Unwissen und Missionierung
23.02.2008 um 21:19[ von Vera Bade] Im Herbst 07 lief im Fernsehen ein Interview mit dem Oberhaupt der Ismailiten, Aga Khan, wärend dessen er nach den wichtigsten Problemen unserer Zeit gefragt wurde. "Unwissen und Missionierung",- antwortete Aga Khan, der Preisträger der Auszeichnung "Für Toleranz" von der Evangelischen Akademie in Tutzing.
Diese zwei Wörter passen auch zur Berichterstattung über Russland insgesamt und über die russischen Parlamentswahlen von 2 Dezember. Putin war zu schwarz in der deutschen Presse und im TV gemalt, Kasparow dagegen - zu weiss, es gab Verkürzungen und Verdrehungen von Tatsachen, die für meine "russischen Ohren" nicht selten nach antirussischer Propaganda allgemein klangen. Vor allem der Ton war, aus meiner Sicht, ganz falsch: Häme, versteckte oder fast offenes Illwishing. Und bekanntlich "macht der Ton die Musik". Dann war die journalistische Galle "entleert" und die Medien insgesamt haben sich beruhigt.
Ich möchte unterstreichen, dass dieser Eindruck bei mir persönlich entstand, bei einer gebürtigen Russin, die ihre Heimat vor lange Zeit verlassen hat, aber verständlicherweise nicht aufgehört hatte, Russland zu lieben. Und wenn gerade meine Gefühle zu Russland von manchen Leuten als "störend" empfunden werden, dann möchte ich vorschlagen, Fakten als Fakten, ganz sachlich und emotionslos zu akzeptieren. Ein deutsche Autor und Publizist, Kai Ehlers, dessen aktuelle Berichte über Russland im Internet zu finden sind, ruft auch dazu auf: "Tatsachen müssen Tatsachen bleiben" und gibt eine lange Liste davon in seinen aktuellen Artikeln. Das wichtigste, was auch die russische Opposition nicht bestreitet, ist, daß die Mehrheit der Russen (zwischen 60 und 70 %) ihre Interessen durch Putin vertreten sieht. Der unter Jelzin angefangene Zerfall des Staates und der sozialen Systeme, was Chaos und Elend der Bevölkerung brachte, wurde von Putin gestoppt. Warum denn Häme bei anderen Berichterstattern bezüglich der Erklärung in Moskau: der jetzige Kurs wird weiter verfolgt?
Der von Putin am 10 Dezember vorgeschlagener Nachfolger Medwedew wird von deutschen Politikern quasi doch "gebilligt". Er kommt ja, wie die Medien kommentieren, "nicht aus Geheimdiensten". Den Name Putin hörte man in den deutschen Medien zu oft zusammen mit Worten "KGB Offizier" als ob man ihn für immer "abstempeln" und dadurch herabsetzen (schmälern) wollte. Viele Politiker kamen aber auch im Westen aus den Geheimdiensten, wie z.B. Präsident Bush senior, der jahrelang die CIA geleitet hatte, oder Herr Kinkel, der deutscher Außenminister war. Irgendwann werden uns Wissenschaftler und Journalisten erklären (sie fangen schon damit an), dass alle Geheimdienste auf der Welt viel gemeinsames haben, ihre Methoden austauschen und voneinander lernen. Der Film "Folterexperte der CIA", der im "Phönix" am 10.12.07 gezeigt wurde, ist nur ein Beweis dafür.
Wer ein Land in seiner Entwicklung nicht sehen kann oder will, wird auch nicht über Menschen, deren Entwicklung in verschiedenen Epochen stattfand, urteilen können. Und aus meiner Erfahrung, Wissen über ganz unterschiedliche Abschnitte in Russlands Geschichte haben nur wenige Deutsche, die leider ihr Wissen zu selten weitergeben.
Der Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte vor kurzem in einem Interview des Zeitmagazins "Leben" (47/ 07): "Putin ist kein Demokrat, aber er ist ein aufgeklärter Potentat. Leider fühlt er sich von der amerikanischen Regierung nicht ernst genommen." Und fügte hinzu: "...für den Frieden der Welt geht von Russland heute viel weniger Gefahr aus als etwa von Amerika. Das können Sie ruhig so drucken", sagte er dem Reporter. "Wie würden Sie denn das Verhältnis der Russen zu den Deutschen und umgekehrt beurteilen?"- fragte der Reporter weiter. "In beiden Richtungen erstaunlich gut",-antwortete Helmut Schmidt. Aus meiner Sicht, das wichtigste für jeden Politiker ist nicht zu sehr von außen sondern von seinem Volk ernst genommen und geschätzt zu sein. Nach einem Spruch: "Wenn du keine Feinde hast, hast du nichts erreicht" hat Putin erstaunlich viel in einer kurzen Zeit erreichen können: viele (zum Glück "verbale" noch) Feinde und viel Anerkennung wie in Russland selbst so in der Welt.
