Sollen Hartz4 Empfänger Schnee schaufeln?

Machiavelli89 schrieb:kein soll oder muss...

Jeder Arbeitnehmer ist gewissen Solls und Muss's ausgesetzt.

Warum können sich manche Menschen herausreden mit: Ich lasse mich nicht unter Druck setzen, ich möchte mir meine Zeit selber einteilen, ich mag nicht früh aufstehen, ich mag nicht müssen ... etc.

Ich mag das alles auch nicht.

Manchmal ist es krass, mit gesunden Menschen meines Alters zu diskutieren, die noch nie einen Finger krumm gemacht haben, was es da für eine Anspruchshaltung gibt.

Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie es unsere Medien geschafft haben, dass Feindbild Nummer eins unserer Mittelschicht zu schaffen: Den Hartz IV Empfänger.

Damit die Mittelschicht sich weiterhin „aufarbeiten“ kann, braucht es nur zwei Dinge: Eine große Lüge, der jeder Einzelne hinterherlaufen kann und ein Feindbild.

Die Lüge, von der ich spreche, lautet: Wenn man nur fleißig genug arbeitet, kann es jeder zu etwas bringen. Jeder kann etwas werden. Das stimmt allerdings nicht. Es müsste heißen: Jeder kann es zu etwas bringen, aber nicht ALLE! Das „System“ braucht Menschen, auf dessen Rücken unser so hoch gelobter „Reichtum und Wohlstand“ produziert wird. Es muss immer genügend "Idioten" geben, die bereit sind, sich ausbeuten zu lassen. Schade nur, dass die Mittelschicht nicht merkt, dass sie diejenigen sind.

Und wenn das soziale System, welches überwiegend von der Mittelschicht getragen und am Leben erhalten wird, so langsam zusammenbricht, braucht man einen Schuldigen – einen Sündenbock. Der ist sogar sehr schnell gefunden: Der Hartzi. Klar – auf den kann man schön nach unten treten. Alles faule, asoziale Schweine. Die machen uns alles kaputt!

Ganz ehrlich – ich kann`s nicht mehr hören! Eigentlich hätten wir eine Situation in Deutschland, in der überhaupt niemand arbeitslos sein müsste (natürlich mit Ausnahme der Menschen, die nicht mehr arbeiten können). Von allem ist zu viel da. Ja – wir haben sogar zu viel Geld. Blöd nur, dass es leider zu einseitig verteilt wird.

Während sich die Mittelschicht den Arsch aufreißt, bereits aus dem letzten Loch pfeift, einer Lüge hinterherläuft und schön auf den Hartzi einprügelt, lachen sich die oberen 10% ins Fäustchen und reiben sich die Hände.

@leberkashawaii

Ich würde sogar noch einen Schritt weitergehen und sagen, dass es etwa seit dem Mauerfall fast gar keine Mittelschicht mehr gibt. Wer heute von Erwerbsarbeit lebt, steht auch bei untadeligem Verhalten faktisch ständig mit einem Bein im Armenhaus. Der letzte Rest Mittelschicht sind evtl. noch die Inhaber von Familienbetrieben und andere Gewerbetreibende, ansonsten ist fast jede Form des Facharbeiters zum Proletarier verkommen, selbst wenn diese teilweise einen Universitätsabschluss haben.

@Rho-ny-theta

Ja, da hast du vollkommen Recht. Die Angst um den Job ist ein sehr starker Trieb!

@leberkashawaii

Oder: Jeder ist seines Glückes Schmied, wenn er Glück hat überhaupt sein Glück schmieden zu können.

@leberkashawaii

Und die Reallöhne stagnieren seit Jahren bzw. sogar Jahrzehnten und bewegen sich im unteren Bereich sogar zurück. Trotz steigender Produktivität und Wirtschaftswachstum kommt offensichtlich immer weniger vo erwirtschafteten Wohlstand bei der breiten Masse an. Und die Schuld der HartzIV-Beziehr ist das ganz sicher nicht.

Das Problem ist, dass sich die Arbeiterschaft mit der Versprechung von Chancen ruhigstellen lässt, wo sie früher fest zugesicherte Garantien gefordert hat. Aber wie du schon sagtest, die Angst vor dem sozialen Abstieg und dem damit verbundenen Stigma ist ein effektiveres Druckmittel, als es Zwangsmaßnahmen je waren.

@Rho-ny-theta

So ist es! Kann deinen Beitrag nur unterstreichen.

Jetzt noch eine ernstgemeinte Frage an dich: Wann glaubst du, ist endlich der Punkt erreicht, an dem wir sagen: So, es reicht jetzt. Bis hierhin und nicht weiter! Wir lassen das nicht weiter mit uns machen.

@leberkashawaii

Wenn wir Pech haben, nie. Man muss sich nur mal die Amis ansehen, die schlucken gerade im Bezug auf die Sozialsysteme noch viel härtere Ungerechtigkeiten, und fordern sogar teilweise noch eine Verschärfung, eben weil sie der Propaganda der rechtskonservativen Neoliberalen voll aufgesessen sind. Wenn ich mir ansehe, was den Leuten da zugemutet wird, würde ich sagen, in Europa sind locker noch 50 Jahre Sozialabbau drin. Dabei ist eben wichtig, dass man es der Masse schmackhaft macht, und ihr weiter die Illusion vorhält, systematische Fehler seien die Schuld der einzelnen Opfer. Dass das funktioniert wie geschmiert, hat man hier in der Diskussion wunderbar gesehen.

