Wolf32 schrieb:Hätte Hesekiel das Wissen gehabt was wir heute haben dann hätte er [...] gesagt, : Flugobjekt/ Zubringerraumschiff. Aber er kannte diese Begriffe nicht, also hat er in dem Glauben seiner zeit das Objekt beschrieben.
Nochmals, er sprach von einem menschengestaltigen Wesen mit Hüften auf dem Thron oben drauf. Wie ein Mensch aussieht, wird er ja wohl wissen. Wie also kommst Du darauf, er hätte etwas anderes gesehen, das gar nicht menschengestaltig wäre.
Vielmehr bist Du es, der etwas sieht (die Schilderung im Hesekieltext) und dies mit Begrifflichkeiten wiedergibt, die ihm bekannt sind und plausibel erscheinen, obwohl das Betrachtete dies nicht zwingend hergibt, ja es nicht einmal nahelegt - wie gesagt, nirgends kommt das Verb "fliegen" vor oder sonst irgendeine Verortung fernab vom Boden.
Wolf32 schrieb:Da sieht man doch ziemlich genau das es ein Fluobjekt war und grade ein Mensch der Ahnung von Raumfahrttechnik hat kann man wohl heute mehr beim Wort nehemen, als : die Herrlichkeit des Herrn, oder?!
Bei Blumrich sieht man durchaus, daß da von einem Fluggerät die Rede ist. Aber im Bibeltext, ich wiederhole mich, sieht man ebenfalls ganz genau, daß nirgends ein Fliegen oder sonst irgendeine Verortung fernab vom Boden mitgeteilt wird. Wenn also Blumrich ein Fluggefährt erkennt, dann nur, weil er sich Sachen hinzudenkt, die aber nicht dem Textbefund entsprechen.
Zum Beispiel die Sache mit den Flügeln. Für Blumrich sind da Rotorenblätter wie die eines Helikopters. Doch spricht Hesekiel überhaupt nicht von "langen flachen Brettern, die sich im Kreise drehen", er spricht von "Flügeln". Nun gut, wir, die wir Helikopter-Rotorblätter und deren Funktion kennen, wir kommen damit klar, sowas "Flügel" zu nennen. Doch so ein judäischer Priester vor knapp 2600 Jahren? Der würde da doch allenfalls "Bretter" sehen und nicht "Flügel", denn dazu müßte er schon wissen, daß diese Bretter dem Fliegen dienen und sich nicht einfach so aus unerfindlichen Gründen drehen. Und selbst dann würde er eher von Brettern statt von Flügeln sprechen, denn schließlich soll ja seine Schilderung der Mitteilung an andere Leute dienen, Leute, die das nicht gesehen haben und mit der Bezeichnung "Flügel" an Vogelflügel denken würden, die auf und ab flattern, nicht aber an rotierende Bretter.
Wenn man schon meint, zu wissen, wie so ein unbeleckter Eisenzeitler ein Hitech-Fluggerät wahrnimmt und es dann mit seinem beschränkten Fundus an Vergleichsobjekten zu beschreiben versucht, dann sollte man das auch ernst nehmen und sich mal fragen, ob der von "Flügeln" sprechen kann, wenn er Rotorblätter eines Helis sieht. Aber nein, Du und Blumrich, so weit denkt Ihr nicht. Ihr füllt einfach Eure eigene Vorstellungswelt da hinein und macht Euch nicht klar, daß diese Gleichsetzung eben nur mithilfe unseres Verstehenkönnens der Funktion solch brettartige Rotorblätter klappt.
Nicht Hesekiel beschreibt da etwas für ihn Unverständliches mithilfe seines eigenen kulturellen Verstehenshorizontes und deutet es damit falsch, sondern Ihr tut es, und das sogar nachweislich.
Daß Götter auf Wagen, gezogen oder getragen von Cheruben, von A nach B fahren, findet sich auch auf mesopotamischen Darstellungen, z.B. hier auf einem babylonischen Rollsiegel zu sehen:
Original anzeigen (0,6 MB)Hier eine assyrische Götterprozession mit Transporttieren, einmal mit einem Thron über dem Tier.
Bezeichnenderweise findet sich auf dem Thron sogar noch ne Darstellung von zwei (zweibeinigen) Cheruben. Das erste Trage"tier" in der Prozession ist übrigens ein Seraph, babylonisch Muschchuschschu genannt, erkennbar am Hornvipernkopf, und das vierte Trägerwesen ist ein Vogelkopf-Greif.
