Natürlich ist Deutschland einer der großen wirtschaftlichen Profiteure des Euro; aber ist das in diesem Maße gut? Erst die Währungsunion hat es wirtschaftlich schwächeren und schwachen Ländern ermöglicht sich übergemäß zu verschulden. Soziale Leistungen auszubauen, die in keinem Verhältnis zu ihrer Wirtschaftsleistung lagen. Welches der schwächeren Länder hätte da schon Nein gesagt…
Aber das Spiel gleicht einem Schneeballsystem und mittlerweile kommen wir an einen Punkt, an dem mit Bluffs und Luftblasen versucht wird die Zwangswährung zeitlich verlängert über Wasser zu halten. Und dazu betrachten wir doch erstmal das 750-Milliarden-Schirmchen:
- Die EU selbst kann hier bis zu 60 Milliarden beisteuern. Dieser Betrag ist Bestandteil des Haushaltes der Europäischen Union und wird somit von allen 27 Mitgliedsstaaten finanziert – und mitnichten eben nur von den Ländern innerhalb der Währungsunion. Der irrige Titel dafür lautet: European Financial Stabilization Mechanism (EFSM).
- Weiterhin wurde der Leitung von
Klaus Regling (Archiv-Version vom 07.12.2010) die European Financial Stability Facility (EFSF) ins Leben gerufen. Dies ist eine Aktiengesellschaft, bestehend aus den 16 Ländern der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion und hat die Befugnis erhalten sich Geld am Kapitalmarkt zu beschaffen und dieses dann (natürlich gegen eine Verzinsung) an Wackelkandidaten weiterzugeben. Geschehen ist dies bisher erst mit Irland und anders als die meisten denken, sind die vertraglichen Bestimmungen des ESFS nicht zeitlich befristet und enden somit keinesfalls im Jahre 2013.
- Der ESFS wurde zunächst ein Budget von 440 Milliarden Euro bewilligt, jedoch muss diese Gesellschaft darauf achten immer die Bestnoten (AAA) der Rating-Agenturen zu erhalten und weil sich unter diesen Garantie gebenden Ländern auch schwache Währungsländer der EWU befinden (was dem klar denkenden Menschen als schlechter Witz erscheint), ist die ESFS angehalten die Anleihen zu 120% zu garantieren und zusätzlich eine Barreserve vorzuhalten. Dadurch stehen also de facto wesentlich weniger als die 440 Milliarden zur Verfügung: nämlich "
nur noch" 255 Milliarden! Sollten jetzt (welches ein nicht gerades abwegiges Szenario ist) solche Garanten wie Spanien, Irland oder Portugal ausfallen, so geht deren Garantenanteil selbstverständlich auf die (noch) stabilen Länder über und gerade
weil dies so ist, konnte man am Tage der Verabschiedung im Bundestag noch gar nicht absehen, wie hoch der bundesdeutsche Anteil denn genau sein wird, mit dem jeder einzelne Steuerzahler hierzulande belastet wird. Sollte übrigens auch noch Italien hinzukommen, so wird Deutschland für circa 226 Milliarden bürgen müssen – also zu fast 100% mehr als die Regierung ihren Bürgern glaubhaft machen wollte.
- Zusätzlich holte man sich den IWF ins Boot, weil dieser ja immerhin zusätzliche 250 Milliarden in Aussicht stellte. Aber unter welchen Bedingungen!?
Wir sollten dabei bedenken dass der Euro eingeführt wurde, um den USA in seiner hegemonialen Finanz- und Währungspolitik die Stirn bieten zu können und nun gibt man der USA die Möglichkeit in die Währungspolitik Europas einzugreifen, denn immerhin besitzen die USA im IWF eine Sperrminorität. Dies ist –milde ausgedrückt- das Werk von Irren und Wahnsinnigen aber ausschlaggebender Punkt war wohl die Zusage des IWF auf die EU-Kredite jeweils 50% nochmals drauf zu legen (so setzt sich die Kalkulation von den 750 Milliarden aus 500 + 250 zusammen). Da aber seitens der EU nur noch 315 Milliarden (60 + 255) kommen, verkleinert sich auch der IWF-Beitrag entsprechend und somit stehen statt den 750 Milliarden eigentlich nur 472 Milliarden zur Verfügung.
