@snafu Warum steht da nicht der Gottesname in deinem NT?
In den Christlichen Griechischen Schriften. In Anbetracht der bisherigen Untersuchungen erscheint es einem höchst merkwürdig, festzustellen, daß die erhalten gebliebenen handgeschriebenen Abschriften vom Originaltext der Christlichen Griechischen Schriften den Gottesnamen nicht in seiner Vollform enthalten. Deswegen fehlt der Name auch in den meisten Übersetzungen des sogenannten Neuen Testaments. In seiner abgekürzten Form erscheint der Name jedoch in diesen Übersetzungen, nämlich in Offenbarung 19:1, 3, 4, 6 in dem Ausdruck „Alleluja“ (Al; Rö), „Halleluja“ (EÜ; GN; Lu; Me; Wi) oder „Hallelujah“ (ZB). Dieser Aufruf „Preiset Jah!“ (NW), den gemäß dem Bibeltext Geistsöhne Gottes ergehen ließen, zeigt deutlich, daß der göttliche Name nicht außer Gebrauch gekommen war. Er war, wie schon in vorchristlicher Zeit, von größter Bedeutung und Aktualität. Warum fehlt denn dann die Vollform des Gottesnamens in den Christlichen Griechischen Schriften?
Weshalb ist der göttliche Name in seiner Vollform nicht in verfügbaren alten Handschriften der Christlichen Griechischen Schriften enthalten?
Lange hat man das damit begründet, daß die inspirierten Schreiber der Christlichen Griechischen Schriften Stellen aus den Hebräischen Schriften gemäß der Septuaginta zitiert hätten und daß sie, da das Tetragrammaton in dieser Übersetzung durch Kýrios bzw. Theós ersetzt worden sei, den Namen Jehova nicht verwandt hätten. Wie bereits gezeigt, ist diese Begründung nicht mehr stichhaltig. Dr. P. Kahle äußerte sich zu dem Umstand, daß die ältesten Fragmente der Septuaginta tatsächlich den Gottesnamen in seiner hebräischen Form enthielten, wie folgt: „Wir wissen jetzt, daß in den von Juden für Juden geschriebenen griechischen Bibeltexten [der Septuaginta] der Gottesname nicht als Kyrios übersetzt, sondern als Tetragramm in hebräischen Buchstaben beibehalten wurde. Erst die Christen haben hierfür Kyrios eingesetzt, als sie mit dem hebräisch geschriebenen Gottesnamen nichts mehr anfangen konnten“ (Die Kairoer Genisa, Berlin 1962, S. 235). Wann trat diese Änderung in den griechischen Übersetzungen der Hebräischen Schriften auf?
Offensichtlich in den Jahrhunderten nach dem Tod Jesu und seiner Apostel. In Aquilas griechischer Übersetzung, die in das 2. Jahrhundert u. Z. zu datieren ist, erschien das Tetragrammaton noch in hebräischen Schriftzeichen. Um 245 u. Z. fertigte der bekannte Gelehrte Origenes seine Hexapla an, eine Wiedergabe der inspirierten Hebräischen Schriften in 6 Kolumnen oder Spalten: 1. das hebräische bzw. aramäische Original, dem 2. eine Umschrift in Griechisch sowie 3. die griechische Übersetzung von Aquila, 4. von Symmachos (Symmachus), 5. der Septuaginta und 6. von Theodotion beigegeben waren. Über das Ergebnis der Untersuchungen der heute bekannten Hexapla-Fragmente schrieb Professor W. G. Waddell: „In Origenes’ Hexapla . . . geben die griechischen Übersetzungen von Aquila und Symmachos sowie LXX [die Septuaginta] alle JHWH mit ΠΙΠΙ wieder; in der zweiten Kolumne der Hexapla war das Tetragrammaton in hebräischen Schriftzeichen geschrieben“ (The Journal of Theological Studies, Oxford, Bd. XLV, 1944, S. 158, 159). Andere glauben, im Urtext der Hexapla des Origenes seien in allen Kolumnen hebräische Schriftzeichen für das Tetragrammaton verwendet worden. Origenes selbst bemerkte: „In exakteren Handschriften ist dieser Name mit hebräischen Buchstaben geschrieben, aber nicht mit den modernen, sondern mit den alten“ (zitiert nach P. Kahle, Der hebräische Bibeltext seit Franz Delitzsch, Stuttgart 1961, S. 46).
