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Santa Muerte - Schwarze Mutter Gottes
15.11.2014 um 03:34Santa Muerte ist ein Phänomen, sie ist der heilige Tod der Lateinamerikaner (vor allem derjenigen, die ihre Wurzeln in Mexiko haben), den sie verehren, wie sonst nur die Heilige Jungfrau Maria verehrt wird.http://www.pressenet.info/texte/der-heilige-tod.html
Und man kann Vergleiche ziehen, denn die Gläubigen schmücken eine Statue mit schönen Gewändern und Schleiern, schmücken sie mit Blumen, Gold und Perlen und zünden ihr zu Ehren Kerzen an. Der Unterschied besteht darin, dass die Heilige ein weibliches Skelett ist, das auch oft eine Sense bei sich trägt. Die katholische Kirche lehnt dies ab, sie stellt Santa Muerte in die Nähe religiöser Kulte, die einen unverkennbar heidnischen Ursprung haben. Sie stellt, so die Kirche, den Sieg Christi über den Tod in Frage.
Darüber kann man streiten, denn die Anhängerschaft der Santa Muerte sieht in ihr nichts Morbides oder Düsteres. Man opfert ihr Dinge wie Zigarren, Tequila oder Rosen, wenn man eine Bitte an sie hat. Im Allgemeinen geht es bei diesen Bitten um Liebe, Glück oder Schutz - eigentlich genau um dieselben Wünsche, die man der Heiligen Jungfrau unterbreitet. Wo die Wurzeln dieser besonderen Heiligen liegen, ist nicht ganz klar - es gibt die Theorie, dass sie niemand anderes ist als Mictecacihuatl, die Frau des aztekischen Totengottes, die im Laufe der Zeit zu einem Mischwesen wurde, das Christentum und heidnischen Kult verbindet.
Vielleicht ist sie auch Hekate oder Hel - Göttinnen, die eine Verdüsterung erfuhren durch die neue Lehre. Denn in den alten Zeiten waren sie nicht böse, sondern auch für Wachstum und Leben zuständig. Hekate gebot über das Meer und das Land, stand für Jugend, Licht und Segnung und war Hüterin des ewigen Kreislaufes des Lebens, zu dem auch der Tod gehört, der Ende ist und Anfang zugleich. Das ist deutlich in der Gestalt der nordischen "Hel", deren Haut auf einer Seite schwarz war und auf der anderen Seite weiß. Hel hütete die Toten in ihrem Reich, welches später unter dem Einfluss des Christentums zu einem Ort der schlimmen Bestrafung wurde. Das Wort "Hölle" leitet sich wohl von dem Namen dieser Göttin ab.
Die Kelten kannten das Bild der dreigestaltigen weiblichen Gottheit, der jungen Frau der Mutter und der weisen Alten - aber dazu gab es auch den jenseitigen Aspekt der verborgenen und abgewandten Göttin. In diesen Zeiten wurde der Tod in das Leben einbezogen und gehörte so selbstverständlich dem Weiblichen an, das auch das Leben und das Wachstum verkörperte.
Die Kirche lehrt nun das Gegenteil - hier steht das männliche für diese beiden Punkte. Und mehr noch - der Tod wird nicht integriert und als Aspekt des Seins begriffen, sondern gar bekämpft. Das gilt zwar für den spirituellen Tod, nicht für den körperlichen - doch sind die Mysterien in dieser Hinsicht nicht unbedingt klar dargelegt für die Gläubigen. Das Mittelalter hat mit der Erfindung der lokalen Hölle mit realen körperlichen Schmerzen und Qualen den Tod endgültig außerhalb des Lebens gestellt und mit großer Angst belastet. Diese Ausgrenzung ist eigentlich fatal - denn sie verzerrt das Bild vom Leben als Ganzes und bringt niemanden weiter. Das Abendland hat den Tod - im Gegensatz zu anderen Kulturen - mit Morbidität belegt und tabuisiert.
Der Gegensatz der Santa Muerte zeigt eine andere Sicht der Dinge auf und sollte nicht als reines Kuriosum angesehen werden, sondern zum Nachdenken anregen. Sie ist der freundliche Tod, der viel zu geben hat, im Bewusstsein, dass er eigentlich keinen eigenen Stellenwert hat, sondern zum Leben gehört.
Wikipedia: Santa Muerte
Diese kleine Religion aus Mexiko vermittelt ein positives Bild des Todes und scheint über die Ängste vor ihm erhaben zu sein.
Also ich denke, das man Leben und Tod nicht als Gegensätze betrachten sollte, sondern nur als Zustände des Seins. Nach dem Tod zerfällt der Körper und hinterlässt die Grundlagen für neues Leben. Schon der Tod eines massereichen Sterns brachte uns die Grundelemente des Lebens. Es ist also ein ständiger Wechsel zwischen den Zuständen der Energie. Man kann es auch kausale Wechselwirkungen und Transformationsprozesse nennen. Es wäre viel schöner und leichter den Tod als einfachen Transformationsprozess am Ende des Lebens zu betachten. Die Angst vor dem Tod schafft nur ein Problem für die Gedanken eines Ich-Bewusstseins (Ego), das reine Selbst nimmt dieses Thema jedoch mit Leichtigkeit.
Kann man sich so auch diese Lebensfreude der Anhänger von Santa Muerte erklären? Es ist eine recht humorvolle Gemeinschaft. Es gibt durchaus ähnliche Strömungen bei uns in Europa (nur nicht als Religion) in den Subkulturen, wie die Gothickultur, Metal & Black-Metal, Death-Rock und Horror-Punk. In der Hinsicht sind auch hier einige im Hinblick auf das Thema Tod recht gelassen und verarbeiten dieses Thema sogar mit Leidenschaft in Musik und Kunst oder im Erscheinungsbild.
Was denkt ihr über diese Idee und diese Form der Totenverehrung?