Sufismus
04.09.2005 um 23:42
Sufismus entstammt den Bedeutungen Reinheit (safa) und Wolle (suf). Damit sind die beiden Grundprinzipien des Sufismus in seinem urspruenglichen Verstaendnis bereits implizit ausgedrueckt: materielle und spirituelle Reinheit sowie Armut vor Gott (die ersten Sufis sollen als Zeichen der Armut vor dem Schoepfer einfache wollene Kleidung getragen haben, als Zeichen ihrer weltlichen Bescheidenheit)
Das sind Prinzipien, die der Sunna keineswegs widersprechen, sondern ebenfalls Grundvorausseztung fuer den wahren Glauben (Iman) !
Die sunna des Propheten und der sahabas erwaehnt allerdings den begriff Sufismus nicht, deshalb waehnen viele sunnitische Muslime von den gegenwaertigen Entstellungen des Sufismus negativ beeinflusst, dass der Sufismus der Sunna, dem gesunden Weg der Mitte, die der Prophet als Vorbild vorlebte, widerspreche. Das ist aber keineswegs richtig!
Wer nur geringe Kenntnisse ueber die meisten grossen Sufis der Fruehzeit besitzt, der wird feststellen, dass sie zugleich grosse sunnitische Wissenschaftler waren (hasan albasri, der oft als einer der ersten Sufis bezeichnet wird, war hadithsammler und Ueberlieferer und Korankommentator, Al- Gilani war ebenfalls ein grosser islamischer Wissenschaftler, Al- Ghazzali gehoert zu den groessten Gelehrten auf vielen Gebieten, nicht nur auf den Gebieten der Mystik und Philosophie und viele andere...)
Ihr allbestimmendes Prinzip gruewndet auf der weisern hadith des Propheten sws
Diene Gott als saehest du ihn. Auch wenn du ihn (in Wirklichkeit) nicht siehst, so sieht er dich doch!
Die Wahren Sufis folgten streng der Sunna und lehnten jegliche Entlehnungen von anderen Religionen oder Weltanschauungen strengstens ab, sie unterscheiden sich anderen Glaubigen dadurch, dass sie tief ueber die Geheimnisse der unsichtbaren Welt (arabiscvh Ghaibiat) mittels des Wunders des Korans nachdenken und Gott besonders demuetig dienen! Ihnen kaeme es weniger als jedem anderen Muslim in den Sinn, die Sunna des Propheten zu verunstalten und bidaa (negative Neuerung, die dem Islam widerspricht) zu verbreiten!
Da aber viele der unsichtbaren Geheimnisse allein Gott kennt, handelt es sich um eine sehr gefaehrliche Wissenschaft, wie Sure 3, Vers 7 im Koran verdeutlicht. Dort wird zwischen Koranversen unterschieden, die deutlich und ohne Zweifel beurteilbar sind
und Verse, die sich einander aehneln und so zum Zweifel fuehren koennen (beide Bedeutungen sind im Wort mutaschabihat enthalten). Denn der Zweifel ist Resultat zweier oder mehr gleichwertiger Moeglichkeiten im menschlichen Verstand! Wer nicht tief in diese Wissenschaft eingeweiht ist, kann vom islamischen weg abirren.
Deshalb haben die wahren Sufis/Mystiker stets nur wenige Schueler in dieser Materie unterrichtet, von denen sie wussten, dass sie bereit sind, diese gefaehrliche Wissenschaft nicht zu missbrauchen!
Die wahren Sufis versteckten auch ihre Wissenschaft nicht, sondern betrachteten sie als bestandteil des islamischen wegs, der nicht zwischen Diesseitys und Jenseits trennt! Einige der Sufis ergriffen deshalb Handwerksberufe, denn waehrend der weltlichen Arbeit wird auch der blick fuers Jenseits geschult
Wuerde man diese ergebenen Sucher der Wahrheit mit Begriffen beschreiben, die in den autotaritativen, heiligen Texten ( Koran und Sunna) enthalten sind, waer das Problem, das der begriff tasauuf (als Sufi leben) vielen Muslimen bereitet, aus der Welt!
Soweit zu den Mystikern, die den islamischen lebensweg verstanden haben und soweit wie moeglich vervollkommnet haben. Diese hoechste Stufe des Glaubens wird im Islam als Ihsan (etwas sehr gut machen) bezeichnet!
