Transzendenz
02.06.2012 um 12:10Was ist Transzendenz?
Der Begriff der Transzendenz wird in der Spiritualität und der Esoterik des öfteren ganz gern verwendet. Aber ich muss gestehen, ich verstehe ihn nicht. Da nützt mir auch kein Lexikon oder Wikipedia zum Nachschlagen. Ich kann mir darunter einfach nichts vorstellen. Was bedeutet Transzendenz, was versteht ihr darunter? Wie würdet ihr es erklären?
„Was das Auge nicht gesehen, noch das Ohr gehört hat“
Und genau da liegt nämlich das Problem. Wie will man das erklären?
Wiki (hier mal Auszüge) gibt allerdings recht gute Denkansätze auf denen ich hier aufbauen will um im Anschluss daran mit euch darüber zu diskutieren:
„Transzendenz (von lateinisch transcendere ‚übersteigen‘) ist im Deutschen eine (...) Überschreitung des Göttlichen auf die Weltschöpfung hin, meist aber umgekehrt eine Überschreitung der endlichen Erfahrungswelt auf deren göttlichen Grund hin.“
Oder auch:
„...wonach Transzendentes den Bereich des beschränkten menschlichen Erkennens überschreitet.“
Wie soll man etwas erklären als Begriff und dadurch erkennen, was in sich selbst besagt, dass es das menschliche Erkennen überschreitet?
„Macht jemand eine Erfahrung, die im Rahmen seines gewohnten Bereichs als nicht möglich oder prinzipiell nicht ausdrückbar und erklärbar erscheint, oder gelangt er schlussfolgernd zur Annahme einer Realität jenseits dieses Bereichs, so kann er daraus – unter der Voraussetzung, dass kein Irrtum vorliegt – folgern, er habe erlebend bzw. gedanklich die Grenze seines Bereichs überschritten und einen anderen Bereich „betreten“. Dieser andere Bereich ist dann aus seiner Perspektive transzendent.“
Damit wäre alles Transzendent, was man als neue Erfahrungen bezeichnen könnte, oder? Denn was ist schon ein „gewohnter Bereich“? – Jede neue Erfahrung ergänzt ja den gewohnten Bereich um eben die neue Erfahrung. Und damit wird jede neue Erfahrung in den gewohnten Bereich integriert und verliert damit seine Transzendenz wieder. Transzendent wäre also immer das, was noch nicht im eigenen Erfahrungsbereich integriert worden ist, also somit alles neue, alles unbekannte.
Also eine Grenzüberschreitende Erfahrung machen ist das Transzendez?
Das ist also so gesehen kein großer Zauber, das beginnt ab dem Säuglingsalter ja als fortwährender Prozess. Ein schönes Wort, unter welchem ich mir selbst kaum etwas vorstellen kann, hinter dem also nichts anderes steckt als „neue Erfahrungen“ zu machen, die meinen bisherigen Erkenntnishorizont erweitern?
„Die Theorien, die eine transzendente Realität bejahen, gehen gewöhnlich von einem ontologischen Abhängigkeitsverhältnis aus. Sie postulieren, dass der nichttranszendente Bereich (der gewohnte „Aufenthaltsort“ des Menschen) seine Existenz und seinen gesamten Inhalt dem transzendenten Bereich verdankt, während der transzendente Bereich in keiner Weise vom nichttranszendenten abhängt.“
Damit wäre im Grunde ja eigentlich „alles“ transzendent, es wird nur immer ein gewisser Teil dieses Bereiches erkannt, der andere (noch) nicht. Ohne diesen anderen, noch unbekannten Bereich gäbe es aber somit auch nicht den bekannten Bereich.
„Im Platonismus, der von Platon begründeten Richtung der antiken Philosophie, wird angenommen, dass es außer dem Bereich der sinnlich wahrnehmbaren und veränderlichen Einzeldinge auch einen Bereich der unveränderlichen, nur rein geistig erfassbaren Ideen gibt. Die Ideen sind nach Platons Ideenlehre nicht bloße Vorstellungen im menschlichen Geist, sondern bilden eine eigenständige, objektiv existierende metaphysische Wirklichkeit.“
Sagt doch lediglich aus, dass es schlicht mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als wir wahr nehmen können. Eine andere, zweite Wirklichkeit also, hinter jener, die wir wahr nehmen können?
