Niederbayern88 schrieb:Naja. Man sollte selbst ja entscheiden, welchen Glauben man angehören will und welchen nicht.
Ich wünschte das wäre möglich.
Wenn ich die Wahl hätte würde ich gern an etwas glauben.
Leider scheint es so nicht zu laufen, sondern fast eher vergleichbar damit zu sein ob und in wen man sich verliebt.
Entweder man "kann" an etwas glauben oder man kriegt, wenn man sich selbst die Frage danach stellt einfach nicht das passende Feedback.
Meiner Erfahrung nach ist es dann egal, wie gern man an etwas glauben würde, denn wenn der Glaube nicht da ist, dann lässt sich das nicht ändern.
Ich habe oft erlebt, dass es Leuten, die einfach an etwas geglaubt haben und dadurch in heftige Konflikte gerieten das gleiche Problem hatten, nur eben umgekehrt.
Ich würde gerne daran glauben, dass ich irgendwann die, die verstorben sind wiedersehen kann oder sie zumindest irgendwo noch existieren.
Und das Pendant zur christlichen "Offenbahrung" aus der Edda gefällt mir auch durchaus.
Demnach wird zwar irgendwann durchaus der Punkt erreicht an dem die "Welt untergeht", aber danach entsteht sie nicht nur neu, sondern "verbessert", Götter, die in der Hierarchie sehr weit oben stehen (Odin, Thor) begrüßen das Konzept, dass sie in dieser neuen Welt nicht mehr existieren werden, weil es eine Welt sein wird in der für die Götter, die eine erhebliche Bedeutung als Kriegsgötter haben kein Platz mehr sein wird.
Wäre mir nicht unrecht an so etwas glauben zu können.
Dann sehe ich, wie einer meiner Freunde, der nicht nur streng christlich aufgezogen wurde, sondern auch nach wie vor an all das glaubt sich mit der Tatsache quält sich ein einen anderen Mann verliebt zu haben und die Bibel ist da sehr eindeutig, was sie in meinen Augen ganz klar menschenverachtend macht, denn wenn ich die Beiden zusammen sehe, dann sehe ich eine aufrichtige und starke Bindung, eine Liebe die Gott doch jedem seiner Kinder, die er doch angeblich so liebt nur wünschen kann.
Sogar seine Mutter hat zwar lange mit sich gekämpft aber am Ende, war die Mutterliebe einfach stärker und die führt dazu, dass sie ungaublich froh ist, dass ihr Kind diese Liebe erfahren darf und sie wünscht sich nichts mehr, als das es ihm endlich gelingt diese Liebe als das anzunehmen was sie ist, nämlich das fast größte "Geschenk" das ein Mensch finden kann.
Leider ist es schwierig, wenn der Glaube in dem er erzogen wurde und die Gemeinde in der er sein ganzes Leben verbracht hat so einstimmig sagen, dass das "trotzdem falsch" sei.
withe schrieb:Ich könnte es mir einfach machen und an die Verquickung der nationalsozialistischen Ideologen mit altgermanischen Kulten erinnern. Aber ich will nicht einschüchtern.
Das auch nichts mit "einschüchtern" zu tun, sondern viel mehr mit einer Pauschalisierung und wie das da meistens so ist führen die auf einen Holzweg.
Aber ebenso wie die meisten Pauschalisierungen falsch sind, führen auch undurchdachte Umkehrschlüsse häufig zu ganz massiven Fehlschlüssen.
Sicher sind einige (und darunter auch hochrangige) Nationalsozialisten altnordische Mythen nachgerannt bzw haben sie als Basis für irgendwelche schillernden "Events" benutzt und auch unter Neonazis gibt es dieses Phänomen.
Trotzdem hat für einen erheblichen Anteil der Nationalsozialisten weder die altnordische Mythologie noch irgendeine andere Religion eine Rolle gespielt und ein nicht grade geringer Anteil blieb auch beim etablierten Christentum.
