Hallo
@tiqqun !
Die alten Griechen sind sicherlich nicht die alleinigie Autorität um die Frage nach dem Wesen des Göttlichen zu entscheiden. Aber dumm waren sie gewiss nicht. Sie haben sich einfache Fragen gestellt (warum der Apfel immer nach unten fällt...) und sind zu verblüffenden und logisch nachvollziehbaren Antworten gelangt, die heute noch die Grundlagen des philosophischen Denkens bilden.
Deine drei Fragen sind sehr interessant.
1. Gibt es nur einen "Gott" und wenn ja welchen?
2. Woher kommt das Böse und was ist das Gute?
3. Hat der Mensch einen freien Willen. Wenn Ja wozu? Wenn Nein, wie dann das Böse behandeln?
Zu 1. Wenn es nur einen Gott gibt, erübrigt sich die Frage. Gäbe es hingegen mehrere Götter oder Gottheiten, dann hätten wir Menschen ein Problem, denn wir könnten es niemals allen Recht machen. Das funktioniert ja schon bei uns untereinander nicht. Wie sollte dies dann erst bei den Göttern funktionieren?
Es gibt ja auch ein Sprichtwort: Man kann nicht zwei Herren dienen ! Somit kann man auch niemals zwei Göttern dienen. Ausser man bedient sich solcher Konstrukte wie im Christentum, wo man sagt: Diese drei sind eins...
Selbst wenn es mehrere Gottheiten gäbe, dann wäre die Frage, wer für uns Menschen eigentlich zuständig ist? An wen sich die Menschen wenden sollen und ob sie es überhaupt sollen oder ob es nicht besser wäre sich gar von den Gottheiten abzuwenden?
Die Attribute wie Ewigkeit, Unendlichkeit, Allwissenheit und Allmächtigkeit können auch zumindest nach der menschlichen Logik nicht auf mehrere Götter aufgeteilt werden. Es kann nur entweder eine Allmächtigkeit geben, die sich auf mehrere Wesenheiten aufteilt und diese in ihrer Gesamtheit dann die Allmacht ergäben, wenn sie zusammen wirkten. Aber es kann niemans sein, dass zwei Wesenheiten gleichermaßen Allmächtig wären.
Das führt zu ganz abstrusen Denkweisen wie: Der zweite Gott neben dem einen könnte denken: Der kann mir gefährlich werden, er könnte mich mit seiner Allmacht auslöschen, also will ich ihm zuvorkommen und ihn selbst auslöschen. Das weiß der andere aber auch schon, da er ebenfalls Allwissend ist und will also diesem Gedanken des einen zuvor kommen. Das kann dieser aber nicht, da der andere ebenfalls schon um dies weiß, weil er ja auch Allwissend ist usw...
Das einzige was denkbar wäre, wäre so etwas wie Gewaltenteilung, dass die Gottheiten im Gesamten die Allmacht, das Allwissen und die Ewigkeit und Unendlichkeit darstellen und jedes einzelne Wesen einen Teilbereich abdeckt. Das kann man dann aber auch wieder zu einer Obersten Instanz zusammen führen, die statt der Gottheiten, sagen wir mal aus Boten oder Diener für bestimmte Bereiche besteht und deren Koordination dann von der obersten Instanz geleitet wird. Oder dass diese Teilbereiche nur Attribute eines einzigen Gottes sind und wir das nur nicht erkennen.
Zu 2. Woher das Böse kommt kann man erst fragen, wenn man weiß, was das Böse eigentlich ist. Genauso kann man fragen, was das Gute denn eigentlich ist. Vielleicht sind wir in unserer Denkweise auch schon zu sehr besetzt, alles in Gut und Böse zu unterteilen. Vielleicht ist bei Gott alles gut? Oder es ist da einfach nicht diese Unterscheidung vorhanden?
Was für uns böse ist, muss für Gott nicht auch böse sein. Und was für Gott gut ist, muss für uns noch lange nicht gut sein. Wenn Gott Alles ist, dann muss auch das Böse in ihm sein, denn sonst würde Gott ja etwas fehlen, nämlich eben das Böse. Dann könnte er nicht Allmächtig sein. Dann wären wir Menschen so gesehen mächtiger, weil wir etwas zu tun imstande sind, was Gott fremd wäre.