@Rho-ny-theta

Das Beispiel mit "dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten" hast du sehr gut gewählt. Ich schätze die Situation bzw. den Verlauf ähnlich ein wie du. Für mich ist diese Gewissheit, ehrlich gesagt, zermürbend - fast schon unerträglich.

@leberkashawaii

Zermürbend würde ich jetzt nicht sagen. Man muss sich immer in Erinnerung rufen, dass das System nicht per se böse ist, sondern eher völlig falsch gesteuert wird, von Personen, die es vermutlich trotz allem eigentlich gut meinen. Jeder einzelne kann etwas dafür tun, dass die Politik wieder ein Stück weit vom Primat der Wirtschaft wegkommt und sich darauf zurückbesinnt, dass Staat und Wirtschaft für den Menschen da sind, nicht der Mensch für die Wirtschaft. Wenn wir wieder dahin kommen können, dass das soziale in der "Sozialen Marktwirtschaft" wieder eine größere Rolle spielt, wäre schon sehr viel gewonnen. Einfach wird das mit Sicherheit nicht, aber es ist auch keine unlösbare Aufgabe. Der erste Schritt besteht darin, dass man sich nicht von Medien, Politik und Lobbys gegen seine Mitmenschen aufhetzen lässt, sondern alles darauf ausrichtet, dass die "kleinen Leute" wieder an einem Strang ziehen.

@Rho-ny-theta

Besser hätte es man nicht ausdrücken können und ich "ticke" da genauso wie du. Nur habe ich schon den Glauben daran verloren, dass in unserer Gesellschaft ein Umdenken stattfinden wird.

@leberkashawaii

Tja, ich bin auch noch jung, da ist man noch idealistischer :D

@Rho-ny-theta

Ich bin auch noch nicht so alt ;) Aber vielleicht liegt es ja auch einfach an einer unterschiedlichen Grundeinstellung. Bin eher pessimistisch "veranlagt" ;)

@leberkashawaii

In dem Fall ist Optimismus meiner Meinung nach die angebrachtere Einstellung; vom einfach aufgeben wird die Situation ja auch nicht besser. Andererseits hat auch nicht jeder die Möglichkeit, persönlich was zu tun, um die Situation zu verbessern. Aber so lange man das Geschwätz von Bild, RTL und Co. nicht unwidersprochen stehen lässt, leistet man auch schon einen kleinen, aber wichtigen Beitrag.

@Rho-ny-theta

Das ist richtig. Es könnte auch daran liegen, dass ich in den letzten Monaten einfach zu viele Diskussionen (nicht im Forum, sondern im realen Leben) geführt habe, die größtenteils sehr anstrengend und zermürbend waren. Einige davon haben sich wirklich gelohnt, andere waren dagegen eher erschreckend.

Aber du hast Recht: Wenn die Scheiße bis zum Halse steht, sollte man den Kopf nicht hängen lassen ;)

Also die Einstellungen hier zum Thema "Arbeiten" sind ja echt scheiße! Ich hoffe doch das dieser ganze Hartz 4 Schwachsinn endlich mal abgeschafft wird! Dann müssen die Leute arbeiten gehen, ob sie wollen oder nicht. Jeder ist sich seines eigenen Glückes Schmied und wenn alle so eine verkappte Lebenseinstellung hätten, dann gäbe es sowieso kein Hartz mehr und später auch keine Rente. Das man nicht unbedingt Lust hat für 5 Euro die Stunde arbeiten zu gehen, kann ich schon verstehen, nur wenn man keinen vernünftigen Schulabschluss und keine Ausbildung hat, dann kann man auch nicht einen 15 Euro Stundenlohn erwarten! Aber sich dann hinzustellen und dafür dann lieber gar nicht arbeiten wollen, ist der allergrößte Mist. Außerdem gibt es in so vielen Bereichen schon einen gesetzlichen Mindestlohn und der zusätzliche 1 Euro Job zum Hartz 4, muss ja auch nicht angenommen werden, wenn man sich einfach mal hinsetzt und bei ein paar Firmen anruft und fragt ob die jemanden suchen! Da muss erstmal auch nicht groß und breit ne Bewerbung geschickt werden auf die man monatelang wartet und dann doch nur wieder ne Absage bekommt, weil man damals im Deutschunterricht nicht aufgepasst hat. Da kann man dann den Lohn mit dem Arbeitgeber beim Bewerbungsgespräch selbst verhandeln und "MUSS" nicht für 1 Euro (+ 379 Euro Lebenshaltungskosten und Mietzahlungen!!!) arbeiten gehen!

ja....und nein

im Sommer?

nur mal so ne gegenfrage;)@Sommer075

@Rho-ny-theta
@leberkashawaii

Ähm... nur so zur Info: Proletarier sind sowieso alle, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen und nicht vom Kapital leben. Auch der wohlhabende Teil der Mittelschicht. Nur checkt die das nicht und hält sich für grundlegend anders, weil sie ja was Besseres erreicht haben.