Heide_witzka schrieb:Der Koran ist über Jahrzehnte, wenn nicht jahrhunderte mündlich durch Analphabeten überliefert worden.
Danach wurde begonnen ihn zusammenzuschreiben, so viel ich weis von verschiedenen Schreibern aus verschiedenen Quellen.
Jahre später hat dann ein Kalif, Uthman war es glaube ich, die ganzen losen Blätter und Bücher zusammensuchen lassen, daraus eine Zusammenfassung schreiben lassen und alles was ihm nicht passte entsorgt
Stimmt nicht
1. Der Koran wurde auch von Anfang an auf verschiedenen Schreibmaterialien aufgeschrieben, wobei der Gesandte Allahs seinen Schreibern immer sagte, an welcher Stelle welcher Vers stehen muss. Die Surenanordnung (Kapitel) wurde dagegen erst später vorgenommen, teilweise scheint sie aber auch direkt durch den Gesandten Allahs angeordnet worden sein, da häufig zwei oder mehrere Suren inhaltlich wie die Faust aufs Auge zusammenpassen.
2. Bis zur zuverlässigen schriftlichen Fixierung in Buchform vergingen ungefähr 20 Jahre nach dem Tod des Gesandten Gottes. Die Zahl der Huffaz (Die den Koran auswendig beherrschten) war bereits in den ersten Jahren nach seinem Tod sprunghaft angestiegen, ganz zu schweigen von denen, welche jeweils Teile des Korans beherrschten. Das änderte sich auch nicht durch den Tod einiger Huffaz im Kampf (v.a. Kampf von Yamama).
3. Bereits unter Umar ibn Al- Chattab (3 bis 15 Jahre nach dem Tod des Gesandten Allahs) begann das Projekt, den Koran in EINEM ZUSAMMENHÄNGENDEN Buch zu fixieren. Unter Uthman wurde dieses Projekt schließlich vervollständigt.
4. Entsorgt wurden die persönlichen Niederschriften, die nicht auf Anordnung des Gesandten Gottes aufgezeichnet worden waren.
5. Es ist natürlich am Ende Vertrauenssache - Kernfrage: Vertrauen wir den Gefährten des Gesandten Gottes oder nicht? - Aber jeder der sich intensiv mit der Koransprache und der Anordnung der Verse beschäftigt hat, erkennt eine einheitliche Struktur, die sich auf der einen Seite als hochpoetisch- und rhetorisch, auf der anderen Seite einfach und für jedermann verständlich auszeichnet.
6. Der Vorwurf, es seien Teile verlorengegangen, kommt von dubiosen Überlieferungen (Bsp. Eine Ziege habe Aufzeichnungen gefressen) aus dem schiitischen Umfeld (wobei die 12-er Schia den Koran als unverfälscht anerkennt, allerdings eine andere, bei den Sunniten nicht anerkannte Lesart bevorzugt) oder von falschen Interpretationen von Aussagen der Gefährten
7. Lesarten entstehen durch die Wurzelstruktur der arabischen Sprache. Geschrieben wurden in der Frühzeit nur die langen Vokale, die kurzen Vokale, Verdopplungen und Konsonaten ohne kurzen Vokal wurden weggelassen und die Punkte, welche einige Buchstaben voneinander unterscheiden, wurden ebenfalls nicht geschrieben. Dies zeigt uns zweui Dinge:
- Die arabische Schriftsprache war noch nicht hochentwickelt, die Aufzeichnungen bzw. später der Koran in Buchform waren zunächst vor allem eine Stütze für das Auswendiglernen.
Es gibt eine berühmte Anekdote, wonach der Sohn eines Ölhändlers in Sure zwei las,"Das ist das Buch, kein Öl (zayt) ist in ihm", statt "Das ist das Buch, kein Zweifel (rayb) ist ihm." Denn die Buchstaben z un r sowie t und b wurden gleich geschrieben. Als sein Vater das hörte, schickte er ihn umgehend zu einem Scheich, damit er den Koran mündlich lerne.
Aber es gab von Anfang an mehrere Lesarten, häufig liegt in der Mehrdetigkeit sogar noch ein Mehr an Weisheit. Bsp. gibt es in der Sure Al- Fatiha die Lesart "Malik" und "Maalik". Nach Ersterer ist Gott der König des Gerichts, nach Zweiterer der "Eigentümer" des jüngsten Tags. Wenn einmal von "lamastum" und in einer anderen Lesart von "Laamastum" gesprochen wird, dann bedeutet Ersteres "eine Frau berühren" (neutral) und Letzteres "Eine Frau mit erotischer Absicht berühren" oder im übertragenen Sinne "mit einer Frau Geschlechtsverkehr haben". Die Gerechtsgelehrten haben ihre Interpretation von Koranversen, die für das Recht relevant sind, auch durch die Bedeutungsnuancen in den verschiedenen Lesarten begründet.
Die Punktierung wurde nötig, als nichtarabische Muslime zur Mehrheit in der Umma wurden und die Alphabetisierung fortschritt. Sie lernten Arabisch und damit auch die Koransprache systematisch und schriftlich, wobei das Memorieren und der mündliche Gebrauch des Koran weiterhin eine wichtige Rolle spielte und bis heute spielt.
8. Wir haben lückenlose Überlieferungsketten (Schüler rezitiert vor dem Lehrer den ganzen Koran und bekommt dafür die "Lizenz" - arabisch: Ijaza - als Hafiz, der den Koran auswendig beherrscht), die bis heute fortgesetzt werden. Die kürzesten Kettten umfassen meines Wissens knapp über 30 Generationen.