Die Meinungen über Russland aber auch über der Rest der Welt spalten Deutschland. Wo die Medien Putins Rede bei der Sicherheitskonferenz in München im Februar 2007 als "frech" und "kriegerisch" kommentiert hatten, waren laut Umfragen fast 70% der Deutschen mit dieser Rede einverstanden. Auch in den Kreisen der deutschen Unternehmer gibt es konträre Ansichten: entweder soll man "das Eindringen russischer Unternehmen" in Deutschland dämmen oder "die Gleichbehandlung" ermöglichen, die die deutschen Firmen in Russland genießen.
In Moskau allein gibt es z.Z. über 4000 bayerische Firmen, sagte mal Herr Stoiber in einer Rede. Volkswagen, Europas führender Autohersteller kaufte in Kaluga (170 km südwestlich von Moskau) mit 800 Hektar eine doppelt so große Fläche wie die des Stammwerks in Wolfsburg, dem immerhin größten Autowerk der Welt. "Die fertigen Fahrzeuge sollen per Eisenbahn nach Moskau und St.Petersburg transportiert werden wo die VW-Marken am meisten Autos verkaufen,"- schrieb die "Süddeutsche Zeitung" am 29.11.07. Die "SZ" berichtete auch davon, dass der russische Milliardär Aleksej Mordaschow mit einem Drei-Prozent-Anteil beim Reise- und Schifffahrtkonzern TUI eingestiegen ist, dass die Deutschen kräftig in den russischen Energiesektor einsteigen... Die Industrie- und Handelskammer hat sicherlich einen Überblick und Gewichtungsbild der Kooperation zwischen beiden Ländern. Die Zeitschrift "Capital" schrieb in der Ausgabe von 22.11- 5.12.07 in dem Artikel "Nachtsicht mit Moskau" : "Auch wenn die öffentliche Stimmung hierzulande aufgeheizt bis feinselig ist: die deutschen Führungsspitzen zeigen großes Verständnis für die Politik im Kreml- und loben die Stabilität des Regimes".
W e r die öffentliche Stimmung erzeugt , das hört man zum Teil aus Reportagen der Moskau Korrespondenten von ARD und ZDF. Selbst in ausgewogen wirkenden Reportagen von einem erfahrenem Journalisten, Thomas Roth, der immerhin als einziger vor kurzem zugeben musste, dass "die russische Opposition untereinander zerstritten und unbedeutend ist", hört man "die Sehnsucht" nach eine "orangen Revolution" auch in Russland... Wer denn in Deutschland weiss daß die "orange Revolution" in der Ukraine den amerikanischen Steuerzahler 60 Millionen $ kostete und daß ein Senator sogar mal eine Untersuchung bezüglich dieser Gelder verlangte ? Daß die "Nelkenrevolution" in Georgien von Westen "mitorganisiert" war; deren Ergebnisse haben wir alle in diesem Herbst sehen konnte als Hunderttausende Georgier gegen Sarkaschwili tagelang demonstriert haben. Die Opposition nennt ihn "diktatorische Hunta" wie die "Süddeutsche Zeitung" geschrieben hatte. Wie konnten die westlichen Medien die Entwicklung in Georgien so verschlafen bis da eine Ausnahmezustand eingeführt wurde? War da nicht mehr "wishful thinking" als die nackten Fakten in der Berichterstattung? Das Russlandsbild wird in Deutschland auch in Bild und Wort leider zu oft verdreht. Die Bilder von Kasparows Festnahme in Moskau liefen mit viel Empörung seitens der Medien und mit dem Statement, dass er gegen das "Versammlungsverbot verstoßen hatte" - als ob so ein Verbot im ganz Russland eingeführt wäre und nicht gegen nur seine Fans - Nazis. Bei so einem Pressegeschrei: "Keine Demokratie! Opposition unterdrückt! " wundert man sich nicht, dass selbst die deutsche Intellektuellen in die antirussische Haltung gebracht werden. Ich habe in meinen Emails ARD und ZDF gefragt, warum man nirgendwo hört, dass Kasparow mit den russischen Nazis kooperiert. Da kam die Antwort : "In der Tat ist die Nationalbolschewikische Partei in Russland weiterhin verboten. Daher werden die Nationalbolschewiken nicht nur als Zugewinn Garri Kasparows sondern auch als seine Achillesferse gerade wegen des rechtsradikalen Hintergrunds angesehen." Ich fragte, warum ich quasi privat solche Informationen bekomme und nicht im Fernsehen: darauf kam keine Antwort. Auf seinen Webseite äußert das ZDF den Wunsch, bei den Zuschauern "Lust auf Nachrichten mit Hintergrund zu wecken"...
