Der Koran hat Recht, die Bibel nicht?
24.08.2007 um 12:58
FelixKrull@
Der Koran wurde zu Lebzeiten der Propheten s.a.s. von den so genannten Offenbarungsschreibern notiert, aber man hatte kein Papyrus, sondern schrieb vor allem auf andere, schlecht haltbare Materialien wie Tierleder und zum Schreiben präparierte Palmblätter in loser Form - Die Reihenfolge der Verse wurde berücksicht, die Reihenfolge der Suren nicht - dazu später.
Nach der Überlieferung musste es dabei jeweils mindestens zwei Zeugen geben.
Daneben gab es aber auch persönliche Notizen durch Sahaba, welche lesen und schreiben konnten. Die berühmtensten Notizen stammen von Ibn Mas´ud und Ubei Ibn Ka´b. Sie schrieben aber Kommentare mitunter in den Text selbst dazu, so dass Verwechslungsmöglichkeiten bestanden haben könnnten, und man kann nicht ausschließen, dass in ihren Notizen z.b. Verse fehlten.
Bei Ibn Mas´ud fehlten die Fatiha und die beiden Schutzsuren, welche er offenbar zu den Bittgebeten zählte. Das heißt aber noch lange nicht, dasser sieNICHT für Bestandteile des Korans hielt.
Anonsten wurde der Koran auswendig gelernt, einige Sahaba - nach den Überlieferungen kommen mindestens 7 zusammen - beherrschten ihn ganz auswendig, ansonsten lernten viele Sahaba Teile des Korans auswendig, so dass auf jedem Fall der ganze Koran in mündlicher Form zuverlässig abgedeckt war.
Nach dem Tod des Propheten wurde der im Auftrag auf losen Blättern gschriebene Koran bei einer seiner Frau Hafza aufbewahrt und die Zahl derer welche den Koran auswendig lernten (Huffaz), stieg explosionsartig an. Bei einer Schlacht zwei Jahre nach dem Tod des Propheten sollen ca. 70 Huffaz (es gibt auch noch größere Zahlen, die aber übertrieben sind) ums Leben gekommen sein - d.h. es muss zu diesem Zeitpunkt bereits weit über 100 Huffaz gegeben haben. Da die Zahl der direkten Offenbarungszeugen durch kriegerische Auseinandersetzungen, vor allem aber durch den Zahn der Zeit abnahm, fassten die Muslime ins Auge, den Koran noch so frühwie möglich in einer schriftlichen Sammlung herauszubringen.
Nun muss man berücksichtigen, dass der Prophet es den Sahaba erlaubte, den Koran in ihren Dialekten zu lesen. Die Unterschiede beziehen sich vor allem auf die Aussprache (Lautverschiebung), aber auch grammatische Phänomene wie die Satzstellung (z.b. Subjekt vor Prädikat oder umgekehrt) und einige wenige Synonyme (nach einer allerdings unsicheren Überlieferung gab es z.b. für das Wort "´ihn in Sure Al- Quari´a auch das Wort Suf; beides bedeutet Wolle) wobei man sich bei den letzteren Beiden nicht sicher sein kann, da es sich auch um nachträgliche Konstruktionen gehandelt haben könnte, die mit der theologischen Konstruktion des Koran zu tun haben - das kann ich erst einmal nicht näher ausführen.
In der Zeit von Abu Bakr dem ersten Kalifen, dann in der Zeit von Umar, dem zweiten Kalifen und schließlich unter dem dritten Kalifen diskutierten die Muslime darüber, ob sie den Koran nicht in einereinheitlichen schriftlichen Fassung herausgeben sollten.
Nach der Überlieferung mussten die Kalifen und gelehrte Sahaba erst davon überzeugt werden - in einer vor allem analphabetischen Kultur hält man schriftliche Dokumentation für unsicherer als mündliche Überlieferung, da leichter verfälschbar beim Kopieren, man kann einfach Textfragmente wegstreichen usw.
Wenn es dagegen genug mündliche Zeugen gibt, fallen Abweichungen sofort auf.
