@Fidaii Auch zu dem Unsinn hatte ich vor kurzem bereits etwas geschrieben:
Scheinbar hast du Shlomo Sands "Die Erfindung des jüdischen Volkes" gelesen und zu weit und tief als übergeordnete Meinung angenommen...
Wir setzen Nationalität und Volk der Einfachheit halber gleich und es war zu erwarten, dass es in einem zum großen Teil antisemitischen Diskurs durch dieses Buch, zu der Behauptung kommen würde, dass ein Volk immer auch eine gemeinsame Abstammung haben müsse. Ganz so, als wären Dinge wie eine gemeinsame Kultur, eine Religion und eine Vielzahl von gemeinsamen Traditionen ein unerheblicher Bestandteil und nur das "Abstammungsprinzip" wäre von entscheidender Bedeutung.
Nach diesem Denkmuster wären dann ja auch alle Völker germanischen Ursprungs "Deutsche" und eine Nation wie Amerika, welche sich alleine durch die freie Willensbildung gebildet hat, gäbe es nicht da es dort keine einheitliche Abstammung gibt.
Eine Volk ist das, was meint zusammengehören zu wollen und dies auch vergangenheitlich, gegenwärtig oder zukünftig deklaratorisch geäußert hat.
Ich könnte jetzt noch etwas weiter ausholen und auch darüber, dass selbst die Willensbekundung von Menschen zur Zugehörigkeit einer Nation auch nur in begrenztem Maße stattfinden kann, da sich sonst der gemeinsame Kern auflöst und die Nation auseinander bricht aber darum geht es hier nicht. Es geht ja gerade wohl um Sands Äußerungen und dazu will ich dann mal aus der SZ zitieren:
…die ein Forscherteam um den Genetiker Harry Ostrer von der New York University School of Medicine in der Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift American Journal of Human Genetics (online) veröffentlicht: Demnach deuten Genanalysen darauf hin, dass alle jüdischen Menschen tatsächlich relativ eng miteinander verwandt sind – selbst dann, wenn sie seit langer Zeit getrennt auf unterschiedlichen Kontinenten leben und sich mit den dort lebenden Ethnien vermischt haben.
(…)
Nun widersprechen auch die neuen Genanalysen Sands Thesen mit großer Deutlichkeit. Zwar hatte es schon in den vergangenen Jahren verschiedene genetische Hinweise auf die relativ enge Verwandtschaft unter Juden gegeben, doch die neue Studie zeichnet sich dadurch aus, dass sehr weit voneinander entfernte Gemeinschaften untersucht wurden.
Die Genanalyse ergab, dass Aschkenasen, Sepharden und Mizrachim tatsächlich so viele gemeinsame genetische Merkmale aufweisen, dass man sie als eigenständige Gruppe von der übrigen Weltbevölkerung unterscheiden kann. Zugleich konnten die Forscher bei allen drei Diaspora-Gruppen Ursprünge im Nahen Osten nachweisen sowie eine Vermischung mit der Bevölkerung der jeweiligen Umgebung. (…)
Die Studie zeigt zudem, wie exakt sich Geschichte aus dem Genom ablesen lässt: So belegt die Analyse, dass sich die beiden größten Gruppen – die Juden Europas und des Nahen Ostens – vor ungefähr 2500 Jahren getrennt haben müssen.
(…)
Ein weiterer Marker im askenasischen Erbgut bestätigt eine bekannte demographische Delle, bei der die Zahl der europäischen Juden Anfang des 15. Jahrhunderts auf 50.000 gesunken und bis zum 19. Jahrhundert wieder auf fünf Millionen gewachsen war. “Die Studie stützt also die These, dass alle Juden durch eine gemeinsame genetische Geschichte verbunden sind”, resümiert Ostrer.
http://www.sueddeutsche.de/wissen/genforschung-ahnen-aus-judaea-1.953790Dazu gibt es aber auch noch etwas in "Bild der Wissenschaft":
Die Diaspora hat bis heute sichtbare Spuren im Genom vieler Juden hinterlassen
Auch wenn die Vertreter des jüdischen Volkes über den ganzen Globus verstreut leben, tragen sie doch ihre gemeinsame Herkunft im Genom mit sich. Dies haben Forscher aus Israel und den USA nun durch eine umfassende Genomanalyse von Menschen aller Hauptgruppen der jüdischen Diaspora nachgewiesen. Juden aus den verschiedenen Weltregionen teilen demnach zahlreiche genetische Merkmale, durch die sie sich von anderen Bevölkerungsgruppen unterscheiden und die auf gemeinsame Urahnen zurückgehen. Im Anschluss an die Studie dienen die hierfür gesammelten umfangreichen Gendaten nun künftig auch zur Erforschung der genetischen Ursachen von Herzerkrankungen, Krebs oder Diabetes sowie anderer häufiger Krankheiten, berichten die Forscher um Harry Ostrer vom New York University Langone Medical Center.
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http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/news/311241