Noch im 4. Jahrhundert u. Z. schrieb Hieronymus, der die Vulgata, eine Übersetzung ins Lateinische, schuf, in seinem Vorwort zu den Büchern Samuel und Könige: „Und wir finden den Namen Gottes, das Tetragrammaton (d. h. ,)יהוה in bestimmten griechischen Bänden selbst bis auf den heutigen Tag mit den alten Buchstaben bezeichnet.“ In einem 384 u. Z. in Rom abgefaßten Brief führte Hieronymus aus: „Der neunte [Gottesname] ist das Tetragrammaton, das sie als . . . [anekphṓnēton] betrachteten, d. h. als unaussprechlich, und es ist mit diesen vier Buchstaben geschrieben: Jod, He, Wau, He. Wegen der Ähnlichkeit der Schriftzeichen lasen gewisse Unkundige die hebräischen Buchstaben in griechischen Büchern gewöhnlich wie ΠΙΠΙ [griechische Buchstaben, die den römischen Buchstaben PIPI entsprechen]“ (F. Dunand, Papyrus Grecs Bibliques, Kairo 1966, S. 47, Fn. 4).
Folglich waren die sogenannten „Christen“, die in den Septuaginta-Abschriften für das Tetragrammaton Kýrios einsetzten (P. Kahle, Kairoer Genisa, S. 235), nicht die ersten Jünger Jesu. Es waren Personen aus späteren Jahrhunderten, als der vorhergesagte Abfall deutlich in Erscheinung getreten war und die Reinheit der christlichen Lehren korrumpiert hatte (2Th 2:3; 1Ti 4:1).
Von Jesus und seinen Jüngern gebraucht. Somit stand der Gottesname in den Tagen Jesu und seiner Jünger ohne jeden Zweifel in Abschriften der Heiligen Schrift, sowohl in hebräischen Handschriften als auch in griechischen. Benutzten Jesus und seine Jünger in ihren mündlichen und schriftlichen Äußerungen den Gottesnamen? Wenn man bedenkt, daß Jesus die pharisäischen Überlieferungen verurteilte (Mat 15:1-9), wäre es höchst unvernünftig, zu schlußfolgern, daß er und seine Jünger sich in dieser Angelegenheit von den Vorstellungen der Pharisäer (wie sie in der Mischna ihren Niederschlag fanden) leiten ließen. Jesu eigener Name bedeutet „Jehova ist Rettung“. Er erklärte: „Ich bin im Namen meines Vaters gekommen“ (Joh 5:43); er lehrte seine Nachfolger beten: „Unser Vater in den Himmeln, dein Name werde geheiligt“ (Mat 6:9); seine Werke, so sagte er, tue er ‘im Namen seines Vaters’ (Joh 10:25), und in einem Gebet am Abend vor seinem Tod erwähnte er, daß er den Namen seines Vaters seinen Jüngern offenbar gemacht habe, und bat: „Heiliger Vater, wache über sie um deines Namens willen“ (Joh 17:6, 11, 12, 26). In Anbetracht all dessen gebrauchte Jesus sicherlich den göttlichen Namen, Jehova, wenn er die Hebräischen Schriften anführte oder daraus vorlas. (Vgl. Mat 4:4, 7, 10 mit 5Mo 8:3, 6:16, 6:13; Mat 22:37 mit 5Mo 6:5; Mat 22:44 mit Ps 110:1 und Luk 4:16-21 mit Jes 61:1, 2.) Logischerweise folgten Jesu Jünger, die inspirierten Schreiber der Christlichen Griechischen Schriften eingeschlossen, darin seinem Beispiel.
