Welche Religion ist die "wahr" - scheinlichste?
10.07.2009 um 22:44Mein Eindruck ist, dass alle Religionen im Kern dasselbe lehren. Sie sind entstanden aus den spirituellen Erfahrungen der Menschen, und die sind genauso allgemein und "objektiv" wie die Naturgesetze. Die Symbolsprache und drumherumgestrickte Erklärungen sind aber unterschiedlich. Das ist so wie wenn verschiedene Künstler dasselbe Motiv malen... Eben Interpretation.
Zeitweise habe ich Religionsgemeinschaften sozusagen "besichtigt" und das Ausmaß der unterschiedlichen "Stile" und der identischen Aussagen hat mich umgehauen! Es war, als ob ich überall hingehen kann und mir was aussuchen: Möchtest du kahle Wände oder alles ganz bunt? Singen und tanzen oder schweigen? Strenge, womöglich gar die Peitsche, oder knuddeln? Praktische Hilfe leisten oder sich vor der Welt verkriechen? Für jeden Geschmack ist was dabei.
Ich denke, das zeigt, wie unwesentlich diese äußeren Formen sind. Es kommt anscheinend nicht darauf an, ob man zwecks "Lobpreis" hüpft und juchzt oder ob man möglichst unbewegt verharrt, sondern darauf, dass man es eben zwecks "Lobpreis" tut.
Eine meiner liebsten persönlichen Formen des "Lobpreises" ist die Ketzerei und die Debatte mit oder über Gott und seine Widersprüche. Vor vielen Jahren habe ich ihm gesagt, dass ich erst wieder an ihn glauben werde, wenn er in meiner Küche erscheint und den Abwasch macht. Schließlich ist er allmächtig, oder? Was soll dann dieses Versteckspiel und die Forderung, dass wir an ihn glauben sollen ohne Beweise? Wenn er will, dass ich an ihn glaube, muss er mich schon überzeugen.
Ich dachte, das war's und ich bin nun Atheistin. Aber der Kerl hat sich doch glatt provozieren lassen! Zwar hat er noch immer nicht den Abwasch gemacht, aber ich denke darüber nach, ihm das zu erlassen, weil er eine Show hingelegt hat, die erheblich eindrucksvoller war. Und zwar Synchronizitäten ( Wikipedia: Synchronizität ). Richtig viele und viele davon allein schon praktisch "jenseits statistischer Wahrscheinlichkeiten". In der Häufung, in der sie auftraten, ziehe ich eine Art von "Missverständnis" oder Zufall als Erklärung wirklich nicht in Betracht.
Ich habe mich jahrelang immer wieder mit der Frage beschäftigt, wie man sowas erklären kann. Wie eine Welt beschaffen sein müsste, in der sowas möglich ist. Man kann es nämlich nicht so einfach mit menschlichen "Psi-Kräften" erklären wie Telepathie oder dergleichen, die m.E. einfach nur was sind, für das eben noch kein Messgerät existiert.
Meine Ansätze waren dabei eher physikalisch: Sinn/Bedeutung als eine Dimension, in der bedeutungsähnliche Dinge sich gegenseitig anziehen? Ein erster Durchbruch war eine Art "Umstülpung" der Kausalwirkung - nicht vom Kleinsten zum Größten zusammengesetzt, sondern das Ganze wirkt auf alle seine Teile und "organisiert" sie. Ich fand später, dass zwei Mathematiker schon viel früher auf diese Idee gekommen sind und dass man damit tatsächlich genauso korrekte Formeln erhält und Sachen vorhersagen kann (es ist nur schwieriger zu berechnen und hat sich deshalb in der Praxis nicht durchgesetzt). Und dann kam irgendwann die Erkenntnis: Wenn ich das als ein Lebewesen betrachte, ist alles *ganz einfach*! Lebewesen tun sowas. Sie organisieren ihre inneren Prozesse, wachsen, verändern sich und bilden dabei ihre Ordnung selbst. Lebewesen sind nichts Exotisches. Es ist nicht weiter schwierig, an welche zu glauben, denn wir sehen dauernd welche. Wenn man sich aber fragt, ob es welche geben *kann*, so als hätte man nie welche gesehen und müsste sich diese Frage auf der Grundlage von Atommodellen, den Gesetzen der Mechanik und Ähnlichem erklären, dann wird man wahrscheinlich finden, dass ihre Existenz ziemlich unwahrscheinlich ist. Was auch immer man mit den Gesetzen der Mechanik untersucht, man wird keine anderen Gesetze darin finden als die der Mechanik. "Freier Wille" zum Beispiel ist in den Naturwissenschaften als Ursache ausgeschlossen. Jede Frage nach dem Warum verlangt nach einem deterministischen Grund und lässt ansonsten höchstens noch Zufall gelten.
