Grüß dich, Edengefühle
Edengefühle schrieb:Unser Ideal sublimieren, unseren Charakter kontrolliert pervertiert und mit der Gesellschaft untergehen. Das ist die Vendetta-Nummer: Wenn einer von uns diese Zivilisation stürzen könnte, bemächtigt er sich ihrer Mittel. Am Ende schießt sich der Amokläufer selber in den Kopf. Das ist Selbstregulation.
Das war mein bisheriges Bild der Sache und vielleicht halte ich an meinem Ego fest, obwohl ich es besser weiß. Weise nämlich, wäre es, uns und dann nach und nach unser Umfeld zu heilen und vorzubereiten.
Ich habe höchste Achtung vor Amokläufern, da sie ihr Leben der Rache und/oder einem Ziel unterordnen.
Aber ich möchte nicht Amoklaufen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Wir sind 7 Mrd. Menschen und es erscheint mir eine recht hohe Zahl, wenn man sich nicht atomarer Waffen bedienen möchte.
Was ist mein Ziel? Die Menschheit - oder wie du es nennst: Surt - aufzuhalten und dabei die Natur in Schutt und Asche zu legen? Oder möchte ich die Heiligkeit derselben viel mehr bewahren?
Die Mythen lehren uns, dass wir Ragnarök nicht aufhalten können. Das heißt natürlich nicht, dass wir deswegen zu kämpfen aufhören sollen; der Graubart bleibt trotz seiner Weisheit "naiv" bis zum letzten Moment, möge er mir diese Wortwahl verzeihen. Er wird kämpfen bis zu seinem Ende, selbst vergehen.
Vielleicht bin ich egoistisch, vielleicht ist es weise, vielleicht mütterlich, dass ich eher den Gedanken hege, mich weit zurückzuziehen und meine (ungeborenen) Kinder an einem Ort aufwachsen zu sehen, wo sie Surts Feuer noch nicht erreicht.
Vielleicht bin ich töricht, dass ich tatsächlich die Hoffnung hege, dass Asche nicht alles sein muss, was wir zurücklassen.
Ich weiß es nicht.
Edengefühle schrieb:Du bist wahnsinnig gut darin, in das Kraftfeld deines Gegenübers einzusteigen. Vermutlich benutzt du hier eine Kraft, auf die ich wegen meines Geschlechts niemals zugreifen werde. Eine Fähigkeit, die nur die Götter und die Frauen haben.
Allerdings ist da eine Meisterin, die dich leitet, in dir, glaube ich. Viele von uns müssen viele Opfer aufbringen, um diese Stimme hören zu lernen.
Wer weiß schon, was in mir schlummert?
;) Mögen sich aber zehn Meister in mir eingelebt haben und in dir zwanzig - diese stelle ich gar nicht infrage. Das sind Kräfte/Meister, die zu uns gefunden haben, weil wir sie riefen, weil sie uns riefen. Weil wir bereit waren.
Etwas ganz anderes sind menschliche Mentoren, die wir, da bleibe ich dabei, nicht benötigen, sondern die uns eher noch auf unserem persönlichen Weg behindern. Individualismus braucht keinen Meister.
Edengefühle schrieb:Aber die Archetypen sind am Ende gleich, die Bewusstseinszustände und neuroanatomischen Bedingungen ebenso. Es gibt viele verschiedene Bäume, aber alle wachsen nach oben, beruhen auf denselben Elementen und ähnlichen biologischen Prozessen. Alle Bäumen gehören zum selben Wald und alle Wälder verfolgen dasselbe Ziel.
Ist das so? Wie du auch erwähnst, wir beißen uns an unseren Vorstellungen von ("Deutschem") Idealismus und ("Naiven") Realismus (um hier Strömungen zu nennen) die Zähne aus.
Aber um mich mal auf deine Schiene zu begeben: Was ist, wenn nur du die Bäume so wahrnimmst? Was ist, wenn sie in Wirklichkeit nach unten wachsen, nach links und rechts? Was unterscheidet die Baumkrone von der Wurzel - Algiz stellt sie beide dar.
Und was ist mit den Bäumen, die tatsächlich aus diesem Schema fallen? Was ist mit denen, die plötzlich keine Erde mehr brauchen, sondern auf Steinen wachsen? Was ist mit den Bäumen, die sich waagrecht strecken? Was ist mit denen, deren Stamm gebrochen ist und die dennoch weiterleben?
Edengefühle schrieb:Auf mich wirkt es, als suchst du einen Kern unserer Kultur. Der sind wir, nicht unsere Geschichte. Denn unsere Geschichte ging aus dem hervor, was du scheinbar begrenzen möchtest: Permanente kulturelle Fusion. Es gab nie ein Heidentum. Es gab heidnische Gruppen und in jeder dieser Gruppen gab es mal Personen, die dich für deine Aussagen hassen würden, weil du diese Gruppierungen vermischst. Was wir heute vom germanischen Heidentum wissen ist das Ergebnis von Mischung. Von der Stein- bis in die Eisenzeit.
Merkst du, wie schwierig es ist, Grenzen zu ziehen? Es gibt in Wirklichkeit gar keine. Ich achte dein Weltbild, ohne es in irgendeine politische Schiene schieben zu wollen. Was mich beschäftigt ist: Wohin soll diese Betrachtungsweise führen? Was willst du mit deiner Meinung erschaffen? Meinst du nur der Meinung wegen?
