@emineoZunächst einmal: Wenn man keine Erinnerungen, keine Vorstellungen und auch keine Sinneserfahrungen bemerkt, dann nennen wir das traumloses Schlafen. Du siehst, es ist einfacher, als du dachtest. Kompliziert wird es immer dann, wenn man nicht einfach denkt.
:)In diesem Zustand des traumlosen Schlafens gibt es für uns nichts, absolut nichts. Es kann passieren, dass heute Nacht jemand in dein Zimmer kommt und dich fragt: "Schläfst du schon?", und es liegt nicht etwa an deinen Ohren, denn die sind vollkommen in Ordnung und leiten das "Gehörte" wie immer ins Gehirn. Doch es ist niemand da, der sie hören könnte. Du bist verschwunden! Hier zeigt sich bereits, dass du nicht "in deinem Gehirn" bzw. "in deinem Körper" sein kannst". Wo also bist du? Wer bist du?
Ich wage mal einen ersten Erklärungsversuch. Wie gesagt, einen ersten. Eine wirkliche klare Erkenntnis des "Wer bin ich?" ergibt sich daraus jedoch noch nicht, aber ansatzweise. Es soll auch nur als Einstieg verstanden werden.
Wenn du das Wort "ich" benutzt, welches exakte Bild von dir siehst du dann? Als du ein Kind warst, hast du dich selbst als nichts anderes gesehen, als ein Kind, und du warst glücklich, wenn du mit ein paar Spielsachen beschäftigt warst. Später, als du ein junger Mann warst, fühltest du dich mutig und stark, jedem anderen mit festem Blick in die Augen sehen zu können. Jetzt, wo du erwachsen bist, etwas reifer und sich an den schönen Dingen des Lebens erfreuend, denkst du, du bist ein glücklicher Mann, der mit einer netten Familie gesegnet ist (oder etwas Vergleichbares).
Jetzt, in genau diesem Moment, während du das hier liest, hast du also ein Bild von dir, welches deutlich unterschiedlich zu den früheren Bildern von dir ist. Stell dir kurz vor, welches Bild du wohl in 10 oder 20 Jahren von dir haben wirst. Das Bild, welches du dann von dir haben wirst, wird wieder erheblich von den früheren Bildern abweichen. Nun frage ich dich:
Welches von diesen Bildern bist denn nun du? Gibt es irgendeine unverwechselbare Identität von dir, welche während all der Jahre unverändert blieb und es auch bleiben wird? Es gibt sie!
Denn da ist etwas, was sich während der ganzen Zeit niemals geändert hat, während sich alles andere ständig verändert hat. Und dieses Unveränderliche während all der Veränderungen ist das Gefühl der "Anwesenheit", der Anwesenheit, dass es dich gibt. Du liest jetzt diese Worte hier, das weißt du, ohne den geringsten Zweifel, ohne irgendwelche Bestätigung eines Dritten. In ähnlicher Weise weißt du, dass "du bist", dass "du existierst", egal, wie alt du bist. Diese Anwesenheit hat sich niemals verändert. Du weißt, dass du bist. Du braucht nicht erst darüber nachzudenken, dass du bist.
Nun sag mir bitte, was genau muss wegfallen bzw. nicht mehr vorhanden sein, so dass du selbst nicht mehr in der Lage bist, diesen konstanten Sinn deiner "Anwesenheit" bemerken zu können?
Ich nehme hier die Antwort mal vorweg: Was wegfallen muss, sind Erinnerungen, Vorstellungen und Sinneserfahrungen. Und genau das passiert immer dann, wenn du schläfst. Wenn man schläft, ist nicht nur das ständig wechselnde Ich verschwunden, sondern sogar dieses Gefühl der Anwesenheit. Wer also bist du?
Nun lass uns noch tiefer gehen. Am Morgen, im allerersten Moment des Erwachens und des Erscheinens deines Bewusstseins, fühlst du dann nicht als Allererstes diesen Sinn der "Anwesenheit", deine Existenz, dieses "Ich bin"? Noch nicht als eine Persönlichkeit, aber doch schon als eine Anwesenheit? Woher kam sie?
