Grad etwa alle zehn Millionen Jahre"
https://www.spektrum.de/magazin/die-klimageschichte-des-mars/823591 Fatal für zumindest höheres Leben. Unser Erdmond hat fast 2% der Erdmasse und vermag dadurch die Rotationsachse der Erde zu stabilisieren. Sämtliche anderen der acht Planeten haben nur Monde im allenfalls Promillebereich ihrer Achse, denen nützen ihre Monde nichts.
Staubigkeit des SternensystemsWährend in unserem Sonnensystems die Zahl der Asteroiden udgl. relativ "gering" ist, sieht es in anderen Systemen deutlich anders aus. Mn nennt diese Systeme "staubig". Die Wahrscheinlichkeit, daß dort Asteroiden wie unser "Dinokiller Chicxulub" auf einem Planeten mit Leben runterkommt, liegt sehr viel höher als bei uns. Nun bringt so ein Chicxulub ja nicht alles Leben um, im Gegenteil nimmt nach nem Aussterbeereignis die Evolution sogar Fahrt auf, weil es viele freigewordenen Nischen neuzubesetzen gilt. Aber dafür brauchts halt auch die Zeit zwischen zwei Aussterbeereignissen. Wenn nun alle Millionen Jahre was auf die Erde knallt, könnte das zu häufig sein, als daß sich das Leben von einem Event zum nächsten wieder erholt. Auf diesem Weg könnte sogar das gesamte Leben vernichtet, zumindest auf Einzellerniveau gehalten werden.
Staubsaugerfunktion von GasriesenSelbst in unserem System würde ein Asteroid von Chicxulub-Maßen weit häufiger auf die Erde knallen als nur alle hundertmillionen Jahre, wenn es den Jupiter (und Saturn) nicht gäbe. Der Jupiter mit seinen gut 300 Erdmassen aber zieht zahlreiche Objekte auf sich, sodaß diese nicht auf uns treffen. Spielt also den "Staubsauger" für uns.
Hohe SternendichteIm Zentrum unserer Galaxis befindet sich ein Großteil aller Sterne auf relativ wenig Raum; die Sternendichte ist recht groß. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit drastisch: daß die Gammastrahlung sterbender Sterne aus relativer Nähe kommt und somit Planetenhälften sterilisiert, daß weggesprengtes Material auf dortigen Planeten niedergeht und verheerenden Schaden anrichtet, aber ebenso, daß ein vorbeiziehender Stern die Planetenbahnen durcheinanderbringt. Für Leben, besonders für höheres Leben sieht es dort verdammt schlecht aus.
Es gibt noch mehr Bedingungen, die uns bekannt sind, und es gibt sicher auch noch Bedingungen, die wir noch gar nicht kennen, die für Lebensentstehung aber erfüllt sein müssen. Und nur von einigen dieser Bedingungen können wir die ungefähre Auftretenswahrscheinlichkeit benennen. Wir müssen diese aber von sämtlichen Bedingungen kennen. Für die Gesamtwahrscheinlichkeit von Leben müssen wir dann diese Einzelwahrscheinlichkeiten miteinander multiplizieren.
Mein klassisches Beispiel: Wenn es 35 Bedingungen gibt, und wenn jede Bedingung eine mittlere Wahrscheinlichkeit von 20% hätte, dann käme im statistischen Mittel gerade mal unter einem Stern von 2,91 x 10
24 Sternen eine belebte Welt vor. Im beobachtbaren Universum gibt es vielleicht 10
22 Sterne, vielleicht 7x10
22, vielleicht auch irgendwas um X mal 10
23 Sterne. Jedenfalls nicht genug, als daß wir selbst statistisch zu erwarten gewesen wären.
Solang wir also nicht sagen können, wie viele Bedingungen (meine 35 waren ja willkürlich gewählt) es gibt, und wie häufig pro 1000 Sterne jede einzelne Bedingung erfüllt ist, so lange können wir auch nichts über die Wahrscheinlichkeit von Exoleben im Universum aussagen. Die Größe des Universums jedenfalls nützt dabei herzlich wenig, wenn sie schon bei nur 35 Bedingungen und einer relativ moderaten mittleren Auftretenswahrscheinlichkeit von 20% so leicht gegen die Wand gespielt wird.