Auch aus Ägypten sind solche Thronprozessionen bekannt, es war allgemeine Vorstellung, daß die Götter auf mythischen Wesen (oder auch auf mythisch bedeutsamen Normaltieren wie Löwe, Stier...) stehend reiten oder auf einem darauf befindlichen Thron sitzen. Oder eben mit einem Wagen fahren - mit oder ohne Thron drauf - gezogen ebenfalls von mächtigen Tieren oder mythischen Wesen. Selbstverständlich kannte man das auch im Alten Israel. Und in 2.Könige23,11 wird sogar ein solcher Götterwagen mitsamt Pferden für den Sonnengott erwähnt.
Klar kannte Hesekiel sowas, es war ihm geläufig. Und genau das beschrieb er dann auch. Und für die Details dieses Thronwagens bediente Hesekiel sich der konkreten Gestalt der mobilen Kesselwagen aus dem Jerusalemer Tempel, wie sie in 1.Könige7,27-38 beschrieben wurden. Immerhin: vor seiner Exilierung war Hesekiel Priester am Jerusalemer Tempel, er kannte diese Wagen.
27 Und er machte die zehn Gestelle aus Bronze: vier Ellen [betrug] die Länge eines Gestells und vier Ellen seine Breite und drei Ellen seine Höhe.
28 Und dies war die Bauart der Gestelle: Sie hatten [Schluss]leisten und [ausserdem] Leisten zwischen den Sprossen;
29 und auf den Leisten, die zwischen den Sprossen waren, [befanden sich] Löwen, Rinder und Cherubim und auf den Sprossen ebenso; [und] oberhalb und unterhalb der Löwen und der Rinder waren Kränze in gehämmerter Arbeit.
30 Jedes Gestell hatte vier bronzene Räder und bronzene Achsen, und seine vier Füsse hatten Seitenstücke; unterhalb der Kessel waren die Seitenstücke angegossen; einem jeden gegenüber [waren] Kränze.
31 Seine Öffnung war innerhalb der Seitenstücke und [ragte] eine Elle darüber hinaus, und ihre Öffnung war rund, in Gestalt eines Untersatzes, eine Elle und eine halbe Elle; und auch an ihrer Öffnung war Schnitzwerk. Und ihre Leisten waren viereckig, nicht rund.
32 Die vier Räder [befanden sich] unterhalb der Leisten; und die Halter der Räder waren am Gestell; und die Höhe eines Rades [betrug] eine Elle und eine halbe Elle;
33 und die Bauart der Räder war wie die Bauart eines Wagenrades; ihre Halter und ihre Felgen und ihre Speichen und ihre Naben, das alles war gegossen.
34 Und vier Seitenstücke waren an den vier Ecken des einzelnen Gestells: Aus [einem Stück mit] dem Gestell waren seine Seitenstücke.
35 Und oben auf dem Gestell war ein [Untersatz], eine halbe Elle hoch, rund ringsherum; und oben auf dem Gestell waren seine Halter und seine Leisten aus [einem Stück mit] ihm.
36 Und er gravierte auf den [Seiten]platten, [auf] seinen Haltern und auf seinen Feldern Cherubim, Löwen und Palmen ein nach der freien Fläche eines jeden und Kränze ringsum.
37 In dieser Weise machte er die zehn Gestelle: einen Guss, ein Mass, einen Zuschnitt hatten sie alle.
38 Und er machte zehn Kessel aus Bronze. Vierzig Bat fasste der einzelne Kessel; vier Ellen war der einzelne Kessel [weit]; je ein Kessel [kam] auf je ein Gestell von den zehn Gestellen.
Da kommen die vier Räder vor, die Tiere, die bei Hesekiel dann in den Wesen drin stecken, die Wölbung, hebräisch raqia', entspricht den Kesseln. Sogar die Bezeichnung der Räder als 'ofannim ist dieselbe, obwohl Hesekiel auch "galgal" für Rad hätte sagen können (und dies sogar erwähnt).
