Zweifel am Glauben anderer
27.08.2006 um 12:28
xedion
Mein lieber xedion, dass Du nicht über Sinn oder Unsinn Dichstreiten wolltest, von dem bin ich auch wirklich ausgegangen. Nur ist mir natürlich,gerade aus unseren „anderwärtigen“ Gesprächen und da bin auch stets bestrebt sehraufmerksam zuzuhören, ein wichtiger Aspekt Deiner Lebenshaltung ins Bewusstsein geraten,welchen ich nicht einfach so von Dir subtrahieren oder ausblenden kann, als handle essich hier um einen autonomen, selbständigen Teil, welcher Deine anderen Bestrebungen inDeiner Lebenshaltung und daraus resultierende Betrachtungen nicht tangieren solle. Sogesehen, hat es sogar sehr mit Psychologie zu tun, die damit zu tun hat. ;)
Ichstimme mit Dir grundsätzlich überrein, wenn Du sagst, dass mein Weltbild an sich ja schonAusdruck dieser Sache sei, genau wie Deins auch… ;)
Nun xedion, Dir ist hierhoffentlich bewusst, dass ich hier jetzt auch mal spitzfindig sein, ja sogar ein bisschen„ketzerisch“ fragen könnte: ja stimmt denn dies überhaupt, sind wir uns wirklich sicher,ist es tatsächlich so, dass jegliches ausgedrückte Weltbild (im Sinne von Sprache/Schriftoder sonstiger Ausdruck) mit dem tatsächlich praktizierten Leben (mit all seinennatürlichen Prinzipien) eines Wesens einher geht, in einem authentischen Sinne?
Dies mein lieber Freund, wage ich doch zutiefst zu bezweifeln, nicht dass ich damitsagen wollte, dass es nicht Artgenossen unter uns geben würde, welche absolut authentischmit ihrem Ausdruck UND ihrer tatsächlichen Praxis 1:1 praktizieren würden, aber diesführte meiner Ansicht nach zu einem weiteren sehr interessanten psychologischen Aspekt,oder nicht?
Wenn Du nun hier der Meinung sein möchtest, dass Du dadurch, indemDu Dein Weltbild vertretest (jetzt mal davon abgesehen von oben erwähnter Skepsis vonTheorie und Praxis…), gleichzeitig am Weltbild des anderen zweifelst, so tust Du dies inerster Linie für Dich selbst, inklusive mit all den daraus resultierenden Konsequenzen,welche Du „gezwungenermassen“ tragen musst, durchaus auch auswirkend auf Deine gelebtePraxis, mit eingeschlossen Deine Umwelt natürlich, welche mit diesem Umstand leben„muss“… :)
Jetzt kommt hier meine durchaus psychologische Betrachtung, welchehier in diesem Sachverhalt, ein Charakterzug ein typischen Ego’s erkennen möchte (darinliegt überhaupt keine Wertung!), welches nur darin bestehen kann, indem es sich vom Resttrennt. Im Sinne von: entweder Ich oder der Andere (insofern sich der Andere nicht mitDeiner Ansicht deckt).
Interessanterweise relativierst Du jetzt diesen Punkt,indem Du nun „alle haben Recht“ mit in Dein Weltbild integrierst und trotzdem bleibst Duweiterhin der Meinung, dass Du mit Deinem Weltbild richtiger liegst, als jene, welchenicht diesem, Deinem Weltbild entsprechen..?