Allmählich hat sich so auch meine intellektuelle Auffassung über Religion wieder geändert: Ich meine, wir sollten die Welterklärung lieber nicht allein den Naturwissenschaften überlassen. Die sind nämlich mit Gott fertig und machen nun mit uns weiter. Wenn wir an sie glauben, werden wir eines Tages entdecken, dass wir alle Roboter sind. Das ist alles nur eine Frage der Interpretation.
Das braucht eine Art "kultureller Gegenbewegung", wie es die Aufklärung damals war. Aber bitte nicht zu hirnrissig - es soll eine Weiterentwicklung sein, keine Rückverdummung! Ich glaube, dass wir *keine* der alten Religionen einfach übernehmen können und dass wir auch keine verwerfen sollten. Sie überliefern das spirituelle Wissen der Menschheit, aber wir sollten nicht einfach dran "glauben", sondern es rausfinden. Wissen ist tot, wenn es ohne Verstehen abgelesen oder aufgesagt wird. Man kann versuchen, es aus den Überlieferungen zu verstehen, oder man kann direkt nachschauen, ob man irgendwo einen Gott auftreiben kann.
Es ist mir verdächtig, dass die Religionen über seinen Namen uneins sind, aber nicht so richtig sagen können, was es denn nun ist, an das man da glauben soll. Die Reihenfolge ist falsch rum: Man definiert etwas erstmal, bevor man überlegen kann, ob ob es existiert. Es ist absurd, es mit einem Namen oder einer Kurzbezeichnung wie "Gott" zu benennen und dann den Leuten zu sagen, sie könnten es sich eh nicht vorstellen oder sie könnten sich eine eigene Vorstellung davon machen, aber Hauptsache, sie glauben ganz doll dran. Das ist doch wie eine Szene aus "Das Leben des Brian"!
Und die Stories über Gott sind meist sehr seltsam. Da wird uns erzählt, er sei allmächtig und wir müssten ihn ganz doll liebhaben, damit wir später in den Himmel kommen und es gut haben. Merkt denn niemand, dass das ein total egoistischer Antrieb ist und sich von dem Streben nach dem "Häuschen im Grünen" eigentlich nur durch das Ausmaß der erstrebten Behaglichkeit unterscheidet?
So richtig daneben wird es für mein Empfinden dann, wenn die Leute in Fantasien darüber schwelgen, wie Gott all die anderen, die gar nicht oder auf die verkehrte Art an ihn geglaubt haben, niedermetzeln oder gar totfoltern wird. Bei solchen Religionen kann man nur hoffen, dass sie als "Opium für's Volk" funktionieren und diese Leute es *wenigstens* Gott überlassen, sich um die restliche Menschheit zu "kümmern"! *grusel*
Überhaupt: Wieso sollte Gott eigentlich darauf aus sein, uns zu bestrafen? Warum hat er den Baum ins Paradies gepflanzt, wenn wir nicht davon essen sollen, und warum zeigt er sich nicht einfach klar und deutlich, wenn er so scharf darauf ist, beachtet zu werden? Kann er nicht oder will er nicht?
Solche danebenen oder obskuren Gottesbilder "halte ich mir" für allerlei Schabernack und Geschichten. Man kann tolle Geschichten daraus machen( z.B. Anatole France: Aufruhr der Engel). Eines Tages kam ich mal auf die Idee, dass Gott verrückt ist. Das ist auch kein Wunder. Es existiert nicht nur niemand, sondern auch *nichts* außer ihm. Das ist der totale Reizentzug. Aufgrund der sensorischen Deprivation ist er wahnsinnig geworden und halluziniert die Welt. Wir alle sind Gott, der die Leere und Einsamkeit seines Himmels nicht mehr ertragen konnte. Wenn es einen Grund gibt, später in den Himmel kommen zu wollen, dann doch wohl den, ihm da oben ein bisschen Gesellschaft zu leisten, damit er nicht so allein ist! Vielleicht kann man ihn sogar therapieren und alles wird gut.