Hesekiel beschreibt also einen Götterwagen, genau so, wie er ihn sich als judäischer Priester vorstellt. Er weiß sogar, daß ein Richtungswechsel von zweiachsigen Wagen wie den Kesselwagen nur mit Mühe (durch schweißtreibendes Umsetzen von Hand) möglich ist und überlegt sich eine Lösung in Form verschränkter Räder (die bewegliche Deichsel wurde erst später erfunden). Was Hesekiel beschreibt, sieht also genau so aus, wie das, was Hesekiel wirklich kennt. Er sieht nicht etwas anderes, das er dann in Anlehnung an ihm Bekanntes zu beschreiben versucht, denn in diesem Falle hätte er die Details mithilfe diverser, voneinander unabhängiger Objekte beschrieben. Aber nein, er beschreibt nur die üblichen Thronwagen in konkreter Ausformung der Kesselwagen.
Wolf32 schrieb:Oder ein anderes Beispiel zu modernen Verständniß.
Hesekiel schreib : die Hand des Herrn lastete schwer auf meiner Brust.
Wer schon mal mit dem Flugzeug gefolgen ist würde doch heute dazu sagen, das man den Andruck beim Start merkt, oder?!
Antwort von Sender Jerewan.
Erstens lag die Hand nicht schwer auf der Brust, sondern Hart auf dem ganzen Kerl. 3,14:
Und der Geist hob mich empor und nahm mich hinweg; und ich fuhr dahin, erbittert in der Erregung meines Geistes; und die Hand des HERRN war hart auf mir.
Zweitens wird jeder Sinnabschnitt (Perikope) des Hesekielbuches mit einer geradezu normierten Formulierung eröffnet. Zuallermeist "Das Wort des HERRN geschah zu mir". Wenn dies am Anfang steht, dann folgt stets ein Sinnabschnitt mit einer reinen Wortmitteilung an den Propheten, ohne eine Vision. Findet sich in 3,16, 6,1, 7,1, 11,14, 12,1, 12,8, 12,17, 12,21, 12,26, 13,1, 14,2, 14,12, 15,1, 16,1, 17,1, 17,11, 18,1, 20,2, 20,45/21,1, 21,1/21,6, 21,8/21,13, 21,18/21,23, 22,1, 22,17, 22,23, 23,1, 24,15, 25,1, 26,1, 27,1, 28,1, 28,11, 28,20, 29,1, 29,17, 30,1, 30,20, 31,1, 32,1, 32,17, 33,1, 33,23, 34,1, 35,1, 36,16, 37,15, 38,1. Dann gibt es aber auch Sinnabschnitte, in denen der Prophet eine Vision mitteilt, also ein "Erlebnis". Diese Sinnabschnitte werden anders eröffnet, und zwar wie folgt:
3,22: Und die Hand des HERRN kam dort über mich
8,1: dort fiel die Hand des Herrn, HERRN, auf mich
37,1: Die Hand des HERRN kam über mich
40,1: an ebendiesem Tag kam die Hand des HERRN über mich
Nur beim ersten Sinnabschnitt, quasi als Überschrift des ganzen Buches gleich mit, finden sich in 1,3 beide Eröffnungen:
[da] geschah das Wort des HERRN ausdrücklich zu Hesekiel, dem Sohn des Busi, dem Priester, im Land der Chaldäer am Fluss Kebar; dort kam die Hand des HERRN über ihn.
Wenn die Hand des HERRN kommt, kommt eine Vision. Und was sagt Hesekiel nun also in 3,14? Rüchtüch! "Die Vision belastete mich".
Die Hand des HERRN ist geradezu ein Fachausdruck zum Beschreiben eines ekstatischen, eines visionären Zustands. So findet sich das auch in 2.Könige3,15, als der Prophet Elischa sich mit Musik in Ekstase versetzte:
Und nun holt mir einen Saitenspieler. Und es geschah, als der Saitenspieler spielte, da kam die Hand des HERRN über ihn.
In der Tat gibt es die, die das Beobachtete nicht verstehen und es daraufhin mithilfe ihres eigenen kulturellen Denkhorizontes umdeuten. Du bist das: Du hast keine Ahnung, was mit "Hand des HERRN" gemeint ist, und denkst Dir, das sind die G-Kräfte bei ner starken Beschleunigung, weil Du Dir das vorstellen kannst. Hesekiel aber wußte, was "Hand des HERRN" meint, und was ein "Lasten der Hand" ist. Er meinte was völlig anderes als das, was Du Dir zusammenphantasierst.