„Da nach der platonischen Lehre die Sinnesdinge von den Ideen zu dem, was sie sind, gemacht werden, und die Gesamtheit der sinnlich wahrnehmbaren Phänomene auf eine Einwirkung seitens der Ideen zurückgeführt wird, sind die Ideen als Urbilder in ihren Abbildern, den Sinnesobjekten, „anwesend“ (immanent). Unter Immanenz versteht man „die Anwesenheit von Teilen, Wirkungen oder Ausflüssen der Transzendenz in der nicht-transzendenten Wirklichkeit“. Ohne diese Anwesenheit gäbe es nach Platons Ideenlehre die Sinnesdinge nicht.“
Das würde bedeuten, dass die eigentliche Wirklichkeit, also die nicht wahrnehmbare immer anwesend ist, da sie die Grundvoraussetzung für die wahrnehmbare Wirklichkeit überhaupt darstellt. Damit wäre wiederum eigentlich „alles“ transzendent – nur haben wir keine Wahrnehmung für die gleichzeitig immerzu anwesende andere Wirklichkeit, oder auch Ursprungs-Wirklichkeit, wie ich sie einmal nennen möchte.
„Aristoteles, der die Ideenlehre seines Lehrers Platon verwarf, war der Ansicht, das Problem der Vermittlung zwischen den beiden Bereichen könne durch die Vorstellung der Teilhabe nicht gelöst werden. Der Ausdruck „Teilhabe“ sei für eine philosophische Argumentation unbrauchbar, es handle sich nur um ein leeres Wort und eine poetische Metapher, deren Bedeutung Platon nicht untersucht habe. Somit gebe es keine Vermittlung. Platons transzendenter Ideenbereich stelle sich als eine abgetrennte Welt ohne Bezug zur Sinneswelt dar; zwischen den beiden Bereichen klaffe ein unüberbrückbarer Abgrund. In Wirklichkeit gebe es keine solchen Ideen als abgesonderte Substanzen, sondern nur die Formen der Sinnesobjekte, die mit deren Materie untrennbar verbunden seien.“
Das ist auch ein interessanter Ansatz, allerdings wird hier eigentlich der Bereich der nicht erfahrbaren Wirklichkeit als einfach nicht existent betrachtet.
„Trotz dieser Ablehnung der platonischen Metaphysik verzichtete Aristoteles aber nicht auf die Annahme eines transzendenten Bereichs. Er ging von einem „unbewegten Beweger“ als Ursprung aller Bewegung aus. Den unbewegten Beweger, dessen Existenz er für notwendig hielt, betrachtete er als abgesonderte Substanz. Somit nahm er ein transzendentes Prinzip an.“
Diesen unbewegten Beweger könnte man auch als Gott bezeichnen. Als Ursprung aller Dinge, allerdings in einem Bereich der unserer erfahrbaren und wahrnehmbaren Welt nicht zugänglich ist. Ich frage hier bewusst mal: Ist das auch so?
Ist uns dieser Bereich tatsächlich verschlossen? Ist er wirklich so abgetrennt von der sinnlich-wahrnehmbaren, erfahrbaren Welt, dass er uns sozusagen verschlossen bleibt und wir überhaupt keinen Zugang dazu haben? Ich persönlich teile diese Auffassung nicht !
„Augustinus etwa übersetzt damit plotinische Begriffe wie anabainein (Aufsteigen), wobei es sich um den Überstieg hin zu einer nur graduell höheren Seinsstufe handeln kann, aber auch um die Bezugnahme zu einer schlechthin alles Endliche übersteigenden Wirklichkeit („absolute Transzendenz“). Augustinus zufolge (...) übersteigt das Göttliche prinzipiell alles - einschließlich des menschlichen Erkennens.“
Ich gehe mal davon aus, dass es eine geistig-seelische Entwicklung des Menschen gibt. Und je weiter diese fortgeschritten ist, um so umfangreicher ist das Erkennen und damit auch die Seinsstufe der Wirklichkeit. Somit erarbeiten wir uns, nach meiner Ansicht selbst, je nach geistiger Entwicklung die transzendente Wirklichkeit und zwar kontinuierlich indem wir unseren geistigen Erkenntnishorizont erweitern. Dieser Prozess würde allerdings niemals ein Ende nehmen, da eine absolute Transzendenz im Sinne einer alles Endliche übersteigenden Wirklichkeit zwangsläufig in die Unendlichkeit führt.
