@canalescanales schrieb:Das mag sein...ich habe nur Bedenken, wie groß der Einfluss der islamischen Gruppierungen im arabischen Frühling war. Dass diese Gruppierungen sich später an diese Proteste gehängt haben will ich ja nicht bestreiten. Mir geht es darum, dass es m.M.n. je nach Land natürlich, eher das jüngere gebildete Bürgertum war, welches die Reformen einforderte.
In Syrien sind Islamisten von Anfang an auf den Zug gesprungen, aber es gab breite Opposition, die an Reformen interessiert war, nicht an Islamisierung, der Mehrheit war klar, das dies nicht durch bewaffneten Widerstand erfolgen kann, viele hatten Angst vor Chaos, der Sharia-Einführung, und Selbstmordattentäter und Bomben , wie im Irak, und genauso kams. Viele sind nicht ProAssad, aber auch voller Panik vor Einbruch noch grösserer Willkür als unter Assad.
Ein Regime wie in Syrien ist grauenhaft, bekämpft jegliche Opposition, Reformen werden zu kosmetischen Eingriffen, wie Aufhebung Ausnahmezustand im April 2011, für Erhalt der Regimemacht wird über Leichen gegangen..
Tatsächlich wird Syrien seit mehr als vierzig Jahren von einer Oligarchie aus Militärs und den Spitzen der Baath-Partei und einer schmalen Schicht von Geschäftsleuten regiert. Diese stammen aus der Minderheit der Alewiten im Umkreis der Assad-Familie, die jede Opposition rücksichtslos unterdrückt. Diese Clique herrscht mit dem Ausnahmezustand, der nach jahrelangen Kriegen mit Israel, nach Unruhen und bürgerkriegsähnlichen Zuständen 1963 verhängt worden war. 1982 wurden in Hama bis zu 20.000 Islamisten brutal massakriert.
https://www.wsws.org/de/articles/2011/03/syri-m25.htmlAssad hatte den Schritt bereits mehrmals angekündigt und damit auf die anhaltenden Proteste gegen seine Herrschaft reagiert. Außerdem stellte der seit elf Jahren amtierende Staatschef weitere Reformen in Aussicht, ohne jedoch die Demonstrations-Bewegung stoppen zu können. Der prominente Oppositionelle Haitham al-Maleh kritisierte, der Sicherheitsapparat sei unverändert dem Gesetz entzogen. „Das Problem liegt darin, dass die herrschende Elite und die Sicherheit die Justiz im Griff haben und andere Bestimmungen die Sicherheitskräfte nicht an Recht und Gesetz binden“, sagte der 80-jährige Anwalt und frühere Richter, der viele Jahre seines Berufslebens dem Kampf gegen das vor 48 Jahren von der Baath-Partei Assads in Kraft gesetzte Notstandsrechts gewidmet hatte.
http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/syrien-assad-hebt-ausnahmezustand-nach-48-jahren-auf-1621521.htmlNur schaus dir an, da kann nicht nur Assad schuld sein, dass es unterdessen im Land wimmelt von Islamisten. Es ist ja nicht "nur" IS.
Viele Fronten
Inzwischen gibt es nur mehr im Süden des Landes rund um die Stadt Daraa FSA-Verbände. Dort sind sie noch stark genug und können sich gegen die Al-Nusra-Front behaupten. Grund dafür ist die Nähe zur jordanischen Grenze: Aus dem Nachbarland kommen seit zwei Jahren immer wieder Waffen- und Munitionslieferungen, die von den USA genehmigt und von Saudi-Arabien bezahlt werden. In Jordanien soll es zudem Ausbildungslager für FSA-Rebellen geben. Die FSA-Verbände im Süden sind die letzten, die die von Washington angeführte internationale Koalition als Gegengewicht zu den radikalen Islamisten überhaupt noch aufrüsten kann.
Im Rest von Syrien besteht die Alternative zum Regime inzwischen aus einer Al-Kaida-Herrschaft oder dem IS-Kalifat. Mit der Eroberung der Stadt Idlib im März ist die Al-Nusra-Front ihrem Ziel einen Schritt näher gekommen: Auf dem Weg zur Alleinherrschaft mit eigenem Rechtssystem arbeitet der Al-Kaida-Ableger derzeit noch mit anderen Rebellengruppen zusammen.
Dabei sind diese Gruppierungen, allen voran Ahrar al-Scham, alles andere als moderat. Die «Freien Männer Syriens» wurden von langjährigen Al-Kaida-Mitgliedern im Auftrag vom Aiman al-Sawahiri, Chef des Terrornetzes in Pakistan, gegründet. Einer von ihnen, Chalid al-Suri, wurde wie viele andere Salafisten 2011 im Rahmen einer Amnestie aus syrischer Haft entlassen. Er hatte in Afghanistan gekämpft und mit Usama bin Laden eng zusammengearbeitet. Er galt als al-Kaidas offizieller Repräsentant in Syrien, bis er im Februar 2014 von einem Selbstmordattentäter getötet wurde. Ahrar al-Scham hat sich im März dieses Jahres mit Sukur al-Scham, einer anderen starken und ideologisch verwandten Rebellengruppe, zusammengeschlossen. Sie wehren sich gegen die Dominanz der Al-Nusra-Front und des IS. Der syrische Bürgerkrieg hat schon lange keine klaren Fronten mehr.
https://www.woz.ch/-5c5eRussland nutzt die außenpolitische Kopflosigkeit des Westens aus. Einerseits wollen Europa und die USA die Terrormiliz IS zerstören, andererseits wollen sie Assad loswerden. Mit den Truppenverlegungen in Syrien macht Putin klar: Beides geht nicht. Noch heute sind 65 Prozent der syrischen Bevölkerung auf Assad angewiesen – er sorgt für Wasser, Elektrizität und sogar für ein Mindestmaß an Sicherheit. Wer die Flüchtlingsbewegung nach Europa stoppen will, kann Assad nicht zerstören.
ZEIT ONLINE: Welche Optionen hat der Westen?
Landis: Die russische Regierung setzt auf Assad. Er ist der Einzige, der dem IS eine Armee entgegenstellt, die auch nach internationalem Recht anerkannt ist. Wer den IS bekämpfen will, muss Assad stützen. Hinter diesem Argument der Russen steckt eine gewisse Logik.
Für den Westen ist Assad jedoch nur ein Diktator, der Menschenrechte ignoriert und die Demokratie untergräbt. Weil Europa und die USA an diesen Prinzipien festhalten, haben sie sich entschieden, Syrien den Rücken zuzukehren. Doch entziehen sie damit der letzten zentralen Gewalt in Syrien die Unterstützung. Derzeit gibt es dort drei Autoritäten: den IS, die Rebellen-Gruppe Dschaisch al-Fatah und Assad selbst. Der Westen will im Namen von Demokratie und Menschenrechten alle drei zerstören. Doch was bleibt dann noch?
http://www.zeit.de/politik/ausland/2015-09/syrien-russland-truppen-baschar-al-assad-eu-joshua-landis/komplettansicht