Dass dieser Betrag für nicht mehr als 2 oder 3 Jahre ausreichend sein wird, kann sich jder der Mathematik halbwegs fähige Mensch selbst ausrechnen. Es könnte also ein Zeit für Portugal und Spanien reichen aber für Italien auf keinen Fall mehr.
- Abseits von EFSM und EFSF hatte man Griechenland schon zuvor Kredite zugesagt, damit sie in der Lage sind die staatliche Insolvenz abzuwenden (oder vielleicht sollten wir hier von aufzuschieben reden) und diese werden mit ca. 5% verzinst. Im Januar wird man dann die nächsten 9 Milliarden an Griechenland verabschieden und als Gegenleistung geben sie ihre Souveränität. Und so wie es seinerzeit in der Weimarer Republik war dass die Siegermächte mit deren Vertreter in der Reichbank saßen um den Deutschen auf die Finger zu schauen, so ist die Parallele zu Griechenland doch unübersehbar mit ihrer Unterstellung in einer europäischen Wirtschaftsdiktatur.
Wie Griechenland übrigens aufgrund der nicht mehr vorhandenen Wettbewerbsfähigkeit die Kredite jemals zurückzahlen soll, dies konnte bisher niemand ausreichend beantworten.
Doch ist es überhaupt beabsichtigt die Schulden der Länder abzubauen oder will man damit eher die sich hervorragend bietende Möglichkeit nutzen Eingriffe in die Sozialsystem und Steuererhöhungen vorzunehmen?!
Nehmen wir Griechenland als Beispiel: Eigentlich müssten sie um ca. 30% abwerten um wieder wettbewerbsfähig zu werden aber durch die Abschaffung einer nationalen Währung ist dies nicht möglich. Um den gleichen Effekt innerhalb einer gemeinsamen Währung zu erreichen müssten sie dann jetzt die Preise und Löhne um 30% senken aber daraus entsteht ein irrsinniger Teufelskreis, der die Wirtschaft noch weiter zurückgehen lässt und somit die Steuereinnahmen weiter schrumpfen lässt. Das Staatsdefizit wird also weiter zunehmen und nicht absinken. So oder so, am Ende steht ein deflationärer und somit depressiver Effekt der dazu führt, dass die Griechen noch mehr sparen müssen. Bis zu einem gewissen Grad ist sicherlich eine Bevölkerung leidensfähig aber ab einem gewissen Punkt der Einsparungen an und für die Bürger wird es fatal und nur eine Frage der Zeit bis Unruhen (und ich meine wirkliche Unruhen!) ausbrechen und eine Grundstimmung früherer Revolutionen sich breit macht und die NZZ beschrieb es treffend als
Abbau der Schulden als "Mission impossible" (Archiv-Version vom 28.11.2010). Dem ist soweit nicht mehr viel hinzuzufügen, außer dass dadurch die antideutschen Ressentisemts zunehmen werden und erste Anzeichen dafür gab es ja schon als man bereits wieder vom "
häßlichen Deutschen" sprach, nur weil unsere Volksvertreter in unserem Sinne handeln
wollten und nicht unverzüglich und bereitwillig unzählige Milliarden an Volksvermögen für andere Länder zur Verfügung stellen wollte. Die Deutschen werden aufgrund ihrer Stärke (die wir so überproportional auch nur durch den Euro erreichen konnten und welche aber nur für die Wirtschaft und nicht für das Volk gilt) und Stabilität (im Verhältnis zur DM ist der Euro für uns eine Weichwährung und in keinem Fall mit den harten Kriterien der DM zu vergleichen) also als Zucht- und Rittmeister in der EU gesehen und es ist auch nicht ganz unverständlich aus deutscher Sicht. Immerhin will sich der größte Nettofinanzierer auch etwas absichern aber dies führt eben zwangsläufig dazu, dass wir die schwächeren Länder in eine jahrelange Depression und soziale Verelendung schicken.
Anstatt also den Frieden zu sichern, hat der Euro bereits für Unruhen gesorgt und die Spannungen werden zukünftig zunehmen. Versteht man das unter dem Gemeinsinn Europas?
Dies ist der Gemeinsinn der Wirtschaft aber nicht der Völker und wenn sich die "
Volksvertreter" nicht bald wieder auf den eigentlichen Souverän konzentrieren, dann werden sie in Zukunft kein angenehmes Europa mehr erleben.