Eine andere Idee ist, dass ich, falls es zu dieser nachtodlichen Gerichtsverhandlung kommt, Gegenklage einreichen werde. Wegen unterlassener Hilfeleistung. Über mein eigenes Leben will ich mich gar nicht beschweren. Ich bitte ungern um Hilfe und kriege dauernd mehr davon, als ich annehmen kann. Aber was ist mit den unzähligen Morden, bei denen er tatenlos zugesehen hat? Sogar sein eigener Sohn... Ich hab nun wirklich nicht drum gebeten, dass er den ans Kreuz nageln lässt. Damit er dadurch meine Sünden auf sich nimmt? Und darüber soll ich mich *freuen*? Das ist doch völlig daneben. Es gäbe einen viel besseren Weg: Allen Menschen verzeihen. Kann er sich ja mal überlegen. Vielleicht ändert sich ja nach meinem Tod was, wenn ich das mit ihm ausdiskutiert habe.
Ich weiß übrigens, dass Gott einen prächtigen Humor hat und dass ihm meine Ketzereien gefallen. Er fürchtet sich ganz gewiss nicht vor meinem Lästermaul!
Durch die menschlichen Fantasien und Bildern, die das ganze oft ziemlich verzerren, vermitteln Religionen z.B. "Werte". Man kann diese auch ganz ohne Religion durch Vernunft vermitteln, aber man sollte vielleicht mal daran denken, dass viele Menschen mehr dazu neigen, einer Autorität zu gehorchen als dazu, selbstständig zu denken. Wem werden diese Menschen gehorchen, wenn man ihnen den Gott nimmt?
Und zum Glück bleiben die meisten Religionsgemeinschaften nicht an den Vorstellungen vom "Guten" aus feudalistischen oder Sklavenhalter-Gesellschaften kleben, sondern modernisieren ihre Auslegungen, so dass sie dem heutigen Stand der Entwicklung entsprechen (oder entsprechen sollten).
Ganz egal, welcher Religion man sich zuwendet - bei der Frage, warum nicht einfach alles schön und gut ist auf der Welt, findet man höchstens faule Ausreden. Auch der Buddhismus, der ohne einen Gott auskommt, dem man die Sache anhängen kann, erscheint mir da widersprüchlich: Da haben wir nun alle diese Buddha-Natur und sind eigentlich längst erleuchtet - aber wieso verstecken sich diese Buddha-Naturen vor uns? Eigentlich braucht man ihnen gar nicht hinterherzurennen und sie zu suchen. Da sind sie ja sowieso, und wenn sie wollen, werden sie schon rauskommen. Und wenn nicht, dann eben nicht. Wen kümmert's? Ich werde nicht nochmal aufgeregt in der Gegend rumrennen und die Leute fragen, wieso sie so tun, als wären sie blöd, wenn sie es doch in Wirklichkeit gar nicht sind! Auch meinen eigenen Schwachsinn nehme ich mittlerweile mit Gelassenheit hin. Er ist nur eine Illusion. Ich schätze, man braucht ihn, um nicht aufzufallen. Sonst machen einen die Leute zum Guru und da plustert sich nur das Ego von auf. Also bleiben alle vorsichtshalber in Deckung und versuchen, sich unauffällig gegenseitig rauszulocken (das nennt man dann Bodhisattvas und das sind eigentlich alle Leute, man erkennt sie bloß meist nicht).
Trotz Karma, das mir viel logischer vorkommt als die Sache mit Himmel und Hölle als Strafe, konnte ich bei meinen Forschungen bisher nicht klären, wie wir eigentlich in die Sache reingeraten sind und warum die "Natur des Geistes" das Ego nicht einfach erledigt.
Aber alle Religionen sind sich darin einig, dass wir uns ständig bemühen sollen, die Wahrheit zu erkennen und nett zu anderen Menschen zu sein und auch sonst nichts kaputtzumachen. Mir scheint ja, das ist eh ein natürlicher Drang. Aber wenn niemand mehr ihn ermuntert, könnte er fast verschwinden wie andere Instinkte auch, die in unserer Gesellschaft nur heimlich und im Verborgenen ausgelebt werden dürfen. Wir sind doch jetzt schon so weit, dass "Gutmensch" ein Schimpfwort ist! Wie ist mir egal, aber es sollte so werden, dass man sein Gutsein offen zeigen kann ohne Angst haben zu müssen, dass sich die anderen darüber lustig machen oder einen womöglich verehren.