Alle sufistischen Praktiken, die mit manipulierter Ekstase mittels stimulierender Mittel zu tun haben (Tanz, Drogen, Musik, Zaubereien, Wahrsagereien, Atempraktiken, Verehrung des Scheichs als Mittler zwischen Allah und dem Glauebigen, Graeberverehrung...) etc. entstammen nicht dem wahren Sufismus, sondern drangen aus verschiedenen Gruenden in die umma ein:
Als die Muslime nach persien und Indien vordrangen, schlichen sich zum Beispiel einige der asketischen Praktiken aus den persischen Feuerreligioen und den indischen Religionen in den islam ein und richteten fuerchteten Schaden an. Besonders das einfache Volk wurde durch diese Hokuspokuspraktiken haeufig vom wahren Islam des Propheten und Menschen Muhammad sws abgeirrt! Je mehr die allgemeine islamische Hochkultur zugrundeging (besonders am ende des osmanischen Reichs), desto mehr verbreitete sich dieser Volkssufismus, der oft in der Tat Elemente von schirk (Teilhaberschaft neben Gott) beeinhaelt und groesstenteils auf Unwissenheit basiert! Da heute das religioese Wissen wieder zunimmt, verschwindet dieser Volkssufismus auch zunehmend, aber langsam aus dem Blickfeld, allerdings ist er in allen islamischen Laendern immer noch stark vertreten, besonders in den russischen Nachfolgestaaten, in denen die Russen waehrend des Kommunismus versuchten, den Islam vollkommen zu verbieten und zerstoeren, und in Marocko und Schwarzafrika, aber auch in der Tuerkei, in Syrien, Pakistan und Aegypten...
Eine weitere negative Entwicklung des Sufismus in der Geschichte ist, dass feste Schulen mit hierarchischen Strukturen geschaffen wurden, wobei die Aussagen des Gruenders (oft aufrichtige Gelehrte, denen nach ihrem Tod verschiedenste Luegen angedichtet wurden) und des aktuellen Scheichs oft fast soviel oder gar mehr Gewicht als die des heiligen Propheten sws besitzen! Eine schreckliche Sache, die bis jetzt leider ueberproportional in den islamischen Gesellschaften vertreten ist!
Aber je mehr das allgemeine Bildungsniveau zunimmt, verschwinden diese sinnlosen unislamischen Elemente aus der Religion!
Dasselbe gilt fuer die groessten Feinde des Sufismus, einige salafitische und Wahhabitische Gruppierungen (aber keineswegs alle!), die die Sufis als dem unglauben nahe oder gar Unglauebige bezeichnen! Auch ihr Urteil gruendet auf religioesem Unwissenheit und auf mangelhafter islamischer Erziehung! Sie sind die geistigen Nachfolger der Charigiten, die dem Kalif Ali die Gefolgschaft verweigerten und ihn letztendlich toeteten, weil er nicht bereit war, Muslime im Namen Gottes gnadenlos zu bekaempfen und zu toeten. Denn Alis Widersacher waren ebenfalls Gefaehrten des Propheten. Wie kann ein wahrer Muslim diese Tatsache uebergehen und Gefaehrten des Propheten aus der umma ausschliessen?
Die Widersacher Alis (Muauia, Aischa die Frau des Propheten und andere) machten Fehler, aber sie waren trotzdem wahrhafte Muslime, moeglicherweise handelte auch Ali trotz all seiner Gottesfurcht und Weisheit, nicht hundertprozentig richtig, denn er war ein Mensch und Menschen koennen irren, auch wenn sie wie Ali zu den 10 Gefaehrten gehoeren, denen der Prophet Muhammad sws das Paradies verheissen hat!
Soll ich deshalb als strenger sunnit Sufipraktiken verurteilen und ignorieren, um der bida nicht zu nahe zu kommen? Nein!
Die Aufgabe des Muslims ist es, seine Brueder mit Weisheit, Geduld und Beweisen aus koran und Sunna vom besten Weg zu ueberzeugen, je nach Abweichung von der sunna kann auch ein scharfe Verurteilung mancher Krankheiten zum Ziel fuehren!
(Scheichverehrung als Mittler zwischen Gott, Prophet und dem Glaeubigen, Graeberverehrung sind unmissverstaendlich zu verurteilen, religioese Lieder mit Instrumenten bei Hochzeiten dagegen sind, wenn sie ueberhaupt abzulehnen sind (ich bin mir da nicht sicher, auf jedem Fall sind religioese Lieder besser als Muslikkapellen, Tanz und gemischter Hochzeit!) , kein Eingriff in die Glaubensfundamente)
Aber nur dann, wenn sich der muslim aufgrund deutlicher Beweise sicher ist, dass hier die Sunna verunstaltet wird!
Wer sich mit dem islamischen Hauptwissenschaften (Koran und Hadithwissenschaften besonders Auslegung, Recht, Arabische Sprache, Erziehung und gute Sitten/Verhaltensweisen arab. adab: weiss nicht, wie ich die arabischen Begriffe besser uebersetzen kann) beschaeftigt, der wird erkennen, warum der Islam vor einigen Jahrhunderten eine so starke Hochkultur hervorbrachte: Weil die Religion auf einem starken wissenschaftlichen Fundament basierte, dass den Koran und die Sunna des propheten in den absoluten Mittelpunkt aller Betrachtungen stellte! Sowohl die klassischen Islamwissenschaftler als auch die meisten der Sufis und philosophen beherzigten dieses Grundgeruest und verputzten es mit den verschiedenen wissenschaftlichen Erkenntnisse der verschiedenen wissenschaftlichen Zweige!