Oder will man doch lieber den Weg einer Transferunion wählen, ähnlich dem Finanzausgleich zwischen den deutschen Bundesländern? Eine solche Herabsetzung der Lebensstandards würde auch durchaus dem zentralistischen und gleichschaltendem Gedanken der Eurofaschisten entsprechen. Um den wirtschaftlich nicht mehr wettbewerbsfähigen Ländern (strukturell durch das künstliche Währungsgebilde hervorgerufen) an den Nahtstellen Europas mehr zu bieten als sie sich selbst erwirtschaften können, müssen also die (noch) wirtschaftlich starken Länder so weit ausgeblutet werden, bis der Staatskörper selbst an Kräften versagt weil die dann dort vorgenommenen Sparmaßnahmen zur Refinanzierung ebenfalls zu Aufständen führen werden. Die Kosten dafür würden gigantisch werden und jenseits aller Vorstellungskraft liegen und Holger Steltzner beschrieb es in der FAZ schon treffend: "
http://www.faz.net/s/Rub3ADB8A210E754E748F42960CC7349BDF/Doc~EC2925A1CCF62487EB5A149989DC8B087~ATpl~Epalmversion~Scontent.html"
Und in der Regel würde ich hier auf das Bundesverfassungsgericht bauen aber durch andere willfährige Entscheidungen in der nahen Vergangenheit, ist das Bundesverfassungsgericht in meinen Augen mittlerweile dazu verkommen, nur noch die zuvor gemachten Entscheidungen durch die EU irgendwie händeringend argumentierend abzusegnen ohne dabei gänzlich das Gesicht zu verlieren. Aber eine echte Transferunion hat nur einen Garant: Den völligen Ruin des deutschen Staatswesen und somit auch aller zukünftigen sozialen Verpflichtungen aus der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Und da, im Gegensatz zum komplexbeladenen und kriecherisch veranlagten Deutschland, Frankreich in der Regel nicht dafür zu begeistern ist die Schulden anderer Länder zu übernehmen, bleibt nur die Essenz: Aus der als Staatsräson etablierten Realitätsverweigerung und zum Zwecke der weiteren Insolvenzverschleppung anderer Länder macht man fröhlich weiter mit einem Gemengelage aus Austeritätspolitik ((derzeit)Südeuropa und in Irland) und der Vergabe aus strukturellen Gründen nicht mehr zurückzahlbarer Krediten.
Der für mich eleganteste, aber zur Zeit sicherlich auch unvorstellbare, Weg wäre ein Austritt Deutschlands, ein Austritt aus der Währungsunion. Umgehend würde die DM aufgewertet werden und die schwachen Länder bekämen genau das was sie benötigen: Eine Abwertung durch einen abgewerteten Euro und somit würde ihre Konkurrenzfähigkeit wieder hergestellt werden. Dazu müsste man allerdings erst Frankreich "
überreden", denn bekanntlich handelt Berlin nicht gerne ohne Frankreich. Die Folge wäre also eine zweigeteilte Eurozone in eine Hartwährungszone und eine Weichwährungszone. Natürlich würde dies in gewissem Maße (und ich beschrieb es schon in einem anderen Post) den deutschen Export zurückgehen lassen aber im Gegenzug dafür würde die Binnenwirtschaft extrem gestärkt werden und dies ist sicherlich nicht von Nachteil, da Deutschland eh schon zu sehr Exportabhängig und somit erpress- und beeinflussbar ist. Die Aufwertung des Euro in der Hartwährungszone würde damit eine Art Sozialdividende bringen.
Keine Frage, es würde kein sonntäglicher Spaziergang werden und die Devisenmärkte würden erschüttert werden und genau deswegen trauen sich unsere als Volksvertreter getarnten Wirtschaftsinteressenvertreter auch nicht an den Gedanken ran.
Es gibt allerdings keine (für uns) wirklich "
gute Lösung" mehr, sondern nur noch die Entscheidung zwischen den zur Verfügung stehenden Übeln und in meiner gedanklichen Welt haben sich unsere Vertreter da nunmal am Wohle des eigenen Volkes zu orientieren. Natürlich nur unter Beachtung des gegenseitigen Wohles aber keinesfalls zum
reinen Wohl der internationalen Wirtschaftsinteressen.