Hey, ich schätze, wenn wir das hingekriegt haben, kommt Gott auch raus!
Zeitweise habe ich Religionsgemeinschaften sozusagen "besichtigt" und das Ausmaß der unterschiedlichen "Stile" und der identischen Aussagen hat mich umgehauen! Es war, als ob ich überall hingehen kann und mir was aussuchen: Möchtest du kahle Wände oder alles ganz bunt? Singen und tanzen oder schweigen? Strenge, womöglich gar die Peitsche, oder knuddeln? Praktische Hilfe leisten oder sich vor der Welt verkriechen? Für jeden Geschmack ist was dabei.
Ich denke, das zeigt, wie unwesentlich diese äußeren Formen sind. Es kommt anscheinend nicht darauf an, ob man zwecks "Lobpreis" hüpft und juchzt oder ob man möglichst unbewegt verharrt, sondern darauf, dass man es eben zwecks "Lobpreis" tut.
Eine meiner liebsten persönlichen Formen des "Lobpreises" ist die Ketzerei und die Debatte mit oder über Gott und seine Widersprüche. Vor vielen Jahren habe ich ihm gesagt, dass ich erst wieder an ihn glauben werde, wenn er in meiner Küche erscheint und den Abwasch macht. Schließlich ist er allmächtig, oder? Was soll dann dieses Versteckspiel und die Forderung, dass wir an ihn glauben sollen ohne Beweise? Wenn er will, dass ich an ihn glaube, muss er mich schon überzeugen.
Ich dachte, das war's und ich bin nun Atheistin. Aber der Kerl hat sich doch glatt provozieren lassen! Zwar hat er noch immer nicht den Abwasch gemacht, aber ich denke darüber nach, ihm das zu erlassen, weil er eine Show hingelegt hat, die erheblich eindrucksvoller war. Und zwar Synchronizitäten ( Wikipedia: Synchronizität ). Richtig viele und viele davon allein schon praktisch "jenseits statistischer Wahrscheinlichkeiten". In der Häufung, in der sie auftraten, ziehe ich eine Art von "Missverständnis" oder Zufall als Erklärung wirklich nicht in Betracht.
Ich habe mich jahrelang immer wieder mit der Frage beschäftigt, wie man sowas erklären kann. Wie eine Welt beschaffen sein müsste, in der sowas möglich ist. Man kann es nämlich nicht so einfach mit menschlichen "Psi-Kräften" erklären wie Telepathie oder dergleichen, die m.E. einfach nur was sind, für das eben noch kein Messgerät existiert.
Meine Ansätze waren dabei eher physikalisch: Sinn/Bedeutung als eine Dimension, in der bedeutungsähnliche Dinge sich gegenseitig anziehen? Ein erster Durchbruch war eine Art "Umstülpung" der Kausalwirkung - nicht vom Kleinsten zum Größten zusammengesetzt, sondern das Ganze wirkt auf alle seine Teile und "organisiert" sie. Ich fand später, dass zwei Mathematiker schon viel früher auf diese Idee gekommen sind und dass man damit tatsächlich genauso korrekte Formeln erhält und Sachen vorhersagen kann (es ist nur schwieriger zu berechnen und hat sich deshalb in der Praxis nicht durchgesetzt). Und dann kam irgendwann die Erkenntnis: Wenn ich das als ein Lebewesen betrachte, ist alles *ganz einfach*! Lebewesen tun sowas. Sie organisieren ihre inneren Prozesse, wachsen, verändern sich und bilden dabei ihre Ordnung selbst. Lebewesen sind nichts Exotisches. Es ist nicht weiter schwierig, an welche zu glauben, denn wir sehen dauernd welche. Wenn man sich aber fragt, ob es welche geben *kann*, so als hätte man nie welche gesehen und müsste sich diese Frage auf der Grundlage von Atommodellen, den Gesetzen der Mechanik und Ähnlichem erklären, dann wird man wahrscheinlich finden, dass ihre Existenz ziemlich unwahrscheinlich ist. Was auch immer man mit den Gesetzen der Mechanik untersucht, man wird keine anderen Gesetze darin finden als die der Mechanik. "Freier Wille" zum Beispiel ist in den Naturwissenschaften als Ursache ausgeschlossen. Jede Frage nach dem Warum verlangt nach einem deterministischen Grund und lässt ansonsten höchstens noch Zufall gelten.
