phenomena schrieb:Der Autor hat an dieser Stelle kein Problem mit Wiederholungen von Aspekten der Vorgeschichte, nur das Familiendrama spart er an dieser Stelle aus. Wieso ?
Wo gibts bittschön "Wiederholungen von Aspekten der Vorgeschichte"? Es gibt nur wenige Erweiterungen des Schemas, wie ich es für Set-Enosch zitiert habe. Das ist in Vv.1-2 der Schöpfungsbezug, in Vv.22a.24 Henochs Wandel mit Gott und seine Aufnahme, schließlich V.29 die erweiterte Einfürung Noahs. Auch V.32 fällt aus der Reihe, da das Schema nur teilweise befolgt wird, und da drei Söhne genannt werden. Der Rest ist stures Schema.
Der Schöpfungsbezug ist das einzige, das man "Wiederholung von Aspekten der Vorgeschichte" nennen könnte, aber das verkennt den Charakter der Genealogie als Anbindung an den Ursprung. Für diesen ist der Schöpfungsbezug wesentlich, er charakterisiert den "Ersten in der Reihe der Väter". So endet denn auch eine der beiden Genealogien Jesu im NT mit genau diesem Verweis, daß Adam aus Gott ist, also ebenfalls der Schöpfungsbezug. In der anderen Genealogie Jesu hingegen steht am Anfang der Väterreihe Abraham, als der erstmals von Gott erwählte, der Ursprung des Glaubens und des Volkes Gottes.
Solche Genealogien sind nicht daran interessiert, eine lückenlose Geschlechterfolge bis zu dem Punkt, bei dem man halt die Vorfahren nicht mehr kennt, aufzulisten, sondern es geht vielmehr darum, zu einem bestimmten Anfangspunkt zurückzuführen, der eine Bedeutung hat, und der, der am Ende dieser Genealogie steht, soll in genau diese Bedeutsamkeit hineingenommen werden. Hier in 1.Mose5 ist dies just der Schöpfungsbezug. Die ersten beiden Verse der Genealogie snd also nicht das Ergebnis einer Mitteilungslaune, was sonst noch so alles zu den einzelnen Generationen der Genealogie gesagt werden könnte.
Nein, der Verfasser dieser Genealogie erzählt nur Sachen, die für die Genealogie relevant sind. Am Anfang (Adam der gottebenbildlich Erschaffene) und am Ende (Noah der Hoffnungsträger für eine neue Menschheit) wird diesbezüglich vom reinen Schema abgewichen, und nur für Henoch, weil der nicht stirbt, gab es auch noch inmitten eine Abweichung. Ein Plauder-Erzähler war hier nicht am Werk; daß ein direkter Verweis auf Abel und Kain fehlt, ist sehr verständlich.
phenomena schrieb:Das würde ich jetzt nicht unterschreiben, dass die Gottebenbildlichkeit weiter gegeben wurde, wenn es heisst, dass Set im Bilde Adams gezeugt wurde
... der nach dem Bilde Gottes gemacht wurde. Genau deswegen wird das doch in V.1 angesprochen. Und bei Set in V.3 wiederholt.
phenomena schrieb:In der Zwischenzeit ist ja einiges passiert, was den Status der Gottebenbildlichkeit durchaus in Frage stellt.
Wo wird das angesprochen, daß dieses Status infragegestellt wäre? Das liest Du da nur hinein, nicht heraus.
phenomena schrieb:Nein, das sagt einfach nur aus, dass keine erwähnt werden.
Nein, so wischiwaschi unbedacht formuliert der Verfasser nicht. Es ist durchaus genau so gemeint. Was X neben seinem Sohn X noch an weiteren Kindern hat, kommt "danach". So ist auch die Formulierung der Adambildlichkeit Sets mehr als nur "so dahergesagt". Denn ob Enosch nun dem Set ähnelt, wird ja nicht mehr mitgeteilt, auch bei keiner späteren Generationenfolge. Wieso also ausgerechnet beim Set? Eben weil damit durchaus ein Rückbezug auf Kap.4 vorliegt: Die Gottebenbildlichkeit Adams geht über Set in die Menschheit -
nicht über Kain.
Nein, diese Texte sind nicht "ungenau formuliert", sie sind vielmehr mit Bedacht so, wie sie sind. Deswegen werden hier keine "Anekdoten" in die Genealogie eingefügt, sondern alle Abweichungen vom Schema sind sehr absichtsvoll gesetzt. Und auch das Schema sollte schon ernst genommen werden, also daß die Geschwister des je genannten Sohnes jünger sind.
phenomena schrieb:Wenn man es jetzt radikal sehen möchte könnte man auch hineinlesen, dass es überhaupt keine Vorgeschichte gab. Dass die Protagonisten außer dem, was erzählt wird, überhaupt kein Leben gehabt hätten. Dass ihr jahrhundertelanges Leben nur aus dem bestand, was geschildert wird : Geboren werden, Kinder zeugen, sterben.
Nee, was anderes darf durchaus passiert sein. Aber was das Geborenwerden, Kinderzeugen und Sterben betrifft, so wird dies aber nun mal mitgeteilt. Für jeden der Reihe. Also kannst Du nicht davon ausgehen, daß Seth noch ein zweites Mal geboren wurde, ein weiteres Mal starb, oder zu einem anderen Zeitpunkt nochmals Kinder bekam. Denn was diese biographischen Aspekte betrifft, so wird das nun mal mitgeteilt.