Dem zuwider läuft aber bei Kant:
„Das Transzendente ist bei Kant dasjenige, was jenseits der menschlichen Erfahrung liegt. Transzendent ist etwas, von dem keine theoretische Erkenntnis möglich ist.“
Ich frage mich allerdings, was liegt denn überhaupt jenseits der menschlichen Erfahrung? Im Grunde doch erst mal alles, was (noch) nicht erfahren worden ist. Das heißt aber nicht, dass es niemals erfahren werden kann. Bei einem Neugeborenen liegt so gut wie überhaupt kein Erfahrungswert vor. Was aber nicht heißt, dass es auch für immer so bleiben wird. So wie der Säugling wächst, so wachsen mit ihm auch seine Erfahrungen. Und also komme ich wieder auf meinen kontinuierlichen Prozess einer Erweiterung unseres Erkenntnishorizontes.
„Um festzustellen, was durch das menschliche Erkenntnisvermögen nicht mehr erfasst werden kann, fragt Kant in der Kritik der reinen Vernunft nach den Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens. Diese sind bestimmt durch die „Bedingungen der Möglichkeit“ menschlicher Erfahrung.“
Sofern man hierbei den Menschen nur als materiell-endliches Geschöpf betrachtet, sind unsere Möglichkeiten natürlich begrenzt. Wenn man allerdings von einer unsterblichen Seele ausgeht, dürften die Grenzen von Erfahrungen auf die Dauer eines ewigen Bestehens betrachtet, unbegrenzt sein !
„Der Buddhismus kennt transzendente Buddhas, die als Adibuddha (Urbuddha) bezeichnet werden. Transzendente Buddhas sind zeitlos und immer präsent. Sie gehören dem Dharmakaya, der Ebene der dualitätsfreien, gleichzeitig transzendenten und immanenten absoluten Wahrheit und Wirklichkeit an, die das Wesen aller Buddhas ausmacht. Eine Analogie zum westlichen Konzept der Transzendenz bildet im Buddhismus das Nirwana, das den Gegensatz zu allem Gegebenen, zum Samsara bildet und in manchen Varianten des Buddhismus meditativ durch Loslassen von allen weltlichen Bindungen in höchster Kontemplation erreicht werden kann.“
Das Nirwana ist auch wieder so ein Begriff, der schwer mit Worten zu erklären ist, weil man sich darunter nichts vorstellen kann. Sobald man eine Vorstellung hat, ist es aber nicht mehr Nirwana. Interessant ist, dass die Transzendenz des Nirwanas im Gegensatz zu allem gegebenen steht. Wobei hier wahrscheinlich auch wieder die sinnlich-wahrnehmbare und erfahrbare Welt gemeint sein dürfte. Und auf der anderen Seite eben die uns verschlossene, nicht sinnlich wahrnehmbare, nicht erfahrbare transzendente Welt.
„Im Hinduismus kennzeichnet das Brahman, die kosmische Weltseele, die unveränderliche, unendliche, immanente und transzendente Realität, welche den Grund aller Materie, Energie, Zeit, Raum, Sein und alles über dem Universum darstellt. (...) Die Erlösung, Befreiung oder auch Erleuchtung ist das letzte, ultimative der vier Lebensziele im Hinduismus. (...) Durch Askese kann man sich in der vedischen Praxis der Immanenz der Welt entziehen und zur Transzendenz gelangen.“
Was immer also auch darunter verstanden wird, welchen Begriff wir dafür verwenden, es deutet also alles auf eine Wirklichkeit hinter unserer sinnlich-wahrnehmbaren Wirklichkeit hin !
Die Fragen die sich mir stellen sind:
Was ist das für eine Wirklichkeit?
Ist sie für uns erfahrbar oder nicht?
Wenn ja, auf welche Art und Weise?
Ist diese Wirklichkeit getrennt von unserer Wirklichkeit?
Oder ist sie innerhalb unserer sinnlich-wahrnehmbaren Wirklichkeit?
Ist unsere erfahrbare Wirklichkeit ein Teil der Transzendenz?
Wie denkt ihr darüber? Was sind so eure Vorstellungen von Transzendenz? Wie würdet ihr Transzendenz erklären? Was meint ihr, lässt sie sich erfahren oder nicht?
Darüber und natürlich auch über ganz neue, eigene Gedanken die hier eingebracht werden können, möchte ich mit euch gerne diskutieren.