Warum fehlt denn dann der Name in den erhalten gebliebenen Handschriften der Christlichen Griechischen Schriften, des sogenannten Neuen Testaments? Weil man offensichtlich bereits zu der Zeit, als diese erhalten gebliebenen Abschriften angefertigt wurden (vom 3. Jahrhundert u. Z. an), den ursprünglichen Text der Schriften der Apostel und Jünger abgeändert hatte. Zweifellos hatten spätere Abschreiber den in Form des Tetragrammatons erscheinenden Gottesnamen durch Kýrios und Theós ersetzt (BILD, Bd. 1, S. 324); wie die Tatsachen zeigen, hatte man genau das mit späteren Abschriften der Septuaginta, der griechischen Übersetzung der Hebräischen Schriften, getan.
Wiedereinführung des Gottesnamens in die Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften. Einige Gelehrte, die diese Zusammenhänge erkannt haben, haben in ihre Übersetzung der Christlichen Griechischen Schriften den Namen Jehova aufgenommen. Bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts stand der Gottesname in deutschsprachigen Übersetzungen des „Neuen Testaments“. So erscheint „Jehova“ in dem Neuen Testament des evangelischen Theologen Johann Christoph Friedrich Schulz, das 1774 in Leipzig veröffentlicht wurde (nur Bd. 1: Die vier Evangelisten), wenigstens 20mal. Der reformierte Theologe Johann Jakob Stolz verwandte den Namen „Jehova[h]“ in der 1. Auflage seiner Übersetzung mindestens 23mal (Sämtliche Schriften des Neuen Testaments, zusammen mit Johann Kaspar Haefeli, Zürich 1781/82), in der 3. Auflage (Zürich und Leipzig 1798) sogar mindestens 108mal. Diesen häufigen Gebrauch des Namens Gottes behielt er auch bis in seine letzte Auflage (Hannover und Leipzig 1820) bei. Auch der katholische Theologe Sebastian Mutschelle, der in seiner Übersetzung (Die heiligen Schriften des neuen Testaments, München 1789/90) nicht namentlich genannt wird, gebrauchte den Gottesnamen „Jehova[h]“, und zwar wenigstens 18mal. Die katholischen Gelehrten Dominikus von Brentano (Die heilige Schrift des neuen Testaments, Kempten 1790/91) und Johann Babor (Uebersetzung des neuen Testaments, Wien 1805) nahmen den göttlichen Namen ebenfalls in ihre Übersetzungen auf. De Wette verwendete in seiner Übersetzung der Heiligen Schrift (Heidelberg 1858) ebenfalls den Gottesnamen, so in Lukas 4:19. In der sogenannten Bonner Bibel (Bd. 2, 1932) gebraucht Professor Dr. P. Dausch den Namen „Jahve“ in Lukas 20:37 und in seinen Erklärungen zu den Evangelien Matthäus, Markus und Lukas.
Selbst in der Lutherbibel (in den Ausgaben von 1545 und 1546) wird durch die besondere Schreibweise von HERR zu erkennen gegeben, daß an etlichen Stellen in den Christlichen Griechischen Schriften Jehova gemeint ist. Daher lesen wir in einer Anmerkung zu Matthäus 1:20 in dem Werk D. Martin Luthers Werke, Die Deutsche Bibel, Bd. 6, Weimar 1929, S. 539: „HERR = Iehovah, die göttliche Majestät“. Ebenso schrieben die Bearbeiter der ursprünglichen Elberfelder Bibel in einer Fußnote zu Matthäus 1:20: „ ,Herr‘, ohne Artikel, bezeichnet hier und an vielen anderen Stellen den Namen ,Jehova‘.“ (Siehe auch die Fußnoten in der ursprünglichen Ausgabe der Elberfelder Bibel zu Luk 1:32; Rö 9:29 und Jak 5:4.)