Und wenn unser wandelnde Hosenanzug IM-Erika auch noch so oft verkündet: "
Scheitert der Euro, dann scheitert Europa", so macht es diese Aussage nicht richtiger denn die EU ist nicht Europa und die Eurozone ist ebenso nicht deckungsgleich mit der EU. Da vergisst unsere bis 1984 tätige FDJ-Sekräterin für Agitation und Propaganda und sich nun Bundeskanzlerin nennende nämlich gänzlich dass zum Beispiel solide Staaten wie Dänemark, Schweden, Tschechische Republik und von Norwegen mal ganz zu schweigen, sich als Außenstehende der Währungszone und trotzdem innerhalb der EU recht wohl fühlen.
Und auch
Professor Ottmar Issing (ehemaliger Chefvolkswirt und ehemaliges Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB) war Issing maßgeblich am Entwurf der geldpolitischen Strategie der EZB beteiligt), wohl unverdächtig den Euro schlechtreden zu wollen, schrieb in dem sehr lesenswerten Essay
(…) Politökonomisch bedeutet die Aufgabe beziehungsweise Einschränkung des No-Bail-Out-Prinzips eine Art Einladung, über seine Verhältnisse auf Kosten anderer zu leben. Auf nichts anderes läuft die Forderung hinaus, die Währungsunion in Richtung Transferunion auszubauen. Damit würde jedoch der Charakter der bestehenden Währungsunion grundsätzlich geändert. Der Hinweis, es handle sich doch ohnehin längst um eine Transferunion, führt, ob absichtlich oder nicht, in die Irre. Die Transfers zwischen den Mitgliedstaaten etwa in Form von Agrarzahlungen sind der Summe nach begrenzt und dem Zweck nach bestimmt. Transfers als Folge von fiskalpolitischen Fehlentwicklungen oder anderer makroökonomischer Divergenzen unterliegen dagegen einer in jeder Hinsicht unkontrollierbaren Dynamik und drohen Dimensionen zu erreichen, die die öffentlichen Finanzen und den Lebensstandard in den Zahlerländern ernsthaft beeinträchtigen könnten.
Zwar ist der Hinweis zutreffend, bei Hilfen der Europäischen Finanzmarktstabilisierungsfazilität beziehungsweise der geforderten Dauereinrichtung handle es sich nur um Kredite und nicht um Transfers. Der Transferfall kommt aber unweigerlich dann zustande, wenn Kredite nicht angemessen verzinst beziehungsweise voll zurückgezahlt werden. Es spricht wenig dafür, dass damit nicht zu rechnen ist.
…
Regelverstöße werden nicht bestraft, sondern honoriert
Mit dem Versagen vor der Aufgabe, die Finanzpolitik souveräner Staaten mit den Bedingungen des einheitlichen Währungsraumes in Übereinstimmung zu bringen, beeinträchtigt die Politik nicht nur das Funktionieren der Währungsunion, sondern setzt deren Existenz als solche aufs Spiel. Jedenfalls gehen auf Dauer stabiles Geld und solide öffentliche Finanzen Hand in Hand. Dies gilt für einen Nationalstaat, erst recht aber für einen Verbund souveräner Staaten, wie ihn die Währungsunion darstellt.
Gravierende Divergenzen in der makroökonomischen Politik, insbesondere in der öffentlichen Verschuldung, erzeugen Spannungen und Druck auf finanzielle Transfers, um das Auseinanderbrechen der Währungsunion zu verhindern. Damit entsteht ein Potential für Versuche der Erpressung der solideren Länder durch Mitgliedstaaten mit hoher Verschuldung. Dieser Mechanismus geht noch über ein von den Ökonomen als Moral Hazard bezeichnetes falsches Anreizsystem hinaus. Die Forderung, die stärkeren Länder müssten die schwächeren im gemeinsamen Interesse unterstützen, pervertiert den vielbeschworenen Gedanken „finanzieller Solidarität“. Der Gedanke der Solidarität wird dabei auf den Kopf gestellt. Dies gilt auch deshalb, weil in diesem durch makroökonomische Divergenzen erzeugten Finanzausgleich weniger reiche, aber regelkonforme sparsamere Länder zu Transfers an Länder mit höherem Lebensstandard, aber unsolider Finanzpolitik gezwungen werden können.
http://www.faz.net/s/Rub3ADB8A210E754E748F42960CC7349BDF/Doc~E69AFBAA9E49D4D3895592F6CD6433447~ATpl~Ecommon~Scontent.html