Der Begriff der Transzendenz wird in der Spiritualität und der Esoterik des öfteren ganz gern verwendet. Aber ich muss gestehen, ich verstehe ihn nicht. Da nützt mir auch kein Lexikon oder Wikipedia zum Nachschlagen. Ich kann mir darunter einfach nichts vorstellen. Was bedeutet Transzendenz, was versteht ihr darunter? Wie würdet ihr es erklären?
„Was das Auge nicht gesehen, noch das Ohr gehört hat“
Und genau da liegt nämlich das Problem. Wie will man das erklären?
Wiki (hier mal Auszüge) gibt allerdings recht gute Denkansätze auf denen ich hier aufbauen will um im Anschluss daran mit euch darüber zu diskutieren:
„Transzendenz (von lateinisch transcendere ‚übersteigen‘) ist im Deutschen eine (...) Überschreitung des Göttlichen auf die Weltschöpfung hin, meist aber umgekehrt eine Überschreitung der endlichen Erfahrungswelt auf deren göttlichen Grund hin.“
Oder auch:
„...wonach Transzendentes den Bereich des beschränkten menschlichen Erkennens überschreitet.“
Wie soll man etwas erklären als Begriff und dadurch erkennen, was in sich selbst besagt, dass es das menschliche Erkennen überschreitet?
„Macht jemand eine Erfahrung, die im Rahmen seines gewohnten Bereichs als nicht möglich oder prinzipiell nicht ausdrückbar und erklärbar erscheint, oder gelangt er schlussfolgernd zur Annahme einer Realität jenseits dieses Bereichs, so kann er daraus – unter der Voraussetzung, dass kein Irrtum vorliegt – folgern, er habe erlebend bzw. gedanklich die Grenze seines Bereichs überschritten und einen anderen Bereich „betreten“. Dieser andere Bereich ist dann aus seiner Perspektive transzendent.“
Damit wäre alles Transzendent, was man als neue Erfahrungen bezeichnen könnte, oder? Denn was ist schon ein „gewohnter Bereich“? – Jede neue Erfahrung ergänzt ja den gewohnten Bereich um eben die neue Erfahrung. Und damit wird jede neue Erfahrung in den gewohnten Bereich integriert und verliert damit seine Transzendenz wieder. Transzendent wäre also immer das, was noch nicht im eigenen Erfahrungsbereich integriert worden ist, also somit alles neue, alles unbekannte.
Also eine Grenzüberschreitende Erfahrung machen ist das Transzendez?
Das ist also so gesehen kein großer Zauber, das beginnt ab dem Säuglingsalter ja als fortwährender Prozess. Ein schönes Wort, unter welchem ich mir selbst kaum etwas vorstellen kann, hinter dem also nichts anderes steckt als „neue Erfahrungen“ zu machen, die meinen bisherigen Erkenntnishorizont erweitern?
„Die Theorien, die eine transzendente Realität bejahen, gehen gewöhnlich von einem ontologischen Abhängigkeitsverhältnis aus. Sie postulieren, dass der nichttranszendente Bereich (der gewohnte „Aufenthaltsort“ des Menschen) seine Existenz und seinen gesamten Inhalt dem transzendenten Bereich verdankt, während der transzendente Bereich in keiner Weise vom nichttranszendenten abhängt.“
Damit wäre im Grunde ja eigentlich „alles“ transzendent, es wird nur immer ein gewisser Teil dieses Bereiches erkannt, der andere (noch) nicht. Ohne diesen anderen, noch unbekannten Bereich gäbe es aber somit auch nicht den bekannten Bereich.
„Im Platonismus, der von Platon begründeten Richtung der antiken Philosophie, wird angenommen, dass es außer dem Bereich der sinnlich wahrnehmbaren und veränderlichen Einzeldinge auch einen Bereich der unveränderlichen, nur rein geistig erfassbaren Ideen gibt. Die Ideen sind nach Platons Ideenlehre nicht bloße Vorstellungen im menschlichen Geist, sondern bilden eine eigenständige, objektiv existierende metaphysische Wirklichkeit.“
Sagt doch lediglich aus, dass es schlicht mehr zwischen Himmel und Erde gibt, als wir wahr nehmen können. Eine andere, zweite Wirklichkeit also, hinter jener, die wir wahr nehmen können?
