@Lazarus2000Natürlich ist es so, dass in der heutigen Zeit kein Staat allein überleben kann und gerade die Türkei ist von anderen Staaten und Organisationen abhängig (IWF), aber ein Großteil der Bevölkerung denkt immernoch man sei eigenständig, was in bestimmten Fällen auch zutrifft. Wenn es z.B. um territoriale Ansprüche geht.
Die von dir erwähnte Infrastrucktur kann man antreiben, wenn man genug Geld hat. Da hat sich in der Türkei so einiges getan. Wie überhaupt sich eine Menge in den letzten Jahren auf allen Ebenen in der Türkei getan hat. Die Gelder der EU würden die Entwicklung vorantreiben, nur geht die Entwicklung auch ohne der EU weiter.
Es ist für viele Türken wichtig die Selbständigkeit behalten zu können. Man tut sich schwer mit dem Gedanken unter dem "Befehl" eines anderen zu stehen, sprich Brüssel.
Was denkst du, warum die Verhandlungen zum Beitritt sich so lange hinziehen? Schau dir mal Kroatien an. Da ist man mit den Verhandlungen kurz vor Abschluss.
Ausserdem bin ich persönlich der Meinung, dass die EU, so wie sie jetzt ist, immer schwieriger zu lenken sein wird. Jeder kleine Staat, dem irgendwas nicht passt, kann den Handlungsspielraum blockieren. Die EU ist wie ein riesen Tanker für mich, der seine Route fährt, aber absolut ungelenkig ist.
Wie lange die Gelder der Eu sprudeln werden unter Beachtung der demographischen Entwicklung der Bevölkerung innerhalb der Eu und den neuen Beitrittsländern, die überwiegend Empfängerländer sind, ist fraglich.
Ein großes Hindernis aus der Sicht der EU ist für die Türkei die Macht des Militärs. Nur benötigt die Türkei, wenn man die Umstände der Nachbarn beachtet ein starkes Militär.
Es fängt schon bei den Griechen an, die ihre Vorstellung der Megali Idea, mit Istanbul als Hauptstadt haben, geht weiter mit Armenien, die von Groß-Armenien träumen, deren Gebietsanspruch bis weit ins türkische Territorium gehen. Syrien möchte Antakya besetzen und Teile der kurdischen Bevölkerung träumen von einem eigenen Staat und sehen nicht, dass das nord-irakische Kurdistan Überlegungen hat sich der Türkei als autonomen Staat anzuschliessen. Du siehst viele Probleme in einem Staat, in dem ca 40 verschiedene Ethnien zusammen leben.
Da ist es natürlich, dass bei so vieler Bedrohung der Nationalstolz geschürt wurde und mittlerweile eine Eigendynamik gewonnen hat. So sehr, dass sogar ziemlich linkgerichtete einen ausgeprägten Nationalstolz haben, das nach deutscher Vorstellung eigentlich nicht so sehr zusammenpasst.
Keine Ahnung, ob das auch damit zusammenhängt, dass die Türken, obwohl die Osmanische Regierung im 1.WK kapituliert hat, aus einer Bewegung innerhalb des Volkes die übermächtigen alliierten Besatzer aus dem eigenen Land vertrieben haben. Ich weiss auch nicht. ob das in der Geschichte einem anderen Volk gelang. Natürlich haben das nicht allein die Türken geschafft, sondern alle zusammen, die damals auf dem heutigen türkischen Gebiet gelebt haben.