Allmählich hat sich so auch meine intellektuelle Auffassung über Religion wieder geändert: Ich meine, wir sollten die Welterklärung lieber nicht allein den Naturwissenschaften überlassen. Die sind nämlich mit Gott fertig und machen nun mit uns weiter. Wenn wir an sie glauben, werden wir eines Tages entdecken, dass wir alle Roboter sind. Das ist alles nur eine Frage der Interpretation.
Das braucht eine Art "kultureller Gegenbewegung", wie es die Aufklärung damals war. Aber bitte nicht zu hirnrissig - es soll eine Weiterentwicklung sein, keine Rückverdummung! Ich glaube, dass wir *keine* der alten Religionen einfach übernehmen können und dass wir auch keine verwerfen sollten. Sie überliefern das spirituelle Wissen der Menschheit, aber wir sollten nicht einfach dran "glauben", sondern es rausfinden. Wissen ist tot, wenn es ohne Verstehen abgelesen oder aufgesagt wird. Man kann versuchen, es aus den Überlieferungen zu verstehen, oder man kann direkt nachschauen, ob man irgendwo einen Gott auftreiben kann.
Es ist mir verdächtig, dass die Religionen über seinen Namen uneins sind, aber nicht so richtig sagen können, was es denn nun ist, an das man da glauben soll. Die Reihenfolge ist falsch rum: Man definiert etwas erstmal, bevor man überlegen kann, ob ob es existiert. Es ist absurd, es mit einem Namen oder einer Kurzbezeichnung wie "Gott" zu benennen und dann den Leuten zu sagen, sie könnten es sich eh nicht vorstellen oder sie könnten sich eine eigene Vorstellung davon machen, aber Hauptsache, sie glauben ganz doll dran. Das ist doch wie eine Szene aus "Das Leben des Brian"!
Und die Stories über Gott sind meist sehr seltsam. Da wird uns erzählt, er sei allmächtig und wir müssten ihn ganz doll liebhaben, damit wir später in den Himmel kommen und es gut haben. Merkt denn niemand, dass das ein total egoistischer Antrieb ist und sich von dem Streben nach dem "Häuschen im Grünen" eigentlich nur durch das Ausmaß der erstrebten Behaglichkeit unterscheidet?
So richtig daneben wird es für mein Empfinden dann, wenn die Leute in Fantasien darüber schwelgen, wie Gott all die anderen, die gar nicht oder auf die verkehrte Art an ihn geglaubt haben, niedermetzeln oder gar totfoltern wird. Bei solchen Religionen kann man nur hoffen, dass sie als "Opium für's Volk" funktionieren und diese Leute es *wenigstens* Gott überlassen, sich um die restliche Menschheit zu "kümmern"! *grusel*
Überhaupt: Wieso sollte Gott eigentlich darauf aus sein, uns zu bestrafen? Warum hat er den Baum ins Paradies gepflanzt, wenn wir nicht davon essen sollen, und warum zeigt er sich nicht einfach klar und deutlich, wenn er so scharf darauf ist, beachtet zu werden? Kann er nicht oder will er nicht?
Solche danebenen oder obskuren Gottesbilder "halte ich mir" für allerlei Schabernack und Geschichten. Man kann tolle Geschichten daraus machen( z.B. Anatole France: Aufruhr der Engel). Eines Tages kam ich mal auf die Idee, dass Gott verrückt ist. Das ist auch kein Wunder. Es existiert nicht nur niemand, sondern auch *nichts* außer ihm. Das ist der totale Reizentzug. Aufgrund der sensorischen Deprivation ist er wahnsinnig geworden und halluziniert die Welt. Wir alle sind Gott, der die Leere und Einsamkeit seines Himmels nicht mehr ertragen konnte. Wenn es einen Grund gibt, später in den Himmel kommen zu wollen, dann doch wohl den, ihm da oben ein bisschen Gesellschaft zu leisten, damit er nicht so allein ist! Vielleicht kann man ihn sogar therapieren und alles wird gut.
