@buddelWelche Auswirkungen der Film bewirken "sollte" kann ich dir nicht sagen, das weiß wohl nur Tarantino selbst.
Ich will mich mal mehr oder weniger elegant aus der Affäre ziehen und dir mit Auszügen aus einer, wie ich meine größtenteils recht gelungenen Rezension antworten (was nicht heißt, dass darin ausnahmslos alles meiner Meinung entspricht):
Quelle:
http://fm4.orf.at/stories/1624841/Auszug (ja, es ist wirklich nur ein Auszug, die gesamte Rezension ist noch um einiges länger):
"Apropos Mut: Quentin Tarantino legt mit "Inglourious Basterds" auch seinen ersten dezidiert politischen Film vor. Und gerade weil er frech den gesamten Lauf der Geschichte ändert, weil er sich mit dem Vorspannsatz "Once upon a time in Nazi occupied France" gleich ein gesamtes Paralleluniversum abseits historischer Tatsachen erfindet, wirkt er radikaler als bemüht akribische Faktenfilmer.
Die braune Vergangenheit wird in diesem Film nicht bewältigt. Sie wird ins Groteske verzerrt, verstümmelt, in Fetzen geschossen, verbrannt.
Wenn sich andere durchaus wohlmeinende Regisseure dem Dritten Reich nähern, dann ist bei aller zeigefingerhaften Warnung vor dieser Greuelära noch immer eine Ehrfurcht vor der nationalsozialistischen Ästhetik zu spüren, siehe etwa Bryan Singers "Valkyrie".
Tarantino dagegen erklärt gerade den Bilderwelten, Zeichen und Codes des Faschismus den Krieg wie kaum ein Regisseur zuvor. Da gibt es beispielsweise keine Diskussion mehr, ob Regimedarling Leni Riefenstahl nicht doch visuell aufregende Filme drehte oder ob Emil Jannings vielleicht sogar ein guter Schauspieler war.
Auch die handwerklich auffälligsten und in ihrer Position zwiespältigen Künstler der Nazizeit, da verzichtet "Inglourious Basterds" bewusst auf Grauzonen, stehen für den erstickend biederen Mief der deutschen Volkskultur. Und vor allem dagegen fährt Tarantino die gesamte Maschinerie der amerikanischen Popkultur-Coolness auf und auch das freigeistige Kunstverständnis der Franzosen.
Dass der menschliche Freiraum für die Täter, den Filme wie "Der Untergang" oder "The Reader" erkämpften, erst recht keinen Platz hat, versteht sich von selbst. Den perversen Nazi-Kasperln und schmierigen Sadisten in "Inglourious Basterds" bleibt nur ein grindiger, würdeloser Tod.
Ausgerechnet dem unernsten Exploitationfetischisten Quentin Tarantino gelingt somit, was kein seriöser Filmemacher richtig schaffte. Ein lustvoll gemeiner Exorzismus, eine Art Schlussstrich in Sachen Nazi-Aufarbeitungskino.
Parallel dazu erweist sich dieser Streifen als Ohrfeige und offene Provokation für die Legionen von Mitmenschen, die noch immer oder schon wieder mit rechtsradikalen Ideen kokettieren. Denn "Inglourious Basterds" zieht alle und alles, was solchen Leuten heilig sein könnte, zuerst ins Lächerliche und dann in den blutigen Dreck.
Das wäre eigentlich schon viel mehr, als man sich von einem geplanten Remake eines spaßigen Italo-Kriegsfilms erwarten hätte können.
Dabei habe ich die grandiosen schauspielerischen Leistungen, vom zurecht überall gefeierten Christoph Waltz als sardonischem SS-Offizier Landa bis zum smarten Michael Fassbender als britischem Agenten, von der ganzen Basterdstruppe unter Führung des comichaften Brad Pitt bis zum herrlich eingesetzten deutschen Ensemble gar noch nicht erwähnt. Daniel Brühl führt als Propaganda-Babyface sein nettes Image köstlich ad absurdum, August Diehl sorgt neben dem grandiosen Waltz für Gänsehaut.
Am überraschendsten überhaupt ist schließlich die enorme Eleganz dieser bösen Komödie, die atemberaubende Schönheit vieler streng durchkonzipierter Kameraeinstellungen.
"Inglourious Basterds" ist nicht bloß ein kathartischer Befreiungsschlag, eine Reflexion über Sprache, eine Begegnung mit virtuosem Schauspiel, sondern auch, im wortwörtlichen Sinn, eine feurige Liebeserklärung an das Kino selbst."