Ja, ich weiß. Was mein Weltbild betrifft, bin ich mir noch nicht ganz sicher, was genau ich suche. Ich glaube, ich suche den Ursprung des Baumes - um bei diesem Bild zu bleiben - aber wo hat ein Baum seinen Ursprung? Bei den Wurzeln? Nur weil sie am tiefsten in der Erde stecken? Dabei wachsen Blätter meist schon lange bevor ein Baum meterweite Wurzeln ausbildet.
Also muss die Suche weniger nach dem Ur
sprung als nach dem Ur
sinn sein. Nach dem Ur
streben. Was will ein Baum erreichen? Warum wächst er?
Und siehst du, dass wir uns wieder im Kreise drehen. Nicht jeder Baum ist ein Baum und nicht jeder Baum strebt nach dem Himmel.
Was also ist das Heidentum?
Edengefühle schrieb:Du setzt dich also in die Natur und achtest auf die subtilen Feinheiten deiner Wahrnehmung. Erkennst, dass dieser Kosmos in einer Sprache geschrieben wurde und versuchst erst die Laute und dann die Grammatik zu lernen. Der Unterschied zwischen zwei Gegenständen, wenn man sie vor sich auf den Tisch legt. Nicht wegen ihrer Form, sondern der Empfindung, die man beim Sehen hat?
Das wäre beeindruckend. Mal in Erwägung gezogen, dass anderen beizubringen? Vielleicht auch, eines Tages, deinen Kindern?
Ich kenne flüchtig einen jungen Mann, der tatsächlich mit Pflanzen sprechen kann. Und ich sage "kann", weil ich davon überzeugt bin, dass er nicht lügt. Er verbrachte ein halbes Jahr in Südamerikas Urwäldern, lernte bei Schamanen und hörte zu.
Er hört, wenn Blümchen sich bedanken, wenn man sie streichelt. Er sieht die Freude des Holzes, wenn man einen Baum umarmt. Er erkannte den richtigen heraus, wenn man hinter seinem Rücken einen berührte und er sich anschließend umdrehte.
Das Geheimnis dieser Eigenschaft ist meines Erachtens nicht Gabe, nicht Fähigkeit, vielleicht nicht einmal Übung. Sondern Geduld und die Bereitschaft zuzuhören. Dass wir es heute nicht mehr können, ja sogar schmunzeln, wenn wir Menschen sehen, die mit Bäumen sprechen, liegt an unserer emotionalen Verkorksung. Daran, dass unsere Triebe beschnitten werden, seit wir klein waren.
Ich werde es meinen Kinder nicht beibringen müssen. Sie werden es von alleine hören, wenn ich ihnen nur die Gelegenheit dazu gebe.
Edengefühle schrieb:Dem könnte ich jetzt entgegen halten, dass du keinen Baum siehst und keinen Wind spürst ("Das ist keine Kaffeetasse!"), sondern nur elektrische Impulse DEINES Gehirns, das exoterische Frequenzen decodiert. Aber die Diskussion hatten wir schon und am naiven Realismus beiße ich mir die Zähne aus.
:D Edengefühle schrieb:Weshalb interessiert dich die Natur eigentlich mehr als deine Seele?
Weil ich feige bin und nicht schwindelfrei.
Da hat neulich eine kluge Frau etwas Kluges zu geschrieben:
"Wenn durch massives Eingreifen Ökusysteme auf lange Zeit lahm gelegt werden oder wir Menschen Dinge hinterlassen, die ohne unsere Hilfe (wenn überhaupt) nicht mehr beseitigt werden können, dann findet in meinen Augen Zerstörung statt." - Asche
Ehe ich den Namen las, war ich einen herrlichen Moment lang beeindruckt :P
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob du mich mit dieser Passage mir selbst widersprechen willst?
Was ich eigentlich meine, ist, dass wir keine Bäume pflanzen, keinen Wald aufforsten, keine Jagd betreiben müssen, um das Ökusystem wieder in Ordnung zu bringen. All dieses Ordnen ist krankhaft, denn die Natur wird nie aussehen wie ein englischer Garten, den Hohen sei Dank.
Gleichzeitig erkenne ich an, dass bestimmte Dinge wie Plastik, Atommüll u.Ä. von der Natur (und vermutlich von niemandem mehr) bereinigt werden können.
Edengefühle schrieb:Du darfst tun und lassen was du willst. Der freie Wille ist der oberste Maßstab aller schamanischen Handlungen. Ich wollte nur herausfinden, ob du die Truppen Surts aufhalten möchtest, oder nicht.
Hier sind wir nun und es gibt keinen Weg zurück.
Ich konnte das Video nicht sehen, leider oder zum Glück, ich bin nicht ganz sicher. Ich ahne bereits, was darin zu sehen ist und solche Bilder verstören mich ungemein. Weißt du, es gibt so viele Dinge, die einem Übelkeit bereiten können, weil sie so krank, so absurd sind. Ich möchte die Augen davor nicht verschließen. Gleichzeitig merke ich, dass ich mir wünschte, ich würde blind werden.
Habe letztens erst einen Film über scharfe Bomben in einem schweizer See gesehen. Obwohl sie bei einem kleinen Erdbeben einen Tsunami (!) auslösen könnten, werden sie nicht entfernt. Weil es zu teuer ist.
Ich wünsche jedem Verantwortlichen dort draußen, dass seine Kinder künftig mit Dollarnoten füttern muss. Vielleicht sieht er dann endlich, dass man Mutter Erdes Brust nicht verkaufen kann.