Eine andere Idee ist, dass ich, falls es zu dieser nachtodlichen Gerichtsverhandlung kommt, Gegenklage einreichen werde. Wegen unterlassener Hilfeleistung. Über mein eigenes Leben will ich mich gar nicht beschweren. Ich bitte ungern um Hilfe und kriege dauernd mehr davon, als ich annehmen kann. Aber was ist mit den unzähligen Morden, bei denen er tatenlos zugesehen hat? Sogar sein eigener Sohn... Ich hab nun wirklich nicht drum gebeten, dass er den ans Kreuz nageln lässt. Damit er dadurch meine Sünden auf sich nimmt? Und darüber soll ich mich *freuen*? Das ist doch völlig daneben. Es gäbe einen viel besseren Weg: Allen Menschen verzeihen. Kann er sich ja mal überlegen. Vielleicht ändert sich ja nach meinem Tod was, wenn ich das mit ihm ausdiskutiert habe.
Ich weiß übrigens, dass Gott einen prächtigen Humor hat und dass ihm meine Ketzereien gefallen. Er fürchtet sich ganz gewiss nicht vor meinem Lästermaul!
Durch die menschlichen Fantasien und Bildern, die das ganze oft ziemlich verzerren, vermitteln Religionen z.B. "Werte". Man kann diese auch ganz ohne Religion durch Vernunft vermitteln, aber man sollte vielleicht mal daran denken, dass viele Menschen mehr dazu neigen, einer Autorität zu gehorchen als dazu, selbstständig zu denken. Wem werden diese Menschen gehorchen, wenn man ihnen den Gott nimmt?
Und zum Glück bleiben die meisten Religionsgemeinschaften nicht an den Vorstellungen vom "Guten" aus feudalistischen oder Sklavenhalter-Gesellschaften kleben, sondern modernisieren ihre Auslegungen, so dass sie dem heutigen Stand der Entwicklung entsprechen (oder entsprechen sollten).
Ganz egal, welcher Religion man sich zuwendet - bei der Frage, warum nicht einfach alles schön und gut ist auf der Welt, findet man höchstens faule Ausreden. Auch der Buddhismus, der ohne einen Gott auskommt, dem man die Sache anhängen kann, erscheint mir da widersprüchlich: Da haben wir nun alle diese Buddha-Natur und sind eigentlich längst erleuchtet - aber wieso verstecken sich diese Buddha-Naturen vor uns? Eigentlich braucht man ihnen gar nicht hinterherzurennen und sie zu suchen. Da sind sie ja sowieso, und wenn sie wollen, werden sie schon rauskommen. Und wenn nicht, dann eben nicht. Wen kümmert's? Ich werde nicht nochmal aufgeregt in der Gegend rumrennen und die Leute fragen, wieso sie so tun, als wären sie blöd, wenn sie es doch in Wirklichkeit gar nicht sind! Auch meinen eigenen Schwachsinn nehme ich mittlerweile mit Gelassenheit hin. Er ist nur eine Illusion. Ich schätze, man braucht ihn, um nicht aufzufallen. Sonst machen einen die Leute zum Guru und da plustert sich nur das Ego von auf. Also bleiben alle vorsichtshalber in Deckung und versuchen, sich unauffällig gegenseitig rauszulocken (das nennt man dann Bodhisattvas und das sind eigentlich alle Leute, man erkennt sie bloß meist nicht).
Trotz Karma, das mir viel logischer vorkommt als die Sache mit Himmel und Hölle als Strafe, konnte ich bei meinen Forschungen bisher nicht klären, wie wir eigentlich in die Sache reingeraten sind und warum die "Natur des Geistes" das Ego nicht einfach erledigt.
Aber alle Religionen sind sich darin einig, dass wir uns ständig bemühen sollen, die Wahrheit zu erkennen und nett zu anderen Menschen zu sein und auch sonst nichts kaputtzumachen. Mir scheint ja, das ist eh ein natürlicher Drang. Aber wenn niemand mehr ihn ermuntert, könnte er fast verschwinden wie andere Instinkte auch, die in unserer Gesellschaft nur heimlich und im Verborgenen ausgelebt werden dürfen. Wir sind doch jetzt schon so weit, dass "Gutmensch" ein Schimpfwort ist! Wie ist mir egal, aber es sollte so werden, dass man sein Gutsein offen zeigen kann ohne Angst haben zu müssen, dass sich die anderen darüber lustig machen oder einen womöglich verehren.
Hey, ich schätze, wenn wir das hingekriegt haben, kommt Gott auch raus!