Der Krieg der Religionen
23.05.2007 um 15:48
Kopiert von einer anderen Quelle aber fand ich interessant. Da ist mir klar geworden wiewenig ich weiß und mich würde es freuen wenn ich auch mal solche Sachen in den Medien zusehen bekomme. Grüße an Al-Chidr :).
Kriegsverbrechen im Libanon
DerLibanon, Syrien und Jordanien - alle drei Länder beherbergen palästinensischeFlüchtlinge, und das oft schon seit vielen Jahrzehnten. Die Lebensbedingungen derFlüchtlinge sind allerdings alles andere als einheitlich: Während im Libanon dieZukunftsaussichten verheerend sind, stehen die Chancen in Syrien und Jordanien für die inder Diaspora lebenden Palästinenser weitaus besser. Doch viele haben den Traum von einerendgültigen Rückkehr noch immer nicht begraben.
Zu Besuch in Mar Elyas, einemLager für palästinensische Flüchtlinge am Stadtrand der libanesischen Hauptstadt Beirut.Bei Familie Hamdiyeh wird jedes Abendessen von den Fernsehnachrichten aus der einstigenHeimat begleitet. Der dreijährige Mustafa spricht am Telefon mit seinem Onkel Younis, dervor wenigen Monaten in England Asyl beantragt hat. Im Libanon sah der junge Akademikertrotz exzellenter Abschlüsse für sich keine Zukunft.
Knapp eine MillionPalästinenser wurden nach der Staatsgründung Israels im Jahre 1948 zu Flüchtlingen. Aufmindestens fünf, nach manchen Schätzungen sogar bis zu sieben Millionen ist diepalästinensische Diaspora inzwischen angewachsen. Bis heute säumen ihre übervölkertenQuartiere die Ränder arabischer Hauptstädte wie Amman, Damaskus und Beirut. Am elendestenist die Situation der knapp dreihunderttausend Flüchtlinge im Libanon: Nahezu allequalifizierten Jobs sind ihnen per Gesetz versperrt. Wer nicht von Verwandten in Europaoder Übersee unterstützt wird, muss oft mit weniger mehr als 200 Euro im Monat eineGroßfamilie über Wasser halten.
Auf dem Weg durch die verwinkelten Gassen desLagers erzählt Mustafas Vater Nabil vom Verlust seines Jobs und seiner vergeblichenArbeitssuche. Jetzt bereut er, dass er geheiratet und ein Kind gezeugt hat. Bis in dieneunziger Jahre hinein war das ganz anders: Kinder und ihre Ausbildung galten alsInvestition in die Zukunft - als Vorbereitung auf die Rückkehr in ein unabhängigesPalästina. Doch seit den Friedensverhandlungen von Oslo und Camp David haben die meistenFlüchtlinge die Hoffnung auf Rückkehr verloren. Baha Tayar, eine Mitarbeiterin despalästinensischen Sozialverbands, über die Auswirkungen auf die Kinder.
Die Kinderfragen: Warum sollen wir jahrelang an der Uni sitzen und Studiengebühren zahlen, umIngenieur oder Arzt zu werden, wenn wir dann am Ende für hundert Dollar im Monat arbeitenmüssen - weil es mir als Palästinenser verboten ist, als Arzt zu arbeiten. Es gibtwirklich ausgebildete Ingenieure, die ihr Geld mit dem Verkauf von Gemüse verdienen - dieKinder kennen diese Fälle genauso wie wir und sagen uns: Da verkaufe ich doch liebergleich Gemüse und spar mir den Umweg über die Uni.
Offiziell bekennen sich nahezualle libanesischen Politiker und Parteien zur Sache der Palästinenser. Sie fordern dieRückkehr der Flüchtlinge in ihre heute größtenteils tief in Israel gelegenen Städte undDörfer. Tatsächlich hätte eine endgültige Ansiedlung der im Libanon lebenden, überwiegendmuslimischen Palästinenser verheerende Auswirkungen auf die fragile Balance derReligionen in dem kleinen Mittelmeerland. Insgeheim haben sich viele Libanesen jedochlängst damit abgefunden, dass die ungeliebten Gäste bleiben werden und spekulieren aufden politischen Preis, den der Libanon für dieses Zugeständnis verlangen könnte - wieetwa neue Finanzhilfen zum Abbau der ausufernden Staatsverschuldung. In der Zwischenzeitwird alles getan, um eine Integration der Flüchtlinge zu verhindern - aus Furcht, dassdie internationale Gemeinschaft das Problem sonst als gelöst betrachtenkönnte.
Selbst wenn ich unter freiem Himmel schlafen müsste, selbst wenn ich inPalästina Bürgerin zweiter oder gar zehnter Klasse wäre - wenn ich könnte, würde ichsofort dorthin zurückkehren. Das ist immer noch besser als diese elenden Lager, immernoch besser, als in einem Land zu leben, wo ich ständig daran erinnert werde, dass ichhier nicht hingehöre.