Diese zwei Wörter passen auch zur Berichterstattung über Russland insgesamt und über die russischen Parlamentswahlen von 2 Dezember. Putin war zu schwarz in der deutschen Presse und im TV gemalt, Kasparow dagegen - zu weiss, es gab Verkürzungen und Verdrehungen von Tatsachen, die für meine "russischen Ohren" nicht selten nach antirussischer Propaganda allgemein klangen. Vor allem der Ton war, aus meiner Sicht, ganz falsch: Häme, versteckte oder fast offenes Illwishing. Und bekanntlich "macht der Ton die Musik". Dann war die journalistische Galle "entleert" und die Medien insgesamt haben sich beruhigt.
Ich möchte unterstreichen, dass dieser Eindruck bei mir persönlich entstand, bei einer gebürtigen Russin, die ihre Heimat vor lange Zeit verlassen hat, aber verständlicherweise nicht aufgehört hatte, Russland zu lieben. Und wenn gerade meine Gefühle zu Russland von manchen Leuten als "störend" empfunden werden, dann möchte ich vorschlagen, Fakten als Fakten, ganz sachlich und emotionslos zu akzeptieren. Ein deutsche Autor und Publizist, Kai Ehlers, dessen aktuelle Berichte über Russland im Internet zu finden sind, ruft auch dazu auf: "Tatsachen müssen Tatsachen bleiben" und gibt eine lange Liste davon in seinen aktuellen Artikeln. Das wichtigste, was auch die russische Opposition nicht bestreitet, ist, daß die Mehrheit der Russen (zwischen 60 und 70 %) ihre Interessen durch Putin vertreten sieht. Der unter Jelzin angefangene Zerfall des Staates und der sozialen Systeme, was Chaos und Elend der Bevölkerung brachte, wurde von Putin gestoppt. Warum denn Häme bei anderen Berichterstattern bezüglich der Erklärung in Moskau: der jetzige Kurs wird weiter verfolgt?
Der von Putin am 10 Dezember vorgeschlagener Nachfolger Medwedew wird von deutschen Politikern quasi doch "gebilligt". Er kommt ja, wie die Medien kommentieren, "nicht aus Geheimdiensten". Den Name Putin hörte man in den deutschen Medien zu oft zusammen mit Worten "KGB Offizier" als ob man ihn für immer "abstempeln" und dadurch herabsetzen (schmälern) wollte. Viele Politiker kamen aber auch im Westen aus den Geheimdiensten, wie z.B. Präsident Bush senior, der jahrelang die CIA geleitet hatte, oder Herr Kinkel, der deutscher Außenminister war. Irgendwann werden uns Wissenschaftler und Journalisten erklären (sie fangen schon damit an), dass alle Geheimdienste auf der Welt viel gemeinsames haben, ihre Methoden austauschen und voneinander lernen. Der Film "Folterexperte der CIA", der im "Phönix" am 10.12.07 gezeigt wurde, ist nur ein Beweis dafür.
Wer ein Land in seiner Entwicklung nicht sehen kann oder will, wird auch nicht über Menschen, deren Entwicklung in verschiedenen Epochen stattfand, urteilen können. Und aus meiner Erfahrung, Wissen über ganz unterschiedliche Abschnitte in Russlands Geschichte haben nur wenige Deutsche, die leider ihr Wissen zu selten weitergeben.
Der Alt-Bundeskanzler Helmut Schmidt sagte vor kurzem in einem Interview des Zeitmagazins "Leben" (47/ 07): "Putin ist kein Demokrat, aber er ist ein aufgeklärter Potentat. Leider fühlt er sich von der amerikanischen Regierung nicht ernst genommen." Und fügte hinzu: "...für den Frieden der Welt geht von Russland heute viel weniger Gefahr aus als etwa von Amerika. Das können Sie ruhig so drucken", sagte er dem Reporter. "Wie würden Sie denn das Verhältnis der Russen zu den Deutschen und umgekehrt beurteilen?"- fragte der Reporter weiter. "In beiden Richtungen erstaunlich gut",-antwortete Helmut Schmidt. Aus meiner Sicht, das wichtigste für jeden Politiker ist nicht zu sehr von außen sondern von seinem Volk ernst genommen und geschätzt zu sein. Nach einem Spruch: "Wenn du keine Feinde hast, hast du nichts erreicht" hat Putin erstaunlich viel in einer kurzen Zeit erreichen können: viele (zum Glück "verbale" noch) Feinde und viel Anerkennung wie in Russland selbst so in der Welt.