Wir sind letztlich diejenigen, die festlegen, was Gut ist und was Böse. Das gilt aber im Grunde auch nur für uns. Die Maßstäbe Gottes finden wir wohl auch in den heiligen Schriften, aber sie besagen im Grunde nur, was Gott gefällt und was ihm nicht gefällt. Wir haben ja trotzdem die Freiheit zu tun oder zu lassen was wir wollen. Es hat nur möglicherweise Konsequenzen. Die treffen aber nicht die Gottheit, sondern uns. Wir haben möglicherweise eben nur einen beschränkten Handlungsspielraum, weil wir eben nicht Allmächtig sind. Wir agieren ja nicht innerhalb unseres eigenen Selbst, sondern ausserhalb dessen, in der Welt um uns herum. Und die ist nicht unser, weil wir sie nicht geschaffen haben, sondern fremdes Eigentum sozusagen. Insofern kann der Erschaffer Richtlinen aufstellen wie man sich in dieser Lebenssphäre verhalten soll. Wir können das nicht, weil wir nicht in einer aus uns selbst hervorgebrachten Welt leben.
Gut ist letztlich das, was auch für uns Menschen gut ist. Für Gott, sage ich jetzt mal, ist alles gut. Oder es gibt da gar keine Unterscheidung. Gott könnte, sage ich jetzt mal, auch böses tun - sonst wäre er nicht Allmächtig. Nur, für Gott ist das nicht böse. Denn Gott hat keinen über sich, alles was Er tut, ist im Einklang mit sich selbst. Gott wäre niemandem Rechenschaft schuldig, wenn er zB. seine Schöpfung wieder vernichten würde. Wir Menschen hingegen betrachten Vernichtung als etwas böses. Wir haben nämlich eine Instanz über uns, der wir Rechenschaft ablegen müssen. Und wenn wir etwas vernichten, betrifft das ja auch nicht unser Eigentum, sondern das, in welches wir hinein gestellt worden sind, also Gottes Eigentum. Das macht schon einen Unterschied. Selbt mein eigenes Leben ist mir von Gott gegeben und daher im Grunde sein Eigentum und nicht das meine. Insofern bin ich nicht einmal befugt, mein eigenes Leben zu vernichten bzw. auszulöschen. Und wenn ich es täte, wäre ich der Instanz, die es mir gab, Rechenschaft schuldig. Ein Gott, der alles was Er erschuf, aus sich selbst schuf, kann damit so gesehen machen was Er will, es ist Sein Eigentum und daher ist dann Vernichtung auch nichts böses. Für uns wäre das ein Vergreifen am Eigentum des Schöpfers. Wir sind eben keine Götter, sondern Gschöpfe. Das ist der Unterschied.
Zu 3. Mit dem freien Willen ist das so eine Sache. Ob wir wirklich so frei sind wie wir oftmals glauben, lasse ich mal dahin gestellt. Fest steht aber schon, dass wir so etwas wie ein Zünglein haben, dass eine gewisse Freiheit hat, wie ein Pendel, zur einen, oder zur anderen Seite auszuschlagen, oder bei Entscheidungen sogar still stehen zu bleiben, aufgrund einer Unentschlossenheit. Beeinflusst wird dieses Zünglein mit Sicherheit durch alle möglichen Faktoren und die müssen noch nichteinmal in äusseren Umständen gesucht werden, sondern liegen eher in uns selbst. Verhaltensmuster, Prägungen, interne Verschaltungen von Synapsen, Erinnerungen, die eigene momentane Gefühlslage oder nur Gedanken des Für und Wider in uns selbst beeinflussen unsere Entscheidungen viel eher als äussere Umstände. Möglich ist auch, dass unsere Entscheidung schon im Unterbewusstsein sozusagen schon fest steht, ohne dass wir es wissen und uns dann scheinbar frei genauso entscheiden wie es in uns sozusagen schon festgelegt ist.
Und mit dem scheinbar freien Willen kommen natürlich dann auch solche Fragen wie die der Schuld und Verantwortung auf und damit auch die Frage, wie man damit um geht.
Wir sprechen ja auch von Schuldfähigkeit, bedeutet, ein Mensch muss schon auch soweit entwickelt sein, dass er überhaupt fähig ist, für das was er tut, Verantwortung zu tragen. Ich bin eher geneigt, zu sagen, so weit ist der Mensch im Grunde überhaupt noch gar nicht wirklich entwickelt, alsdass er das wirklich könnte. Und was würde es konkret bedeuten, dann jemanden sozusagen für Verfehlungen zu bestrafen? Ist damit die Schuld abgegolten? Sind die Fehler damit beseitigt? Ist ein möglicher Schaden dadurch behoben? Das alles trifft eben eher nicht zu.