Berichte über die Lage der palästinensischen Flüchtlingekonzentrieren sich oft auf den Libanon, wo die ökonomische Lage besonders verzweifelt,das politische Problem besonders offensichtlich ist. Doch weniger als ein Zehntel allerFlüchtlinge lebt dort. Im Nachbarland Syrien leben etwa eine halbe Million Palästinenser- die hier außer dem Wahlrecht alle Bürgerrechte besitzen, in allen Berufen arbeiten undGrund und Boden ebenso besitzen dürfen wie jeder Syrer auch.
In einer bescheidenenParterrewohnung im Viertel Dscheramana am Stadtrand von Damaskus erhitzen sich dieGemüter. Hausherr Bassam, selbst Syrer, arbeitet als Redakteur für eine palästinensischeZeitschrift. In seinem winzigen Wohnzimmer debattiert ein rundes Dutzend syrischer undpalästinensischer Freunde und Kollegen über die jüngsten Entwicklungen in Israel. FürAußenstehende ist weder am Dialekt noch an den politischen Standpunkten zu erkennen, werSyrer und wer Palästinenser ist. Anders als in allen Nachbarländern ist die großeMehrheit der Flüchtlinge vollkommen in das soziale Gefüge des Gastlandes integriert.Bassams Ehefrau Assya, selbst Palästinenserin, amüsiert sich über das Erstaunen derausländischen Besucher.
Das ist doch völlig normal, wieso wundert dich das? MeineEltern leben hier seit 57 Jahren. Ich habe mehr syrische als palästinensische Freunde.Mein Mann ist Syrer… Ich denke darüber nicht einmal mehr nach. Ich bin hier in Damaskusgeboren und liebe diese Stadt sehr, ich fühle, dass ein Teil von mir hierher gehört. Dasheißt aber nicht, dass Syrien mir meine Heimat Palästina ersetzen kann.
ÜberJahrzehnte hat das syrische Baath-Regime sich selbst als Vorkämpfer der palästinensischenSache präsentiert und palästinensische Organisationen für die eigenen Zweckeinstrumentalisiert. Der verstorbene PLO-Chef Jassir Arafat, der sich nicht in den Dienstder syrischen Außenpolitik stellen mochte, wurde von den Herrschern in Damaskus ebensohartnäckig bekämpft wie der in Oslo eingeleitete Friedensprozess. Ohne EinbeziehungSyriens, so die Botschaft an Israel und die USA, wird es im Nahen Osten keinen Friedengeben. Bis heute beherbergt Damaskus Vertreter von palästinensischen Organisationen wieder Hamas, dem Islamischen Dschihad und der "Volksfront für die Befreiung Palästinas".Immer wieder beschuldigen Israel und die USA Syrien, mit Hilfe dieser GruppierungenAnschläge in Israel zu organisieren. Deren Büros befinden sich deshalb stets inunauffälligen Gebäuden tief im Gassengewirr der Lager - so wie das Hauptquartier der"Demokratischen Volksfront für die Befreiung Palästinas", für deren Parteizeitung AssyasEhemann Bassam als Redakteur arbeitet. Herausgeber Moatasim Hamadeh hat demographischeStudien in Auftrag gegeben, um die Einstellungen der Flüchtlinge zur Rückkehr nachPalästina zu erforschen.
Die alten Leute haben jede Hoffnung auf Rückkehraufgegeben - sie wissen, dass sie es nicht mehr erleben werden. Die mittlere Altersgruppehält am Rückkehrrecht fest, aber ihre Erfahrungen mit den arabischen Regimes machen siesehr skeptisch, ob es jemals dazu kommen wird. Die Jugendlichen dagegen bestehenbesonders entschlossen darauf. Sie haben romantische Vorstellungen von ihrer Heimat, dieAlten erzählen ihnen vom Leben im Dorf, von ihren Feldern und Bäumen.
Meine Elternhaben mir soviel von Palästina erzählt von unserem Dorf Tireh bei Haifa. Mutter und Vaterhaben mir von den Bergen erzählt, dass es nicht viele Kühe gibt, weil unsere Gegend sobergig ist. Oft träume ich von etwas, das nicht eindeutig Palästina ist - ein Phantom vonPalästina, ich sehe Berge, die grün bewachsen sind - seit ich klein bin erzählen sie mirvon Arak Al-Sheikh, dem höchsten Berg in unserer Gegend, von Kharrab al-Ain, demfruchtbarsten Land in der ganzen Gegend, wo auch unser Land war.
Assya und Bassamsind mit zwei Einkommen, nur zwei Kindern und einer kleinen Eigentumswohnung außerhalbdes Lagers für syrische Verhältnisse zu bescheidenem Wohlstand gekommen. Weil ihr EhemannSyrer ist, könnte auch Assya die syrische Staatsbürgerschaft erwerben. Ihre Kinder habensie schon bei der Geburt automatisch erhalten. Ganz praktisch gesehen wäre dasFlüchtlingsproblem in dieser Familie damit gelöst. Doch faktisch werden auch ihre Kinderdazu erzogen, weiter von Palästina zu träumen.