Nicht wenige Christen waren sehr engagiert in NSDAP und Co und ganz und gar nicht unglücklich darüber endlich den antisemitischen Dampf ablassen zu können, der sich durchaus auch in christlichen Kirchen zu dieser Zeit über einen langen Zeitraum angesammelt hatte.
Möchte man nun jeden Anhänger, der altnordischen Mythologie in diesen "Nazitopf" werfen und entschließt sich dabei zu ignorieren, dass der Großteil davon gar nicht "rechts" ist bzw Spiritualität und Politik gar nicht vermischt werden, dann geht das nur, wenn man bereit ist völlig zu ignorieren, dass sich EINE politische Strömung hier an einer Mythologie bedient und sie für ihre Zwecke eingesetzt hat, die doch so viel älter ist.
Liest man Bibel, Koran und Co, dann finden sich für jeden der das möchte so einige "Anleitungen" warum es gut, richtig und wichtig ist sowohl ethnisch als auch in religiöser Hinsicht alles was "Anders" ist zu bekämpfen.
Die Edda enthält solche "Aufrufe" nicht.
Trotzdem käme ich nicht auf die Idee jedem Katholiken mal eben zu unterstellen, dass die traditionelle Hugenottenjagd ihm ja wichtig sein muss.
withe schrieb:Im übrigen halte ich Heidentum für sehr gefährlich.
Warum genau denn?
Man kann so ziemlich alles zweckentfremden und für seine eigenen Zwecke missbrauchen.
Für radikale, politische Strömungen eignen sich die monotheistischen Weltreligionen allerdings von Grund auf sehr viel besser als das sogenannte "Heidentum", das sich bestenfalls dafür nutzen lässt aus ner einfachen Sonnenwendfeier eine riesige Parade zu machen und wer das möchte, der braucht dazu keine Religion.
Das hat man in der DDR doch prima beobachten können.
Bunte Paraden und großkotzige Aufmärsche lassen sich auch ohne jeden religiösen Touch prima inszenieren.
Religion ist einfach mal wie ein Küchenmesser.
Der eine ersticht damit seinen Nachbarn und nen Anderer schmiert sich dann doch lieber ein Marmeladenbrot.
Dem Messer ist es vollkommen egal (wenn man darüber hinweg sieht, dass Blut dem meisten Stahl eher schadet als Marmelade).
withe schrieb:Nur: Wollen wir wirklich jetzt schon wieder in so ein Heidentum?
Warum nicht?
Ich bin nicht gläubig, gehöre keiner Religion an.
Wenn ich überhaupt an etwas glaube, dann an das Recht zu glauben und zwar an was immer einem gut tut.
Die Geschichte lehrt uns, dass es eher unschöne Auswirkungen hat, wenn einzelne Religionen so erheblichen Zulauf, eine so große Anhängerschaft und dann noch die passend interpretierbaren Schriften haben, sodass es für manche Angehörigen als Recht oder gar Pflicht erscheint ihre eigene Religion auf Andere zu übertragen, notfalls mit Gewalt.
Und in der Geschichte waren es üblicher Weise nicht die "heidnischen Religionen", die unter dem Deckmantel der "Missionierung" oder anderen Formen von "Gottes Willem" ganz gewaltige Blutmengen rund um den Erdball vergossen haben.
Also was mich angeht, definitiv "Ja!" zum "Heidentum", denn je mehr unterschiedliche Religionen soweit es geht gleichwertig nebeneinander stehen, desto schwieriger wird es eine Rechtfertigung dafür zu finden alles zu bekämpfen, was nicht den eigenen Glauben teilt.
withe schrieb:Die christliche Religion hat doch eine viel höhere Kultur hervorgebracht und wahre Humanität.
Das ist nun einfach mal ganz objektiv betrachtet nicht korrekt.
Was ihre Vereinbarkeit mit Naturwissenschaften angeht sind die meisten Religionen(egal ob mono- oder polytheistisch) vergleichbar weltfremd, was in der Natur der Sache liegt, immerhin sind sie zu Zeiten entstanden in denen Menschen sich nach Erklärungen für viele Dinge gesehnt haben für die es (wenn überhaupt) zum Teil erst Jahrhunderte später halbwegs brauchbare Erklärungen gab.
