@wrentzschStell dir vor, es ist Krieg und keiner geht hin. In den 80er-Jahren war das die große Losung der Friedensbewegung. Jetzt wird der Wunsch wahr - aber nicht so, wie sich die Ostermarschierer von einst es wünschten. Denn immer mehr Kriegsgerät macht Menschen überflüssig. Das Töten wird automatisiert. Montag, 12. Juli, London: Die Britische Luftwaffe zeigt die ersten Bilder eines neuen Hightech-Jets. "Taranis", benannt nach dem keltischen Gott des Donners, sieht aus wie eine Design-Mischung aus Tarnkappenbomber und Zylonen-Flugzeug à la Hollywood. "Taranis" hat Platz für Raketen und Bomben, aber kein Cockpit, soll dennoch die Eurofighter ersetzen. Der v-förmige Flieger ist eine unbemannte Drohne, die ferngesteuert von England aus Ziele auf allen Kontinenten anfliegen und zerstören kann. Stückpreis: 150 Millionen Euro! Montag, 12. Juli, St. Louis: Boeing zeigt seine neue Flugdrohne "Phantom Eye". Mit 45 Meter Spannweite größer als das Verkehrsflugzeug Boeing 737. Angetrieben von Wasserstoff. Vorletzte Woche, Schauplatz Jagel (Schleswig-Holstein): Die Luftwaffe zeigt den Prototypen der Flugdrohne EuroHawk. Auch sie fliegt unbemannt. Piloten wie aus Kinofilmen à la "Top Gun" - überflüssig. Im letzten Jahr, so die "Zeit", haben die Amerikaner erstmals mehr Piloten für Drohnen ausgebildet als echte Piloten. Schon ein Drittel der US-Flugzeuge sind unbemannte Jets wie "Predator" (8 Meter lang, vier Luft-Boden-Raketen). In Nevada ist das 432. Geschwader stationiert - es besteht nur aus Drohnen und ihren Joystick-Fliegern. Ein Drohnen-Pilot, der anonym bleiben will: "Wie jeder weiß, der schon mal Grand Theft Auto gespielt hat, tun wir in Videospielen Dinge, die wir von Angesicht zu Angesicht nie tun würden." Die Hemmschwelle? Nicht mehr als das nächste Level eines Spieles. Doch nicht nur in der Luft sind Kampfautomaten unterwegs - auch am Boden. Ein hochrangiger Bundeswehr-Mitarbeiter: "Niemand will die Bilder haben von Leichen, die in die Heimat überführt werden. Deswegen sollen immer mehr solcher Systeme eingesetzt werden." Die Amerikaner sind am weitesten: Statt Aufklärungstrupps wird es den "UrbanHopper" geben, der so groß ist wie ein Schuhkarton, aber über 9 Meter hohe Wände hüpfen kann - und bewaffnet wird. 20 000 Roboter, die Bomben und Sprengfallen entschärfen, aber auch neue Bomben ablegen und dabei unermüdlich sind und keinen Sold wollen, hat die US-Armee im Dienst. Angeblich setzen schon 44 Länder solche unbemannten Systeme ein. Menschen allein können nichts mehr gewinnen. ------------------------------ Das plant die Bundeswehr Die Bundeswehr hat verschiedene unbemannte Wehrsysteme im Einsatz beziehungsweise in der Erprobung. Das Heer nutzt verschiedene kleinere Drohnen, die mit Kameras Nahbereiche überwachen, so das Eingreifen von Soldaten sichern. Die Luftwaffe hat die Flugdrohne Heron 1, die in Masar-i-Sharif den Einsatz in Afghanistan unterstützt. Kai Gudenoge vom Presse- und Informationszentrum der Luftwaffe in Köln-Wahn: "Im nächsten Jahr wird dann die unbemannte Drohne EuroHawk in Dienst gestellt. Sie hat eine Spannweite von 40 Metern, kann 28 Stunden in 18 Kilometer Höhe fliegen und in Echtzeit Bilder des Überfluggebietes liefern - ohne Gefahren." Zukunftsmusik: Bei einer Tagung der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik sprachen sich Experten auch für die Möglichkeit aus, unbemannte Systeme mit "Wirkmitteln" (also Waffen) auszurüsten. ------------------------------ Militärexperten fordern Verbot dieser Waffen Auch wenn sie in der Logik der Militärs helfen, Menschenleben zu schützen. Die autonomen Systeme sind umstritten. Militärexperte Peter Singer: "Das 5000 Jahre alte Monopol des Menschen darauf, im Krieg zu kämpfen, bricht jetzt zusammen." Immer mehr Experten äußern Sorgen über die Beherrschbarkeit. Technik-Philosophin Jutta Weber (TU Braunschweig) in der "Zeit": "Nach geltendem Völkerrecht muss für jede militärische Operation jemand die Verantwortung tragen. Außerdem müsste die Technik zwischen Zivilisten und Nichtzivilisten unterscheiden können - in absehbarer Zeit undenkbar." Sie fordert ein Verbot. "Militärroboter könnten auch gegen ihre eigenen Produzenten gerichtet werden." ------------------------------ BU: Hat Kameras, Röntgen, GPS - und Raketen: der US-Kampfroboter Swords BU: Flugsteuerung per Joystick: Dieser Air-Force-Pilot in Nevada steuert die Drohnen wie bei einem Computerspiel. BU: Testflug in Jagel: Die Luftwaffe soll ab nächstem Sommer die neuen Drohnen von hier aus starten.
http://www.berliner-kurier.de/archiv/immer-mehr-armeen-setzen-auf-unbemannte-jets-und-roboter-toeten-mit-dem-joystick,8259702,8188954.html