Uthman Ibn Affan war ein treuer Gefährte des Proopheten, der relativ früh noch in den ersten Jahren in Mekka zum Islam konvertierte. Allenfalls die Schiiten stellen ihn als einen der größten Kritiker des Propheten dar, aber wie sie da vorgehen - das ist höchst unwissenschaftlich. Sie versuchen - ebenso bei den anderen "falschen" Kalifen - aus Hadithen, in welchen der Prophet s.a.s. z.b. Widerspruch durch Sahaba erfuhr, zu folgern, sie wären ihm nicht loyal zur Seite gestanden. Das ist aber Schwachsinn, denn der Gesandte Allahss.a.s. war innerhalb seines Beraterkreises alles andere als ein Despot, sondern bezog die Vorschläge und Vorbehalte seiner Gefährten in viele Entscheidungen mit ein - darüber gibt es zahlreiche Überlieferungen.
Er war Neffe von Abu Sufiyan, der langezeit zu den Kritikern und Feinden des Propheten s.a.s. gehörte, aber am Tag der Eroberung Mekkas den Islam annahm. Wie ehrlich er es meinte, weiß nur Allah, es ist nach seiner Konvertierung nichts bekannt, was ihn als "Kritiker" beschreiben lassen könnte.
Aber auf jedem Fall hat das nichts mit seinem Enkel Uthman zu tun, der auch ein reicher Mann war, aber wie gesagt früh den Islam annahm - Oder müssen wir jetzt schon von Sippensympathie- und Antipathie ausgehen ?
Richtig ist auch dass Uthman zu Lebzeiten des Propheten sehr viel Vermögen für die Muslime opferte, und er galt als sehr weichherziger und gutmütiger Mann - Im Gegensatz z.b. zu Umar Ibn Al- Chattab, der unter seiner harten Schale allerdings auch einesanfte Natur hatte.
Uthman Ibn Affan beherrschte zumindest nach dem Tod des Propheten den Koran auch auswendig.
Richtig ist auch, dass er als bereits sehr betagter Kalif nicht die herausragenden Fähigkeiten seiner beiden Vorgängerhatte und dass seine Familie sich dadurch wichtige Positionen im Reich verschaffte - aber das hat nichts mit der Korankompilation zu tun.
Zurück zu den Korandialekten:
Da es wegen der unterschiedlichen Lesarten - die wie ich oben geschrieben habe über die bloße Punktierung hinausgingen - Streit unter nicht- arabischen Muslimen im in Aserbaidschan gegeben haben soll, entschlossen sich die Muslime in der Zeit von Uthman schließlich, den Koran endlich in gesammelter Buchform herauszugeben.
Das Wort "Qur´an" bedeutet übrigens ethymologisch "Sammlung" oder "Lesung" - im Deutschen haben wir auch noch die bedeutung "lesen" für Sammeln - aber das nur nebenbei ...
Er beauftragte ein "Forscherteam" unter dem Vorsitz von Zaid IbnThabit, einem der Offenbarungsschreiber und Korangelehrten unter den Zeitgenossen des Propheten s.a.s. damit, alle zuverlässigen schriftlichen Quellen zu sammeln, und die Leute welche den Koran auswendig beherrschen (Arabisch: Huffaz) zu Rate zu ziehen. Diese Arbeit begann zu Beginn seines Kaliafats, also ungefähr 15 Jahre nach dem Tod des Propheten s.a.s. und war ein paar Jahre später abgeschlossen.
Jeder Vers brauchte mindestens zwei schriftliche Zeugen zur Zeit der Offenbarung und des darauffolgenden Notierens. In einigen Fällen wurde aber auch eine Ausnahme gemacht, wenn nur ein Zeuge vorhanden war, da es ja zusätzlich noch die sichere Quelle der Huffaz gab.