Im englischen Sprachraum war offenbar die Emphatic Diaglott von Benjamin Wilson, die 1864 als einbändige Ausgabe erschien, die erste Übersetzung, die den Namen Jehova in den Christlichen Griechischen Schriften verwandte, und zwar vor allem dort, wo die christlichen Schreiber aus den Hebräischen Schriften zitierten. Doch bereits im 14. Jahrhundert stand das Tetragrammaton in hebräischen Übersetzungen der Christlichen Schriften. Die erste ist die Übersetzung des Matthäusevangeliums ins Hebräische, die in dem Werk ’Éven bóchan von Schemtow ben Isaak ibn Schaprut enthalten ist. Überall dort, wo Matthäus aus den Hebräischen Schriften zitierte, steht in dieser Übersetzung das Tetragrammaton, und zwar an allen Stellen, an denen es vorkommt. Seither sind viele andere hebräische Übersetzungen diesem Schema gefolgt.
Wie passend dieses Vorgehen war, zeigen die Worte R. B. Girdlestones, des einstigen Leiters der Wycliffe Hall, eines Instituts der Universität Oxford; bemerkenswerterweise schrieb er diese Gedanken nieder, noch bevor Handschriftenfunde erkennen ließen, daß die Septuaginta ursprünglich den Namen Jehova enthielt. Er führte aus: „Wenn in jener Übersetzung [die Septuaginta] das Wort [Jehova] beibehalten worden wäre oder wenn man sogar ein griechisches Wort für Jehova und ein anderes für Adonai gebraucht hätte, hätte man eine solche Praxis zweifellos auch in den Abhandlungen und Erörterungen des NT beibehalten. Demnach könnte unser Herr, als er den 110. Psalm zitierte, statt ‚der Herr sprach zu meinem Herrn‘ gesagt haben: ‚Jehova sprach zu Adoni.‘ “
Von dieser Voraussetzung ausgehend (die sich mittlerweile als Tatsache herausgestellt hat), fügte er hinzu: „Angenommen, ein christlicher Gelehrter wäre dabeigewesen, das griechische Testament ins Hebräische zu übersetzen. Er hätte sich jedes Mal, wenn das Wort Κύριος vorkam, überlegen müssen, ob im Kontext irgendwelche Hinweise auf seine genaue hebräische Entsprechung vorhanden waren; und diese Schwierigkeit träte in allen Sprachen beim Übersetzen des NT auf, wenn man den Titel Jehova im AT [d. h. in der Septuaginta] stehengelassen hätte. An vielen Stellen hätte man sich von den Hebräischen Schriften leiten lassen können: Wann immer also der Ausdruck ‚der Engel des Herrn‘ vorkommt, wissen wir, daß das Wort Herr für Jehova steht; zu einer entsprechenden Schlußfolgerung würde man bei dem Ausdruck ‚das Wort des Herrn‘ gelangen, wenn man sich nach dem richtete, was im AT vorausging; das gilt auch für den Titel ‚der Herr der Heerscharen‘. Wann immer hingegen der Ausdruck ‚mein Herr‘ oder ‚unser Herr‘ vorkommt, sollten wir wissen, daß das Wort Jehova unzulässig wäre und Adonai oder Adoni gebraucht werden müßte“ (Synonyms of the Old Testament, 1897, S. 43). Von solchen Überlegungen ließen sich die zuvor erwähnten Gelehrten, deren Übersetzung der Griechischen Schriften den Namen Jehova enthält, leiten.
Das hervorragendste Beispiel in dieser Hinsicht ist aber die in dem vorliegenden Werk hauptsächlich angeführte Neue-Welt-Übersetzung, in der der göttliche Name in der Form „Jehova“ in den Christlichen Griechischen Schriften 237mal erscheint — wie bereits gezeigt worden ist, mit gutem Grund.