Strafe ist so gesehen eigentlich Un-Sinn. Eine Wiedergutmachung oder ein Schadens-Ersatz wäre so gesehen sinn-Voller. Niemand hat etwas davon, ausser eventuell aus Rache oder Vergeltung, jemanden eine Strafe absitzen zu sehen oder durch Gegenqualen eine Art Genugtuung zu empfinden. Und ein Gott hätte am allerwenigsten etwas davon.
Eine Befreiung aus diesem Teufelskreis gibt es meiner Ansicht nach nicht, ausser wir ändern unsere Denkweise von Gut und Böse und im Hinblick auf Strafe im Sinne von Vergeltung, Rache oder Genugtuung.
Schuld läd sich schließlich im Laufe seines Lebens mehr oder weniger jeder Mensch auf. Sie ergibt sich aus der Tatsache, dass wir nicht Allmächtig und nicht Allwissend sind und somit Unvollkommen. Je mehr jemand handelt, um so größer ist auch das Risiko, Fehler zu machen. Je größer der Handlungsspielraum, um so größer ist auch die Verantwortung. Es kann aber nicht sein, dass dadurch der Mensch vor dem eigenen Handeln so abgeschreckt wird, dass er am liebsten gar nicht mehr eigenständig handeln will, da die Konsequenzen dann oftmals darin bestehen, dass die eigene Existenz durch mögliche folgenschwere Fehler völlig zerstört wird. Das führt dazu, dass man die Verantwortung immer gerne an andere abschiebt, oder dass man Verantwortung meidet, indem man möglichst wenig handelt. So nach dem Motto: Wenn ich gar nichts tue, mache ich ja auch keine Fehler - wobei ich genau diese Einstellung für den allergrößten Fehler halte.
Die Frage ist also weniger, wie kann ich Schuld vermeiden oder verhindern - das ist nicht möglich, ausser der Mensch wäre perfekt - sondern wie gehe ich mit Schuld um. Da, wie ich schon erwähnte, alle Menschen im Laufe ihres Lebens Fehler machen und somit Schuld auf sich laden, sind wir so gesehen irgendwo alle gleich. Erst in dem Moment wo wir anfangen, uns für besser zu halten, weil wir weniger Schuld auf uns geladen haben, als etwa andere, oder wo wir beginnen, diejenigen, die mehr Schuld haben und damit auch mehr Verantwortung tragen, auch noch zu branntmarken oder als geringschätziger ansehen, erst da beginnen die Probleme. Es ist nämlich jemand nicht mehr oder weniger wert oder mehr oder weniger Mensch, weil er mehr oder weniger Schuld auf sich geladen hat. Wenn wir als Menschen erst einmal zu unserer eigenen Fehlerhaftigkeit und Unvollkommenheit stehen und erkennen: In diesem Punkte sind wir alle gleich und dann mal solche Gedanken wie Bestrafung, Genugttung, Rache oder Vergeltung beiseite lassen und lediglich nach Wiedergutmachung, Wiederherstellung, Fehlerkorrektur oder Ersatz eines entstandenen Schadens nachdenken und im weiteren darüber, wie wir Menschen als Gemeinschaft möglicherweise auch die eines einzelnen Menschen erdrückende Schuld gemeinsam tragen können, um den Ursprungszustand soweit möglich wieder herzustellen, anstelle von Einzelindividuum sozusagen existenziell zu ruinieren, aufgrund dessen weil diese als Mensch leider versagt haben in bestimmten Bereichen.
Die Schuld ist ein Resultat aufgrund unseres eigenen Mangels als Vollkommenheit. Und in diesem Punkte sind wir Menschen alle gleich. Die letzte und größte Verantwortung für alles was existiert, trägt der, der es geschaffen hat. Insofern glaub ich nicht so recht daran, dass ein Vollkommenes Wesen wie ein Gott, seinen Geschöpfen einen Strick draus drehen will, weil sie so sind wie sie eben sind, nämlich Unvollkommen und daher auch gar nicht in der Lage sind Schuldlos leben zu können. Gott weiß um dies, die Frage ist also meiner Ansicht nach nicht, wie können wir als unvollkommene vor einem vollkommenen Schöpfer bestehen, sondern wie gehen wir untereinander damit am besten um?