Wo es Abweichungen zwischen den Schreib- und Lautvarianten, möglicherweise auch Satzbauvarianten (aber dazu gibt es nur einige wenige Fragmente durch unsichere Hadithe) gab, wählte man die Version der Sprache von Quraisch - die Sprache des Propheten, und die Sprache, in der Gabriel den Koranherabsandte.
Es gibt auch Quellen die sagen, dass Gabriel den Koran in allen 7 oder mehr Sprachvarianten herabsandte, aber das bezweifle ich.
Ich bin mir auch nicht sicher, ob es die Sprachvarianten in der Form überhaupt gab, oder ob die Muslime nicht, wie oben schon angemerkt diesen Faktor nicht hinterher aus theologischen Gründen konstruierten, z.b. um eine bekannte Hadith zu erklären: "Der Koran wurde in sieben Buchstaben (Ahruf) offenbart"
Allerdings ist der Begriff "Ahruf" vieldeutig, und könnte sich z.b. auch auf "Themenschwerpunkte", "Aspekte", "Ebenen auf dem er gelesen werden kann" usw. bedeuten.
Ibn Mas´ud war zuerst gegen die Kompilation des Korans, weil er befürchtete, dass dadurch Teile des Korans verlorengehen. Was aber die Kritiker verschweigen ist das Vorhanden- sein von Hadithen, welche bezeugen, dass er seine Meinung änderte, nachdem er genauere Informationen über das Projekt hatte!
Man darf sich die wenigen dazu vorhandenen Hadithe janicht ohne Zusammenhang einfach herausangeln ...
Man muss sich die Situation so vorstellen: Ibn Mas´ud war einer besten Korankenner und hatte den Koran selbst vollständig oder zu großen Teilen aufgeschrieben, mit Kommentaren versehen usw.
Jetzt hört er, dass der Koranin einer einheitlichen Version in der Sprache von Quraisch aufgeschrieben werden soll - logischerweise ist die erste Reaktion Skepsis.
Danach informiert man sich, spricht mit den "Machern" des Projekt und erfährt, dass die Skepsis unbegründet war, und dass im Gegenteil die Vereinheitlichung des Korantextes viele Vorteile für die Umma bringen wird.
Auf jedem Fall stimmten die Huffaz und Korankenner zu - Ich weiß nicht welche Quelle angeblich sagt, dass Uthman heftige Opposition durch die Huffaz erfuhr, wie es in dem Wiki- Text steht.
Wahrscheinlich ist damit u.a. die anfängliche Skepsis z.b. von Ibn Mas´ud gemeint, aber wie oben dargelegt, hat er nach ebenso zuverlässigen Hadithen seineMeinung geändert.
Die ersten Kalifen hatten keine All- Macht. Wären die Zeugen der Offenbarung nicht einverstanden gewesen, hätte er dieses Projekt nicht durchziehen können.
Nachdem der Koran durch jeweils mindestens zwei, in einigen Fällen auch nur einem schriftlichenZeugen (der bezeugen konnte, dass und wann der Vers offenbart und aufgeschrieben wurde) und die Huffaz (welche den Koran auswendig beherrschen) komplett gesammelt und bezeugt war, wurde er in einer einheitlichen Form - im quraischitischen Dialekt - aufgeschrieben.
Der nicht- punktierte Rasm-Text lässt wie vor ein paar Tagen diskutiert eine Reihe von Lesarten zu. Anerkannt sind die Lesarten, welche eine sicherer Überlieferungskette aufweisen, und die von einer großen Gruppe von Huffaz bezeugt sind.
Die anderen vorhandenen losen Schriftstücke wurden vernichtet, damit keine Missverständnisse mehr entstehen können.
Professor Hamidullah sagt aber, dass sich einige Fragmente wohl noch längereZeit gehalten haben.
Auf jedem Fall sind noch etliche Fragmente aus den Notizen von Ibn Mas´ud und Ubei Ibn Ka´b vorhanden - nicht in schriftlicher Form, aber durch mündliche Weiterüberlieferung - die auch bei Korankommentaren oft herangezogen werden.
Das war eine ausführliche Zusammenfassung über die Entstehung des schriftlichen Korans