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Zwischen linken Sozialisten und rechten Nationalisten, so die gängige Auffassung, klaffe der größtmögliche ideologische Gegensatz. Das ist die Selbstsicht der Betroffenen. Linke definieren sich aus der Gegnerschaft gegen nationaltümelnde Konservative – und Rechte aus ihrer Ablehnung einer sozialistischen Internationalen, die den Nationalstaat überwinden will. […]
In Wahrheit dient das traditionelle Verständnis von Links und Rechts vor allem der Rechtfertigung des eigenen politischen Standpunkts. Als Folie, die Wahlverhalten erklärt, ist es immer weniger hilfreich. In ganz vielen Streitfragen unserer Zeit verlaufen die Trennungslinien nicht zwischen Rechts und Links, sondern zwischen einem liberalen, weltoffenen Bürgertum in der Mitte der Gesellschaft und den Mehrheiten der Anhänger an beiden Rändern, die auf Abschottung und Protektionismus setzen. Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch anderswo in Europa sowie in Donald Trumps Amerika.
Viele Wähler wandern direkt von der Linken zur AfD
Bei der Flüchtlingsfrage und den Protesten gegen Freihandel ist das offenkundig – und zugleich verständlich. Migration und Globalisierungsängste mobilisieren nicht nur die Rechten. Haushalte mit prekärer Finanzlage, die man früher automatisch bei der Sozialdemokratie verortet hätte, reagieren verständlicherweise besorgter als das Mitte-rechts oder Mitte-links wählende Bürgertum; sie fürchten die Konkurrenz um die einfachen Jobs und preiswerten Wohnraum. Die Parteioberen der Linken in den neuen Bundesländern wissen genau, dass ein Großteil ihrer Klientel ihren Aufrufen zur Solidarität mit Flüchtlingen nicht folgt und erschreckend große Wählerströme direkt von der Linken zur AfD wandern.
http://www.tagesspiegel.de/politik/nach-dem-parteitag-der-linken-so-nah-sind-sich-links-und-rechts/13660188.html