Die Meinungen über Russland aber auch über der Rest der Welt spalten Deutschland. Wo die Medien Putins Rede bei der Sicherheitskonferenz in München im Februar 2007 als "frech" und "kriegerisch" kommentiert hatten, waren laut Umfragen fast 70% der Deutschen mit dieser Rede einverstanden. Auch in den Kreisen der deutschen Unternehmer gibt es konträre Ansichten: entweder soll man "das Eindringen russischer Unternehmen" in Deutschland dämmen oder "die Gleichbehandlung" ermöglichen, die die deutschen Firmen in Russland genießen.
In Moskau allein gibt es z.Z. über 4000 bayerische Firmen, sagte mal Herr Stoiber in einer Rede. Volkswagen, Europas führender Autohersteller kaufte in Kaluga (170 km südwestlich von Moskau) mit 800 Hektar eine doppelt so große Fläche wie die des Stammwerks in Wolfsburg, dem immerhin größten Autowerk der Welt. "Die fertigen Fahrzeuge sollen per Eisenbahn nach Moskau und St.Petersburg transportiert werden wo die VW-Marken am meisten Autos verkaufen,"- schrieb die "Süddeutsche Zeitung" am 29.11.07. Die "SZ" berichtete auch davon, dass der russische Milliardär Aleksej Mordaschow mit einem Drei-Prozent-Anteil beim Reise- und Schifffahrtkonzern TUI eingestiegen ist, dass die Deutschen kräftig in den russischen Energiesektor einsteigen... Die Industrie- und Handelskammer hat sicherlich einen Überblick und Gewichtungsbild der Kooperation zwischen beiden Ländern. Die Zeitschrift "Capital" schrieb in der Ausgabe von 22.11- 5.12.07 in dem Artikel "Nachtsicht mit Moskau" : "Auch wenn die öffentliche Stimmung hierzulande aufgeheizt bis feinselig ist: die deutschen Führungsspitzen zeigen großes Verständnis für die Politik im Kreml- und loben die Stabilität des Regimes".
W e r die öffentliche Stimmung erzeugt , das hört man zum Teil aus Reportagen der Moskau Korrespondenten von ARD und ZDF. Selbst in ausgewogen wirkenden Reportagen von einem erfahrenem Journalisten, Thomas Roth, der immerhin als einziger vor kurzem zugeben musste, dass "die russische Opposition untereinander zerstritten und unbedeutend ist", hört man "die Sehnsucht" nach eine "orangen Revolution" auch in Russland... Wer denn in Deutschland weiss daß die "orange Revolution" in der Ukraine den amerikanischen Steuerzahler 60 Millionen $ kostete und daß ein Senator sogar mal eine Untersuchung bezüglich dieser Gelder verlangte ? Daß die "Nelkenrevolution" in Georgien von Westen "mitorganisiert" war; deren Ergebnisse haben wir alle in diesem Herbst sehen konnte als Hunderttausende Georgier gegen Sarkaschwili tagelang demonstriert haben. Die Opposition nennt ihn "diktatorische Hunta" wie die "Süddeutsche Zeitung" geschrieben hatte. Wie konnten die westlichen Medien die Entwicklung in Georgien so verschlafen bis da eine Ausnahmezustand eingeführt wurde? War da nicht mehr "wishful thinking" als die nackten Fakten in der Berichterstattung? Das Russlandsbild wird in Deutschland auch in Bild und Wort leider zu oft verdreht. Die Bilder von Kasparows Festnahme in Moskau liefen mit viel Empörung seitens der Medien und mit dem Statement, dass er gegen das "Versammlungsverbot verstoßen hatte" - als ob so ein Verbot im ganz Russland eingeführt wäre und nicht gegen nur seine Fans - Nazis. Bei so einem Pressegeschrei: "Keine Demokratie! Opposition unterdrückt! " wundert man sich nicht, dass selbst die deutsche Intellektuellen in die antirussische Haltung gebracht werden. Ich habe in meinen Emails ARD und ZDF gefragt, warum man nirgendwo hört, dass Kasparow mit den russischen Nazis kooperiert. Da kam die Antwort : "In der Tat ist die Nationalbolschewikische Partei in Russland weiterhin verboten. Daher werden die Nationalbolschewiken nicht nur als Zugewinn Garri Kasparows sondern auch als seine Achillesferse gerade wegen des rechtsradikalen Hintergrunds angesehen." Ich fragte, warum ich quasi privat solche Informationen bekomme und nicht im Fernsehen: darauf kam keine Antwort. Auf seinen Webseite äußert das ZDF den Wunsch, bei den Zuschauern "Lust auf Nachrichten mit Hintergrund zu wecken"...