@Lightstorm Lightstorm schrieb:Was sollte deiner Meinung nach im Koran neu interpretiert und im historischen Kontext gesehen werden?
Als erstes den Schwertvers.
"Als Schwertvers ( arabisch: āyat as-saif ) bezeichnet man im klassischen religiösen Gesetz und in der islamischen Koranexegese einen Koranvers, der als juristische Begründung für den Dschihad herangezogen wurde.[1] Der Schwertvers abrogiert gemäß der klassischen Koranexegese alle anderen Koranverse über den Umgang mit Nichtmuslimen.
..Muslimische Autoren der Moderne sehen ausschließlich Kriege als legitim an, die der Verteidigung islamischer Staaten, der Freiheit der Muslime, den Islam außerhalb dieser zu verkünden, und des Schutzes der Muslime unter nicht-islamischer Herrschaft dienen.[12] Deshalb liefern sie eine andere Interpretation von 9:5 als die klassischen Korankommentare,
indem sie den Vers in einen historischen Kontext stellen: Den ersten Versen dieser Sure entsprechend beziehe sich der Vers auf die Quraisch, die ihr Waffenstillstandsabkommen mit Mohammed gebrochen hatten, und stelle somit - entgegen klassischer Korankommentare - kein Gebot zu einem allgemeinen Kampf gegen Andersgläubige dar.[13]
Die maßgeblichen Koranverse für die Beziehung von Muslimen mit Nicht-Muslimen seien solche wie zum Beispiel 8:61:[14]
„Und wenn sie (d.h. die Feinde) sich dem Frieden zuneigen, dann neige (auch du) dich ihm zu (und laß vom Kampf ab)! Und vertrau auf Gott! Er ist der, der (alles) hört und weiß.“
– Übersetzung nach Paret"
Wikipedia: SchwertversFrauenrechte, über Sklaven, über drastische Shariastrafen wie Auspeitsche, Hand abhacken.
"Talbi plädiert für eine historische Leseart des Korans, die die Freiheit des Individuums in den Mittelpunkt stellt. Als Beispiel für diese neue Leseart führt er das Problem der Sklaverei an: Der Koran hat die Sklaverei zwar nicht eindeutig verboten; aber wer könne heutzutage die Sklaverei im Namen des Korans verteidigen, fragt Talbi provozierend. Für Talbi hat die Realität die Oberhand und nicht der Wortlaut des heiligen Textes. Deshalb sollten der Ausgangspunkt der modernen koranischen Leseart die Realität und die historischen Bedingungen sein – und nicht die Tradition.
Der Koran als laizistisches Buch?
Talbi kritisiert den Islamismus, und versteht diese Ideologie als ein Machtmittel in den Händen eines "theologischen Totalitarismus". Und er schreckt nicht davor zurück zu betonen, dass der Koran ein laizistisches Buch sei, weil es keine Kirche und keinen Klerus im Islam gebe.
Für ihn stellt deshalb jede Interpretation, die behauptet, den Sinn des Korans für immer festlegen zu können, eine Gefahr dar – nicht nur für die Menschen, sondern auch für den wahren Geist dieser Religion."
http://de.qantara.de/Auf-Noeldekes-Spuren/859c822i1p97/index.html"Können Sie ein Beispiel dafür geben, in welcher Weise eine historisch begründete Interpretation des Korans der Durchsetzung der Menschenrechte dienlich sein könnte?
Abu Zaid: Nehmen Sie als Beispiel doch nur einmal das Abhacken der Hände bei überführten Dieben ("Hadd"-Strafe). Traditionalisten sehen darin ein typisch "islamisches" Strafmaß, das sie auch weiterhin so gelten lassen wollen. Ein historisch begründetes Verständnis der islamischen Tradition aber würde schnell den Beweis führen, dass es sich dabei um eine Anleihe aus der vor-islamischen arabischen Gesellschaft handelt und in einem ganz speziellen sozialen und historischen Kontext verwurzelt ist.
Deshalb ließe sich argumentieren, dass eine Abschaffung dieser Form der Bestrafung keinesfalls gleichbedeutend mit einer Abschaffung des Islam als Ganzem wäre. Indem wir den Koran in dieser Weise in seinen Kontext stellen, könnten wir vielmehr zu seinem eigentlichen Kern vordringen, der wiederum als für alle Zeiten verbindlich gelten könnte, indem wir ihn also von dem entkleiden, was lediglich einem bestimmten historischen Kontext verhaftet ist, der heute nicht mehr existiert."
http://de.qantara.de/Vielfaeltige-Lesarten-des-Korans/16510c16739i1p8/"Die Botschaft und ihr Kontext
Wenn das Christentum sich nicht an die vom Evangelium gebotene Friedfertigkeit und Duldsamkeit gehalten hat, dann müsste es umgekehrt auch möglich sein, die Tendenz zu Krieg und Gewalt in der koranischen Botschaft zu neutralisieren. Daraufhin zielt die moderne Interpretation des Islam ab, insbesondere indem sie den historischen Kontext hervorhebt, in welchem die koranische Botschaft ausgesandt und empfangen wurde.
Diese Neutralisierung durch den Einbezug des Kontexts ist unerlässlich, nicht nur im Blick auf die Gewaltproblematik, sondern auch auf die zahlreichen anthropologischen Anachronismen, welche die Scharia, das aus dem Buchstaben und dem Geist des Korans entwickelte Rechtsverständnis, mit sich führt.
Was die Gewalt angeht, wird man vor allem die Staaten der islamischen Welt dahingehend in die Verantwortung nehmen müssen, dass sie die Idee des Jihad, des heiligen Krieges, neutralisieren. Denn diese steht in offenem Widerspruch zur Partizipation dieser Staaten im gemeinsamen Streben der Nationen nach der kantischen Utopie des "ewigen Friedens" - einer Idee, die trotz anhaltenden Kriegen, trotz dem hegemonialen Auftreten der Grossmächte und den Bemühungen anderer Nationen, mit ihnen gleichzuziehen, doch nach wie vor den Geist der Gegenwart bestimmt. "
http://de.qantara.de/Gewalt-neutralisieren-Perspektiven-auf-den-radikalen-Islam/5095c5175i1p537/Allg. vorherrschende Einstellung wie :ein "göttliches Recht" sei dem menschgemachten allg. gültigem Menschenrecht überlegen und umsetzbar,
sollte hinterfragt werden können,
ohne das man der Apostasie bezichtigt wird.
Lange Antwort, aber du hast ja gefragt!
:D