Und weiter: Nach dem Erscheinen dieses Gefühls der Anwesenheit, wenn du nun sagst, dass du etwas siehst, ein Objekt, deinen Körper, egal was, - was dabei tatsächlich passiert, ist, dass deine Anwesenheit auf etwas reagiert, auf einen Stimulus, welcher den Eindruck hat, dass er sich außerhalb von dir befindet. Doch was diese (deine) Anwesenheit tatsächlich bemerkt und von deinem Verstand interpretiert wird, ist nichts anderes als eine Erscheinung in deinem Bewusstsein, entstanden durch das Ausüben von Aufmerksamkeit in einer bestimmten Intensität und Qualität. Durch Fokussieren. Dieses Erscheinen in deinem Bewusstsein ist als ein Ereignis konstruiert, welches um den Eindruck "Raum und Zeit" erweitert ist (=weitere Fokussierungen). Jegliche Manifestation hängt von dieser Kombination der beiden miteinander verstrickten (selbst-erschafften) Eindrücke zusammen, die wir Raum und Zeit nennen. Mit anderen Worten: Bei einer Abwesenheit dieses Raum-Zeit-Eindrucks, wird keine Manifestation im Bewusstsein erscheinen.
Alles, von dem wir sagen, dass es existiert, ist ein kontinuierlicher Prozess dieses "Objektivierens", dieses Fokussierens von Aufmerksamkeit in einer bestimmten aber stets unterschiedlichen Intensität und Qualität. Wir selbst existieren nur als "Objekt eines Anderen" als solches, und auch nur in dessen Bewusstsein, welches uns dann bemerkt. Sobald diese "Objektivierung" aufhört, wie beim Schlafen, verschwindet das gesamte derart "objektivierte" Universum unverzüglich. Und so lange sich jemand als eine Entität sieht, als eine getrennte Eigenständigkeit, so lange kann er das gesamte Bild der nicht-personifizierten Realität nicht sehen. Daher nochmal: Die Vorstellung/Idee von einer separierten, eigenständigen Persönlichkeit ist abhängig von diesem Eindruck von Raum und Zeit, welche für sich allein nicht existieren, weil sie nur Instrumente sind, um eine Manifestation als im "außen befindlich" im Bewusstsein bemerkbar machen zu können.
Im Bewusstsein kann immer nur ein Gedanke, ein Gefühl, eine Vorstellung erscheinen, aber Gefühle und Vorstellungen fließen weiter in einer Abfolge dieses Objektivierungs-Prozesses (=ständiges Ausüben von Aufmerksamkeit in jeweils unterschiedlicher Intensität und Qualität). Und das, was wir unter Persönlichkeit verstehen, das, was uns ausmacht, erlangt seine Qualität nur aus dem Erinnerungsvermögen heraus, aus dem reinen Gefühl der Anwesenheit im Jetzt, verbunden mit der Vergangenheit, projiziert in die Zukunft.
Daher nochmal meine Frage:
Wenn du keine Erinnerungen, keine Vorstellungen und keine Sinneswahrnehmungen bemerkst/benutzt, wo ist dann deine Persönlichkeit? Wer bist du dann?
Denke darüber nach und finde heraus, wer du tatsächlich bist. In der Erinnerung und in der Vorstellung, welche die Vergangenheit und die Zukunft repräsentieren, gibt es ein klares Gefühl dafür, dass sich diese ständig verändernden Zustände unter Beobachtung befinden, während sich im Jetzt nur vornehmlich das Gefühl der Anwesenheit zeigt, des Hier und Jetzt.
Erkennst du bereits hier, wie Raum und Zeit gleichzeitig mit dem Erscheinen des Bewusstseins auftauchen und jede Manifestation als "im Außen befindlich" bemerkbar machen? Alles, was du mit absoluter Gewissheit von dir sagen kannst, ist "Ich bin". Schon der Moment danach ist bereits ein Gefühl von "Ich bin dieses..." oder "Ich bin jenes...", damit beginnt die Gebundenheit, die Objektivierung, die Fokussierung als ein Ergebnis der Projektion in ein "nach Außen". Ein Universum entsteht.
Wenn du das alles realisierst und verstehst, dann endet alles Suchen. Wenn du mit dieser Gebundenheit aufhörst, von dem du denkst, das bist jeweils du, und was erst durch das Erinnerungsvermögen und den Vorstellungen ermöglicht wird, dann endet deine Suche und du wirst abseits von all den Vergänglichkeiten in vollster Aufmerksamkeit stehen und das Falsche als solches erkennen.
So viel als Einstieg. Als Anregung.
Kannst du oder sonst jemand das nachvollziehen, in der Gesamtheit, und nicht nur einzelne Sätze?
P.S.:
Um mal kurz auf den Threadtitel zu reflektieren: Nein, das Leben bedarf in keinster Weise den Tod eines anderen. Das ist nur eine weitere vorübergehende Gebundenheit, die ich hier, wenn auch nur ansatzweise, zu erklären versucht habe.
:)