Das Johannes-Evangelium
Das vierte Evangelium hatte Kirchen- vater Irenäus einem Mann namens Johannes zugesprochen. Ob Irenäus damit den Apostel gleichen Namens meinte oder einen anderen Johannes, ist in der Bibelforschung unklar.
Das Buch beginnt auch etwas eigenartig mit dem Bekenntnis (Joh 1,19): "Und dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden zu ihm sandten Priester." Warum wird über diesen Johannes in der dritten Person geredet, wenn er denn der Verfasser des Textes gewesen wäre?
Der katholische Neutestamentler Joachim Gnilka stellt in seinem Text "Johannesevangelium" fest: "Dass der Apostel Johannes das vierte Evangelium herausgebracht habe, ist heute weitgehend auch im Bereich der katholischen Exegese fallen gelassen worden. Den Verfasser des Evangeliums kennen wir nicht." Johannes der Evangelist war also ein unbekannter Autor.
Auch drei Briefe, die in die Bibel Eingang gefunden haben, sollen vom gleichen Johannes stammen. Dort aber gibtsich der Briefeschreiber nicht als Begleiter Jesu zu erkennen und erwähnt auch kein eigenes Evangelium.
Johannes' Jesus-Evangelium unterscheidet sich auch ganz erheblich von dem seiner drei Vorgänger.
Bei ihm ist nicht mehr von einem menschlichen Jesus die Rede, sondern von der "Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit." Seine Sprache kreist um Heilsbegriffe wie Friede, Licht, Wahrheit, Glauben.
Johannes hat den Glauben an die bevorstehende Rückkehr Jesu ganz fallengelassen und sagt tatsächlich nichts über die zweite Ankunft Jesu.
Bei Lukas sollte Jesus noch ein leibhaftiger, irdischer König sein, bei Johannes war er (Joh 1,29): "Gottes Lamm, das der Welt Sünde trägt" und schon nahe daran, selber ein Gott zu sein." (Joh 13,31): "Gott ist verherrlicht in ihm."
Luther nannte das Evangelium gern das "zarte, rechte Hauptevangelium", das den anderen vorzuziehen sei. Kein Wunder, denn dieser dichterisch freigestaltete Jesus lässt eine Menge Spielraum für Interpretationen. Darum nennt die Kirche Johannes' Version gern das "ergiebigste" Evangelium.
Der Urtext, der frühestens aus dem Jahr 100 stammen kann, ist das judenfeindlichste aller Evangelien. Über 50-mal tauchen die Juden als Jesus' Gegner auf, die ihm nach dem Leben trachten (siehe den Link "der biblische Judenhass".) So hätte nie ein Begleiter des Juden Jesus berichtet!
aus:
http://www.bibelkritik.ch/bibelkritik/a11.htm