„Da nach der platonischen Lehre die Sinnesdinge von den Ideen zu dem, was sie sind, gemacht werden, und die Gesamtheit der sinnlich wahrnehmbaren Phänomene auf eine Einwirkung seitens der Ideen zurückgeführt wird, sind die Ideen als Urbilder in ihren Abbildern, den Sinnesobjekten, „anwesend“ (immanent). Unter Immanenz versteht man „die Anwesenheit von Teilen, Wirkungen oder Ausflüssen der Transzendenz in der nicht-transzendenten Wirklichkeit“. Ohne diese Anwesenheit gäbe es nach Platons Ideenlehre die Sinnesdinge nicht.“
Das würde bedeuten, dass die eigentliche Wirklichkeit, also die nicht wahrnehmbare immer anwesend ist, da sie die Grundvoraussetzung für die wahrnehmbare Wirklichkeit überhaupt darstellt. Damit wäre wiederum eigentlich „alles“ transzendent – nur haben wir keine Wahrnehmung für die gleichzeitig immerzu anwesende andere Wirklichkeit, oder auch Ursprungs-Wirklichkeit, wie ich sie einmal nennen möchte.
„Aristoteles, der die Ideenlehre seines Lehrers Platon verwarf, war der Ansicht, das Problem der Vermittlung zwischen den beiden Bereichen könne durch die Vorstellung der Teilhabe nicht gelöst werden. Der Ausdruck „Teilhabe“ sei für eine philosophische Argumentation unbrauchbar, es handle sich nur um ein leeres Wort und eine poetische Metapher, deren Bedeutung Platon nicht untersucht habe. Somit gebe es keine Vermittlung. Platons transzendenter Ideenbereich stelle sich als eine abgetrennte Welt ohne Bezug zur Sinneswelt dar; zwischen den beiden Bereichen klaffe ein unüberbrückbarer Abgrund. In Wirklichkeit gebe es keine solchen Ideen als abgesonderte Substanzen, sondern nur die Formen der Sinnesobjekte, die mit deren Materie untrennbar verbunden seien.“
Das ist auch ein interessanter Ansatz, allerdings wird hier eigentlich der Bereich der nicht erfahrbaren Wirklichkeit als einfach nicht existent betrachtet.
„Trotz dieser Ablehnung der platonischen Metaphysik verzichtete Aristoteles aber nicht auf die Annahme eines transzendenten Bereichs. Er ging von einem „unbewegten Beweger“ als Ursprung aller Bewegung aus. Den unbewegten Beweger, dessen Existenz er für notwendig hielt, betrachtete er als abgesonderte Substanz. Somit nahm er ein transzendentes Prinzip an.“
Diesen unbewegten Beweger könnte man auch als Gott bezeichnen. Als Ursprung aller Dinge, allerdings in einem Bereich der unserer erfahrbaren und wahrnehmbaren Welt nicht zugänglich ist. Ich frage hier bewusst mal: Ist das auch so?
Ist uns dieser Bereich tatsächlich verschlossen? Ist er wirklich so abgetrennt von der sinnlich-wahrnehmbaren, erfahrbaren Welt, dass er uns sozusagen verschlossen bleibt und wir überhaupt keinen Zugang dazu haben? Ich persönlich teile diese Auffassung nicht !
„Augustinus etwa übersetzt damit plotinische Begriffe wie anabainein (Aufsteigen), wobei es sich um den Überstieg hin zu einer nur graduell höheren Seinsstufe handeln kann, aber auch um die Bezugnahme zu einer schlechthin alles Endliche übersteigenden Wirklichkeit („absolute Transzendenz“). Augustinus zufolge (...) übersteigt das Göttliche prinzipiell alles - einschließlich des menschlichen Erkennens.“
Ich gehe mal davon aus, dass es eine geistig-seelische Entwicklung des Menschen gibt. Und je weiter diese fortgeschritten ist, um so umfangreicher ist das Erkennen und damit auch die Seinsstufe der Wirklichkeit. Somit erarbeiten wir uns, nach meiner Ansicht selbst, je nach geistiger Entwicklung die transzendente Wirklichkeit und zwar kontinuierlich indem wir unseren geistigen Erkenntnishorizont erweitern. Dieser Prozess würde allerdings niemals ein Ende nehmen, da eine absolute Transzendenz im Sinne einer alles Endliche übersteigenden Wirklichkeit zwangsläufig in die Unendlichkeit führt.