Die Behauptung, dass die christliche Religion eine kulturelle Überlegenheit für sich beanspruchen könne wird doch allein durch die Vielfalt verschiedener "heidnischer" Mythologien und den daraus entstandenen Bräuchen widerlegt (von denen etliche mit einem neuen, christlichen "Anstrich" einfach recycled wurden und wer es "in Stein gemeißelt" möchte, der kann sich ja Pyramiden, Inka-Tempel und zahllose andere Werke anschauen für deren Erschaffung ein gewisses, kulturelles Niveau unbestreitbar vorgelegen haben muss und die soviel älter sind als jeder christliche Ursprung.
Was Humanität angeht fallen mir viel zu viele Beispiele ein bei denen das Christentum ganz erheblich in die Gegenrichtung gerudert hat und es zum Teil bis heute tut.
Während so mancher, männliche heidnische Gott sich durchaus mal ne heftige Schelle von einer weiblichen Gottheit oder anderen Entität eingefangen hat predigen nicht wenige Christen auch heute noch einen von "der Mann sei das Haupt der Frau", "Frauen haben keine Männer zu belehren" und auch das "Argument", dass es zum Schutze einer guten Ehe notwendig sei, wenn der Mann das letzte Wort habe ist mir leider keineswegs als Scherz begegnet.
Über Frauendiskriminierung im Islam ist ja genug bekannt, aber gern wird vergessen, dass die Geringschätzung der Frau im Christentum auch nur "abgeschafft" werden kann, wenn man bereit ist die "heilige Schrift" ganz erheblich zu filtern.
Auch z.B. den Kampf den homosexuelle führen mussten und zum Teil noch immer müssen hatte stets zumindest ganz erhebliche Ursprünge aus religiöser und christlicher Richtung.
Von Kreuzzügen, Inquisition, dem ganzen Theater in Irland und Co mal gar nicht erst anzufangen.
Am Ende liegt es immer zwar am Menschen selbst, was er mit irgendwelchen Schriften anfängt, aber im Christentum eine Basis für kulturelle und humanitäre Überlegenheit zu sehen ist mir persönlich aufgrund historischer und zeitgenössischer Fakten unmöglich.
Ich fände es sogar schön, wenn Religionsunterricht in der jetzigen Form komplett abgeschafft würde und durch ein Unterrichtsfach ersetzt würde in dem man kindgerecht über Ursprünge, Gemeinsamkeiten, Unterschiede usw verschiedener Glaubensrichtungen, Mythen und Co spricht.
Wir sind eine Menschheit und leben immer häufiger Tür an Tür mit Menschen, die nicht mehr bzw nicht mehr ganz selbstverständlich ähnliche religiöse Werte haben.
Statt bereits 6 Jährigen einzutrichtern wie massiv und bedeutsam die Unterschiede sind indem man bereits in der Grundschule Religionsunterricht einen Stellenwert einräumt den er so in einer staatlichen Schule nicht haben sollte, sollten Kinder mehr darüber erfahren welche Religion die Familie des Banknachbarn praktiziert, welche Bräuche nicht religiöse Familien für sich etabliert haben..
Auch sollte mehr über altnordische Mythen gelehrt werden, nicht um religiösen Einfluss auszuüben (das sehe ich in keinem Fall als Aufgabe der Schule an), sondern weil es ein ganz erheblicher Teil unserer Kultur ist und schon lange vor der Christianisierung so gewesen ist.
Grade weil Religionsfreiheit meiner Ansicht nach etwas großartiges ist, sollten auch diese Wurzeln nicht mehr und mehr verschwinden.
Außerdem wärs meiner Ansicht nach eben generell gesund mehr über Gemeinsamkeiten zu sprechen als bereits in Klasse 1 durch getrennten Unterricht die Unterschiede hervorzuheben und zu zementieren.