Natürlich kann ich darin Deinewerdende Toleranz aus dieser Beschreibung ersehen, welche sehr begrüssenswert ist, jedochobgleich Du das allgemeine Absolutheitsdenken kritisieren möchtest (und nicht mich, wasDu aber ruhig tun dürftest, wenn es Dir behagt), so birgt doch Deine Schlussfolgerung(Dadurch, dass Du ein Weltbild vertretest, zweifelst Du am Weltbild des anderen)lustigerweise eben gerade einen Absolutheitscharakter implizierst…
(Das dieNicht- Existenz eines Absolutheitscharakter keine unumstössliche Wahrheit ist, verstehtsich von selbst und dass man durchaus darüber diskutieren kann auch...) ;)
Wennich hier nun sage, dass ein bewusstes Selbst (kein Ego), erstmal alles akzeptiert und dieweiteren Bewegungen daraus angeht, so denke ich, dürfte die Tragweite diesesPraktizierens noch nicht vollumfänglich bewusst geworden sein. (Was bitte nicht alsWertigkeit zu betrachten wäre)
Ein daraus resultierender Aspekt wäre auch, dassein Irrtum durchaus seine Daseinsmöglichkeit hat, welcher aber nicht als etwas„positives“ betrachtet werden kann, weil er nichts anderes sein kann als eine Beraubungdes rechten Gebrauchs der Freiheit.
Um dies klar zu verstehen und gleichzeitigauch wie Irrtum allein auf den Missbrauch unseres Willens beruht, ferner wie wir uns vorIrrtum schützen können, müssten wir unsere Weisen zu denken ins Gedächtnis rufen, bzw.alle Weisen wahrzunehmen (wie fühlen, vorstellen und begrifflich einsehen) und zu wollen(wie begehren, vermeiden, behaupten, verneinen und zweifeln); denn alle Formen lassensich auf diese beide Formen zurückführen.
Unser Geist kann, insofern er Dingeklar und deutlich einsieht und denen, die er einsieht, zustimmt, sich nicht täuschen,ebenso wenig dann, wenn er Dinge bloss wahrnimmt, ohne ihnen zuzustimmen. Denn mag ichjetzt auch ein geflügeltes Pferd wahrnehmen, diese Wahrnehmung enthält gewiss nichtsFalsches, so lange ich nicht zustimmend behaupte, es sei wahr, dass es ein geflügeltesPferd gibt, noch auch solange ich zweifle, ob es ein geflügeltes Pferd gibt. Und weilbehaupten im Sinne von zustimmen nichts anderes ist als den Willen bestimmen, folgt, dassIrrtum allein vom Gebrauch des Willens abhängt.
Um nun die Relation zum Selbstaufzuzeigen, so ist meiner Ansicht nach, dieses Vollkommen. Ein Irrtum wäre ein Grad anUnvollkommenheit und besteht also allein in der Beraubung der besten Freiheit (darummeine Erwähnung in einem vorgehenden Post: dass die Proklamation des Individualismus undAutonomie [über der Intimität], was oft mit Freiheit gleichgesetzt bzw. verwechseltwird).
Beraubung in dem Sinne, weil wir also einer Vollkommenheit beraubtwerden, welche eigentlich unserer Natur (das Selbst) eigen ist und Irrtum aber in demSinne, weil wir diese Vollkommenheit durch eigenes Verschulden (das Ego) entbehren, diesweil wir unseren Willen nicht in dem Masse, wie wir es können, innerhalb der Grenzen desGeistes/Verstandes (Harmonie Körper und Geist) zusammenhalten.
Und ich bitteDich xedion, nun meine Ausführung auch nicht als Kritik an Dir aufzufassen- ich möchtedamit nur einen Aspekt der Konsequenz, was es heisst, alles akzeptieren zu können, nichtnur theoretisch, sondern eben und gerade vor allem im tatsächlichen Praktizieren, einbisschen näher bringen und das ein Irrtum relativ auf den Menschen bezogendurchaus eine Möglichkeit darstellt und dem "alle haben Recht" ein bisschen den Wind ausden Segeln zu nehmen... ;)
Es freut mich auch sehr, dass wir in Bezug auf diePraxis im Hier und Jetzt an einem gemeinsamen „Strick“ ziehen können, welches zu Toleranzin Bezug auf anders Denkende eine realistische und durchaus praktische Möglichkeit an dieHand bietet. :)
Auch ist Deine Auffassung meines Komplimentes an Dich, absolutgerechtfertigt und ich möchte Dich auch weiterhin dazu motivieren, Deine Aufmerksamkeitaufrecht zu erhalten. Besten Dank Dir! :)