Dem zuwider läuft aber bei Kant:
„Das Transzendente ist bei Kant dasjenige, was jenseits der menschlichen Erfahrung liegt. Transzendent ist etwas, von dem keine theoretische Erkenntnis möglich ist.“
Ich frage mich allerdings, was liegt denn überhaupt jenseits der menschlichen Erfahrung? Im Grunde doch erst mal alles, was (noch) nicht erfahren worden ist. Das heißt aber nicht, dass es niemals erfahren werden kann. Bei einem Neugeborenen liegt so gut wie überhaupt kein Erfahrungswert vor. Was aber nicht heißt, dass es auch für immer so bleiben wird. So wie der Säugling wächst, so wachsen mit ihm auch seine Erfahrungen. Und also komme ich wieder auf meinen kontinuierlichen Prozess einer Erweiterung unseres Erkenntnishorizontes.
„Um festzustellen, was durch das menschliche Erkenntnisvermögen nicht mehr erfasst werden kann, fragt Kant in der Kritik der reinen Vernunft nach den Grenzen des menschlichen Erkenntnisvermögens. Diese sind bestimmt durch die „Bedingungen der Möglichkeit“ menschlicher Erfahrung.“
Sofern man hierbei den Menschen nur als materiell-endliches Geschöpf betrachtet, sind unsere Möglichkeiten natürlich begrenzt. Wenn man allerdings von einer unsterblichen Seele ausgeht, dürften die Grenzen von Erfahrungen auf die Dauer eines ewigen Bestehens betrachtet, unbegrenzt sein !
„Der Buddhismus kennt transzendente Buddhas, die als Adibuddha (Urbuddha) bezeichnet werden. Transzendente Buddhas sind zeitlos und immer präsent. Sie gehören dem Dharmakaya, der Ebene der dualitätsfreien, gleichzeitig transzendenten und immanenten absoluten Wahrheit und Wirklichkeit an, die das Wesen aller Buddhas ausmacht. Eine Analogie zum westlichen Konzept der Transzendenz bildet im Buddhismus das Nirwana, das den Gegensatz zu allem Gegebenen, zum Samsara bildet und in manchen Varianten des Buddhismus meditativ durch Loslassen von allen weltlichen Bindungen in höchster Kontemplation erreicht werden kann.“
Das Nirwana ist auch wieder so ein Begriff, der schwer mit Worten zu erklären ist, weil man sich darunter nichts vorstellen kann. Sobald man eine Vorstellung hat, ist es aber nicht mehr Nirwana. Interessant ist, dass die Transzendenz des Nirwanas im Gegensatz zu allem gegebenen steht. Wobei hier wahrscheinlich auch wieder die sinnlich-wahrnehmbare und erfahrbare Welt gemeint sein dürfte. Und auf der anderen Seite eben die uns verschlossene, nicht sinnlich wahrnehmbare, nicht erfahrbare transzendente Welt.
„Im Hinduismus kennzeichnet das Brahman, die kosmische Weltseele, die unveränderliche, unendliche, immanente und transzendente Realität, welche den Grund aller Materie, Energie, Zeit, Raum, Sein und alles über dem Universum darstellt. (...) Die Erlösung, Befreiung oder auch Erleuchtung ist das letzte, ultimative der vier Lebensziele im Hinduismus. (...) Durch Askese kann man sich in der vedischen Praxis der Immanenz der Welt entziehen und zur Transzendenz gelangen.“
Was immer also auch darunter verstanden wird, welchen Begriff wir dafür verwenden, es deutet also alles auf eine Wirklichkeit hinter unserer sinnlich-wahrnehmbaren Wirklichkeit hin !
Die Fragen die sich mir stellen sind:
Was ist das für eine Wirklichkeit?
Ist sie für uns erfahrbar oder nicht?
Wenn ja, auf welche Art und Weise?
Ist diese Wirklichkeit getrennt von unserer Wirklichkeit?
Oder ist sie innerhalb unserer sinnlich-wahrnehmbaren Wirklichkeit?
Ist unsere erfahrbare Wirklichkeit ein Teil der Transzendenz?
Wie denkt ihr darüber? Was sind so eure Vorstellungen von Transzendenz? Wie würdet ihr Transzendenz erklären? Was meint ihr, lässt sie sich erfahren oder nicht?
Darüber und natürlich auch über ganz neue, eigene Gedanken die hier eingebracht werden können, möchte ich mit euch gerne diskutieren.